TE Lvwg Erkenntnis 2017/8/9 LVwG-750438/4/MZ

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Veröffentlicht am 09.08.2017
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Entscheidungsdatum

09.08.2017

Norm

EMRK Art 11
StPO §269
VereinsG §29

Text

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erkennt durch seinen Richter Dr. Zeinhofer über die Beschwerde des Vereins „NBH A“, vertreten durch Präsident R S, F, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 08.06.2017, GZ: BHVBSich-2016-243848/13-JM, betreffend die Auflösung des Vereins

zu Recht:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

I.       Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 08.06.2017, GZ: BHVBSich-2016-243848/13-JM, wurde der „Verein mit dem Namen `NBH A‘ der ZVR-Zahl: 703357349 und dem Sitz in F … behördlich aufgelöst.“

Ihre Entscheidung begründet die belangte Behörde mit einem Verstoß des Vereins gegen Strafgesetze sowie einer Überschreitung des statutengemäßen Wirkungsbereichs.

II.      Gegen den genannten Bescheid erhob der Verein rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde. In der Beschwerdeschrift enthalten sind Ausführungen zu Projekten, welche der Verein in Hinkunft durchführen möchte. Zu den von der Behörde erhobenen strafrechtlichen Vorwürfen finden sich keine Ausführungen.

III.a) Die belangte Behörde hat die Beschwerde unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsstrafaktes, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art 130 Abs 1 Z 1 iVm 131 Abs 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art 135 Abs 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

b) Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte mangels Parteienantrag sowie aufgrund dessen, da die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, abgesehen werden.

c) Folgender Sachverhalt wird festgestellt:

Auf dem Briefpapier des beschwerdeführenden Vereins wurde ein mit 10.10.2016 datiertes, von R S unterfertigtes, Schreiben an eine Mitarbeiterin der belangten Behörde übermittelt, welches folgenden Inhalt aufweist [Schreibfehler im Original]:

„Sie haben am 5.Juli 2016 ein Schreiben mit dem Geschäftszeichen … an R S und am 28.September 2016 ein Schreiben mit dem Geschäftszeichen … im Namen und Auftrag des Landes Oberösterreich an den Verein NBH A gerichtet.

Wir nehmen dieses Schreiben zur Kenntnis und haben selbiges, nach rechtlicher Würdigung des Absenders und des Inhalts als `Angebot´erkannt

Dieses nehmen wir hiermit und folgenden Voraussetzungen an:

1.   Sie erbringen mir Ihre Amtliche Legitimation

Sie weisen mir darin in notariell beglaubigter Form nach, wofür, wie, wodurch und von wem Sie Rechte zur Vornahme hoheitlicher Handlungen übertragen bekommen haben.

Gleichzeitig weisen Sie mir in notarieller Form nach, auf welchen Staat sie vereidigt worden sind.

2.   Sie erbringen eine notarielle Beglaubigung der Gründungsakte der Republik Österreich

Wir geben Ihnen hiermit die Gelegenheit, dieses innerhalb einer Frist von 72 Stunden ab Postzustellung zzgl. 5 Tagen Postlaufzeit, unter Eid und unter unbeschränkter Haftung zu erbringen.

Sollte dies nicht erfolgen, gehe ich davon aus, das Sie selbst privat- und vertragsrechtlich als Unternehmen … handeln und arbeiten oder für solche im Auftrag handeln, da Sie oder übergeordnete Entitäten in nationalen und internationalen Firmenverzeichnissen als solche und damit gewerblich gelistet sind.

Nutzen Sie diese Frist nicht oder erbringen Sie nicht die geforderten Beweise und widerlegen letztere Tatsachen / Annahmen nicht rechtskräftig und / oder unvollständig oder nicht in dieser Frist, gilt dies sowohl…

…als ihre unwiderrufliche und absolute Zustimmung zu o.g. Tatsachen und Annahmen mit allen daraus folgenden Konsequenzen…

…als Ihre unwiderrufliche und absolute Zustimmung zu einem privaten kommerziellen Pfandrecht in der Höhe von 300.000,- € unsererseits Ihnen, Je persönlich gegenüber (Haftung nach §823 BGB) als auch Ihrer Behörde gegenüber in Höhe von je 1.000.000,- €..

…als Ihre unwiderrufliche Zustimmung zur Publikation dieser Notiz in einem von uns frei wählbaren internationalen Schuldnerverzeichnis.

…als Ihren unwiderrufliche und absoluten Verzicht auf jegliche rechtliche oder anderweitige Mittel.

Mit herzlchen Grüßen

Für den Verein NBH A“

Mit Urteil des Landesgerichtes Wels vom 24.05.2017, 13 Hv 54/17w-1, wurde über den Präsidenten des beschwerdeführenden Vereins, R S, wie folgt abgesprochen:

„R S hat zu nachstehenden Zeiten in F nachgenannte Beamte durch gefährliche Drohung mit einer Verletzung am Vermögen an Amtshandlungen, nämlich der Durchführung ihn betreffender Verwaltungsstrafverfahren bzw. der Vollstreckung von Geldstrafen, durch Übermittlung von persönlich an diese gerichteter und versandter Schreiben, zu hindern versucht, wobei er durch die Benützung amtsbekannter Formularblätter den Eindruck zu erwecken trachtete, hinter ihm würde eine Organisation stehen, dessen Mitglieder bzw. Organe in der Lage seien, die jeweils in Aussicht bzw. in Rechnung gestellten Forderungen auch zu vollstrecken und zwar:

I.) im Zeitraum 07.07.2014 bis 22.08.2014 H N als zuständige Sachbearbeiterin der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck und R S als zuständigen Sachbearbeiter beim Amt der OÖ Landesregierung in den Verwaltungsstrafverfahren der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck zu SanRB96-23-2014 und zu SanRB96-88-2013, indem erfolgende Schreiben an diese übermittelt hat, nämlich

1.) ein an R S gerichtetes, als „Coutesy Notice" bezeichnetes Schreiben bzw. amtsbekanntes Formularblatt samt „Terms & Conditions" vom 26.06.2014 (Beilage 2 in ON 9), indem er diesen unter Bezugnahme auf eine gegen ihn ergangene Strafverfügung vom 14.04.2014 sowie unter Hinweis auf dessen persönliche Haftung sinngemäß dazu aufgefordert hat, „rechtswidrige und illegale" Handlungen - gemeint die gegen ihn gerichteten Amtshandlungen - mit sofortiger Wirkung zu unterlassen, wobei er für den Fall weiterer Handlungen sofort vollstreckbare Forderungen in Aussicht gestellt hat;

2.) ein an H N gerichtetes Schreiben vom 07.07.2014 (Beilage 1 in ON 9 bzw. AS 9-35 in ON 2), indem er unter Bezugnahme auf zwei diesbezüglich gegen ihn ergangene Strafverfügungen vom 17.12.2013 und vom 14.04.2014 sinngemäß und zusammengefasst sowie unter Verwendung amtsbekannter als „Kulanzmitteilung" (AS 15-17 in ON 2) sowie „Allgemeine Geschäftsbedingungen" (AS 19-23 in ON 2) bezeichneter Formblätter unter Hinweis auf deren persönliche Haftung für den Fall künftiger Kontaktaufnahmen bzw. der Fortsetzung der betreffenden Amtshandlungen die Übermittlung von Rechnungen über 1.000,-- Unzen Silber sowie die anschließende Vollstreckung des Betrages und Eintragung ins UCC-Schuldenregister in Aussicht gestellt hat;

3.) ein an H N gerichtetes Schreiben vom 13.08.2014 (Beilage 3 in ON 9 bzw. AS 43-47 in ON 2) mit welchem er eine Rechnung über 2000 Unzen Silber übermittelt hat;

4.) ein an H N gerichtetes Schreiben vom 22.08.2014 (Beilage 3 in ON 9 bzw. AS 39 - 43 in ÖN 2) mit welchem er die Übermittlung weiterer Rechnungen für den Fall eines weiteren Vorgehens gegen ihn in Aussicht gestellt hat;

II.) am 27.10.2016 H N als zuständige Sachbearbeiterin in den Verwaltungsstrafverfahren der BH Vöcklabruck zu SanRB96-458-2015 und SanRB-456-2015, indem er diese mit Schreiben vom 27.10.2016 (Beilage 4 in ON 9 bzw. AS 65 - 73 in ON 2) unter Bezugnahme auf die in diesen Verfahren ergangenen Straferkenntnisse sowie unter Anschluss eines als „AGB und Vertrag über Schaden-Ausgleich (Wiedergutmachung)" bezeichneten Formblattes zusammengefasst dazu aufgefordert habe, Beweise zu bestimmten angeführten Umständen vorzulegen, andernfalls (konkludent) die Zustimmung zu einem Pfandrecht in der Höhe von EUR 300.000,-- bzw. EUR 1 Million sowie Eintragung in ein internationales Schuldnerverzeichnis erteilt werde;

III.) am 10.10.2016 H N als zuständige Sachbearbeiterin im Verwaltungsstrafverfahren der BH Vöcklabruck zu BHVBSanR-2016-23710/2-NE als Reaktion auf eine Aufforderung zur Vorlage einer Vereinsvollmacht betreffend den Verein „NBH Akademie", indem er diese mit Schreiben vom 10.10.2016 (Beilage 6 in ON 9 bzw. AS 77 - 87) unter Anschluss eines als „AGB und Vertrag über Schaden-Ausgleich (Wiedergutmachung)" bezeichneten Formblattes unter Hinweis auf die persönliche Haftung dazu aufgefordert habe, diverse Legitimationen bzw. notariell beglaubigte Nachweise binnen einer Frist von 72 Stunden vorzulegen, andernfalls (konkludent) die unwiderrufliche und absolute Zustimmung zu einem Pfandrecht in Höhe von EUR 300.000,-- bzw. EUR 1 Million

samt Eintragung in ein internationales Schuldnerverzeichnis erteilt werde.

Strafbare Handlung(en):

Vergehen des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach den §§ 15 Abs 1, 269 Abs 1 erster Fall StGB

Strafe:

nach § 269 Abs 1, erster Strafsatz, StGB:

Freiheitsstrafe in der Dauer von 3 Monaten

Gemäß § 43 Abs 1 StGB wird die verhängte Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen.“

IV. Rechtliche Beurteilung

a) Die einschlägige rechtliche Bestimmung des Bundesgesetzes über Vereine (Vereinsgesetz 2002 - VerG), BGBl. I Nr. 66/2002 idF BGBl. I Nr. 22/2015, lautet:

„Behördliche Auflösung

§ 29. (1) Jeder Verein kann unbeschadet des Falls nach § 2 Abs. 3 bei Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 11 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, mit Bescheid aufgelöst werden, wenn er gegen Strafgesetze verstößt, seinen statutenmäßigen Wirkungskreis überschreitet oder überhaupt den Bedingungen seines rechtlichen Bestands nicht mehr entspricht.

(2) …“

b) Soweit es Artikel 11 EMRK erlaubt, ist die Vereinsbehörde befugt, einen Verein mit Bescheid aufzulösen, wenn er gegen Strafgesetze verstößt, seinen statutarischen Wirkungskreis überschreitet oder überhaupt den Bedingungen seines rechtlichen Bestandes nicht mehr entspricht. Auch eine in Ausübung seiner Funktion gesetztes, strafrechtswidriges Verhalten eines einzelnen Organwalters ist ein dem Verein zurechenbares Fehlverhalten, das dem Verein vor allem zuzurechnen ist, wenn er den Organwalter deckt und das Verhalten als symptomatisch für den Verein insgesamt gewertet werden muss.

Vor dem Hintergrund des oben zitierten Urteiles des Landesgerichtes W liegt hier ein solcher Fall vor. Der Präsident des in Rede stehenden Vereins wurde wegen des Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach den §§ 15 Abs 1, 269 Abs 1 erster Fall StGB zu einer (bedingten) Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Monaten verurteilt, weil er an öffentlich Bedienstete im Zuge ihrer Dienstausübung Schreiben mit bedrohlichem Inhalt geschickt hat. Zumindest das Schreiben vom 10.10.2016 wurde am Briefpapier des beschwerdeführenden Vereins und auch in dessen Namen verfasst.

Dass die belangte Behörde – nach Durchführung eines nicht zu beanstandenden Ermittlungsverfahrens – zur Auffassung gelangte, dass das oben dargestellte und dem Verein zuzurechnende Verhalten des Präsidenten gegen die Strafgesetze verstoßen habe, begegnet keinen Bedenken. Die Behörde konnte daher mit Recht davon ausgehen, dass diese vom Verein und dessen Präsidenten entfaltete Tätigkeit nicht durch das VerG gedeckt war und erfolgte die Auflösung des Vereins daher zu Recht.

c) Vor dem Hintergrund dieses Ergebnisses erübrigt es sich zu prüfen, ob zudem eine Überschreitung des statutengemäßen Wirkungsbereichs stattgefunden hat.

d) Der Vollständigkeit halber sei angemerkt: Die behördliche Auflösung eines Vereins gemäß § 29 VerG (vgl zB VfSlg 19.078/2010, 19.120/2010, 19.208/2010) wie auch die Erklärung, dass die Vereinsgründung gemäß § 12 VerG nicht gestattet ist (vgl zB VfSlg 13.025/1992, 16.395/2001, 19.260/2010), sind, so wie die Beurteilung der Frage, ob überhaupt ein Verein iSd Art 11 EMRK vorliegt, Entscheidungen, die den Kernbereich der Vereinsfreiheit betreffen (VfGH 12.12.2016, E580/2016). Eine Entscheidung darüber obliegt dem eine Feinprüfung der einfachgesetzlichen Bestimmungen vornehmenden Verfassungsgerichtshof. Eine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ist somit nicht gegeben (siehe Art 133 Abs 5 B-VG sowie VwGH 24.01.2013, 2013/01/0003 mwN), weshalb sich auch der ansonsten gemäß § 25a Abs 1 VwGG notwendige Abspruch über die Zulässigkeit einer Revision erübrigt.

Schlagworte

Verein, Auflösung; Verurteilung des Obmannes, strafgerichtliche; Schreiben an Behörde auf Briefpapier des Vereines mit bedrohlichem Inhalt

Anmerkung

Alle Entscheidungsvolltexte sowie das Ergebnis einer gegebenenfalls dazu ergangenen höchstgerichtlichen Entscheidung sind auf der Homepage des Oö LVwG www.lvwg-ooe.gv.at abrufbar.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGOB:2017:LVwG.750438.4.MZ

Zuletzt aktualisiert am

05.10.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Oberösterreich LVwg Oberösterreich, http://www.lvwg-ooe.gv.at
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