TE Lvwg Erkenntnis 2017/10/4 LVwG-2016/46/2061-5

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Veröffentlicht am 04.10.2017
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Entscheidungsdatum

04.10.2017

Index

41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, Asylrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

Meldegesetz 1991 §8 Abs1
VStG §45 Abs1 Z1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Mag. Linda Wieser über die Beschwerde der Frau AA, geb am xx.xx.xxxx, Adresse 1, Z, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 08.08.2016, Zl ****, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 erster Fall VStG eingestellt.

2.       Gemäß § 64 Abs 2 VStG und § 52 Abs 8 VwGVG entfallen die Kostenbeiträge für das Verfahren vor der belangten Behörde und für das Beschwerdeverfahren.

3.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Sie haben die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden kann.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrenslauf:

Mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 08.08.2016, Zl ****, wurde der Beschwerdeführerin folgender Sachverhalt zur Last gelegt:

„Frau AA, geb. xx.xx.xxxx, hat mit 26.06.2016 in X, Adresse 2, Unterkunft genommen und bis zumindest zum 7.07.2016 unterlassen, sich beim Meldeamt der Gemeinde X polizeilich anzumelden, obwohl, wer in einer Wohnung Unterkunft nimmt, sich innerhalb von drei Tagen danach bei der Meldebehörde anzumelden hat. Konkret hat Frau AA sich laut Meldezettel am 28.07.2016 bei der Gemeinde X angemeldet.“

Die Beschwerdeführerin habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 22 Abs 1 Z 1 iVm § 3 Abs 1 Meldegesetz 1991 begangen und wurde über sie gemäß § 22 Abs 1 Meldegesetz eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 50,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) verhängt. Weiters wurde ihr gemäß § 64 Abs 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von Euro 10,00 vorgeschrieben.

Dagegen erhob die Beschuldigte fristgerecht Beschwerde und führte darin aus, dass sie die Übertretung nicht begangen habe. Sie sei bereits am 27. Juni 2016 das erste Mal auf der Gemeinde X gewesen und habe einen Meldezettel beantragt. In weiterer Folge habe sie sich von ihren Vermietern die Unterschrift für den Meldezettel holen wollen. Zunächst habe ihr die Vermieterin gesagt, sie solle nicht bekannt gegeben, dass sie die im Tiefparterre gelegene Wohnung angemietet habe. Sie solle nur sagen, dass sei ein Zimmer in ihrem Haus bewohne. Da sie dies nicht gewollt habe, habe die Vermieterin die Unterschrift des Meldezettels verweigert. Am nächsten Tag sei sie wiederum in der Gemeinde X mit dem ausgefüllten Meldezettel gewesen, dieser sei jedoch ohne Unterschrift gewesen. Sie habe ersucht sich trotz fehlender Unterschrift in der Gemeinde X anzumelden. Dies wurde jedoch von der Mitarbeiterin der Gemeinde versagt. Sie habe sich dann bei der Arbeiterkammer Tirol informiert und die Auskunft bekommen, dass die Gemeinde X verpflichtet sei, sie trotz fehlender Unterschrift anzumelden. Sie sei daher am 04. Juli zum dritten Mal bei der Gemeinde X gewesen, auch dieses Mal sei ihr erklärt worden, dass sie sich ohne Unterschrift nicht anmelden könne. Erst am 27.07. sei es ihr dann möglich gewesen, sich in der Gemeinde X anzumelden, dies erst nach Rücksprache mit einem Mitarbeiter der Bezirkshauptmannschaft Y.

Aufgrund dieses Beschwerdevorbringens wurde der Akt dem Landesverwaltungsgericht Tirol zur Entscheidung vorgelegt.

Am 06.04.2017 fand vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, in der die Beschwerdeführerin, die zuständige Sachbearbeiterin der Gemeinde X, sowie ihre damalige Vermieterin als Zeugin aussagten.

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den verwaltungsbehördlichen Akt, sowie insbesondere durch die Durchführung der öffentlichen mündlichen Verhandlung. Im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde die Vermieterin der Beschwerdeführerin und die zuständige Sachbearbeiterin der Meldeamtes als Zeugen einvernommen. Eingeholt wurde ebenso die Strafverfügung der belangten Behörde vom 01.08.2016 zu Zl ****, sowie die Ermahnung in Bezug auf die Vermieterin vom 08.08.2016, Zl ****.

II.      Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin ist am 26.06.2016 in X, Adresse 2, eingezogen und hat dort Unterkunft genommen. Sie wurde an dieser Adresse am 28.07.2016 mit Hauptwohnsitz angemeldet.

Die Beschwerdeführerin hat kurz nach ihrer Unterkunftnahme bei der Gemeinde X vorgesprochen um sich dort nach dem Meldegesetz anzumelden. An welchem Tag dies genau erfolgt ist, kann nicht mehr festgestellt werden. Dort wurde sie darüber aufgeklärt, dass sie den Meldezettel durch die Vermieterin zu unterfertigen ist. Diese hat am selben Tag die Unterschrift des Meldezettels verweigert, sodass die Beschwerdeführerin wiederum in der Gemeinde X beim Meldeamt vorsprach und die Sachbearbeiterin ersuchte, sie ohne Unterschrift anzumelden. Da die Vermieterin weiterhin die Unterfertigung des Meldezettels verweigerte, konnte die Beschwerdeführerin sich erst am 28.07.2016 mit Hauptwohnsitz an der Adresse 2, X anmelden.

III.    Beweiswürdigung:

Die getroffenen Sachverhaltsfeststellungen stützen sich auf den vorgelegten Verwaltungsstrafakt, sowie insbesondere auf die Aussagen der als Zeugen einvernommenen Vermieterin der Beschwerdeführerin, sowie der zuständigen Sachbearbeiterin des Meldeamtes der Gemeinde X. Diese haben übereinstimmend angegeben, dass die Beschwerdeführerin bemüht war, die Anmeldung durchzuführen, dies jedoch aufgrund der verweigerten Unterschrift der Vermieterin nicht möglich war. Sogar die Vermieterin gibt an, als welchen Gründen auch immer, die Unterschrift für den Meldezettel verweigert zu haben. Erst nach Rücksprache der Beschwerdeführerin mit der Bezirkshauptmannschaft Y wurde die Anmeldung im Melderegister ohne Unterschrift der Vermieterin durch die Sachbearbeiterin der Gemeinde X durchgeführt.

Wann die Beschwerdeführerin genau beim Meldeamt X vorsprach, konnte nicht mehr genau festgestellt werden. Die Beschwerdeführerin gab an, dies gleich am ersten Tag nach der Unterkunftnahme getan zu haben. Die zuständige Sachbearbeiterin gab an, dass es wohl der 4.07.2016 gewesen sei, wobei sie dies aber nicht mit Sicherheit sagen könne, da es keine Aufzeichnungen darüber gäbe.

IV.      Rechtsgrundlagen:

Die im gegenständlichen Fall maßgebenden Bestimmungen des Meldegesetzes 1991 – MeldeG, BGBl Nr 9/1992, idF BGBl I Nr 52/2015, lauten wie folgt:

„Unterkunft in Wohnungen; Anmeldung

§ 3. (1) Wer in einer Wohnung Unterkunft nimmt, ist innerhalb von drei Tagen danach bei der Meldebehörde anzumelden.

Meldepflicht und Ausnahmen von der Meldepflicht

§ 2. (1) Wer in einer Wohnung oder in einem Beherbergungsbetrieb Unterkunft nimmt oder eine solche Unterkunft aufgibt, ist zu melden.

Besondere Pflichten des Unterkunftgebers

§ 8. (1) Der Unterkunftgeber hat alle vom Meldepflichtigen unterfertigten Meldezettel unter leserlicher Beifügung seines Namens zu unterschreiben. Die Unterschrift als Unterkunftgeber hat zu verweigern, wer Grund zur Annahme hat, daß der Betroffene die Unterkunft tatsächlich nicht bezogen hat oder nicht innerhalb einer Woche beziehen wird.

(2) Hat der Unterkunftgeber Grund zur Annahme, daß für jemanden, dem er Unterkunft gewährt oder gewährt hat, die Meldepflicht bei der Meldebehörde nicht erfüllt wurde, so ist er verpflichtet, dies der Meldebehörde binnen 14 Tagen mitzuteilen, es sei denn, die Meldepflicht hätte ihn selbst getroffen. Von dieser Mitteilung hat der Unterkunftgeber nach Möglichkeit auch den Meldepflichtigen in Kenntnis zu setzen.

…“

V.       Erwägungen:

Wie bereits unter Sachverhalt festgestellt, war die Beschwerdeführerin nach ihrer Unterkunftnahme in X, Adresse 2, beim Gemeindeamt X vorsprachig, um dort die Anmeldung nach dem Meldegesetz 1991 durchzuführen. Ihr wurde zunächst der Meldezettel ausgehändigt und sie aufgefordert, diesen durch die Unterkunftgeberin unterfertigen zu lassen. Wie bereits erörtert, konnte nicht mehr festgestellt werden, wann konkret die Beschwerdeführerin das erste Mal auf der Gemeinde X war und in weiterer Folge konnte auch nicht festgestellt werden, wann das zweite Mal.

In § 8 Meldegesetz ist verankert, dass der Unterkunftsgeber bei einer Neuanmeldung von Personen deren Meldezettel unterschreiben muss. Dies erweckt häufig den Anschein einer Abhängigkeit des Mieters vom Vermieter.

Nach § 8 Abs 1 Meldegesetz hat der Unterkunftsgeber alle meldepflichtigen unterfertigten Meldezettel unter leserlicher Beifügung seines Namens zu unterschreiben. Eine Verweigerung der Unterschrift als Unterkunftsgeber ist nur möglich, wenn jemand Grund zur Annahme hat, dass der Betroffene die Unterkunft tatsächlich nicht bezogen hat oder nicht innerhalb einer Woche beziehen wird.

Die Anmeldung mittels Meldezettel bei der zuständigen Behörde ist jedoch ausschließlich an die tatsächliche Unterkunftnahme geknüpft, nicht jedoch an das Vorliegen der Unterschrift des Unterkunftgebers. Bei einer ungerechtfertigten Verweigerung der Unterschrift durch den Unterkunftgeber ist jedoch die Anmeldung seitens der Meldebehörde trotzdem vorzunehmen. Die Gemeinde X wäre sohin verpflichtet gewesen, auch ohne Unterschrift seitens der Unterkunftgeberin die Anmeldung durchzuführen.

Die Beschwerdeführerin hat daher versucht, ihren Verpflichtungen nach dem Meldegesetz 1991 nachzukommen, jedoch wurde die Anmeldung ohne ihr Verschulden von der zuständigen Gemeinde nicht durchgeführt. Letztlich kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass die Beschwerdeführerin innerhalb der drei-Tages Frist versucht hat, sich anzumelden.

Der Beschwerdeführerin konnte sohin die unterlassene polizeiliche Anmeldung nicht angelastet werden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Linda Wieser

(Richterin)

Schlagworte

Unterkunftnahme; Anmeldeverpflichtung innerhalb von 3 Tagen; Verpflichtung Unterkunftgeber;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2017:LVwG.2016.46.2061.5

Zuletzt aktualisiert am

30.10.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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