TE Lvwg Erkenntnis 2017/9/4 LVwG-2017/22/2028-2

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Veröffentlicht am 04.09.2017
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Entscheidungsdatum

04.09.2017

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

VwGVG §15
AVG §13

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seinen Richter Dr. Franz Triendl über die Beschwerde des Herrn AA, X, Z, gegen den Bescheid des Stadtmagistrates Y vom 26.7.2017, Zl. **** wegen Zurückweisung eines Vorlageantrages

zu Recht erkannt

1.  Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.  Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Sie haben die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden kann.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.   Verfahrensgang

Mit Eingabe vom 21.5.2017 begehrte der Beschwerdeführer beim Stadtmagistrat Y die Zuerkennung der Parteistellung im Bauverfahren unter der Geschäftszahl **** sowie die Zustellung namentlich angeführter Baubescheide. Mit Bescheid vom 31.5.2017 wurde dieser Antrag, gestützt auf § 8 AVG iVm § 26 Abs 2 TBO 2011 abgewiesen. Dagegen erhob Herr AA mit Eingabe vom 5.6.2017 (datiert mit 3.6.2017) Beschwerde. Über diese Beschwerde entschied der Stadtmagistrat Y gemäß § 14 Abs 1 VwGVG mit Bescheid vom 26.6.2017 (Beschwerdevorentscheidung) und wies die Beschwerde als unbegründet ab. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer unstrittig am 28.6.2017 persönlich zugestellt (siehe den im behördlichen Akt einliegenden RSb-Rückschein). Mit E-Mail vom 12.7.2017 verlangte der Beschwerdeführer die Vorlage seiner Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol. Diese E-Mail wurde – wiederum unstrittig – um 20:58 Uhr abgesendet.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 26.7.2017 (zugestellt am 2.8.2017) wies der Stadtmagistrat Y diesen Vorlageantrag gemäß § 13 Abs 3 VwGVG als verspätet zurück. Unter Bezugnahme auf näher angeführte Rechtsgrundlagen führte der Stadtmagistrat Y zusammenfassend aus, dass die Amtsstunden am Tage der Einbringung des Vorlageantrages, das war der Mittwoch, 12.7.2017, um 16:00 Uhr endeten und sohin der gegenständliche Antrag verspätet eingebracht worden sei.

Dagegen erhob Herr AA mit Eingabe vom 20.8.2017 (per E-Mail übermittelt am 23.8.2017) rechtzeitig und zulässig Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol und brachte darin zusammenfassend vor, dass für die Berechnung der Frist zur Vorlage eines Anbringens § 33 AVG maßgeblich sei und diese Gesetzesstelle besage, dass der Postlauf zwischen dem Versenden eines schriftlichen Anbringens und dessen Einlangen bei der Behörde in die Frist nicht einzurechnen sei. Da, wie die Behörde selbst festgestellt habe, sein Antrag auf Weiterleitung am 12.7.2017 per E-Mail um 20:58 Uhr gesendet wurde, gelte er als rechtzeitig eingebracht.

Beweis wurde aufgenommenen durch Einsichtnahme in den behördlichen Akt.

 

II.  Rechtsgrundlagen:

Im gegenständlichen Fall sind folgende Bestimmungen des Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetzes BGBl I 2013/33 idF BGBl I 2015/82 (VwGVG) maßgeblich:

„Vorlageantrag

§ 15. (1) Jede Partei kann binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Wird der Vorlageantrag von einer anderen Partei als dem Beschwerdeführer gestellt, hat er die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 9 Abs. 1 Z 3), und ein Begehren (§ 9 Abs. 1 Z 4) zu enthalten.

(2) Ein rechtzeitig eingebrachter und zulässiger Vorlageantrag hat aufschiebende Wirkung, wenn die Beschwerde

         1. von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung hatte und die Behörde diese nicht ausgeschlossen hat;

         2. von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung hatte, die Behörde diese jedoch zuerkannt hat.

Die Behörde hat dem Verwaltungsgericht den Vorlageantrag und die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorzulegen und den sonstigen Parteien die Vorlage des Antrags mitzuteilen.

(3) Verspätete und unzulässige Vorlageanträge sind von der Behörde mit Bescheid zurückzuweisen. Wird gegen einen solchen Bescheid Beschwerde erhoben, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht unverzüglich die Akten des Verfahrens vorzulegen.

Anzuwendendes Recht

§ 17. Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.“

Weiters von Belang sind folgendes Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl 51 (WV) idF BGBl I 2013/161 (AVG):

„Anbringen

§ 13. (1) Soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können Anträge, Gesuche, Anzeigen, Beschwerden und sonstige Mitteilungen bei der Behörde schriftlich, mündlich oder telefonisch eingebracht werden. Rechtsmittel und Anbringen, die an eine Frist gebunden sind oder durch die der Lauf einer Frist bestimmt wird, sind schriftlich einzubringen. Erscheint die telefonische Einbringung eines Anbringens der Natur der Sache nach nicht tunlich, so kann die Behörde dem Einschreiter auftragen, es innerhalb einer angemessenen Frist schriftlich oder mündlich einzubringen.

(2) Schriftliche Anbringen können der Behörde in jeder technisch möglichen Form übermittelt werden, mit E-Mail jedoch nur insoweit, als für den elektronischen Verkehr zwischen der Behörde und den Beteiligten nicht besondere Übermittlungsformen vorgesehen sind. Etwaige technische Voraussetzungen oder organisatorische Beschränkungen des elektronischen Verkehrs zwischen der Behörde und den Beteiligten sind im Internet bekanntzumachen.

(…)

(5) Die Behörde ist nur während der Amtsstunden verpflichtet, schriftliche Anbringen entgegenzunehmen oder Empfangsgeräte empfangsbereit zu halten, und, außer bei Gefahr im Verzug, nur während der für den Parteienverkehr bestimmten Zeit verpflichtet, mündliche oder telefonische Anbringen entgegenzunehmen. Die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit sind im Internet und an der Amtstafel bekanntzumachen.

(…)

§ 33. (…)

(3) Die Tage von der Übergabe an einen Zustelldienst im Sinne des § 2 Z 7 des Zustellgesetzes zur Übermittlung an die Behörde bis zum Einlangen bei dieser (Postlauf) werden in die Frist nicht eingerechnet.

(…)“

III. Rechtliche Erwägungen:

Nach § 15 Abs 1 VwGVG beträgt die Frist zur Stellung des Vorlageantrages zwei Wochen. Diese Frist beginnt mit der Zustellung der Beschwerdevorentscheidung.

Gemäß § 13 Abs 2 AVG können schriftliche Anbringen der Behörde in jeder technisch möglichen Form übermittelt werden, mit E-Mail jedoch nur insoweit, als für den elektronischen Verkehr zwischen der Behörde und den Beteiligten nicht besondere Übermittlungsformen vorgesehen sind. Etwaige technische Voraussetzungen oder organisatorische Beschränkungen des elektronischen Verkehrs zwischen der Behörde und den Beteiligten sind im Internet bekanntzumachen.

Derartige, vom Gesetzgeber in § 13 Abs 2 AVG für den elektronischen (!) Verkehr zwischen der Behörde und den Beteiligten angesprochene näheren Regelungen liegen hier in Form der Verfügung des Magistratsdirektors der Landeshauptstadt Y vom 18.11.2014 über die Bekanntmachung gemäß §§ 13 und 42 Abs 1a AVG und § 86b BAO vor.

Gemäß dieser Verfügung kann eine rechtswirksame Einbringung von schriftlichen Anbringen und von schriftlichen Mitteilungen entweder per Post, per persönlicher Abgabe, per Online-Formular oder per Telefax unter der Nummer **** oder per E-Mail an die E-Mail-Adresse xxxx@xxxx. erfolgen. Ebenfalls wird in dieser Bekanntmachung darauf hingewiesen, dass die Empfangsgeräte für Telefax und E-Mail des Stadtmagistrates Y zwar auch außerhalb der Amtsstunden empfangsbereit sind, allerdings nur während der Amtsstunden betreut werden und dies die Wirkung hat, dass Anbringen auch dann, wenn sie bereits in den Verfügungsbereich des Amtes gelangt sind, erst mit Wiederbeginn der Amtsstunden als eingebracht (und eingelangt) gelten und erst ab diesem Zeitpunkt behandelt werden.

Die vorerwähnte Bekanntmachung ist im Internet unter der Adresse www.xxxx. veröffentlicht und kann von der Startseite der Homepage der Landeshauptstadt Y aus über den Link „Amt/Verwaltung“ und dem weiteren Link „Amtstafel“ von jedermann eingesehen werden.

Nach § 13 Abs 5 AVG ist die Behörde nur während der Amtsstunden verpflichtet, schriftliche Anbringen entgegenzunehmen oder Empfangsgeräte empfangsbereit zu halten, und, außer bei Gefahr im Verzug, nur während der für den Parteienverkehr bestimmten Zeit verpflichtet, mündliche oder telefonische Anbringen entgegenzunehmen. Die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit sind im Internet und an der Amtstafel bekanntzumachen.

Letzteres ist ebenfalls erfolgt und sind die Amtsstunden unter der Adresse https://www.xxxx. bzw über die Startseite der Homepage der Landeshauptstadt Y über den Link „Amt/Verwaltung“ sodann unter der weiteren Verlinkung „Amtsstunden/Parteienverkehr“ für jedermann im Internet zugänglich gemacht.

Die Amtsstunden wurden mit Montag bis Donnerstag 08.00 Uhr bis 12.00 Uhr und 13.00 Uhr bis 16.00 Uhr und Freitag 08.00 Uhr bis 12.00 Uhr festgesetzt.

Im gegenständlichen Fall wurde laut Rückschein, der eine öffentliche Urkunde darstellt, der angefochtene Bescheid dem Beschwerdeführer unstrittig am Mi. 28.6.2017 zugestellt. Die zweiwöchige Frist zur Einbringung eines Vorlageantrages endete sohin am Mittwoch 12.7.2017.

Der Beschwerdeführer hat seine Beschwerde per E-Mail am letzten Tag der Frist eingebracht. Er verwendete dabei die im Internet verlautbarte E-Mail-Adresse post@xxxx. (auf dem E-Mail-Auszug lt. Akt ist lediglich „post“ angeführt – dabei handelt es sich jedoch um die angeführte Adresse – siehe Info des Büros des Magistratsdirektors des Stadtmagistrates Y, E-Mail vom 4.9.2017). Allerdings hat er diese E-Mail erst um 20:58 Uhr, mithin außerhalb der im Internet verlautbarten Amtsstunden (diese enden an einem – wie hier - Mittwoch um 16:00 Uhr) abgesendet.

Daraus ergibt sich, dass der gegenständliche Vorlageantrag erst am 13.7.2017, 08.00 Uhr, sohin nach Wiederbeginn der Amtsstunden, als eingelangt und eingebracht gilt. Damit erweist sich die Einbringung dieses Antrages jedoch als verspätet (vgl. dazu die reichhaltige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes – etwa VwGH 12.10.2105, Ra 2015/22/0116; 14.10.2015, Ra 2015/17/0039; 24.11.2015, Ra 2015/05/0062; 31.3.2016, Ra 2016/07/0021; 18.5.2016, Ra 2016/11/0072 uva jeweils mit Hinweisen auf die weitere Judikatur des VwGH, siehe auch Hengstschläger/Leeb, AVG § 13 Rz 34f (Stand 1.1.2014, rdb.at). Mit seinem Verweis auf § 33 Abs 3 AVG ist für den Beschwerdeführer nichts gewonnen, gilt das dort normierte Postlaufprivileg doch nicht für die elektronische Übermittlung von schriftlichen Anbringen (VwGH 14.4.2016, Ra 2014/02/0167 uva).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

IV.  Zur Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe die obigen Zitate zur Judikatur des VwGH). Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Franz Triendl

(Richter)

Schlagworte

Parteistellung; Zustellung; elektronische Eingabe; verspätet; E-Mail; Vorlageantrag; Amtsstunden;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2017:LVwG.2017.22.2028.2

Zuletzt aktualisiert am

22.09.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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