TE Lvwg Erkenntnis 2017/4/4 LVwG-551071/2/SE/BBa

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Veröffentlicht am 04.04.2017
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Entscheidungsdatum

04.04.2017

Norm

Art. 18 B-VG
Art. 140 B-VG
§44 OöNSchG
§58 OöNSchG
§59 AVG
§68 AVG

Text

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Ellmer über die Beschwerden von 1. L Z und 2. B Z, vertreten durch L Z, beide X, X, vom 13. Jänner 2017 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 16. Dezember 2016, GZ: N10-153/25-2011/Ka, betreffend dem Ansuchen um Erstreckung einer Leistungsfrist folgenden

B E S C H L U S S

gefasst:

I.     Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

II.    Gegen diesen Beschluss ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Verfahrensgang, Sachverhalt:

I.1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding (in der Folge kurz: belangte Behörde) vom 29. Dezember 2014, GZ: N10-153/7-2011/Ka, wurde Herrn L Z sowie Frau B Z (in der Folge kurz: die Beschwerdeführer) gemäß § 58 Oö. NSchG 2001 die Entfernung näher bezeichneter Bauwerke auf dem Grundstück Nr. X, KG E, bis längstens 31. März 2016 aufgetragen.

Die dagegen von den Beschwerdeführern am 28. Jänner 2015 erhobenen Beschwerden wurden vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Erkenntnis vom 30. März 2016, GZ: LVwG-550453/34/SE - 550454/2, abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass die Frist zur Umsetzung des Entfernungsauftrages mit 30. November 2016 neu festgesetzt wurde.

I.2. Mit Schreiben vom 21. November 2016 suchten die Beschwerdeführer in offener Frist um „die Verlängerung der Frist dem Entfernungsauftrag gemäß der Erkenntnis des OÖ. LVwG ZL: LVwG-550453/34/SE-550454/2 nachkommen zu müssen“ an.

Begründend führten sie im Wesentlichen ins Treffen, dass sie auf Grund ihrer finanziellen Situation auf freiwillige Hilfe aus dem Freundeskreis angewiesen seien, welche jedoch bislang noch nicht möglich gewesen sei. Mit der nunmehr vorliegenden „realen Notsituation“ sei nicht zu rechnen gewesen. Man werde sich bemühen, in möglichst naher Zukunft der Entscheidung nachzukommen, was jedoch auch von den Witterungsbedingungen abhänge. Daher werde eine Fristerstreckung bis 30. Juni 2017 beantragt.

I.3. Nachdem die belangte Behörde den Beschwerdeführern mit Schreiben vom 25. November 2016 mitgeteilt hatte, dass „auf Grund der verfahrensrechtlichen Bestimmungen“ der Antrag zurückzuweisen sei, und diese dazu mit Schreiben vom 1. Dezember 2016 Stellung bezogen, wies die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 16. Dezember 2016, GZ: N10-153/25-2011/Ka, den Antrag auf Fristerstreckung zurück.

Die vorgeschriebene Frist zur Durchführung sei mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich mit 30. November 2016 festgesetzt worden und in Rechtskraft erwachsen. Bei der Leistungsfrist handle es sich um eine materiellrechtliche Frist, deren Verlängerung im Gesetz nicht vorgesehen sei. Das Ansuchen sei als Antrag auf Abänderung eines der Berufung nicht mehr unterliegenden Bescheides zu werten. Die Behörde sehe im vorliegenden Fall keinen Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG, weshalb der Antrag zurückzuweisen war.

I.4. In der dagegen erhobenen Beschwerde vom 13. Jänner 2017 führten die Beschwerdeführer aus, dass eine Abwägung der verschiedenen Rechtsgüter vorzunehmen gewesen wäre (Recht auf Unversehrtheit des Lebens und der Gesundheit gegenüber dem „sofortigen“ Vollzug eines verwaltungsgerichtlichen Erkenntnisses). Das Recht auf Unversehrtheit des Lebens würde häufig in der Handhabung des Vollzuges von Erkenntnissen und Urteilen Anwendung finden. Die belangte Behörde hätte die momentanen Lebensumstände erheben und dann mit der Einhaltung der Frist des Vollzuges des Erkenntnisses abwägen müssen. Ob es im Oö. NSchG 2001 eine Möglichkeit zur Fristverlängerung gebe, sei völlig unerheblich, da die Verfassungsbestimmungen eindeutig und vorrangig vor einem Landesgesetz seien. Auch sei der bloße Verweis der belangten Behörde im Schreiben vom 25. November 2016 auf eine Unzulässigkeit der Fristverlängerung aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht ausreichend gewesen; vielmehr hätte es einer nachvollziehbaren Auslegung der Gesetze bedurft.

Es wird die Behebung des angefochtenen Bescheides sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

I.5. Die belangte Behörde hat die Beschwerde unter Anschluss des Bezug habenden Verwaltungsaktes, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, mit Schreiben vom 8. Februar 2017, eingelangt am 10. Februar 2017, dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt.

I.6. Folgender entscheidungswesentlicher S a c h v e r h a l t steht fest:

Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 30. März 2016, GZ: LVwG-550453/34/SE -550454/2, wurde der Bescheid der belangten Behörde vom 29. Dezember 2014, GZ: N10-153/7-2011/Ka, mit der Maßgabe bestätigt, dass die den Beschwerdeführern gesetzte Frist zur Umsetzung des ihnen gegenüber ergangenen naturschutzrechtlichen Beseitigungsauftrages gemäß § 58 Oö. NSchG 2001 (vollständige Entfernung zweier Hüttenbauwerke in Holzkonstruktion auf Grundstück Nr. X, KG und Gemeinde E) mit 30. November 2016 neu festgesetzt wurde. Dieses Erkenntnis ist rechtskräftig.

Es erfolgte bis dato noch keine Androhung bzw. Anordnung einer Ersatzvornahme gemäß Verwaltungsvollstreckungsgesetz durch die belangte Behörde.

Mit Schreiben vom 21. November 2016 beantragten die Beschwerdeführer die „Verlängerung der Frist dem Entfernungsauftrag gemäß der Erkenntnis des OÖ. LVwG ZL: LVwG-550453/34/SE-550454/2 nachkommen zu müssen“ bis zumindest 30. Juni 2017. Mit Bescheid vom 16. Dezember 2016, GZ: N10-153/25-2011/Ka, wies die belangte Behörde diesen Antrag gemäß § 68 AVG iVm § 58 Oö. NSchG 2001 zurück. Gegen diese Zurückweisung richten sich die gegenständlichen Beschwerden.

II. Beweise, Beweiswürdigung:

II.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und das Beschwerdevorbringen, daraus ergibt sich der unter Punkt I.6. dargestellte entscheidungswesentliche Sachverhalt, der unstrittig ist.

II.2. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte trotz Antrags der Beschwerdeführer gemäß § 24 VwGVG abgesehen werden. So war bereits der ursprüngliche Antrag der Beschwerdeführer zurückzuweisen und ließ zudem der vorgelegte Verfahrensakt erkennen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, da bereits alle entscheidungswesentlichen Sachverhaltselemente daraus unstrittig hervorgehen. Im gegenständlichen Fall ging es vielmehr lediglich um die Beurteilung einer reinen Rechtsfrage (Rechtsanspruch auf Verlängerung einer Leistungsfrist), weshalb einem Entfall der mündlichen Verhandlung auch Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 GRC nicht entgegensteht.

III. Rechtliche Beurteilung:

III.1. Gemäß § 17 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz -VwGVG sind -soweit nichts anderes bestimmt ist -auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG unter anderem die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles sowie im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 59 Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG bestimmt, dass wenn die Verbindlichkeit zu einer Leistung oder zur Herstellung eines bestimmten Zustandes ausgesprochen wird, im Spruch [des Bescheides, Anm.] zugleich auch eine angemessene Frist zur Ausführung der Leistung oder Herstellung zu bestimmen ist.

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Gemäß § 68 Abs. 2 leg. cit. können von Amts wegen Bescheide, aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist, von der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, als auch in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden.

Gemäß § 68 Abs. 7 leg. cit. steht auf die Ausübung des der Behörde gemäß den Absätzen 2 bis 4 zustehenden Abänderungs- und Behebungsrechtes niemandem ein Anspruch zu.

Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG legt fest, dass gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben kann, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

§ 44 Oö. NSchG 2001, LGBl. Nr. 129/2001, lautet auszugsweise wie folgt:

„Erlöschen von Bewilligungen und bescheidmäßigen Feststellungen

(1) Bewilligungen gemäß den §§ 14, 16 Abs. 3, 18 Abs. 1, 24 Abs. 3 und 25 Abs. 5 erlöschen mit Ablauf der Befristung, sonst [...]

[...]

(3) Die im Abs. 1 genannte Frist kann verlängert werden, wenn darum vor deren Ablauf angesucht wird und dies mit den Interessen des Natur- und Landschaftsschutzes in Einklang gebracht werden kann. Wird das Ansuchen rechtzeitig gestellt, dann ist der Ablauf der Frist bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Verlängerungsantrag gehemmt.

(4) Die Abs. 1 bis 3 gelten für Bescheide, mit denen eine bescheidmäßige Feststellung gemäß den §§ 9 oder 10 getroffen wird, sinngemäß.“

§ 58 Oö. NSchG 2001 in der für das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 30. März 2016, GZ: LVwG-550453/34/SE, maßgeblichen Fassung (LGBl. Nr. 90/2013) lautet auszugsweise wie folgt:

„Besondere administrative Verfügungen

(1) Wurden bewilligungs- oder anzeigepflichtige Vorhaben ohne Bewilligung oder sonst rechtswidrig ausgeführt oder wurden in Bescheiden verfügte Bedingungen, Befristungen oder Auflagen nicht eingehalten, kann die Behörde unabhängig von einer Bestrafung nach § 56 demjenigen, der rechtswidrig das Vorhaben ausgeführt hat oder ausführen hat lassen, oder dessen Rechtsnachfolger mit Bescheid auftragen, binnen einer festzusetzenden angemessenen Frist auf seine Kosten den vorherigen Zustand wieder herzustellen bzw. den bescheidmäßigen oder angezeigten projektmäßigen Zustand herzustellen oder, wenn dies tatsächlich nicht möglich ist, den geschaffenen Zustand in einer Weise abzuändern, dass Natur und Landschaft möglichst wenig beeinträchtigt werden.

[...]

(5) Die Abs. 1 bis 4 sind sinngemäß bei widerrechtlichen Eingriffen in das Landschaftsbild oder in den Naturhaushalt gemäß §§ 9 oder 10 und bei verbotenen Werbeeinrichtungen gemäß § 13 anzuwenden.“

III.2. Voranzustellen ist, dass - wie schon von der belangten Behörde angemerkt wurde -§ 44 Oö. NSchG 2001 in seinem Abs. 3 lediglich die Möglichkeit zur Verlängerung einer befristeten Naturschutzbewilligung bzw. bescheidmäßigen Feststellung gemäß den §§ 9 ff leg. cit. vorsieht. Ein Ansuchen um Verlängerung der gemäß § 58 Oö. NSchG 2001 iVm § 59 Abs. 2 AVG festzusetzenden Frist zur Herstellung des vorherigen Zustandes ist jedoch in § 44 Oö. NSchG 2001 nicht vorgesehen. Aus dem Oö. NSchG 2001 kann insofern kein Recht auf Verlängerung der für die Erfüllung eines Wiederherstellungsauftrags vorgesehenen Frist abgeleitet werden.

Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer, welche vermeinen, es sei „völlig unerheblich“, ob das Oö. NSchG 2001 eine Möglichkeit zur Fristverlängerung vorsehe oder nicht, sind sowohl die belangte Behörde als auch in weiterer Folge das Verwaltungsgericht an diese geltenden gesetzlichen Bestimmungen gebunden. Auf Grund des in Art. 18 Abs. 1 B-VG (also verfassungsrechtlich) verankerten Legalitätsprinzips darf die gesamte staatliche Vollziehung nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden. Bei hoheitlichem Vollzug bedarf es einer gesetzlichen Ermächtigung zum Tätigwerden. Wenn daher im Oö. NSchG 2001 keine Möglichkeit zur Erstreckung einer bereits rechtskräftigen Leistungsfrist vorgesehen ist, ist die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht dazu auch nicht ermächtigt. In Verbindung mit dem sogenannten „Fehlerkalkül der Rechtsordnung“ folgt daraus auch, dass, selbst wenn ein, wie von den Beschwerdeführern behaupteter, Widerspruch zwischen einem einfachen Bundes-/Landesgesetz zu einer im Stufenbau der Rechtsordnung höherrangigen Verfassungsnorm (die von den Beschwerdeführern erwähnte Europäische Menschenrechtskonvention - EMRK steht als Staatsvertrag gemäß Art. II Z 7 B-VG November 1964 seit dem Tag ihres Inkrafttretens, dem 3.9.1958, in Verfassungsrang) bestehen würde, ein dann verfassungswidriges Gesetz trotzdem bis zu seiner Aufhebung durch den dafür zuständigen Verfassungsgerichtshof (Art. 140 B-VG) Bestandteil der Rechtsordnung bleibt und als solcher auch von der Vollziehung anzuwenden ist (Grundsatz der Rechtssicherheit vor Rechtsrichtigkeit). Im Übrigen werden die diesbezüglichen Bedenken der Beschwerdeführer nicht geteilt.

III.3. Die belangte Behörde stützt die Zurückweisung des Antrags der Beschwerdeführer auf Erstreckung der Frist zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes auf § 68 AVG. Da das Ansuchen auf Verlängerung der Erfüllungsfrist als Antrag auf Abänderung eines der Berufung nicht mehr unterliegenden Bescheides zu werten sei und die Behörde im vorliegenden Fall keinen Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG gesehen habe, sei der Antrag zurückzuweisen gewesen.

Im Hinblick darauf ist daran zu erinnern, dass § 68 AVG ausdrücklich auf „die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides“ Anwendung findet. Wenn aber das Verwaltungsgericht (wie im gegenständlichen Fall) die gegen einen verwaltungsbehördlichen Bescheid erhobene Beschwerde als unbegründet abweist und den Bescheid bis auf die Leistungsfrist unverändert lässt, ist dieses Erkenntnis derart zu werten, dass das Verwaltungsgericht ein mit dem Inhalt des verwaltungsbehördlichen Bescheides grundsätzlich übereinstimmendes Erkenntnis erlässt. Dies bedeutet, dass der Bescheid vom 29. Dezember 2014 (nur) dahingehend abgeändert wurde, als eine neue Frist bis 30. November 2016 zur Entfernung festgelegt wurde („Maßgabebestätigung“, vgl. etwa zum Fall einer vollständig bestätigenden Entscheidung VwGH 24.03.2015, Ro 2014/15/0042). Nach mittlerweile ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes tritt angesichts der Sachentscheidungs- und Sacherledigungskompetenz des Landesverwaltungsgerichtes ein solches Erkenntnis, welches die Angelegenheit erledigt, die zunächst von der Verwaltungsbehörde zu entscheiden war, an die Stelle des beim Verwaltungsgericht bekämpften Bescheides. Mit der „(Sach)Entscheidung“ des Verwaltungsgerichts wird der angefochtene Bescheid daher aus dem Rechtsbestand beseitigt und durch die Entscheidung des Verwaltungsgerichts „ersetzt“ (vgl. etwa VfGH 06.05.2014, B 320/2014 bzw. VwGH 09.09.2015, Ro 2015/03/0032 oder erst kürzlich VwGH 21.12.2016, Ra 2016/12/0106, mwN).

Auf das nach dem Vorgesagten eben nicht durch Bescheid der belangten Behörde, sondern durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichts vom 30. März 2016 abgeschlossene Verfahren ist daher § 68 AVG nicht anwendbar, da der Bescheid der belangten Behörde vom 29. Dezember 2014 mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts seine Existenz verloren hat. Die belangte Behörde wäre im vorliegenden Fall daher keinesfalls zur Abänderung der durch das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 30. März 2016 festgesetzten Leistungsfrist ermächtigt gewesen. Dem „Antrag“ wäre daher bereits wegen Unzuständigkeit nicht nachzukommen gewesen.

Nur der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass generell einem Ansuchen auf Änderung von in einem Bescheidspruch festgesetzten Leistungs- bzw. Herstellungsfristen gemäß § 68 Abs. 1 AVG res iudicata (entschiedene Sache) entgegensteht, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 leg. cit. findet. Aus § 68 Abs. 7 AVG ergibt sich, dass niemandem auf die der Behörde gemäß den Abs. 2 bis 4 eingeräumte Ausübung des Abänderungs- und Behebungsrechtes ein subjektives Recht bzw. ein verfolgbarer Rechtsanspruch zusteht (vgl. dazu für viele Hengstschläger/Leeb, AVG, § 68 Rz 129; VwGH 18.06.2014, 2013/09/0162). Die Ausübung dieser Rechte kann daher zwar angeregt, nicht aber erzwungen werden. Wenn aber eine Partei ein Recht auf Abänderung eines formell rechtskräftig gewordenen Bescheides geltend macht, ist dieser Antrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (vgl. VwGH 18.12.1998, 97/19/1024). Auf die Abänderung von Auflagen, Fristen etc. eines in Rechtskraft erwachsenen naturschutzrechtlichen Bescheides stünde somit ohnedies niemandem - und somit auch nicht den Beschwerdeführern - ein Rechtsanspruch zu. § 68 AVG räumt vielmehr nur der Behörde die Befugnis ein, in bestimmten Fällen einen derartigen rechtskräftigen Bescheid abzuändern oder zu beheben. Die Frage einer gesetzmäßigen Ausübung dieses Ermessens könnte sich daher erst dann stellen, wenn die Behörde von sich aus einen rechtskräftigen Bescheid abgeändert oder behoben hat und die Partei durch diese Abänderung oder Behebung in ihren Rechten betroffen ist. Eine Überprüfung durch die Verwaltungsgerichte käme folglich nur dann in Betracht, wenn die Behörde von dem ihr in § 68 Abs. 2 bis 4 AVG eingeräumten Recht Gebrauch macht und durch die Ausübung dieser Befugnis in subjektive Rechte der Partei eingreift (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG, § 68 Rz 73 bzw. Rz 130 mwN.). Eine solche abändernde oder behebende Entscheidung ist im gegenständlichen Fall von der belangten Behörde aber -wie bereits zuvor ausgeführt wurde, insbesondere mangels Vorhandensein eines entsprechenden Bescheides zu Recht -gerade nicht ergangen. Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde das Ansuchen der Beschwerdeführer im Hinblick auf § 68 AVG vielmehr zurückgewiesen. Durch eine derartige Ablehnung, in welcher Form auch immer diese ergehen mag, kann nach ständiger Rechtsprechung (vgl. nur VwGH 18.06.2003, 2003/06/0086; 29.04.2009, 2009/10/0109) niemand in subjektivöffentlichen Rechten verletzt sein. Auch aus der Tatsache, dass der angefochtene Bescheid zwar eine entsprechende Rechtsmittelbelehrung enthalten hat, in der auf die Möglichkeit einer Beschwerde hingewiesen wird, kann nichts Gegenteiliges gewonnen werden. Mit der Rechtsmittelbelehrung wird nicht rechtsverbindlich über Parteienrechte abgesprochen und kann demnach weder ein Berufungsrecht bzw. Recht auf Beschwerde vor dem Verwaltungsgericht eingeräumt noch abgesprochen werden (vgl. bspw. VwGH 19.09.1995, 94/05/0179; 02.08.1996, 96/02/0208; Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht5, Rz 452).

Gemäß Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde nur erheben, wer durch diesen Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Die Zurückweisung oder Abweisung eines auf Wahrnehmung des Aufsichtsrechtes gemäß § 68 AVG gerichteten Antrags begründet mangels Rechtsverletzungsmöglichkeit keine Beschwerdelegitimation im Sinne des Art. 131 Abs. 1 B-VG (vgl. zur Rechtslage vor dem 1. Jänner 2014 hinsichtlich der Beschwerdelegitimation vor dem Verwaltungsgerichtshof bspw. VwGH 22.02.2013, 2010/02/0272; 29.04.2009, 2009/10/0109). Fehlt, wie im gegenständlichen Fall, ein derartiges Recht auf Abänderung eines Bescheides und auf Entscheidung eines darauf gerichteten Antrags, so kann ein Bescheid, der einen solchen Antrag ablehnt, nicht in subjektiv-öffentliche Rechte der Beschwerdeführer eingreifen. Die Beschwerdeführer konnten somit durch den angefochtenen Bescheid schon aus diesem Grund in keinem Recht verletzt werden. Die Beschwerde war daher bereits mangels Berechtigung zur Erhebung mit Beschluss zurückzuweisen.

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Zur Frage der Aufschiebung der Vollstreckung bzw. Verlängerung von Leistungsfristen und der Beschwerdelegitimation vor den Verwaltungsgerichten existiert - wie die zuvor angeführten Verweise zeigen -eine auf das gegenständliche Verfahren übertragbare, einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, von der im vorliegenden Erkenntnis auch nicht abgewichen wird bzw. sind die maßgeblichen Bestimmungen klar und eindeutig. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.

Schlagworte

Naturschutz; Hüttenbauwerk; rechtskräftiger Entfernungsauftrag; Erstreckung der Leistungsfrist – kein subjektives Recht; Fehlerkalkül; amtswegige Aufhebung rechtskräftiger Bescheide – kein subjektives Recht

Anmerkung

Alle Entscheidungsvolltexte sowie das Ergebnis einer gegebenenfalls dazu ergangenen höchstgerichtlichen Entscheidung sind auf der Homepage des Oö LVwG www.lvwg-ooe.gv.at abrufbar.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGOB:2017:LVwG.551071.2.SE.BBa

Zuletzt aktualisiert am

04.07.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Oberösterreich LVwg Oberösterreich, http://www.lvwg-ooe.gv.at
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