TE Lvwg Erkenntnis 2017/9/25 LVwG-1-738/2016-R13

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Veröffentlicht am 25.09.2017
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Entscheidungsdatum

25.09.2017

Norm

VerG 2002 §31
VStG §1 Abs1

Text

Im Namen der Republik!

Erkenntnis

Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat durch sein Mitglied Dr. Isabel Vonbank, LL.M., über die Beschwerde des R R, N, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Lang, LL.M., Salzburg, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft B vom 03.08.2016, Zl X-9-2015/51144, zu Recht erkannt:

Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.

Begründung

1.   Im angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten vorgeworfen, er habe es als Obmann des Vereins H-Z-S-G, Eweg, N, und somit als gemäß § 9 VStG verantwortliche Person zu verantworten, dass in der Wintersaison 2015/16 auf der Grundlage geänderter Statuten die Vereinstätigkeit ausgeübt bzw fortgesetzt wurde. Bei diesem Verein handle es sich nämlich – laut Vereinshomepage – um eine Werbeplattform zur Akquirierung und Vermittlung von Kunden. Dies entspreche nicht der satzungsgemäßen Tätigkeit des Vereins laut Vereinsstatuten. Die Bezirkshauptmannschaft erblickte darin eine Übertretung des § 31 Abs 1 Z 2 iVm § 14 Abs 1 Vereinsgesetz 2002. Es wurde eine Geldstrafe von 70 Euro verhängt und für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 107 Stunden festgesetzt.

2.              Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte rechtzeitig Beschwerde erhoben. In dieser bringt er im Wesentlichen vor, dass eine nicht existente Norm angewendet worden sei und dies einen Verfahrensmangel darstelle. Die in dem Bescheid zu Grunde gelegte, angeführte Norm führe einen Absatz 1 an, jedoch verfüge diese Norm über keinen Absatz 1. § 31 Vereinsgesetz sei am 01.09.2012 in Kraft getreten und sei seither nicht geändert worden. § 3 Abs 2 VerG normiere den Mindestinhalt von Vereinsstatuten. Diesem Mindestinhalt werde in den gegenständlichen Statuten hinreichend entsprochen. Der Name des Vereines lasse frei von Irreführung auf eine Ausrichtung auf den Alpinskisport sowie einer Förderung der Ausübung rückschließen. Entgegen des im Bescheid vom 03.08.2016 festgestellten Sachverhaltes sei die Tätigkeit des Vereins deckend mit den Vereinsstatuten. Durch den Vereinsnamen und die Vereinsstatuten werde verdeutlicht, dass sich durch den Internetauftritt des Vereines gerade keine Statutenüberschreitung ergebe. Zum einen sei es Zweck des Vereins durch Alpinskiveranstaltungen, welche von den Mitgliedern durchgeführt werden würden, die in den Statuten angeführten Zielsetzungen zu erreichen. Die Zielsetzung des Vereins sei im Zuge aller geeigneter Maßnahmen die Verbreitung und Vertiefung alpinistischer Kenntnisse innerhalb der Bevölkerung sowie die Wahrnehmung aller Belange, die Förderung des Alpinismus, insbesondere die Wahrung der Einheitlichkeit des Berg- und Schiführerwesens in Österreich, die Förderung aller Maßnahmen zur Fortbildung der Berg- und Schiführer und Schilehrerwesens etc. Zum anderen würden die durch den Einsatz der Mitglieder lukrierten Einnahmen zur weiteren Erreichung der Zwecke und Zielsetzungen des Vereins verwendet werden. Um überhaupt Einnahmen zur Erreichung des Zwecks und der Zielsetzung verwenden zu können, sei eine gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit unerlässlich. Dadurch könne die für den Verein maßgebliche Förderung seiner Zwecke und Zielsetzungen erst ermöglicht werden. Zudem sei darauf hinzuweisen, dass es Gang und Gebe sei, dass Vereine die eigenen Veranstaltungen „bewerben“ um dadurch höhere Einnahme zu erzielen, um dadurch die eigenen Mitglieder und Zielsetzungen zu fördern. In den Feststellungen des bekämpften Bescheides hätte berücksichtigt werden müssen, dass es einem Verein möglich und erlaubt sei, Veranstaltungen etc durchzuführen, sowie öffentlich aufzutreten, um den Fortbestand des Vereins zu gewährleisten. Jegliche Feststellungen würden sich auf die bloße Sichtung der Internetplattform gründen, welche eine gänzliche Darstellung des Wirkens des Vereins jedenfalls nicht zulassen würde. Es sei falsch, dass die Internetplattform des Vereines eine reine Akquise-Plattform darstelle, zudem sei es nicht richtig, dass der Verein im Zuge seiner Tätigkeit eine Überschreitung der Statuten begangen habe.

Der Tatzeitpunkt sei mit Wintersaison 2015/16 festgestellt worden. Dies sei zu unbestimmt und hätte genauer definiert werden müssen. Die Behörde hätte feststellen müssen, welche Tätigkeit der Verein tatsächlich ausübt und nicht nur die Internetplattform sichten dürfen. Es werde darauf hingewiesen, dass die Besichtigung einer Internetplattform kaum für eine detaillierte Einschätzung eines Tätigkeitsfeldes reichen könne.

3.              Folgender Sachverhalt steht fest:

Der Verein „H Z S G“ hat mit Eingabe vom 22.02.2013 unter gleichzeitiger Vorlage der Statuten bei der Bezirkshauptmannschaft B (Vereinsbehörde) die Vereinsgründung angezeigt. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft B vom 08.04.2013 wurde der Verein nach dem Inhalt der vorgelegten Statuten zur Aufnahme der Vereinstätigkeit eingeladen. Der Beschwerdeführer ist seit Entstehung des Vereins - mit Ausnahme des Zeitraumes 14.02.2016 bis 27.03.2016 - Obmann des Vereins. Die erste Funktionsperiode sämtlicher Organe des Vereines hat am 13.02.2016 geendet. Eine Wiederwahl der Organe fand erst am 28.03.2016 statt. Im Zeitraum vom 14.02.2016 bis 27.03.2016 verfügte der gegenständliche Verein über keine gewählten Organe.

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft B vom 04.02.2016 wurde der Beschwerdeführer darüber in Kenntnis gesetzt, dass beabsichtigt sei, den Verein bescheidmäßig aufzulösen, da eine satzungsmäßige Tätigkeit nicht ersehen werden könne. Eine Auflösung des Vereines ist bislang nicht erfolgt.

Die Vereinsstatuten vom 08.04.2013 wurden am 21.03.2016 geändert. Diese Änderung wurde der Bezirkshauptmannschaft B mit Schreiben vom 26.04.2016 angezeigt. Es wurden die §§ 2 („Zweck des Vereines“) und 13 („Der Vorstand“) der Statuten geändert bzw ergänzt. Die Bezirkshauptmannschaft B hat bislang weder eine Erklärung, dass die Statutenänderung nicht gestattet ist, abgegeben noch mit Bescheid eine ausdrückliche Einladung zur Änderung der Statuten erlassen.

4.              Dieser Sachverhalt wird auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere auf Grund des Akteninhaltes und des Inhaltes des von Amts wegen eingeholten Aktes der Bezirkshauptmannschaft B (behördlicher Akt über den gegenständlichen Verein), als erwiesen angenommen.

Wann der Verein entstanden ist und in welchen Zeiträumen der Beschuldigte Obmann dieses Vereines war bzw ist, ergibt sich aus dem Vereinsregisterauszug, der öffentlich zugänglich ist.

Die Feststellungen zu den Statuten und deren Änderungen, sowie die Feststellungen darüber, dass die zuständige Behörde ein Verfahren betreffend die Auflösung des Vereines eingeleitet hat, ergeben sich aus dem Vereinsakt der Bezirkshauptmannschaft B.

5.1.           Gemäß § 31 Vereinsgesetz 2002 (VerG), BGBl I Nr 66/2002, idF BGBl I Nr 50/2012, begeht - wenn die Tat nicht von den Strafgerichten zu verfolgen ist - eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde, im Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist, von der Landespolizeidirektion, mit Geldstrafe bis zu 218 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe bis zu 726 Euro zu bestrafen, wer

  1. die Errichtung eines Vereins vor Aufnahme einer über die Vereinbarung von Statuten und die allfällige Bestellung der ersten organschaftlichen Vertreter hinausgehenden Vereinstätigkeit nicht gemäß § 11 Abs 1 anzeigt oder

2. trotz Erklärung der Vereinsbehörde gemäß § 12 Abs 1 eine Vereinstätigkeit ausübt oder auf der Grundlage geänderter Statuten fortsetzt (§ 14 Abs 1) oder

     3. nach rechtskräftiger Auflösung des Vereins die Vereinstätigkeit fortsetzt oder

     4. als zur Vertretung des Vereins berufener Organwalter

                a) die Anzeige einer Statutenänderung unterlässt (§ 14 Abs 1) oder

b) die organschaftlichen Vertreter des Vereins oder die Vereinsanschrift nicht gemäß § 14 Abs 2 und 3 bekannt gibt oder

c) die freiwillige Auflösung des Vereins nicht gemäß § 28 Abs 2 anzeigt oder die Veröffentlichung unterlässt (§ 28 Abs 3) oder

d) die Mitteilung der Beendigung der Abwicklung nach freiwilliger Auflösung des Vereins unterlässt (§ 30 Abs 5 in Verbindung mit § 28 Abs 2) oder

                e) die ZVR-Zahl nicht gemäß § 18 Abs 3 letzter Satz verwendet oder

5. als Abwickler die Mitteilung der Beendigung der Abwicklung nach freiwilliger Auflösung des Vereins unterlässt (§ 30 Abs 5).

Gemäß § 14 Abs 1 VerG, BGBl I Nr 66/2002, gelten die §§ 1 bis 13 sinngemäß auch für Statutenänderungen. Ein Vereinsregisterauszug ist nur dann zu übermitteln, wenn sich durch die Statutenänderung der Registerstand geändert hat.

Gemäß § 29 Abs 1 VerG, BGBl I Nr 66/2002, kann jeder Verein unbeschadet des Falls nach § 2 Abs 3 bei Vorliegen der Voraussetzungen des Art 11 Abs 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl Nr 210/1958, mit Bescheid aufgelöst werden, wenn er gegen Strafgesetze verstößt, seinen statutenmäßigen Wirkungskreis überschreitet oder überhaupt den Bedingungen seines rechtlichen Bestands nicht mehr entspricht.

5.2.           Die belangte Behörde hat dem Beschuldigten vorgeworfen, dass es sich bei dem gegenständlichen Verein um eine Werbeplattform zur Akquirierung und Vermittlung von Kunden handeln würde. Dies entspreche nicht der satzungsgemäßen Tätigkeit des Vereins laut Vereinsstatuten.

Die belangte Behörde erblickte hierein eine Übertretung des § 31 Abs 1 Z 2 (richtig § 31 Z 2) iVm § 14 Abs 1 VerG.

Die Straftatbestände sind im VerG in § 31 taxativ aufgezählt. Die von der belangten Behörde vorgeworfene Verwaltungsübertretung setzt auf objektiver Tatseite voraus, dass ein Verein eine Tätigkeit ausübt, obwohl ihm die Behörde die Gründung dieses Vereines untersagt hat (§ 12 Abs 1 VerG) oder der Verein Tätigkeiten aufgrund einer Satzungsänderung ausübt, die von der Behörde untersagt wurden (§ 14 Abs 1 VerG).

Die Bezirkshauptmannschaft B als zuständige Vereinsbehörde hat dem gegenständlichen Verein zu keiner Zeit gemäß § 12 Abs 1 VerG oder § 14 Abs 1 iVm § 12 Abs 1 VerG die Gründung des Vereines oder eine Satzungsänderung untersagt. Schon aus diesem Grund kann keine Übertretung des § 31 Z 2 VerG vorliegen.

Gemäß § 1 Abs 1 VStG kann als Verwaltungsübertretung eine Tat (Handlung oder Unterlassung) nur bestraft werden, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war.

Der von der belangten Behörde im bekämpften Straferkenntnis erhobene Tatvorwurf ist vom Vereinsgesetz nicht unter Strafe gestellt.

Selbst wenn – was im gegenständlichen Fall nicht zu prüfen ist – der Verein eine Tätigkeit ausübt, die von den Statuten nicht gedeckt sein sollte, stellt dies keine Verwaltungsübertretung iSd Vereinsgesetzes dar. Vielmehr ist die Konsequenz einer Tätigkeit des Vereines, die nicht von den Statuten gedeckt ist, eine behördliche Auflösung iSd § 29 Abs 1 VerG. Eine andere rechtliche Konsequenz sieht das Vereinsgesetz nicht vor. Eine Tätigkeit eines Vereines, die den statutenmäßigen Wirkungskreis überschreitet, lässt sich nicht unter einen Straftatbestand des § 31 VerG subsumieren. Schon aus diesem Grund hat das Landesverwaltungsgericht im gegenständlichen Fall nicht näher zu prüfen, welche Tätigkeiten der Verein, von welchem der Beschuldigte Obmann ist, ausübt und ob diese Tätigkeiten von den Statuten gedeckt sind.

Aus diesem Grund war der Beschwerde Folge zu geben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

6.              Die mündliche Verhandlung konnte entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der angefochtenen Bescheid aufzuheben ist (vgl § 44 Abs 2 VwGVG).

7.                                                                                Gemäß § 25a Abs 4 VwGG ist eine Revision wegen Verletzung in Rechten nach Art 133 Abs 6 Z 1 B-VG nicht zulässig, wenn in einer Verwaltungsstrafsache oder einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu 400 Euro verhängt wurde. Im vorliegenden Fall durfte eine Geldstrafe von bis zu 218 Euro und keine Freiheitsstrafe verhängt werden. Im Erkenntnis wurde eine Geldstrafe von 70 Euro ausgesprochen. Eine Revision wegen Verletzung in Rechten gemäß Art 133 Abs 6 Z 1 B-VG ist daher nicht zulässig.

Schlagworte

Verein, statutenwidrige Tätigkeit, kein Straftatbestand

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGVO:2017:LVwG.1.738.2016.R13

Zuletzt aktualisiert am

12.10.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Vorarlberg LVwg Vorarlberg, http://www.lvwg-vorarlberg.at
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