TE Vwgh Erkenntnis 2000/9/21 99/18/0179

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.09.2000
beobachten
merken

Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z7;
FrG 1997 §37;
FrG 1997 §39;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Handstanger und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde des S D, (geb. 11.November 1969), vertreten durch Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 15. März 1999, Zl. St 40/99, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes und Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird in seinem Ausspruch über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Die Bundespolizeidirektion Wels hat mit Bescheid vom 29. Jänner 1999 gegen den Beschwerdeführer, einen kroatischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 und 7 iVm §§ 37 und 39 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein bis 29. Jänner 2009 befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich erlassen (Spruchteil 1). Weiters wurde gemäß § 64 Abs. 2 AVG einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchteil 2).

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 und 7 sowie §§ 37 und 39 FrG, und, was den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Berufung anbelangt, gemäß § 64 Abs. 2 AVG, der gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wels gerichteten Berufung keine Folge gegeben und diesen bestätigt.

Die Erstbehörde habe folgenden Sachverhalt festgestellt: Aus den fremdenpolizeilichen Unterlagen gehe hervor, dass gegen den Beschwerdeführer bereits am 3. Jänner 1996 von der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land ein Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes eingeleitet worden sei. Damals seien bei dieser Behörde sowie bei der Bundespolizeidirektion Wels insgesamt 13 "Verwaltungsvormerkungen" aufgeschienen, wovon vier als schwer wiegende Verwaltungsübertretungen zu werten gewesen seien (drei Übertretungen des § 64 Abs. 1 KFG - Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne im Besitz der erforderlichen Lenkerberechtigung zu sein, sowie eine Übertretung des § 5 Abs. 1 StVO - Lenken eines Fahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand). Noch am selben Tag habe sich der Beschwerdeführer in Wels polizeilich angemeldet, das Verfahren sei von der genannten Bezirkshauptmannschaft an die Bundespolizeidirektion Wels abgetreten worden. Die letzte dem Beschwerdeführer vom Magistrat Wels erteilte Aufenthaltsbewilligung habe mit 12. November 1994 ihre Gültigkeit verloren. Ein neuerlicher Antrag auf Aufenthaltsbewilligung vom 8. November 1994 sei vom besagten Magistrat mit Bescheid vom 24. Juli 1996 in erster Instanz abgewiesen worden. Die dagegen erhobene Berufung sei vom Bundesminister für Inneres mit Bescheid vom 25. November 1996 in zweiter Instanz ebenfalls abgewiesen worden. Am 11. November 1996 sei dem Beschwerdeführer deshalb auch niederschriftlich die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes angedroht und ihm die "selbstständige Ausreise" empfohlen worden. Seit Beendigung der letzten Aufenthaltsbewilligung habe sich der Beschwerdeführer den polizeilichen Meldedaten zufolge jeweils nur kurzfristig als Tourist in Österreich aufgehalten und sei zuletzt vom 20. Oktober 1998 bis 9. Jänner 1999 in Wels bei seiner Familie polizeilich gemeldet gewesen. Bei einer fremdenpolizeilichen Überprüfung am "26.11.1999" (gemeint offenbar: 26. Jänner 1999) in Wels sei festgestellt worden, dass der Beschwerdeführer zwar aus Österreich ausgereist, jedoch am 22. Jänner 1999 wieder nach Österreich eingereist sei. Bis "zur Femdenkontrolle" habe sich der Beschwerdeführer ohne polizeiliche Meldung im Bundesgebiet aufgehalten.

Es schienen folgende strafrechtliche Verurteilungen auf:

"1. LG Wels, Zl. 11EVr 16/91, Hv2/91 vom 11.2.1991 rk. 15.2.1991 gem. §§ 127 u. 130 StGB, 1 Mo. Freiheitsstrafe bedingt, Probezeit 3 Jahre.

2. BG Mattighofen U 353/93 vom 4.2.1993 rk. 15.3.1993 § 89 StGB, Geldstrafe S 5.400,--, im NEF 45 Tage Ersatzfreiheitsstrafe.

3. LG Linz 20 EVr 2390/95 u. Hv 540/95 rk. 8.1.1996 §§ 146

u. 148 StGB, 6 Mo. Freiheitsstrafe bedingt, Probezeit 3 Jahre. Am 20.2.1998 wurde die Probezeit auf 5 Jahre verlängert.

4. LG Wels 13 EVr 400/96 u. Hv 45/96 vom 20.8.1996 rk. 24.8.1996 gem. § 292 a) StGB - keine Zusatzstrafe gem. §§ 31 u. 40 StGB unter Bedachtnahme auf LG Linz - siehe Punkt 3 - Vollzugsdatum 23.8.1996.

5. LG Wels 15 EVr 523/97 u. Hv 97/97, rk. 20.2.1998 § 159 Abs. 1 Zi. 1 u. 2 StGB § 114 Abs. 1 u. 2 ASVG, 5 Monate Freiheitsstrafe bedingt, Probezeit 3 Jahre."

"Im Strafvollzug" der Bundespolizeidirektion Wels scheine noch eine Übertretung nach dem Meldegesetz, Geldstrafe S 1.000,-- auf, die noch nicht bezahlt worden sei.

Mit Straferkenntnis vom 26. Jänner 1999 sei der Beschwerdeführer zu einer Geldstrafe in der Höhe von S 13.500,-- plus Verfahrenskosten verurteilt worden, weil er am 17. Dezember 1998 ein Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand und ohne im Besitz einer gültigen Lenkerberechtigung gewesen zu sein, gelenkt habe. Auch habe der Beschwerdeführer den Zulassungsschein nicht mitgeführt.

Mit Erkenntnis vom 6. Oktober 1998 sei der Beschwerdeführer vom Spruchsenat des Finanzamtes Linz als Organ des Finanzamtes Wels als Finanzstrafbehörde erster Instanz wegen

"1. Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG.

2.u.3. wegen Finanzordnungswidrigkeiten nach §§ 49 Abs. 1 lit a) u. 51 Abs. 1 lit a) zu einer Geldstrafe in Höhe von S 150.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit 4 Wochen Ersatzfreiheitsstrafe rechtskräftig verurteilt" worden.

Da der Beschwerdeführer binnen Monatsfrist die Zahlung der Geldstrafe nicht durchgeführt habe, sei seitens des Finanzamtes Wels die Vorführung zum Strafantritt veranlasst worden; seit 27. Jänner 1999 befinde sich der Beschwerdeführer in der Justizanstalt Wels und verbüße dort die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe.

Aus den fremdenpolizeilichen Unterlagen gehe weiters hervor, dass der Beschwerdeführer seit 1994 keiner erlaubten Erwerbstätigkeit mehr nachgehe und seinen Unterhalt entweder durch Schwarzarbeit oder durch illegale Betreibung einer Baufirma bewerkstellige.

In seiner Berufung gegen den Erstbescheid habe sich der Beschwerdeführer auf seine persönlichen Bindungen zum Bundesgebiet verwiesen und ausgeführt, dass er verheiratet sei und mit seiner Ehefrau und seinen vier Kindern im Bundesgebiet leben würde. Die Ehe wäre aufrecht und die familiären Bindungen wären sehr eng. Die Kinder des Beschwerdeführers würden die Schule bzw. den Kindergarten besuchen und bereits sehr gut Deutsch sprechen. Seien Ehefrau würde sich seit über 15 Jahren in Österreich aufhalten und hier als Hilfsarbeiterin einer Erwerbstätigkeit nachgehen; auch sie würde perfekt Deutsch sprechen. Der Beschwerdeführer wäre von 1989 bis 1996 durchgehend in Österreich aufhältig gewesen. Seit 1996 hätte er immer wieder seine Familie besucht. Die von ihm gesetzten Straftaten könnten nicht so schwer sein, dass diese eine endgültige Trennung von seiner Familie nach sich ziehen müssten.

In Anbetracht der von der Erstbehörde aufgelisteten zahlreichen Verurteilungen sei nach Auffassung der belangten Behörde zweifelsohne der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG als erfüllt zu betrachten; Gegenteiliges sei vom Beschwerdeführer in seiner Berufung auch nicht behauptet worden. Ebenso verhalte es sich mit dem Tatbestand des § 36 Abs. 1 Z. 7 FrG, zumal bereits die Erstbehörde ausgeführt habe, dass der Beschwerdeführer seit 1994 keiner erlaubten Erwerbstätigkeit mehr nachgehe. Auch habe der Beschwerdeführer selbst nicht initiativ darlegen können, dass seine Ehefrau als Hilfsarbeiterin ausreichend für seinen Unterhalt sorgen könne, zumal sie selbst für vier Kinder aufzukommen habe.

Der Beschwerdeführer habe sich im Zeitraum von 1989 bis 1996 im Bundesgebiet mit seiner Familie überwiegend legal aufgehalten. Auf Grund dieser Tatsache werde durch das nunmehr erlassene Aufenthaltsverbot sicherlich "in nicht unbeachtlicher Weise" in sein Privat- und Familienleben eingegriffen. Der Eingriff in die der Dauer dieses Aufenthalts entsprechende Integration sei jedoch insofern zu relativieren, als sich der Beschwerdeführer seit 1996 "nur mehr sporadisch" im Bundesgebiet aufgehalten habe. Auch in beruflicher Hinsicht sei dem Beschwerdeführer keine Integration gelungen, gehe er doch seit 1994 keiner Erwerbstätigkeit mehr nach.

Insbesondere seien die fünf teilweise schweren gerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers zu beachten. Bereits die Zahl der gerichtlichen Verurteilungen und die vom Beschwerdeführer gesetzten Delikte machten deutlich, dass er an der Einhaltung der in Österreich herrschenden Normen "nicht interessiert" sei. Könnten

-

wie im Fall des Beschwerdeführers - rechtskräftige Bestrafungen und Verurteilungen (die ja letztlich nur als "Mahnungen zu einem rechtstreuen Verhalten" verstanden werden könnten

-

"Spezialprävention") einen Fremden nicht von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abhalten und gingen sogar niederschriftliche Ermahnungen ins Leere, so sei die Behörde verpflichtet "(gleichermaßen als 'ultima ratio')", auch von der Möglichkeit eines Aufenthaltsverbotes Gebrauch zu machen, zumal es scheine, dass andere Mittel nicht mehr ausreichten, um den Beschwerdeführer zur Einhaltung der inländischen Rechtsordnung zu bewegen.

Die Erstbehörde habe diesbezüglich ausgeführt, dass nicht nur bereits einmal gegen den Beschwerdeführer von der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land ein Aufenthaltsverbotsverfahren eingeleitet worden sei, er sei darüber hinaus auch am 11. Dezember 1996 niederschriftlich ermahnt worden, was - wenn man sein Gesamtfehlverhalten betrachte - "absolut keine Wirkung gezeigt" habe. Der Beschwerdeführer sei danach nicht nur neuerlich gerichtlich verurteilt worden, sondern auch weiterhin "in verwaltungsrechtlicher Sicht in Erscheinung getreten"; so habe er am 17. Dezember 1996 ein Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt. Weiters bedinge Mittellosigkeit zwar nicht zwangsläufig die Begehung strafbarer Handlungen, die Gefahr, dass sich der Beschwerdeführer durch strafbare Handlungen den nötigen Lebensunterhalt verschaffen werde, könne jedoch nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Die erwähnte Gefahr werde noch dadurch unterstrichen, dass der Beschwerdeführer bereits wegen zahlreicher Eigentumsdelikte rechtskräftig verurteilt worden sei "(gewerbsmäßiger Diebstahl und Betrug, falsches Vermögensverzeichnis, fahrlässige Krida)".

Aus den oben angeführten Tatsachen sei nicht nur die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme, sondern auch das Aufenthaltsverbot im Lichte des § 37 Abs. 1 FrG gerechtfertigt. Zudem sei das Gesamtfehlverhalten des Beschwerdeführers "doch" schwer wiegenderer Art, weshalb nicht nur mit einer bloßen niederschriftlichen Ermahnung das Auslangen habe gefunden werden können, sondern von der Ermessensbestimmung des § 36 Abs. 1 FrG habe Gebrauch gemacht werden müssen. Insbesondere auf Grund der Häufung und Schwere der vom Beschwerdeführer begangenen strafbaren Handlungen und der Tatsache, dass letztlich auch eine niederschriftliche Ermahnung nichts genützt habe, sei vom Ermessenstatbestand des § 36 Abs. 1 FrG Gebrauch zu machen.

Da - unter Abwägung aller oben angeführten Tatsachen - im Hinblick auf die für seinen weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet zu stellende negative Zukunftsprognose die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes wesentlich schwerer zu wiegen schienen, als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers, sei das Aufenthaltsverbot auch zulässig im Sinn des § 37 Abs. 2 FrG. Daran vermöge auch der Hinweis des Beschwerdeführers auf seine Familie nichts zu ändern, zumal das nunmehr erlassene Aufenthaltsverbot keinesfalls gleichbedeutend sei mit einem "absoluten Kontaktverbot" zu seiner Familie.

Die Dauer des von der Erstbehörde verhängten Aufenthaltsverbotes sei nicht als rechtswidrig zu erkennen, zumal nach Ablauf dieser Zeit erwartet werden könne, dass sich der Beschwerdeführer wiederum an die im Bundesgebiet geltenden Normen halten werde. Auch entspreche diese Dauer der Tilgungsfrist für diese gerichtlichen Verurteilungen.

Von einer gesonderten "Absprache" über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung habe insofern Abstand genommen werden können, als die Verwaltungsangelegenheit bereits einer Gesamterledigung zugeführt worden sei.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. In der Beschwerde bleibt die Auffassung der belangten Behörde, dass die Tatbestände des § 36 Abs. 2 Z. 1 und des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG verwirklicht seien, unbekämpft. Im Hinblick auf die unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid betreffend die dort genannten rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers sowie den Umstand, dass dieser keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgehe und den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht initiativ habe nachweisen können (vgl. oben I.1.), bestehen gegen diese Beurteilung keine Bedenken.

2.1. Der Beschwerdeführer wendet gegen den angefochtenen Bescheid indes ein, dass die belangte Behörde in seinem Fall bei gesetzesgemäßer Ermessensübung nach § 36 Abs. 1 FrG von der Verhängung des Aufenthaltsverbotes Abstand hätte nehmen müssen, und verweist diesbezüglich auf seinen langjährigen Aufenthalt in Österreich und seine private und familiäre Integration. Der Beschwerde lässt sich in diesem Zusammenhang sachverhaltsmäßig entnehmen, dass der Beschwerdeführer mit einer kroatischen Staatsangehörigen verheiratet sei, mit der er gemeinsame Kinder im Alter von zwei, fünf, sechs und acht Jahren habe. Er wäre nach der Beschwerde im Jahr 1986 nach Österreich eingereist und hätte sich seither hier ununterbrochen aufgehalten. Seine Ehefrau und seine Kinder hätten Ansuchen um die österreichische Staatsbürgerschaft eingebracht, die unmittelbar vor der positiven Erledigung stünden. Weiters bringt der Beschwerdeführer vor, dass seine gerichtlichen Verurteilungen bereits längere Zeit zurücklägen und die letzte davon (vom Februar 1998) bedingt ausgesprochen worden sei. Selbst das Strafgericht sei daher davon ausgegangen, dass vom Beschwerdeführer keine gravierende Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit ausginge, weil eine bedingte Strafnachsicht nur gewährt werden könnte, wenn dieser insbesondere auch generalpräventive Erwägungen nicht entgegenstünden.

2.2. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Zunächst ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren angegeben hat, im Jahr 1989 nach Österreich gekommen und hier bis 1996 polizeilich gemeldet gewesen zu sein; seither habe er immer wieder seine Familie in Österreich besucht, an der er sehr hänge (vgl. die Berufung gegen den Erstbescheid, Blatt 88 der vorgelegten Verwaltungsakten). Das Vorbringen, er sei (bereits) im Jahr 1986 nach Österreich eingereist und sei seither ununterbrochen hier aufhältig, erstattete der Beschwerdeführer erstmals in der vorliegenden Beschwerde, weshalb es sich dabei um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beachtliche Neuerung handelt (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG).

Wenn die belangte Behörde angesichts des den oben I.1. genannten unbestrittenen rechtskräftigen Verurteilungen und den rechtskräftigen verwaltungsbehördlichen Bestrafungen zu Grunde liegenden Fehlverhaltens zu dem Ergebnis gekommen ist, dass im Beschwerdefall die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, ist ihr kein Rechtsirrtum unterlaufen, bringt doch das in diesen Verurteilungen und Bestrafungen seinen Niederschlag findende Fehlverhalten des Beschwerdeführers insgesamt - dem Beschwerdeführer liegen mehrere gegen fremdes Vermögen gerichtete, somit auf der gleichen schädlichen Neigung beruhende (vgl. § 71 StGB) Straftaten, weiters Lenken in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand, Abgabendelikte und das Fehlen des Nachweises der Mittel zu seinem Unterhalt zur Last - eine erhebliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit (§ 36 Abs. 1 Z. 1 FrG) sowie eine Gefährdung der (dem Art. 8 Abs. 2 EMRK subsumierbaren) öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Straßenverkehrs und auf dem Gebiet des Fremdennwesens (§ 36 Abs. 1 Z. 2 FrG) zum Ausdruck. Diese auf seinem Gesamtfehlverhalten beruhende erhebliche Gefährdung vermag die vom Beschwerdeführer für eine Handhabung des Ermessens gemäß § 36 Abs. 1 FrG geltend gemachten persönlichen Interessen (vgl. oben II.2.1.) nicht aufzuwiegen, weshalb es auch nicht als rechtswidrig angesehen werden kann, wenn die Behörde von dem ihr nach dieser Bestimmung eingeräumten Ermessen, von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes Abstand zu nehmen, nicht Gebrauch gemacht hat. Auf dem Boden der hg. Rechtsprechung konnte die Behörde ihre Beurteilung auch unabhängig von den strafgerichtlichen Erwägungen betreffend die bedingte Nachsicht der im Jahr 1998 verhängten Strafe treffen (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom 7. Juli 1999, Zl. 99/18/0065, mwH).

2.3. Vor diesem Hintergrund ist schließlich die Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe ihre Beurteilung nach § 36 Abs. 1 FrG unzureichend begründet, nicht zielführend.

3.1. Die Beschwerde hält den angefochtenen Bescheid weiters im Grunde des § 37 FrG für rechtswidrig und erstattet hiezu das schon unter II.2.1. wiedergegebene Vorbringen. Insbesondere weist der Beschwerdeführer darauf hin, dass er vier minderjährige Kinder und seine Ehefrau zu versorgen habe und seine Familie kurz vor der Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft stehe. Bei Berücksichtigung aller vorgebrachten Gesichtspunkte hätte die gemäß § 37 FrG vorzunehmende Interessenabwägung zu seinen Gunsten ausschlagen müssen, dies insbesondere auch vor dem Hintergrund der Bestimmung des § 38 Abs. 1 Z. 3 FrG.

3.2. Auch dieses Vorbringen geht fehl. Die belangte Behörde hat im Hinblick auf die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers zutreffend einen im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG relevanten Eingriff angenommen. Wenn sie aber die Erlassung des Aufenthaltsverbotes angesichts des besagten gravierenden Fehlverhaltens des Beschwerdeführers (vgl. oben II.2.2.) gemäß § 37 Abs. 1 FrG für dringend geboten erachtet hat, so kann ihr auf dem Boden der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten maßgeblichen öffentlichen Interessen an der Verhinderung von strafbaren Handlungen, am Schutz der Rechte Dritter und an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (hier im Bereich des Fremdenwesens und des Straßenverkehrs) nicht entgegengetreten werden. Die Notwendigkeit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes wird im vorliegenden Fall durch das - wie schon angesprochen - wiederholte einschlägige (gegen fremdes Vermögen gerichtete) Fehlverhalten des Beschwerdeführers unterstrichen. Daran vermag auch der Hinweis auf die erhoffte Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an die Familienangehörigen des Beschwerdeführers nichts zu ändern, zumal eine solche Verleihung zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides - unbestritten - auch noch nicht erfolgt war.

Im Licht dieser Erwägungen erweist sich auch die von der Behörde gemäß § 37 Abs. 2 FrG vorgenommene Interessenabwägung als unbedenklich. Die aus dem Aufenthalt des Beschwerdeführers abzuleitende Integration hat in der für sie wesentlichen sozialen Komponente durch die vom Beschwerdeführer begangenen (gerichtlich und verwaltungsbehördlich geahndeten) Straftaten eine ganz erhebliche Minderung erfahren. Bezüglich seiner Unterhaltsverpflichtungen ist der Beschwerdeführer darauf hinzuweisen, dass er diesen auch vom Ausland nachkommen kann. Ferner ist festzuhalten, dass entgegen der Beschwerde nicht bloß die unter I.1. genannte, am 20. Februar 1998 rechtskräftig gewordene Verurteilung durch das Landesgericht Wels kürzere Zeit zurückliegt, sondern auch die Bestrafung wegen Lenkens eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (Straferkenntnis vom 26. Jänner 1999) und die rechtskräftige Bestrafung wegen der unter I.1. genannten Finanzdelikte (Erkenntnis der Finanzstrafbehörde erster Instanz vom 6. Oktober 1998) jeweils kurz vor der Erlassung des angefochtenen Bescheides erfolgten. Von daher gesehen hat die belangte Behörde der durch das besagte Fehlverhalten des Beschwerdeführers bewirkten nachhaltigen Gefährdung maßgeblicher öffentlicher Interessen und damit den nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zutreffend größeres Gewicht beigemessen, als den Auswirkungen dieser Maßnahme auf seine und seiner Familie Lebenssituation.

Nach dem von der Beschwerde mit Blick auf § 37 FrG angesprochenen § 38 Abs. 1 Z. 3 leg. cit. darf ein Aufenthaltsverbot nicht erlassen werden, wenn dem Fremden vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 hätte verliehen werden können, es sei denn, der Fremde wäre wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung rechtskräftig zu mehr als zwei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden. Nach § 10 Abs. 1 Z. 1 leg.cit. kann einem Fremden die Staatsbürgerschaft unter anderem nur dann verliehen werden, wenn er seit mindestens zehn Jahren seinen Hauptwohnsitz ununterbrochen im Bundesgebiet hat. Vor dem Hintergrund dieser Bestimmungen ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit eines Aufenthaltsverbotes zu prüfen, ob der Fremde vor Verwirklichung des ersten von der Behörde zulässigerweise zur Begründung eines Aufenthaltsverbotes herangezogenen Umstandes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. September 1998, Zl. 98/18/0170) bereits mehr als zehn Jahre seinen Hauptwohnsitz ununterbrochen in Österreich hatte. Da die Behörde das der rechtskräftigen Verurteilung vom 11. Februar 1991 zu Grunde liegende Fehlverhalten zulässigerweise zur Begründung des Aufenthaltsverbotes herangezogen hat, und der Beschwerdeführer im Zeitpunkt dieses Fehlverhaltens noch nicht zehn Jahre im Bundesgebiet aufhältig war, steht § 38 Abs. 1 Z. 3 FrG der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht entgegen.

3.3. Vor diesem Hintergrund ist schließlich auf die Verfahrensrüge, der angefochtene Bescheid sei in Ansehung der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 2 FrG unzureichend begründet, nicht zielführend.

4. Ferner rügt der Beschwerdeführer, dass das Aufenthaltsverbot im Grunde des § 35 Abs. 3 FrG nicht hätte erlassen werden dürfen. Nach § 35 Abs. 2 FrG dürfen Fremde, die vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhalts bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet auf Dauer niedergelassen waren, nur mehr ausgewiesen werden, wenn sie von einem inländischen Gericht wegen Begehung einer strafbaren Handlung rechtskräftig verurteilt wurden und ihr weiterer Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährden würde. § 35 Abs. 3 FrG sieht vor, dass dann, wenn der im Abs. 2 genannte Zeitraum bereits zehn Jahre gedauert hat, Fremde wegen Wirksamwerdens eines Versagungsgrundes nicht mehr ausgewiesen werden dürfen, es sei denn, sie wären von einem inländischen Gericht wegen der im Abs. 3 Z. 1 und 2 genannten Delikte rechtskräftig verurteilt worden. Diese Regelungen sind zufolge des § 38 Abs. 1 Z. 2 FrG, nach dem ein Aufenthaltsverbot nicht erlassen werden darf, wenn eine Ausweisung gemäß § 34 Abs. 1 Z. 1 oder 2 FrG (auf die die genannten Regelungen des § 35 Abs. 2 und 3 FrG anwendbar sind) unzulässig wäre, auch für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes einschlägig. Da der Wendung "vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes" in § 35 Abs. 2 und 3 FrG so zu verstehen ist wie dieselbe Wendung im § 38 Abs. 1 Z. 3 leg. cit. (vgl. den hg. Beschluss vom 17. September 1998, Zl. 95/18/1168), kann aus den oben II.2.2. genannten Überlegungen auch § 35 Abs. 3 FrG dem Beschwerdeführer nicht zugute kommen.

Von daher ist auch die Verfahrensrüge, die belangte Behörde hätte in Anbetracht des § 35 Abs. 3 FrG exakte Feststellungen darüber zu treffen gehabt, seit wann sich der Beschwerdeführer in Österreich aufhalte, nicht zielführend.

5. Wenn die Behörde die Dauer des vorliegenden Aufenthaltsverbotes bis zum 29. Jänner 2009 - also mit zehn Jahren gerechnet ab dem Datum des erstinstanzlichen Bescheides - festgesetzt hat, so kann dies in Anbetracht der (dafür nach § 39 FrG in Betracht zu ziehenden) für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Umstände - insbesondere des besagten insgesamt schwer wiegenden Fehlverhaltens, das zu einer großen Zahl von rechtskräftigen Verurteilungen und Bestrafungen geführt hat (vgl. oben I.1. und II.2.2.) - nicht als rechtswidrig erkannt werden.

6.1. Schließlich macht die Beschwerde geltend, dass sich die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer allfälligen Berufung gemäß § 64 Abs. 2 AVG als rechtswidrig erweise. Bei richtiger Würdigung des Sachverhalts und richtiger rechtlicher Würdigung hätte die belangte Behörde zu dem Ergebnis gelangen müssen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des § 64 Abs. 2 AVG für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nicht vorlägen. Insbesondere sei die vorzeitige Vollstreckung des angefochtenen Bescheides keineswegs wegen Gefahr im Verzug im öffentlichen Interesse dringend geboten. Dies schon deshalb, weil die in Rede stehenden gerichtlichen Verurteilungen, bezogen auf den Zeitpunkt der Erlassung des Aufenthaltsverbotes, bereits längere Zeit zurücklägen und die letzte davon bedingt ausgesprochen worden sei. Von Gefahr im Verzug könne schon aus diesem Grund nicht die Rede sein, dies auch angesichts der konsolidierten Familien- und Lebensverhältnisse des Beschwerdeführers.

6.2. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde im Ergebnis eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Die belangte Behörde hat einerseits im Spruch des bekämpften Bescheides den Ausspruch der Erstbehörde über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer (allfälligen) Berufung bestätigt, andererseits in seiner Begründung ausgeführt, dass von einem derartigen Abspruch habe Abstand genommen werden können. Diesbezüglich stehen somit Spruch und Begründung des Bescheides miteinander in Widerspruch. Auf Grund dessen leidet der angefochtene Bescheid insofern an inhaltlicher Rechtswidrigkeit (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 1987, S. 575 wiedergegebene hg. Judikatur).

Das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Aufhebung des angefochtenen Bescheides in diesem Umfang ist deshalb zu bejahen, weil er nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten (vgl. OZ 97) am 23. Februar 1999 - somit vor Erlassung des mit 15. März 1999 datierten angefochtenen Bescheides - aus Österreich abgeschoben wurde (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 31. Mai 2000, Zl. 98/18/0272).

7. Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde bezüglich des Ausspruchs der belangten Behörde über die Verhängung des Aufenthaltsverbotes als unbegründet und war daher insoweit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen. In seinem Ausspruch über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung war der angefochtene Bescheid hingegen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

8. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 50 VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 21. September 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999180179.X00

Im RIS seit

15.01.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten