TE Vwgh Erkenntnis 2014/12/18 2012/07/0212

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Veröffentlicht am 18.12.2014
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
83 Naturschutz Umweltschutz;

Norm

AVG §73 Abs2;
AWG 2002 §2 Abs1;
AWG 2002 §2 Abs3 Z2;
AWG 2002 §6;
AWG 2002 §73 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger sowie die Hofrätin Dr. Hinterwirth und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Beschwerde des Vereins F in W, vertreten durch Dr. Nikolaus Schirnhofer, Rechtsanwalt in 1020 Wien, Aspernbrückengasse 4/8A, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Burgenland vom 24. Juli 2012, Zl. 5-W-AW1911/1-2012, betreffend Behandlungsauftrag nach § 73 Abs. 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See (die Erstbehörde) wurde am 28. Februar 2011 von der Gemeinde N. zur Kenntnis gebracht, dass sich auf dem Grundstück Nr. 1428/2, KG N., diverse Müllablagerungen befänden.

Über Auftrag der Erstbehörde erfolgte am 19. Juli 2011 eine Überprüfung vor Ort durch einen Amtssachverständigen für Wasser- und Abfallwirtschaft. In dessen Überprüfungsbericht vom 22. Juli 2011, der auch eine Fotodokumentation beinhaltet, führte der Amtssachverständige - soweit für das vorliegende Verfahren von Interesse - im Wesentlichen Folgendes aus:

"Befund

(...)

Die auf den Fotos Nr. 1-7 ersichtlichen Gegenstände (ausrangierte Kühltruhen, Autoreifen, alte Türen und Fenster, Holzstücke, Metall- und Kunststoffteile, Beton- und Ziegelstücke, etc.) sind als Abfälle im Sinne des AWG 2002 anzusehen. Auch unter den auf dem Foto Nr. 8 zu sehenden Grünbewuchs sind Abfallhaufen ähnlicher Zusammensetzung vorhanden. Der PKW auf dem Foto Nr. 9 (KIA, dunkelblau, weißes Pickerl, W, PIG2668, 3/2007) beinhaltet augenscheinlich noch alle Wassergefährdenden Stoffe (Treibstoff, Motor- und Getriebeöl, Frostschutzmittel, etc.) und ist auf einer nicht befestigten Fläche abgestellt.

In der Lagerhalle samt Nebenräumen sind große Mengen an Holzteilen (Türen, Fenster, Möbel, etc.), Kühlgeräten, Geschäftseinrichtungen, Regale, Computerbestandteile, Bildschirme, Drucker, Kabel, leere Flaschen, Matratzen, Einkaufswagerl, Bettgestelle, Fahrräder, Bauelemente, Gips, Farben, Werkzeuge, etc. vorhanden (Bilder Nr. 10, 12 und 14-17). Auch 2 große Blechcontainer mit unbekanntem Inhalt (Bild Nr. 16) stehen in der Halle. Ebenso die am Bild Nr. 13 ersichtliche Flüssiggasflasche (33 kg) und ein Kunststoffpalettentank (Bild Nr. 18) mit ca. 150 l enthaltener Flüssigkeit (laut Aufkleber ist Weinessig darin enthalten). In einem Nebenraum in der Nähe des Eingangs stehen noch mehrere Gebinde mit Altölen (Bild Nr. 11) ohne Auffangwanne.

Zwischen diesen ganzen gebrauchten Gegenständen ist auch noch ein alter Ford Transit abgestellt. Auch hier dürften noch alle Wassergefährdenden Stoffe (Treibstoff, Motor- und Getriebeöl, Frostschutzmittel, etc.) enthalten sein.

Gutachten

Sämtliche im Befund angeführten, vorhandenen Ablagerungen stellen, nach Besichtigung an Ort und Stelle, subjektiv Abfall im Sinne des AWG 2002 dar. Teilweise handelt es sich um gefährliche Abfälle oder es geht zusätzlich auch noch eine Gefährdung der Gewässer von ihnen aus. Aufgrund der vorhandenen großen Mengen an Abfällen und deren Materialien besteht, nach subjektiver Einschätzung des wasserbautechnischen ASV, auch eine wesentlich vergrößerte Brandbelastung. Durch die vorhandene Mischung der unterschiedlichen Materialien. Außerdem ist eine erhöhte Gefahr für die Löschmannschaften im Brandfall durch z.B. die 33 kg Flüssiggasflasche gegeben.

Es wird aus wasserfachlicher Sicht jedenfalls für notwendig befunden die vorhandenen Abfälle zu entsorgen. Durch die teilweise vorhandenen wassergefährdenden Stoffe besteht im Falle eines Austrittes dieser die Gefahr, dass die wassergefährdenden Stoffe in den Boden und in weiterer Folge in das Grundwasser eindringen. Dies führt zu einer nachteiligen Beeinträchtigung der Beschaffenheit der Gewässer.

Um eine weitere Gefährdung der Gewässer, insbesondere des Grundwassers hintanzuhalten und den Bestimmungen des AWG 2002 Rechnung zu tragen, werden aus wasserbautechnischer Sicht folgende Maßnahmen für erforderlich erachtet:

Die gesamten Abfälle, Altstoffe, Baurestmassen sowie gefährlichen Abfälle einer ordnungsgemäßen Entsorgung gemäß AWG 2002 zuzuführen.

Die Nachweise über die ordnungsgemäße Entsorgung gemäß Punkt 1 sind der (Erstbehörde) unaufgefordert zu übermitteln

(...)"

Im Zuge der am 30. August 2011 vor der Erstbehörde durchgeführten mündlichen Verhandlung gab der Sachverständige der Brandverhütungsstelle im Landesfeuerwehrverband Burgenland folgende Stellungnahme ab:

"Im Zuge des heutigen Lokalaugenscheins wurde festgestellt, dass in der Halle, welche sich auf den Grst. Nr. 1428/2 und 1427, KG (N.), befindet, enorme Brandlasten vorhanden sind. Die Halle wurde in Massivbauweise errichtet, die Dachkonstruktion im nördlichen Teil der Halle wurde mittels so genannten Brettbinder errichtet. Im südlichen Teil wurde das Dach mittels einer Stahlkonstruktion ausgeführt. Die beiden Dachkonstruktionen weisen augenscheinlich keine definierte Feuerwiderstandsklasse auf.

Im Eingangsbereich der Halle vom Grst. Nr. 1427, KG (N.), ist ein Elektroverteiler installiert.

Bei der Überprüfung vor Ort (auslösen des FI-Schalters) wurde festgestellt, dass die Halle noch mit Strom versorgt wird. Aufgrund des Zustandes der Halle kann davon ausgegangen werden, dass die gesamte Elektroinstallation nicht ordnungsgemäß gewartet wird.

Die Lagerungen (EPS Platten, Flüssiggasflaschen, Kühlgeräte, Möbel und Gefäße mit nichtdefiniertem Inhalt) stellen somit eine sehr hohe Brandlast dar.

Ein Innenangriff durch die Einsatzkräfte ist im Brandfall aufgrund der vorhandenen Brandlast und der nichtvorhandenen Gänge zwischen den Lagerungen nicht möglich.

Aus brandschutztechnischer Sicht werden deshalb nachfolgende Maßnahmen für erforderliche erachtet:

1.

Zwischen den Lagerungen sind ausreichende Gänge zu schaffen.

2.

Die Flüssiggasflaschen sind zu entfernen.

3.

Die vorhandenen brennbaren Flüssigkeiten sind zu entfernen."

2.

Daraufhin verpflichtete die Erstbehörde die beschwerdeführende Partei mit Bescheid vom 17. Februar 2012 gemäß § 73 Abs. 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 - AWG 2002 zur Durchführung nachstehender Maßnahmen:

              "1.              Die auf dem Grst. Nr. 1427 und 1428/2, KG (N.), (vor und in der Lagerhalle) nachfolgend bezeichneten nichtgefährlichen Abfälle (Bilder Nr. 1 bis 8, Nr. 10, 12 und 14 - 17) wie ausrangierte Kühltruhen und Geschäftseinrichtungen, Regale, Autoreifen, große Mengen an Holzteilen (alte Türen, Fenster, Möbel, etc.), Metall- und Kunststoffteile, Computerbestandteile, Bildschirme, Drucker, Kabel, leere Flaschen, Matratzen, Einkaufswagen, Bettgestelle, Fahrräder, Bauelemente, Gips, Farben, Werkzeuge etc., und 2 große Blechcontainer mit unbekanntem Inhalt (Bild Nr. 16) sowie Beton- und Ziegelstücke und Grünbewuchs, sind bis spätestens 10.03.2012, einer ordnungsgemäßen Entsorgung gemäß AWG 2002 zuzuführen.

              2.              Die auf dem Grst. Nr. 1427 und 1428/2, KG (N.), insbesondere in der Lagerhalle bezeichneten gefährlichen Abfälle (Bild Nr. 13) wie eine Flüssiggasflasche (33 kg), sämtliche brennbare Flüssigkeiten und ein Kunststoffpalettentank (Bild Nr. 18) mit ca. 150 l enthaltener Flüssigkeit sowie die in der Nähe des Eingangs vorhandenen Gebinde mit Altölen (Bild Nr. 11) ohne Auffangwanne und eine 11 kg Propangasflasche sind bis spätestens 10.03.2012, einer ordnungsgemäßen Entsorgung gemäß AWG 2002 zuzuführen.

              3.              Die Nachweise (Begleitscheine) über die ordnungsgemäße Entsorgung der nicht gefährlichen und gefährlichen Abfälle sind der (Erstbehörde) unaufgefordert bis spätestens 30.03.2012, zu übermitteln.

              4.              Zwischen den in der Halle befindlichen Lagerungen sind bis spätestens 10.03.2012, ausreichende Gänge zu schaffen.

              5.              Das nicht betriebsbereite Fahrzeug KIA, dunkelblau, weißes Pickerl, W, PIG2668, 3/2007 und der alte Ford Transit (Fotos Nr. 9 und Nr. 19) sind bis spätestens 10.03.2012, einer ordnungsgemäßen Entsorgung gemäß AWG 2002 zuzuführen.

              6.              Die Nachweise über die ordnungsgemäße Entsorgung gem. AWG 2002 (Begleitscheine) der nicht betriebsbereiten Fahrzeuge sind der (Erstbehörde) unaufgefordert bis spätestens 30.03.2012 vorzulegen."

Dem Spruch des erstbehördlichen Bescheides sind die vom Amtssachverständigen für Wasser- und Abfallwirtschaft bei der am 19. Juli 2011 erfolgten Überprüfung vor Ort aufgenommen Fotos der gegenständlichen Ablagerungen angeschlossen.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei Berufung.

              3.              Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde - soweit für das vorliegende Beschwerdeverfahren relevant - der Berufung insofern Folge gegeben, als die im erstbehördlichen Bescheid unter dem oben wiedergegebenen Spruchpunkt 4. aufgetragene Maßnahme ersatzlos behoben wurde.

Im Übrigen wurde der Berufung keine Folge gegeben, jedoch wurden die oben wiedergegebenen Spruchpunkte 1. bis 3. sowie 5. und 6. des erstbehördlichen Bescheides abgeändert, sodass diese lauteten:

              "1.              Die auf dem Grst. Nr. 1427 und 1428/2, KG (N.), (vor der Lagerhalle) gelagerten, auf den Bildern 1 bis 8 (...) ersichtlichen nicht gefährlichen Abfälle sind bis spätestens 31.8.2012 zu entfernen und nachweislich (z.B. Begleitschein) einer gemäß AWG 2002 ordnungsgemäßen Behandlung oder Lagerung zuzuführen.

              2.              Die auf dem Grst. Nr. 1427 und 1428/2, KG (N.), insbesondere in der Lagerhalle gelagerten gefährlichen Abfälle (Bild Nr. 13 (...)) wie eine Flüssiggasflasche (33kg), sämtliche brennbare Flüssigkeiten sowie die in der Nähe des Eingangs vorhandenen Gebinde mit Altölen (Bild Nr. 11 (...)) ohne Auffangwanne und eine 11 kg Propangasflasche sind bis spätestens 31.8.2012 zu entfernen und nachweislich (z.B. Begleitschein) einer gemäß AWG 2002 ordnungsgemäßen Behandlung oder Lagerung zuzuführen.

              3.              Die Nachweise über die ordnungsgemäße Behandlung (z.B. Begleitscheine) oder Lagerung der gefährlichen und nicht gefährlichen Abfälle sind der (Erstbehörde) unaufgefordert bis spätestens 10.9.2012 zu übermitteln.

              5.              Das nicht betriebsbereite Fahrzeug KIA, dunkelblau, weißes Pickerl, W, PIG2668, 3/2007 und der alte Ford Transit (Foto Nr. 9 (...) und Foto Nr. 19 (...)) sind bis spätestens 31.8.2012 zu entfernen und nachweislich (z.B. Begleitschein) einer gemäß AWG 2002 ordnungsgemäßen Behandlung oder Lagerung zuzuführen.

              6.              Die Nachweise über die ordnungsgemäße Behandlung (z.B. Begleitscheine) oder Lagerung der nicht betriebsbereiten Fahrzeuge (Foto Nr. 9 (...) und Foto Nr. 19 (...)) sind der (Erstbehörde) unaufgefordert bis spätestens 10.9.2012 zu übermitteln."

Begründend führte die belangte Behörde dazu im Wesentlichen aus, dass die auf den Fotos 1 bis 8 des Bescheides der Erstbehörde ersichtlichen, nicht gefährlichen Ablagerungen den subjektiven Abfallbegriff des § 2 Abs. 1 Z. 1 AWG 2002 erfüllten. Aus dem Akteninhalt ergebe sich eindeutig, dass diese Ablagerungen auf den Vorbesitzer der Liegenschaft, S., zurückgingen und dass sich S. dieser Ablagerungen habe entledigen wollen. Die Entledigungsabsicht von S. ergebe sich vor allem aus Punkt V. des Kaufvertrages des betroffenen Grundstückes, in dem sich die Käufer, und zwar die beschwerdeführende Partei und E. verpflichteten, den "auf dem Grundstück vorhandenen Unrat auf eigene Kosten zu entfernen".

Die auf den Fotos 11 bis 13 des Bescheides der Erstbehörde ersichtlichen gefährlichen Ablagerungen, wie eine Flüssiggasflasche (33 kg), brennbare Flüssigkeiten, Gebinde mit Altölen ohne Auffangwanne sowie eine 11 kg schwere Propangasflasche erfüllten den objektiven Abfallbegriff des § 2 Abs. 1 Z. 2 AWG 2002. Diesbezüglich habe der Amtssachverständige in der mündlichen Verhandlung vom 30. August 2011 eindeutig und nachvollziehbar dargelegt, dass durch die Flüssiggasflasche und die Propangasflasche Brand- oder Explosionsgefahren gemäß § 1 Abs. 3 Z. 5 AWG 2002 herbeigeführt werden könnten und durch die Altöl enthaltenden Gebinde, die ohne Auffangwanne gelagert würden, Gefahren für Wasser und Boden gemäß § 1 Abs. 3 Z. 2 AWG 2002 verursacht werden könnten; dadurch könne zudem die nachhaltige Nutzung von Wasser und Boden gemäß § 1 Abs. 3 Z. 3 AWG 2002 beeinträchtigt werden.

Für die Qualifikation des Vorliegens von Abfall gemäß § 2 Abs. 1 AWG 2002 genüge bereits die Verwirklichung des objektiven Abfallbegriffes im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 2 AWG 2002. Die auf den Fotos 11 und 13 ersichtlichen gefährlichen Ablagerungen seien daher als Abfälle einzustufen.

Bei der Beurteilung, ob es sich bei den im Spruchpunkt 5. des erstbehördlichen Bescheides genannten Fahrzeugen um Abfall im Sinne des AWG 2002 handle, komme es entweder auf die Entledigungsabsicht des Besitzers oder auf die Erforderlichkeit der Sammlung, Lagerung, Beförderung oder Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse an.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner Judikatur ausführe, könne nach der Lebenserfahrung davon ausgegangen werden, dass in Autowracks umweltrelevante Mengen an gefährlichen Anteilen und Inhaltsstoffen enthalten seien und es daher keiner detaillierten Untersuchung der Autowracks bedürfe, um von einem derartigen Sachverhalt ausgehen zu können. In einem solchen Fall sei es Sache des Beschwerdeführers, präzise anzugeben, dass und aus welchen Gründen diese Annahme in seinem Fall nicht zutreffen sollte (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 25. März 1999, Zl. 99/07/0002).

Die vom erstbehördlichen Bescheid erfassten Fahrzeuge seien nicht betriebsbereit, in schlechtem Zustand und ohne gültige amtliche Prüfplakette. Gründe, warum diese Fahrzeuge umweltgefährdende Anlagenteile (z.B. Starterbatterie) oder Inhaltsstoffe (z.B. Öl, Bremsflüssigkeit) nicht mehr beinhalten sollten, seien im Verfahren nicht hervorgekommen und würden von der beschwerdeführenden Partei auch gar nicht behauptet. Es könne daher davon ausgegangen werden, dass die gegenständlichen, auf unbefestigten Flächen gelagerten Fahrzeuge umweltrelevante Mengen an gefährlichen Anteilen und Inhaltsstoffen enthielten, sodass die Gefahr einer Verunreinigung der Umwelt über das unvermeidliche Maß hinaus bestehe. Es handle sich somit um bewegliche Sachen, deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich seien, um öffentliche Interessen (§ 1 Abs. 3 AWG 2002) nicht zu beeinträchtigen.

Die genannten Fahrzeuge seien daher als Abfälle einzustufen.

Die unter Spruchpunkt 4. des erstbehördlichen Bescheides aufgetragene Schaffung von ausreichenden Gängen zwischen den Lagerungen könne allerdings nicht unter § 73 Abs. 1 AWG 2002 subsumiert werden, weshalb dieser Spruchpunkt ersatzlos behoben werden müsse.

              4.              Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

1. Auf den vorliegenden, mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.

2. Die Bestimmungen des AWG 2002, BGBl. I Nr. 102/2002 idF BGBl. I Nr. 35/2012, lauten - auszugsweise - wie folgt:

"§ 1. (...)

(3) Im öffentlichen Interesse ist die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich, wenn andernfalls

1. die Gesundheit der Menschen gefährdet oder unzumutbare Belästigungen bewirkt werden können,

2. Gefahren für Wasser, Luft, Boden, Tiere oder Pflanzen und deren natürlichen Lebensbedingungen verursacht werden können,

3. die nachhaltige Nutzung von Wasser oder Boden beeinträchtigt werden kann,

4. die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt werden kann,

5.

Brand- oder Explosionsgefahren herbeigeführt werden können,

6.

Geräusche oder Lärm im übermäßigen Ausmaß verursacht werden können,

              7.              das Auftreten oder die Vermehrung von Krankheitserregern begünstigt werden können,

              8.              die öffentliche Ordnung und Sicherheit gestört werden kann oder

              9.              Orts- und Landschaftsbild sowie Kulturgüter erheblich beeinträchtigt werden können.

(...)

§ 2. (1) Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes sind bewegliche Sachen,

1. deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat oder

2. deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) nicht zu beeinträchtigen.

(...)

(3) Eine geordnete Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist jedenfalls solange nicht im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs. 3) erforderlich, solange

1.

eine Sache nach allgemeiner Verkehrsauffassung neu ist oder

2.

sie in einer nach allgemeiner Verkehrsauffassung für sie bestimmungsgemäßen Verwendung steht.

(...)

§ 73. (1) Wenn

1. Abfälle nicht gemäß den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, nach diesem Bundesgesetz erlassenen Verordnungen, nach EG-VerbringungsV oder nach EG-POP-V gesammelt, gelagert, befördert, verbracht oder behandelt werden oder

2. die schadlose Behandlung der Abfälle zur Vermeidung von Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) geboten ist,

hat die Behörde die erforderlichen Maßnahmen dem Verpflichteten mit Bescheid aufzutragen oder das rechtswidrige Handeln zu untersagen."

3. Voraussetzung für die Erlassung eines Behandlungsauftrages nach § 73 Abs. 1 AWG 2002 ist, dass die in Rede stehenden Materialien Abfälle im Sinne des § 2 Abs. 1 AWG 2002 sind (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. November 2013, Zl. 2010/07/0109, mwN). Abfall liegt vor, wenn entweder der objektive oder der subjektive Abfallbegriff erfüllt ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 2014, Zl. 2011/07/0080, mwN).

4.1. Die Beschwerde bestreitet die Abfalleigenschaft der gegenständlichen Ablagerungen und bringt dazu im Wesentlichen vor, sämtliche gelagerten Gegenstände seien brauchbar und würden auch in Zukunft gebraucht werden. Aufgrund ihrer Bestimmung würden diese Gegenstände "durch einmalige Verwendung" nicht unbrauchbar werden. Dass die Gegenstände "keinen besonders ästhetischen Anblick" böten, sei kein Kriterium im Sinne des AWG 2002. Feststellungen darüber, dass sich "der Besitzer der inkriminierten Gegenstände" dieser Gegenstände habe entledigen wollen oder entledigt habe, seien nicht getroffen worden und hätten auch nicht getroffen werden können, weil diese Gegenstände der weiteren Verwendung des Besitzers dienten. Durch den angefochtenen Bescheid werde der beschwerdeführenden Partei "generell die Verwendung ihrer Liegenschaft zum Zwecke der Lagerung von Gegenständen verboten".

Auf dem Grundstück der beschwerdeführenden Partei seien jedoch "durchaus Gegenstände gelagert", die "nach der allgemeinen Verkehrsauffassung bestimmungsgemäß verwendet werden" könnten. Die belangte Behörde habe sich im angefochtenen Bescheid allerdings damit überhaupt nicht auseinandergesetzt.

4.2. Mit diesem Vorbringen gelingt es der Beschwerde nicht, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

4.2.1. Die belangte Behörde stützt sich hinsichtlich der auf den Fotos 1 bis 8 des erstbehördlichen Bescheides ersichtlichen Ablagerungen (u.a. eine ausrangierte Kühltruhe, Autoreifen, alte Türen und Fenster, Holzstücke) auf das Vorliegen des subjektiven Abfallbegriffes.

Nach ständiger hg. Judikatur ist eine Sache als Abfall zu beurteilen, wenn bei irgendeinem Voreigentümer oder Vorinhaber die Entledigungsabsicht bestanden hat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Mai 2014, Zl. 2012/07/0017, mwN). Diese Eigenschaft geht (u.a.) durch eine bestimmungsgemäße Verwendung im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 2 AWG 2002 wieder verloren.

Nach den Feststellungen der belangten Behörde hat sich der Vorbesitzer der Liegenschaft, S., der angeführten Ablagerungen entledigen wollen.

Dieser Feststellung tritt die Beschwerde nicht entgegen. Somit ist davon auszugehen, dass zum Zeitpunkt der Übernahme und nachfolgenden Lagerung der Ablagerungen auf dem Grundstück der beschwerdeführenden Partei die Abfalleigenschaft bestand.

Dass die beschwerdeführende Partei diese Ablagerungen einer bestimmungsgemäßen Verwendung im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 2 AWG 2002 zugeführt hat, bringt die Beschwerde nicht konkret vor. Im Übrigen hat die beschwerdeführende Partei hinsichtlich dieser Ablagerungen während des gesamten Verwaltungsverfahrens keine bestimmungsgemäße Verwendung behauptet, sodass das diesbezügliche Beschwerdevorbringen schon wegen des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbotes (§ 41 Abs. 1 erster Satz VwGG) nicht zu berücksichtigen war.

Die Auffassung der belangten Behörde, dass in Bezug auf die genannten Ablagerungen der subjektive Abfallbegriff erfüllt worden sei, ist daher nicht zu beanstanden. Es erübrigt sich somit, näher darauf einzugehen, ob diesbezüglich allenfalls auch der objektive Abfallbegriff erfüllt wurde.

4.2.2. Hinsichtlich der auf den Fotos 11 und 13 des erstbehördlichen Bescheides ersichtlichen Ablagerungen (wie eine Flüssiggasflasche, brennbare Flüssigkeiten, Gebinde mit Altölen ohne Auffangwanne sowie eine 11 kg schwere Propangasflasche) stützte sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid auf das Vorliegen des objektiven Abfallbegriffes.

Für die Verwirklichung des objektiven Abfallbegriffes des § 2 Abs. 1 Z. 2 AWG 2002 reicht die bloße Möglichkeit einer Gefährdung von Schutzgütern im Sinne des § 1 Abs. 3 AWG 2002 aus. Es kommt daher nicht darauf an, dass eine konkrete Gefahrensituation nachweisbar ist (vgl. etwa wiederum das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 2014, mwN).

Die belangte Behörde hat - gestützt auf das Gutachten des Amtssachverständigen für Wasser- und Abfallwirtschaft vom 22. Juli 2011 sowie die Ausführungen des Sachverständigen für Brandverhütung in der vor der Erstbehörde durchgeführten mündlichen Verhandlung am 30. August 2011 - festgestellt, dass durch die Flüssiggasflasche und die Propangasflasche Brand- oder Explosionsgefahren gemäß § 1 Abs. 3 Z. 5 AWG 2002 herbeigeführt und durch die Altöl enthaltenden Gebinde, die ohne Auffangwanne gelagert würden, Gefahren für Wasser und Boden gemäß § 1 Abs. 3 Z. 2 AWG 2002 verursacht werden könnten. Zudem könne durch diese die nachhaltige Nutzung von Wasser und Boden gemäß § 1 Abs. 3 Z. 3 AWG 2002 beeinträchtigt werden.

Diesen Ausführungen ist die beschwerdeführende Partei nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Auch in der Beschwerde wurde kein Vorbringen erstattet, welches die Möglichkeit einer Gefährdung öffentlicher Interessen ausschließen könnte.

Somit konnte die belangte Behörde aufgrund eines von ihr mängelfrei geführten Verfahrens von der Möglichkeit einer Gefährdung von Schutzgütern im Sinne des § 1 Abs. 3 Z. 2, 3 und 5 AWG 2002 ausgehen.

Der Beschwerde ist es auch hinsichtlich dieser Ablagerungen nicht gelungen, eine bestimmungsgemäße Verwendung darzulegen. Daher findet die Bestimmung des § 2 Abs. 3 Z. 2 AWG 2002 keine Anwendung.

Die Feststellung der belangten Behörde, dass insoweit die objektive Abfalleigenschaft vorliegt, ist somit aufgrund des Gesagten nicht zu beanstanden.

4.2.3. Nach der Beurteilung der belangten Behörde erfüllen auch die beiden Fahrzeuge der Marken KIA und Ford (Transit) den objektiven Abfallbegriff. Gestützt auf die Ausführungen des wasserfachlichen und abfalltechnischen Amtssachverständigen stellte die belangte Behörde fest, dass die gegenständlichen, auf unbefestigten Flächen gelagerten Fahrzeuge umweltrelevante Mengen an gefährlichen Anteilen und Inhaltsstoffen enthielten, sodass die Gefahr einer Verunreinigung der Umwelt über das unvermeidliche Maß hinaus bestehe.

Nach der Lebenserfahrung hat der Umstand, dass in gelagerten Altfahrzeugen umweltrelevante Mengen an gefährlichen Anteilen und Inhaltsstoffen, wie z.B. Bremsflüssigkeiten oder Motoröl, vorhanden sind, einen so hohen Grad an Wahrscheinlichkeit, dass davon ausgegangen werden kann, dass nicht trockengelegte Autowracks gefährlicher Abfall sind. Um davon ausgehen zu können, bedarf es keiner detaillierten Untersuchung. Auf eine konkrete Kontamination kommt es bei der Beurteilung des Vorliegens von "gefährlichem Abfall" nicht an (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 25. Juli 2013, Zl. 2013/07/0032, sowie vom 20. November 2014, Zl. 2012/07/0202, jeweils mwN). Es ist Sache der beschwerdeführenden Partei präzise anzugeben, dass und aus welchen Gründen diese Annahme für den Beschwerdefall nicht zutrifft (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 25. März 1999, Zl. 99/07/0002).

Die beschwerdeführende Partei trat den der Beurteilung der belangten Behörde zugrunde liegenden Ausführungen des Amtssachverständigen nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen. Das in der Beschwerde erstattete Vorbringen ist jedenfalls nicht geeignet, die gutachterlichen Schlussfolgerungen zu entkräften.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes trifft es zwar zu, dass die Abfalleigenschaft eines Pkw, selbst wenn dieser Betriebsmittel verlieren sollte, dann zu verneinen ist, wenn er noch in Gebrauch steht, wobei allerdings nicht jede beliebige Gebrauchsform die Abfalleigenschaft ausschließen kann, sondern nur ein bestimmungsgemäßer Gebrauch im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 2 AWG 2002 (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 30. September 2010, Zl. 2008/07/0170, mwN).

Die beschwerdeführende Partei hat ein Vorbringen zur bestimmungsgemäßen Verwendung der Fahrzeuge im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 2 AWG 2002 im Verwaltungsverfahren nicht erstattet; das unter Punkt 4.1. wiedergegebene, im Übrigen völlig unkonkrete diesbezügliche Beschwerdevorbringen war daher schon wegen des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbotes (§ 41 Abs. 1 erster Satz VwGG) nicht zu berücksichtigen.

Da somit hinsichtlich der beiden Fahrzeuge der objektive Abfallbegriff im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 2 AWG 2002 erfüllt ist, erübrigt sich die Frage, ob auch vom Vorliegen der subjektiven Abfalleigenschaft des § 2 Abs. 1 Z. 1 AWG 2002 auszugehen wäre.

5. Die Beschwerde bringt darüber hinaus vor, dass die vereinfachte Darstellung der im Spruch abgebildeten Fotos nicht den §§ 58 und 59 AVG entspreche; dieser Vorwurf geht bereits deshalb ins Leere, weil in Hinblick auf die umfassende Aufzählung der gegenständlichen Ablagerungen und die Konkretisierung durch die Fotodokumentation im Spruch des erstbehördlichen Bescheides nicht ersichtlich ist, dass Zweifel darüber bestehen könnten, welche Gegenstände vom Behandlungsauftrag der belangten Behörde erfasst sind.

6. Soweit die Beschwerde rügt, dass einem im erstbehördlichen Verfahren gestellten Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Erlassung eines Feststellungsbescheides im Sinne des § 6 AWG 2002 nicht nachgekommen worden sei, ist darauf hinzuweisen, dass die Erlassung eines Behandlungsauftrages gemäß § 73 AWG 2002 einen Feststellungsbescheid nach § 6 AWG 2002 nicht voraussetzt. Daraus, dass ein auf § 6 AWG 2002 gestützter Feststellungsantrag allenfalls unerledigt geblieben ist, lässt sich somit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht ableiten.

Im Übrigen stand der beschwerdeführenden Partei für den Fall der Untätigkeit der Behörde hinsichtlich des nach Ausweis der Verwaltungsakten (erst) in der Berufungsschrift gestellten Antrages auf Feststellung gemäß § 6 AWG 2002 die Möglichkeit eines Devolutionsantrages offen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 2013, Zl. 2012/07/0030).

7. Die beschwerdeführende Partei regt schließlich "ein Gesetzesprüfungsverfahren" betreffend § 1 Abs. 3 AWG 2002 an; damit wird wohl ein Antrag gemäß Art 140 Abs. 1 B-VG angeregt. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich aufgrund des Beschwerdevorbringens allerdings nicht veranlasst, einen solchen Antrag an den Verfassungsgerichtshof zu stellen.

8. Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

9. Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm § 3 Z. 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 und der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 18. Dezember 2014

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2014:2012070212.X00

Im RIS seit

03.02.2015

Zuletzt aktualisiert am

20.03.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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