RS Vfgh 2015/3/11 E1193/2014

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Veröffentlicht am 11.03.2015
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Index

81/01 Wasserrechtsgesetz 1959

Norm

B-VG Art83 Abs2
B-VG Art130 Abs1 Z3
EMRK Art13
VwGVG §8
WRG 1959 §34, §117

Leitsatz

Entzug des gesetzlichen Richters durch Zurückweisung einer Säumnisbeschwerde wegen Unterlassung eines Abspruches über die beantragte Zuerkennung einer Entschädigung infolge Festlegung eines Wasserschutzgebietes; Pflicht der Wasserrechtsbehörde zur (expliziten) Entscheidung über das Entschädigungsbegehren im Hinblick auf die sukzessive Kompetenz der ordentlichen Gerichte; meritorische Erledigung der Säumnisbeschwerde durch das Landesverwaltungsgericht daher geboten

Rechtssatz

Die Festlegung eines Schutzgebietes stellt für die Beurteilung des Entschädigungsbegehrens lediglich eine Voraussetzung dar. Dass es sich um zwei verschiedene Rechtssachen handelt, zeigt zudem der Umstand, dass der Gesetzgeber für die Fragen der Rechtmäßigkeit des wasserrechtlichen Schutzgebietes einerseits und inwieweit dafür eine Entschädigung gebührt andererseits unterschiedliche Rechtsschutzwege, nämlich einerseits die Beschwerde an das Verwaltungsgericht gemäß Art130 Abs1 Z1 B-VG, andererseits die Klage an das sukzessiv zuständige ordentliche Gericht gemäß §117 Abs4 WRG 1959 vorgesehen hat. Handelt es sich bei der bescheidmäßigen Festlegung des Schutzgebietes für die Berechtigung des Entschädigungsbegehrens betroffener Grundeigentümer nur um eine Voraussetzung, die für die Entscheidung der Entschädigungsfrage lediglich tatbestandliche Bindung entfaltet, kann dem Bescheid zur Festlegung des Schutzgebietes eine implizite Abweisung des Entschädigungsbegehrens nicht unterstellt werden.

Einem Bescheid, dessen Spruch expressis verbis ausschließlich ein Wasserschutzgebiet zum Schutz einer Wasserversorgungsanlage gemäß §34 Abs1 WRG 1959 festlegt, ohne unter einem explizit über die Entschädigung abzusprechen, darf - anders als dies der VwGH in ständiger Rechtsprechung annimmt (vgl VwGH 10.06.1997, 96/07/0205; 16.10.1999, 99/07/0105; 25.5.2000, 98/07/0195) - aus Rechtsschutzerwägungen keine (implizite) negative Erledigung von Entschädigungsbegehren Betroffener gemäß Abs4 leg cit unterstellt werden. Die sukzessive Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte setzt gemäß §117 Abs4 WRG 1959 eine "Entscheidung" der Wasserrechtsbehörde über das Entschädigungsbegehren voraus; für den Fall der Verletzung der Pflicht der Wasserrechtsbehörde, über Entschädigungsbegehren zu entscheiden, ist keine Zuständigkeit der Gerichte festgelegt. Verneinen die ordentlichen Gerichte - zutreffend - ihre Zuständigkeit gemäß §117 Abs4 WRG 1959, weil die Erledigung der Wasserrechtsbehörde ausdrücklich nur und mithin normativ ausschließlich Anordnungen zum Schutz von Wasserversorgungseinrichtungen gemäß §34 Abs1 leg cit festlegt (vgl OGH 22.10.2007, 1 Ob 135/07w; 28.11.2000, 1 Ob 247/00f), tritt ein dem Art13 EMRK widersprechendes Rechtsschutzdefizit auf.

Zu Unrecht geht daher das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich davon aus, über das Entschädigungsbegehren der Beschwerdeführer sei bereits abgesprochen worden, sodass der Landeshauptmann von Oberösterreich seine Entscheidungspflicht nicht verletzt habe; die Säumnisbeschwerde wäre nicht zurückzuweisen, sondern meritorisch zu erledigen gewesen.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Wasserrecht, Entschädigung, Kompetenz sukzessive, Gericht Zuständigkeit - Abgrenzung von Verwaltung, Entscheidungspflicht, Säumnis, Rechtsschutz, Säumnisbeschwerde, Verwaltungsgericht Zuständigkeit, Verwaltungsgerichtsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2015:E1193.2014

Zuletzt aktualisiert am

09.11.2016
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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