TE Vfgh Beschluss 2007/10/10 G167/07

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Veröffentlicht am 10.10.2007
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Index

41 Innere Angelegenheiten
41/02 Staatsbürgerschaft, Paß- und Melderecht, Fremdenrecht

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
Niederlassungs- und AufenthaltsG (NAG) §75
ZPO §63 Abs1 / Aussichtslosigkeit

Leitsatz

Zurückweisung des Individualantrags eines serbischenStaatsangehörigen auf Aufhebung der Regelung des Niederlassungs- undAufenthaltsgesetzes über die erforderliche Zustimmung desBundesministers für Inneres zur Erteilung einerNiederlassungsbewilligung aus humanitären Gründen mangels Eingriffsder - nicht an den Antragsteller adressierten - Norm in seineRechtssphäre; Abweisung des Verfahrenshilfeantrags als aussichtslos;Zurückweisung des Antrags auf Abtretung des Individualantrags an denVerwaltungsgerichtshof

Spruch

              I. Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe im Umfang der Gebührenbefreiung wird abgewiesen.

              II. Der Antrag auf Aufhebung des §75 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, BGBl. I 100/2005, wird zurückgewiesen.

              III. Der Antrag auf Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I.              1. Der Antragsteller ist serbischer Staatsangehöriger, mit einer serbischen Staatsangehörigen verheiratet und Vater des in Österreich geborenen gemeinsamen Sohnes.

              2. Der Antragsteller brachte am 4. Juli 2005 bei der Bezirkshauptmannschaft Mürzzuschlag einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus humanitären Gründen gemäß §73 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (im Folgenden: NAG) ein. Dem Antragsteller wurde anlässlich einer Vorsprache bei der Bezirkshauptmannschaft Mürzzuschlag am 19. Juni 2007 mitgeteilt, dass sein Antrag abgelehnt werde, weil der Bundesminister für Inneres mit Schreiben vom 15. Mai 2007 der Bezirkshauptmannschaft Mürzzuschlag mitgeteilt habe, dass der Erteilung der Niederlassungsbewilligung gemäß §73 iVm §75 NAG nicht zugestimmt werde.

              3. Mit einem auf Art140 B-VG gestützten Antrag begehrt der Antragsteller die Aufhebung des §75 NAG wegen Verfassungswidrigkeit. Für den Fall der Abweisung dieses Antrages wird die Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof beantragt. Begründend wird ausgeführt, die angefochtene Bestimmung greife unmittelbar in die Rechtssphäre des Antragstellers ein, weil die fehlende Zustimmung des Bundesministers für Inneres zur Abweisung des Antrages auf humanitären Aufenthalt führe und die Entscheidung des Bundesministers für Inneres nicht bekämpfbar sei.

II.              Zur Rechtslage:

              Die maßgebliche Bestimmung des NAG, BGBl. I 100/2005, lautet:

              "§75. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus humanitären Gründen nach §§72 bis 74 bedarf der Zustimmung des Bundesministers für Inneres."

III.              Der Antrag ist unzulässig:

              Gemäß Art140 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit VfSlg. 8009/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, dass das Gesetz in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreift und sie - im Fall seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt. Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art140 Abs1 letzter Satz B-VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl. zB VfSlg. 11.730/1988, 15.863/2000, 16.088/2001, 16.120/2001).

              Der Antragsteller erachtet sich durch die von ihm

angefochtene Norm (§75 NAG) dadurch belastet, dass er die fehlende Zustimmung des Bundesministers für Inneres zur Erteilung einer Niederlassungsbewilligung aus humanitären Gründen nicht bekämpfen kann.

              Der Antragsteller übersieht, dass die von ihm bekämpfte Norm nicht an ihn adressiert ist und für sich nicht unmittelbar in seine Rechtssphäre eingreift. Der Individualantrag war daher schon mangels Legitimation zurückzuweisen.

IV.              Da eine Rechtsverfolgung vor dem Verfassungsgerichtshof somit als aussichtslos erscheint, ist der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe im Umfang der Gebührenbefreiung mangels der Voraussetzungen des §63 Abs1 ZPO (§35 Abs1 VfGG) abzuweisen.

V.              Der Antrag auf Abtretung des Individualantrages ist zurückzuweisen, weil Art140 B-VG - anders als Art144 B-VG für Beschwerden - die Abtretung eines Antrags an den Verwaltungsgerichtshof nicht vorsieht.

VI.              Dies konnte gemäß §72 Abs1 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG bzw. §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, Aufenthaltsrecht, VfGH / Verfahrenshilfe,VfGH / Abtretung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2007:G167.2007

Zuletzt aktualisiert am

30.01.2009
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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