RS Vfgh 2014/12/3 A12/2013

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Veröffentlicht am 03.12.2014
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96/02 Sonstiges

Norm

B-VG Art137 / sonstige Klagen
ImmissionsschutzG-Luft §14 Abs6, Abs6a
ASFINAG-ErmächtigungsG §2
ASFINAG-G §1
F-VG 1948 §2
NO2-Maßnahmenverordnung Klagenfurt des Landeshauptmannes von Kärnten vom 10.11.2009, LGBl 63/2009 idF LGBl 2/2012
StVO 1960 §32 Abs1, §44 Abs1a

Leitsatz

Abweisung der - zulässigen - Klage der ASFINAG gegen das Land Kärnten auf Kostenersatz für Verkehrsbeeinflussungsanlagen zur Kennzeichnung von - auf Grund des ImmissionsschutzG-Luft vom Landeshauptmann erlassenen - Geschwindigkeitsbeschränkungen auf der A 2 im Bereich Klagenfurt; Anwendbarkeit der finanzverfassungsrechtlichen Aufwandstragungsregeln auch im Hinblick auf die Erfüllung der Aufgaben des Bundes durch einen ausgegliederten Rechtsträger; Errichtung und Betrieb der Verkehrsbeeinflussungsanlagen als konkreter Sachaufwand im Bereich der mittelbaren Bundesverwaltung anzusehen; daher keine Kostentragungspflicht der besorgenden Gebietskörperschaft; keine von der Grundregel der Finanzverfassung abweichende Kostentragungsregel vorhanden

Rechtssatz

Zulässigkeit der Klage.

Maßgebend für die Legitimation der klagenden Partei können nur die Tatsachenbehauptungen der Klage sein, aus denen der Anspruch abgeleitet wird. Wenn die Klägerin danach einen ihr gegen die beklagte Partei zustehenden Anspruch behauptet, dann ist damit allein schon die Legitimation zur Klage gegeben, möge die Klagebehauptung richtig sein oder nicht.

Der Umstand, dass die Klage von der aktivlegitimierten ASFINAG und nicht vom Bund erhoben wurde, ändert an der grundsätzlichen Anwendbarkeit des §2 F-VG 1948 nichts. Die Aufgaben der Rechtsträgerschaft des Bundes betreffend die Bundesstraßen wurden an eine Gesellschaft übertragen, die vollständig im Eigentum des Bundes steht (vgl §2 Abs1 ASFINAG-ErmächtigungsG 1997; §1 ASFINAG-G). Dass sich der Bund eines ausgegliederten Rechtsträgers zur Erfüllung seiner Aufgaben bedient, ändert nichts daran, dass die Aufgaben weiterhin solche des Bundes bleiben und die finanzverfassungsrechtlichen Aufwandstragungsregeln anwendbar bleiben.

Für die Fälle der sogenannten mittelbaren Bundesverwaltung - ein solcher Fall liegt hier vor - hat der VfGH im Erk VfSlg 9507/1982 ausgesprochen, dass zu besorgende Staatsaufgaben der Gebietskörperschaften iSd §2 F-VG 1948 auch dann gegeben sind, wenn die Gebietskörperschaft von Rechts wegen gehalten ist, Angelegenheiten einer anderen Gebietskörperschaft für diese nach deren Weisungen und unter deren Verantwortung zu führen. In diesen Fällen ist eine Kostentragungspflicht der besorgenden Gebietskörperschaft zwar für den Personalaufwand und den Amtssachaufwand anzunehmen (somit praktisch für die Behördenorganisation und die notwendigen Hilfsmittel), hingegen nicht für jenen Sachaufwand, der mit der konkreten Tätigkeit der Behörde erst entsteht (konkreter Sachaufwand), und ebenso wenig für den sogenannten Zweckaufwand. Für diese Aufwandskategorien ist eine Ersatzpflicht jener Gebietskörperschaft anzunehmen, der die aufwandsverursachende Aufgabe zuzuordnen ist (vgl VfSlg 16739/2002, 16992/2003).

Die von der Klägerin geltend gemachten Kosten werden durch die Anzeige von Geschwindigkeitsbeschränkungen auf Anzeigenquerschnitten einer Verkehrsbeeinflussungsanlage verursacht. Die ordnungsgemäße Kundmachung der entsprechenden Verordnung, nämlich der NO2-Maßnahmenverordnung Klagenfurt, im Kärntner Landesgesetzblatt ist die Grundlage für die Anzeige der Geschwindigkeitsbeschränkungen auf den Anzeigenquerschnitten. Mit der Errichtung und dem Betrieb der Verkehrsbeeinflussungsanlage erfüllte die Klägerin jedenfalls insoweit Aufgaben der beklagten Partei, als Anzeigenquerschnitte dieser Anlage zur Anzeige von Geschwindigkeitsbeschränkungen auf Grund der NO2-Maßnahmenverordnung Klagenfurt der beklagten Partei von der Klägerin zur Verfügung gestellt wurden. Zur Erfüllung dieser Aufgabe ist die Klägerin als Straßenerhalterin durch §14 Abs6 ImmissionsschutzG-Luft - IG-L ("Der jeweilige Straßenerhalter hat für die Kundmachung zu sorgen.") verpflichtet.

Kosten für die Herstellung, Anschaffung, Anbringung und Erhaltung von Verkehrszeichen, die der Kennzeichnung von Geboten und Verboten dienen, die durch Verordnungen festgelegt wurden, stellen keinen Amtssachaufwand dar (VfSlg 5681/1968). Sie sind zutreffend als "konkreter Sachaufwand" zu sehen. In diesem Sinne entstand durch die Anzeige von Geschwindigkeitsbeschränkungen nach der NO2-Maßnahmenverordnung Klagenfurt mittels Verkehrsbeeinflussungsanlagen ein konkreter Sachaufwand.

Die Klägerin hat in einigen konkreten Fällen Anzeigenquerschnitte einer Verkehrsbeeinflussungsanlage zur Kennzeichnung von Geboten und Verboten auf Grund der NO2-Maßnahmenverordnung Klagenfurt, die im Landesgesetzblatt kundgemacht wurde, errichtet. Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des VfGH (vgl insbesondere VfSlg 5681/1968) sind daher auch die von der klagenden Partei geltend gemachten Kosten der Errichtung und des Betriebs der Verkehrsbeeinflussungsanlage demnach kein Amtssachaufwand, sondern konkreter Sachaufwand. Wäre dieser bei der beklagten Partei angefallen, so wäre er nach den Grundsätzen des §2 F-VG 1948 dem Land Kärnten vom Bund zu ersetzen. Im hier zu beurteilenden Fall ist der konkrete Sachaufwand bereits auf Seiten des Bundes angefallen. Die Klägerin hat demgemäß keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten für den konkreten Sachaufwand, die letztlich der Bund zu tragen hätte, sofern die zuständige Gesetzgebung nichts anderes bestimmt.

Bestimmungen iSd §2 F-VG 1948, die anderes regelten, bestehen nicht (keine Festlegung betreffend die Kostentragung im letzten Satz des §14 Abs6 IG-L idF BGBl I 70/2007; §14 Abs6a idF BGBl I 77/2010 auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt ist nicht anwendbar: Kostenteilungsregelungen lediglich hins der Adaptierung des bestehenden Verkehrsbeeinflussungssystems und zusätzlicher Betriebskosten; analoge Anwendung des §32 Abs1 erster Satz StVO 1960 mangels Vorliegens einer planwidrigen Gesetzeslücke ausgeschlossen).

Entscheidungstexte

Schlagworte

VfGH / Klagen, Finanzverfassung, Kostentragung, Bundesverwaltung mittelbare, Straßenpolizei, Geschwindigkeitsbeschränkung, Straßenverkehrszeichen, Straßenverwaltung, Bundesstraße, Verordnung Kundmachung, Geltungsbereich Anwendbarkeit, Ausgliederung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2014:A12.2013

Zuletzt aktualisiert am

16.03.2016
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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