TE Lvwg Erkenntnis 2017/6/9 LVwG-1-937/2016-R3

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Veröffentlicht am 09.06.2017
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Entscheidungsdatum

09.06.2017

Norm

VStG §22 Abs2
AVRAG 1993 §7b Abs3
AVRAG 1993 §7b Abs5
AVRAG 1993 §7b Abs8 Z1
AVRAG 1993 §7b Abs8 Z3

Text

Im Namen der Republik!

Erkenntnis

Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat durch sein Mitglied Dr. Manfred Böhler über die Beschwerde des Finanzamtes F, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft D vom 16.11.2016, Zl X-9-2016/43982, zu Recht erkannt:

Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde keine Folge gegeben und die angefochtene Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens bestätigt.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.

Begründung

1.   Mit angefochtenem Bescheid wurde das gegen M E anhängige Verwaltungsstrafverfahren wegen vier Übertretungen nach § 7b Abs 8 Z 3 erster Fall iVm § 7b Abs 5 AVRAG eingestellt. In diesem Strafverfahren ist M E vorgeworfen worden, er sei als handelsrechtlicher Geschäftsführer der J.F. S B GmbH, welche persönliche haftende Gesellschafterin der J. F S V GmbH & Co KG, D-T, L Straße, sei, dafür verantwortlich, dass letztgenannte Firma vier Arbeitnehmer (K M G, S T, H W und J M W) am 13.07.2016 um 09.05 Uhr in H, J V, beschäftigt habe, obwohl die ZKO3-Meldungen der vier Arbeitnehmer nicht bereitgehalten oder diese den Organen der Abgabenbehörde vor Ort nicht unmittelbar in elektrischer Form zugänglich gemacht worden seien.

2.              Gegen diesen Einstellungsbescheid hat das Finanzamt F, F, Beschwerde erhoben.

3. Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag, Zl LVwG-1-933/2016-R3, wurde der Beschwerdeführer wie folgt für schuldig erkannt:

„Sie sind als handelsrechtlicher Geschäftsführer der J.F. S B GmbH, welche persönlich haftende Gesellschafterin der J. F S V GmbH & Co KG, D-T, Lstraße, ist, dafür verantwortlich, dass die J. F S V GmbH & Co KG die Beschäftigung der nachstehenden Arbeitnehmer, die zur Erbringung einer Arbeitsleistung nach Österreich (H, Baustelle J V) entsandt wurden, nicht spätestens eine Woche vor der jeweiligen Arbeitsaufnahme der Zentralen Koordinationsstelle gemeldet hat, obwohl Arbeitgeber mit Sitz in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes als Österreich die Beschäftigung von Arbeitnehmern, die zur Erbringung einer Arbeitsleistung nach Österreich entsandt werden, spätestens eine Woche vor Arbeitsaufnahme der Zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen zu melden hat:

1. K M G, Arbeitsaufnahme: 02.05.2016,

2. S T, Arbeitsaufnahme: 25.04.2016,

3. H W, Arbeitsaufnahme: 27.06.2016, und

4. J M W, Arbeitsaufnahme: 09.05.2016.

Sie haben dadurch zu den Punkten 1. bis 4. jeweils eine Übertretung nach § 7b Abs 8 Z 1 iVm § 7b Abs 3 AVRAG begangen.“

4.              Gemäß § 7b Abs 3 AVRAG idF vor der Novelle BGBl I Nr 44/2016 haben Arbeitgeber/innen im Sinne des Abs 1 (ds Arbeitgeber/innen mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes als Österreich) die Beschäftigung von Arbeitnehmer/innen, die zur Erbringung einer Arbeitsleistung nach Österreich entsandt werden, spätestens eine Woche vor der jeweiligen Arbeitsaufnahme der Zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen zu melden.

Gemäß § 7b Abs 5 leg. cit haben Arbeitgeber/innen iSd Abs 1 (d.s. Arbeitgeber/innen mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes als Österreich), sofern für den/die entsandten Arbeitnehmer/innen in Österreich keine Sozialversicherungspflicht besteht, Unterlagen über die Anmeldung des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin zur Sozialversicherung (Sozialversicherungsdokument E101 nach der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71, Sozialversicherungsdokument A1 nach der Verordnung (EG) Nr 883/04) sowie eine Abschrift der Meldung gemäß den Abs 3 und 4 am Arbeits(Einsatz)ort im Inland bereitzuhalten oder diese den Organen der Abgabebehörden oder der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse unmittelbar vor Ort in elektronischer Form zugänglich zu machen.

Gemäß § 7b Abs 8 leg. cit. begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde für jede/n Arbeitnehmer/in mit Geldstrafe von 500 Euro bis 5.000 Euro, im Wiederholungsfall von 1.000 Euro bis 10.000 Euro zu bestrafen, wer als Arbeitgeber/in im Sinne des Abs 1 (Z 1) die Meldung entgegen Abs 3 nicht, nicht rechtzeitig oder nicht vollständig erstattet oder (Z 3) die erforderlichen Unterlagen entgegen Abs 5 nicht bereithält oder den Organen der Abgabenbehörden oder der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse vor Ort nicht unmittelbar zugänglich macht.

§ 22 Abs 1 VStG lautet wie folgt:

„Hat jemand durch verschiedene selbstständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen oder fällt eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen, so sind die Strafen nebeneinander zu verhängen.“

Das Wesen der Scheinkonkurrenz besteht darin, dass der gesamte Unrechtsgehalt eines Deliktes von jenem eines anderen, ebenfalls verwirklichten, in jeder Beziehung mitumfasst ist. Da durch die im Strafbescheid genannten Straftatbestände der durch den Täter verwirklichte Tatunwert einmal abgedeckt werden soll (und darf), wäre es unzulässig, ihm ein und denselben Unwert mehrmals zuzurechnen. Das mitumfasste Delikt tritt hinter das mitumfassende zurück, es ist daher zwar verwirklicht, aber im konkreten Fall, bezogen auf den konkreten Täter, nicht anwendbar. Die Frage, ob verschiedene Strafbestimmungen zueinander im Verhältnis der Scheinkonkurrenz stehen, ist anhand der anerkannten Interpretationsmethoden, mithin durch Auslegung der in Betracht kommenden Tatbestände, zu beantworten (vgl Raschauer/Wessely, VStG, Rz 7 zu § 22 VStG).

Aus dem oberwähnten Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag, Zl LVwG-1-933/2016-R3, ergibt sich, dass der Beschwerdeführer die ZKO3-Meldungen in einem Fall überhaupt nicht und in drei Fällen zwar zum Überprüfungszeitpunkt erstattet hatte, letztere aber verspätet und überdies (hinsichtlich des Arbeitsbeginnes) unrichtig waren.

Anlässlich der Kontrolle konnten somit die (korrekten) ZKO3-Meldungen gar nicht bereitgehalten werden, da diese gar nicht existierten. Zufolge der Bestimmung des § 7b Abs 5 AVRAG ist nämlich nur eine Abschrift der Meldung „gemäß der Abs 3 und 4“ am Arbeitsort bereitzuhalten; eine solche Meldung lag aber nicht vor, weshalb eine solche auch nicht bereitgehalten werden konnte.

Insgesamt ergibt sich im vorliegenden Fall, dass das Unwerturteil der Übertretung nach § 7b Abs 8 Z 3 AVRAG bereits durch die rechtskräftige Bestrafung nach § 7b Abs 8 Z 1 AVRAG gedeckt ist. Eine (weitere) Bestrafung nach § 7b Abs 8 Z 3 AVRAG würde somit dem Kumulationsprinzip widersprechen und eine unzulässige Doppelbestrafung darstellen.

Die von der Behörde vorgenommene Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens ist daher – wenn auch aus anderen Gründen – zu Recht erfolgt.

5.              Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Konsumtion, Scheinkonkurrenz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGVO:2017:LVwG.1.937.2016.R3

Zuletzt aktualisiert am

21.06.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Vorarlberg LVwg Vorarlberg, http://www.lvwg-vorarlberg.at
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