TE Vfgh Erkenntnis 2014/11/24 G62/2014 ua

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.11.2014
beobachten
merken

Index

L1030 Gemeindestruktur

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art115 Abs2, Art116 Abs1
B-VG Art140 Abs1 Z1 litc
Stmk GemeindestrukturreformG §1, §3, §4
Stmk GdO 1967 §6 Abs2

Leitsatz

Abweisung weiterer Individualanträge von Gemeinden auf Aufhebung von Bestimmungen des Stmk GemeindestrukturreformG betreffend Gemeindefusionen; keine Unsachlichkeit der bekämpften Vereinigungen

Spruch

I.              Die Anträge werden insoweit abgewiesen, als sie sich gegen §3 Abs7 Z2 des Gesetzes vom 17. Dezember 2013 über die Neugliederung der Gemeinden des Landes Steiermark (Steiermärkisches Gemeindestrukturreformgesetz – StGsrG), LGBl für die Steiermark Nr 31/2014 (berichtigt durch LGBl für die Steiermark Nr 36/2014), richten.

II.              Im Übrigen wird der Antrag zu G62/2014 zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I.              Anträge und Vorverfahren

1. Gestützt auf Art140 B-VG begehrt die antragstellende Gemeinde Dürnstein in der Steiermark (protokolliert zu G62/2014) die Aufhebung des ganzen Stmk. Gemeindestrukturreformgesetzes (StGsrG), LGBl 31/2014 (berichtigt durch LGBl 36/2014), in eventu §3 Abs7 Z2 leg. cit., und in eventu die Wortfolge "Dürnstein in der Steiermark, " in §3 Abs7 Z2 leg. cit. als verfassungswidrig aufzuheben. Die antragstellende Gemeinde Neumarkt in Steiermark (protokolliert zu G141/2014) begehrt – gestützt auf Art140 B-VG – §3 Abs7 Z2 StGsrG, in eventu die Wortfolge "Marktgemeinde Neumarkt in Steiermark mit den" in §3 Abs7 Z2 leg. cit. als verfassungswidrig aufzuheben.

1.1.              Begründend wird dazu von der Gemeinde Dürnstein in der Steiermark im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

"Verfassungswidrigkeit des angefochtenen Gesetzes

[…]

[…] Der Landesgesetzgeber sieht in §3 Abs7 Z2 StGsrG die Vereinigung der Antragstellerin mit anderen Gemeinden vor. Diese Vereinigung ist aus den folgend genannten Gründen einerseits völlig untauglich[…] die angestrebten Ziele des StGsrG zu erreichen, andererseits würde diese Änderung der Gemeindestruktur insgesamt keinerlei Verbesserung mit sich bringen, sodass eine sachliche Rechtfertigung im Sinne des Art7 B-VG für den mit dem angefochtenen Gesetz bewirkten Rechtseingriff – nämlich die rechtliche Abschaffung der Antragstellerin – nicht gegeben ist. Überdies war schon der Gesetzgebungsprozess fehlerhaft, da sich der Landesgesetzgeber weder um eine ausreichende Erhebung der maßgeblichen Entscheidungsgrundlagen bemüht hat, der Antragstellerin keine ausreichende Möglichkeit zur Mitwirkung und Äußerung gegeben hat und jegliche Interessenabwägung bei Erlassung des angefochtenen Gesetzes unterlassen hat. Dazu im Einzelnen:

[…] Bevölkerung

[…] Bevölkerungsentwicklung

Ziel der Gemeindestrukturreform ist es, dem anhaltenden Trend des Bevölkerungsschwundes entgegenzuwirken und Gemeinden, die einen Abgang an Einwohnern zu erwarten haben, zu vereinigen, um sie auch in Zukunft zielgerichtet verwalten zu können. Dieser Gedanke kommt auch im Allgemeinen Teil der Erläuterungen unter Punkt […] – Demografische Entwicklung zum Ausdruck. Auf diese Thematik ist der Gesetzgeber auch im konkreten Einzelfall eingegangen, da er in den Materialien zu §3 Abs7 Z2 StGsrG von der Schaffung der Möglichkeit, besser auf den prognostizierten Bevölkerungssch[w]und sowie der Alterung der Bevölkerung zu reagieren, spricht. Dabei ist festzuhalten, dass der Gesetzgeber selbst davon ausgeht, dass in der Gemeinde Dürnstein in der Steiermark bis zum Jahr 2030 mit keinem Rückgang der Einwohnerzahl zu rechnen ist. Vielmehr wird sogar eine leichte Steigerung prognostiziert. Eine Überalterung der Bevölkerung, wie vom Gesetzgeber befürchtet, ist ebenfalls nicht zu erwarten. Der Anteil der unter 65-jährigen liegt derzeit bei 78,5%, wobei die Sparte 0-20 mit 16,7% angemessen vertreten ist. Sohin liegt auch in diesem Bereich kein taugliches Argument für eine Zusammenlegung vor.

In Anbetracht dieser Ausführungen ist nicht verständlich, weshalb die Antragstellerin von einer Gemeindezusammenlegung betroffen sein soll. Der Gesetzgeber hat dabei die eigenen Ziele des Gemeindestrukturreformgesetzes nicht beachtet und ist somit zu einem unsachlichen Ergebnis gekommen.

[…] Widerstand der Bevölkerung

In diesem Zusammenhang ist auch zu betonen, dass nach der Rechtsprechung des VfGH der anhaltende Widerstand der Bevölkerung ein gleichfalls zu berücksichtigender Umstand ist. […] Ein solcher anhaltender Widerstand der Bevölkerung ist bei der Antragstellerin jedenfalls gegeben:

Die Antragstellerin sprach sich gegen eine Fusion und damit für den eigenständigen Fortbestand aus. Dabei ist noch zu erwähnen, dass die Antragstellerin zwar 2012 in die Analysephase eingetreten ist, dies allerdings nur vor dem Hintergrund, in diesem Prozess die gravierenden Nachteile einer Zusammenlegung aufzuzeigen […].

[…] Wirtschaft

Eine Zusammenlegung muss nach Rechtsprechung des VfGH einen Vorteil für die betroffenen Gemeinden mit sich bringen. Dies trifft im konkreten Fall auf die Antragstellerin nicht zu. Die Einwohner der Antragstellerin pendeln in überwiegender Anzahl nach Kärnten. Eine Zusammenlegung mit anderen steirischen Gemeinden brächte in diesem Bereich keine Vorteile, da keine Attraktivitätssteigerung im Bereich der in anderen steirischen Gemeinden zur Verfügung stehenden Arbeitsplätze zu erwarten ist, die die Erwerbstätigen zu einem Wechsel bewegen könnten. Weiters ist in den Gesetzesmaterialien kein Argument zu finden, auf welche Art und Weise durch eine[…] Zusammenlegung der Wirtschaftsstandort Dürnstein in der Steiermark gestärkt werden soll. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass auch in Zukunft die Pendleranzahl deutlich überwiegen wird. Aus diesem Aspekt ist somit kein Vorteil für eine Fusion der Gemeinden gewonnen, sondern es steht ein Nachteil zu erwarten. Derzeit gehen ca. 70 Personen einer Beschäftigung in der Gemeinde Dürnstein in der Steiermark nach. Bis zum Jahr 2015 ist die Schaffung von 50 weiteren Arbeitsplätzen geplant. Diese Entwicklung wäre durch eine Zusammenlegung der Gemeinden gefährdet.

Es sei noch erwähnt, dass die Steuerkraftquote 2011 bei EUR 1.066,00 und somit nur knapp unter dem Steiermarkdurchschnitt von EUR 1.170,00 lag. In diesem Bereich ist aus den zuvor erfolgten Ausführungen ebenfalls keine Veränderung zu erwarten.

Der vom Gesetzgeber behauptete Vorteil im Bereich Tourismus kann ebenfalls nicht zu einer Verbesserung führen. Die Antragstellerin befindet sich zwar im Tourismusverband 'Zirbitzkogel-Grebenzen', dies stellt sich allerdings als Zwangskooperation dar, die nur aufgrund gesetzlicher Verpflichtungen eingegangen wurde. Ein Nutzen für die Gemeinde Dürnstein in der Steiermark aus dieser Zusammenarbeit ist nicht gegeben und auch in Zukunft nicht zu erwarten. Dies liegt insbesondere in der abgeschiedenen Lage der Antragstellerin begründet, die nicht in das Vermarktungskonzept des Tourismusverbandes eingefügt werden kann. Demgegenüber stehen Aufwendungen von EUR 40.000,00, die im Falle einer Zusammenlegung weiter ansteigen könnten. Eine Fusion würde in diesem Bereich vielmehr einen Nachteil erwarten lassen. Dies ist aber nicht Sinn einer solchen Reform und entspricht auch nicht der Rechtsprechung des VfGH. Auf der anderen Seite besteht eine freiwillige Kooperation mit den Regionen 'Mittelkärnten' und 'Hemmaland'. Diese, für die Antragstellerin wirtschaftlich nützliche Zusammenarbeit, wäre durch eine Zusammenlegung mit den im Gesetz angeführten Gemeinden gefährdet, da diese bestehende Struktur zerschlagen werden könnte. Somit ist auch aus diesem Punkt eine nicht zu rechtfertigende Unsachlichkeit gegeben, die der geplanten Maßnahme entgegensteht und das angefochtene Gesetz mit Gleichheitswidrigkeit belastet.

[…] Geographie

Dürnstein in der Steiermark liegt, wie in der beiliegenden Karte ersichtlich […], am Ausgang eines sehr schmalen Tales, das zwischen mehreren bis zu 1.400 Meter hohen Bergen eingebettet[…] ist. Anhand der Karte ist klar ersichtlich, dass die Antragstellerin dem Tal um Friesach zuzuordnen ist. In diese Richtung verläuft auch das natürliche Gefälle. Eine taugliche geographische Verbindung zu den anderen Gemeinden, mit denen die gegenständliche Zusammenlegung geplant ist, besteht nicht. Vielmehr ist die Gemeinde Neumarkt in der Steiermark deutlich höher gelegen als die Antragstellerin. Demgegenüber befindet sich Friesach in etwa auf derselben Seehöhe wie Dürnstein in der Steiermark. In dieser geographischen Lage haben auch die im nächsten Punkt erläuterten zahlreichen Verflechtungen mit der Gemeinde Friesach ihren Ursprung. Eine Zusammenlegung mit den angedachten Gemeinden erscheint unter diesem Aspekt als äußerst unzweckmäßig. Ein Vorteil kann in diesem Bereich jedenfalls nicht gesehen werden.

[…] Einrichtungen

Die Antragstellerin ist, wie die Gesetzesmaterialien richtig festhalten, im Bereich der öffentlichen und privaten Güter und Dienstleistungen unterversorgt. Diesbezüglich wird freilich ausgeführt, dass es Verflechtungen mit der Nachbargemeinde Neumarkt gäbe. Dies entspricht nicht den Tatsachen und geht völlig an den gelebten Realitäten vorbei. In dieser Hinsicht liegt der Lebensmittelpunkt der Einwohner der Antragstellerin in Friesach. Dort befinden sich sämtliche Versorgungsbetriebe, die für das tägliche Leben von Bedeutung sind. Dabei ist festzuhalten, dass Friesach eine deutlich bessere Ausstattung an solchen Betrieben aufweist, als die sonst in Frage kommenden steirischen Gemeinden.

Die medizinische Versorgung ist ebenfalls in Friesach zentriert. Der Hausarzt der meisten Einwohner der Antragstellerin hat in der genannten Ortschaft seine Praxis, weiters befindet sich der Sitz des für Dürnstein in der Steiermark zuständigen Sprengelarztes in Friesach. Die notärztliche Versorgung wird ebenfalls von dort aus gesteuert. Eine weitere Bestätigung für diese Gegebenheit ist die hohe Anzahl an Einwohnern der Gemeinde Dürnstein in der Steiermark, die das Krankenhaus in Friesach aufsuchen. Auch die älteren Einwohner der Gemeinde werden in Heimen in Friesach untergebracht.

Die Abgeschiedenheit der Antragstellerin von den im Rahmen der Zusammenlegung angedachten Gemeinden manifestiert sich im Bereich Post und Telekommunikation in besonderer Art und Weise. Die Antragstellerin ist sowohl mit einer Kärntner Postleitzahl als auch Telefonvorwahl ausgestattet. Somit erfolgt auch die Zustellung derzeit über eine völlig andere Zustellbasis, als mit den angesprochenen Gemeinden. Das Postaufgabezentrum ist ebenfalls in Friesach gelegen. Aufgrund der örtlichen Lage kann auch eine Funkverbindung mit anderen Feuerwehren in der Steiermark nicht hergestellt werden. In diesem Zusammenhang sei noch erwähnt, dass im Falle eines Notrufes automatisch die Kärntner Landeswarnzentrale oder die Bezirksleitstelle in St. Veit an der Glan alarmiert wird.

Jene Kriterien […], anhand derer eine Gemeindezusammenlegung erfolgen soll, sehen auch die Berücksichtigung der Schul- und Pfarrsprengel vor. Dies wurde im gegebenen Fall überhaupt nicht beachtet. Die Antragstellerin bildet gemeinsam mit der Kärntner Ortschaft St. Stefan eine eigenständige Pfarre. Diese gehört dem kirchlichen Dekanat Friesach und somit der Diözese Gurk-Klagenfurt an. Die bestehenden Schulsprengel fanden ebenfalls keine Berücksichtigung. Dabei ist besonders zu beachten, dass in den Materialien zu §3 Abs7 Z2 schlicht falsche Angaben enthalten sind. Sowohl Volks- als auch Hau[p]tschulen sind dem Sprengel Friesach zugeordnet. Nur Wildbad Einöd ist dem Schulsprengel Neumarkt angehörig, wobei dieser Teil von untergeordneter Bedeutung ist. Da die Antragstellerin über keine eigenständige Schule mehr verfügt, besucht die Mehrheit, entsprechend dem vorliegenden Schulsprengel, die bestehenden Einrichtungen in Friesach bzw in anderen Kärntner Ortschaften. Schulen in der Steiermark werden aufgrund der schwierigen Erreichbarkeit kaum besucht. Diese gelebte Realität zeigt sich auch bereits in der Betreuung der jüngsten Einwohner, die fast ausschließlich den in Friesach beheimateten Kindergarten besuchen. Die Eheschließungen erfolgen ebenfalls am Standesamt Friesach, obgleich die Antragstellerin dem Standesamt[s]verband Neumarkt angehört.

Nach den Gesetzesmaterialien sollten die bestehenden Kooperationen im Bereich Abwasserverbände ein weiteres Kriterium darstellen. Auch in diesem Punkt kann der Gesetzgeber keine gründliche Untersuchung der Sachlage vorgenommen haben. Derzeit erfolgt die Abwasserbeseitigung in einem Verband mit Kärntner Gemeinden. Diese wurde 2007 durch die Installierung eines neuen Kanalisationssystems neu geschaffen und die Kooperation de facto untrennbar miteinander verknüpft. Eine andere Abwasserentsorgung wäre aufgrund der geografischen und technischen Möglichkeiten nur mit einem finanziellen Mehraufwand möglich.

Gesamt gesehen steht somit fest, dass durch die Fusion die bestehenden Einrichtungen in Neumarkt, als geplantes Zentrum, durch die Einwohner der Antragstellerin nicht besser (mit-)genützt werden könnten, da deren Lebensmittelpunkt gegenwärtig in Friesach gelegen ist.

Allgemein muss zu dieser Zusammenlegung ausgeführt werden, dass der Vorteil, es würde durch die Gemeindefusionierung und den damit verbundenen infrastrukturellen Maßnahmen zu finanziellen Vorteilen kommen, schon deshalb kritisch in Frage zu stellen ist, da bereits der Rechnungshof in seiner Stellungnahme vom 29.10.2013[…] einen solchen nicht feststellen konnte: In […] dieser Stellungnahme wird darauf hingewiesen, dass gemäß §18 Abs3 der Geschäftsordnung des Landtages Steiermark 2005 (GeoLT 2005) bei jeder Regierungsvorlage betreffend einen Gesetzesvorschlag eine Darstellung der finanziellen Auswirkungen für das Land und die übrigen Gebietskörperschaften anzuschließen sind, dass solche aber fehlen. Wie der Rechnungshof festhält, enthalten die Erläuterungen nämlich über die allgemein formulierten Angaben hinaus – sowohl auf Gemeindeebene als auch auf Landes- und Bundesebene – keine weitere Darstellung und keine umfassende Bezifferung der angeführten finanziellen Auswirkungen. Schon alleine daraus wird ersichtlich, dass der Landesgesetzgeber die maßgeblichen Auswirkungen gar nicht, oder jedenfalls nicht ausreichend erhoben hat.

Anhand der erfolgten Ausführungen ist klar zu erkennen, dass die Angaben in den Materialien schlichtweg unrichtig sind und nicht den gelebten Realitäten entsprechen. Es gibt zu den anderen Gemeinden, insbesondere dem geplanten Zentrum Neumarkt, keine Verbindungen. Eine Zusammenlegung würde an dieser Situation keine Veränderungen mit sich bringen, vielmehr müsste man eine Zerstörung bestehender Strukturen bzw. zumindest erhebliche Komplikationen bei deren Aufrechterhaltung erwarten. Die vom VfGH geforderte Vorteilhaftigkeit für die Gemeinde ist jedenfalls nicht gegeben. Einen finanziellen Vorteil konnte selbst der Rechnungshof nicht feststellen.

Weiters muss festgehalten werden, dass der Gesetzgeber seine eigenen Kriterien der Zusammenlegung nicht beachtet. Wie aufgezeigt geht er noch dazu von inhaltlich falschen Argumenten aus. Dies alles kann nur als eine Unsachlichkeit gewertet werden. Vorteilhafter wäre es, eine verstärkte Zusammenarbeit mit Friesach anzustreben, da hier bereits eine Vielzahl an Gemeinsamkeiten besteht.

[…] Infrastruktur

[…]

In den Erläuterungen zu §3 Abs7 Z2 StGsrG führt der Gesetzgeber aus, dass das Gemeindegebiet der Antragstellerin aufgrund der Lage an der B 317 gut mit dem regionalen Nebenzentrum verbunden sei, womit diese Gemeinde auch in einem gut erreichbaren Einzugsbereich von Neumarkt liege. Dem kann in dieser Allgemeinheit nicht zugestimmt werden. Das Gemeindegebiet der Antragstellerin liegt in einer Entfernung von knapp 11 Kilometern zu Neumarkt. Die Strecke zwischen Dürnstein in der Steiermark und dem derzeitigen Zentrum für die Einwohner, nämlich Friesach, beträgt demgegenüber weniger als die Hälfte, nämlich 4 Kilometer. Die Anbindung an Neumarkt mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist außerdem nicht besonders ausgeprägt. Die Busverbindungen nach Friesach sind im Verhältnis zu anderen steirischen Gemeinden deutlich einfacher und schneller. Der zentrale Bahnverkehr wird ebenfalls dort abgewickelt. Auch die Benutzung eines Taxis würde sich von derzeit etwa EUR 12 für die Strecke nach Friesach auf etwa EUR 24 für die Strecke nach Neumarkt verdoppeln. Es zeigt sich somit, dass aus Sicht der Antragstellerin die Schaffung eines neuen Zentrums[…] erhebliche Schwierigkeiten mit sich brächte. Dieses könnte auch weder zu Fuß noch mit dem Rad erreicht werden, da es an Radwegen und Gehsteigen mangelt. Die Benutzung der B 317 ist aufgrund des starken Verkehrsaufkommens für diesen Zweck nicht geeignet.

Eine Zusammenlegung würde daher zahlreiche Fahrten mit einem privaten Kraftfahrzeug und somit Zeitaufwand und Kosten (und unnötige Umweltbelastungen) verursachen. […] Aufgrund der größeren Distanz zu Neumarkt wäre dies somit ein enormer Nachteil für die Bevölkerung.

Die Zusammenlegung der Gemeinden stellt daher eine unzweckmäßige Maßnahme dar und ist mit Blick auf die Rechtsprechung des VfGH nicht zu billigen.

[…] Finanzen

Die Gemeindestrukturreform determiniert als zentralstes Ziel die Schaffung von wirtschaftlich leistungsfähigen Gemeinden. […]

[…]

Der Gesetzgeber hatte somit vor Augen, dass durch die Schaffung größerer Gemeinden deren wirtschaftliche Situation derart gebessert wird, dass der Bedarf nach finanziellen Zuschüssen des Landes geringer wird. Dieser Aspekt wird im allgemeinen Teil der Erläuterungen unter Punkt […] – Wirtschaftliche Situation der Gemeinden besonders hervorgehoben. Diesem Konzept folgend, konnte die überwiegende Anzahl der fusionierten Gemeinden keinen ausgeglichenen Haushalt aufweisen.

In den Erläuterungen zu §3 Abs7 Z2 StGsrG führt der Gesetzgeber aus, dass die finanzielle Lage der Antragstellerin im Beobachtungszeitraum 2008 – 2012 von Schwierigkeiten geprägt war. Dies steht im Widerspruch zu den selbst getroffenen Feststellungen, der ordentliche Haushalt konnte in diesen Jahren ausgeglichen gestaltet werden. Der Saldo der laufenden Gebarungen war in diesem Zeitraum ebenfalls positiv. Die Prognose, der ordentliche Haushalt für 2014 und 2015 wird nicht ausgeglichen gestaltet werden können, ist durch keinerlei Unterlagen bestätigt.

Den Materialien folgend ist offenbar der Gesetzgeber selbst nicht der Ansicht, dass die Antragstellerin die 'eigenen und übertragenen Aufgaben' nicht mehr selbstständig erledigen wird können, da sonst wohl eine Anmerkung zu diesem Punkt zu finden wäre. Es gab auch in der Vergangenheit keine Phasen in denen dies nicht möglich gewesen wäre. Somit ist eine Zusammenlegung, um dieses Ziel der Gemeindestrukturreform zu erreichen, nicht notwendig. Die dennoch angedachte Maßnahme kann daher nur als willkürlicher Akt des Gesetzgebers bezeichnet werden.

[…] Mangelhaftes Zustandekommen des Gesetzes

Abgesehen von den inhaltlichen Mängeln und der Unsachlichkeit des angefochtenen Gesetzes ist dieses auch durch ein mangelhaftes Verfahren zustande gekommen:

Der Gesetzgeber hat die Antragstellerin nur mit allgemein gehaltenen Informationen versorgt und somit verhindert, dass eine kritische Auseinandersetzung mit den Gründen der Zusammenlegung erfolgt. Dabei wurde der Gesetzgeber seitens der Antragstellerin mehrfach aufgefordert konkrete Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Erst in den Erläuterungen zu diesem Gesetz gab es eine näh[e]re Begründung der geplanten Maßnahme. Zu diesem Zeitpunkt war der Gesetzwerdungsprozess aber bereits derart weit fortgeschritten, dass keine Möglichkeit mehr bestand, sich fachlich zu der geplanten Maßnahme zu äußern.

Die Erläuterungen zu dem vorliegenden Gesetz stellen eine Aneinanderreihung von allgemein gehaltenen Argumenten dar, welche ohne Probleme auf jede beliebige Gemeinde Österreichs übertragen werden könnten. Auf den konkreten Einzelfall, insbesondere die individuelle Situation der Antragstellerin, wird nicht abgestellt. Dies kommt auch deutlich in den getroffenen Prognosen hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung der Antragstellerin zum Ausdruck. Diese sind großteils schlichtweg unrichtig und entbehren jeder Grundlage. Die Verfehlungen des Gesetzgebers in diesem Zusammenhang sind offenkundig auf die fehlende Grundlagenforschung zurückzuführen. Es wurde seitens des Landes offenbar als nicht notwendig erachtet, sich mit der aktuellen Situation und den gelebten Realitäten in den betroffenen Gemeinden, insbesondere der Antragstellerin auseinanderzusetzen. Der Antragstellerin wurde bis zum heutigen Tag kein einziges Dokument überreicht, aus dem die getroffenen Prognosen ableitbar gewesen wären. In diesem Zusammenhang sei auf die Rechtsprechung zum Thema Raumplanung verwiesen, wo der VfGH bereits mehrfach ausgesprochen hat, dass der Grundlagenforschung eine besondere Bedeutung zuzumessen ist (VfGH 19.06.2013, V2/2013 ua)[.] Nichts anderes kann somit im Falle einer Gemeindezusammenlegung gelten, die ja eine noch massivere Veränderung darstellt. Eine solche Grundlagenforschung fehlt aber, wie berei[ts] festgehalten, völlig. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Zusammenlegung der Antragstellerin nach willkürlichen Gesichtspunkten erfolgt ist, die nur mit allgemein gehaltenen Argumenten begründet werden soll. Dies kann aber für eine solche Maßnahme nicht ausreichen.

Da der Gesetzwerdungsprozess sich derart mangelhaft darstellt, ist offenkundig, dass das angefochtene Gesetz wegen der vorliegenden Unsachlichkeit mit Verfassungswidrigkeit belastet ist." (Zitat ohne die im Text enthaltenen Hervorhebungen)

1.2.              Von der Gemeinde Neumarkt in Steiermark wird begründend im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

"Die Vereinigung der Antragstellerin mit den anderen in §3 Abs7 Z2 StGsrG genannten Gemeinden verstößt gegen das Sachlichkeitsgebot und verletzt aus diesem Grund die Antragstellerin in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz. Zudem wird das Recht der Antragstellerin auf Unverletzlichkeit des Eigentums verletzt.

[…] Dazu ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Antragstellerin eine Gemeinde ist, deren Einwohnerzahl 1.000 deutlich überschreitet. Die Antragstellerin ist somit keine Kleingemeinde im Sinne der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs zur Zusammenlegung von Gemeinden; […]

[…] Da die Antragstellerin keine Kleingemeinde […] ist, gilt für sie nicht a priori, dass ihre Zusammenlegung mit anderen Gemeinden sachlich wäre und ihre Auflösung keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnete. Ganz im Gegenteil bedarf es daher für die Vereinigung der Antragstellerin mit anderen Gemeinden einer sachlichen Begründung, die sich aber hier nicht finden lässt, zumal im konkreten Fall die beabsichtigte Vereinigung selbst dann verfassungsrechtlich bedenklich wäre, wenn die Antragstellerin – was sie nicht ist – eine Kleingemeinde wäre. Die diesbezüglichen Erwägungen des Verfassungsgerichtshofs müssen ja umso mehr gelten, wenn es sich um eine Gemeinde mit mehr als 1.000 Einwohnern handelt.

[…] Dass die Vereinigung der in der angefochtenen Gesetzesbestimmung genannten Kleingemeinden mit anderen Gemeinden in der Regel sachlich wäre, führt noch nicht automatisch dazu, dass dies auch für eine davon betroffene 'Nicht-Kleingemeinde' zutrifft. Das wäre ein unzulässiger Umkehrschluss. Ganz im Gegenteil ist für jede von einer Vereinigung betroffene Gemeinde zu fragen, ob sie eine Kleingemeinde ist, und wenn nein, ob ihre Vereinigung mit einer anderen Gemeinde oder anderen Gemeinden sachlich begründbar ist. Wenn nicht, dann mag die Zusammenlegung aus dem Blickwinkel der Kleingemeinde zulässig sein, aus jenem der Gemeinde mit über 1.000 Einwohnern kann sie aber dennoch unsachlich und somit gleichheitswidrig sein.

[…] Der Gesetzgeber hat die erforderliche Grundlagenforschung, die aber sowohl §1 StGsrG als auch §6 Abs2 Stmk. GemO voraussetzen, nicht hinreichend betrieben. Insbesondere hat der Gesetzgeber zwar jeweils allgemeine Erhebungen über die betroffenen Gemeinden durchgeführt; er hat diese dann aber nicht miteinander in einer Weise verknüpft, die es ihm ermöglicht hätte, die Vor- und Nachteile der Zusammenlegung der betroffenen Gemeinden zu einer neuen Gemeinde sowie die Summe daraus, mit anderen Worten, die konkreten Folgen der Vereinigung der in §3 Abs7 Z2 StGsrG genannten Gemeinden zu beurteilen. Der Gesetzgeber hat sich mit ganz allgemeinen Feststellungen und Beschreibungen begnügt und letztlich sogar behauptet, eine Interessenabwägung durchgeführt zu haben - worin diese aber bestanden haben soll, ist den Erläuterungen nicht zu entnehmen. Tatsächlich bestehen keine nachvollziehbaren Grundlagen für die Beurteilung der vorhersehbaren Folgen der Vereinigung der Antragstellerin mit den anderen in der angefochtenen Gesetzesbestimmung genannten Gemeinden. Die Vor- und Nachteile weder für die Antragstellerin noch für die anderen Gemeinden, und zwar jede für sich und die (jeweilige) Summe daraus bzw. aus allen möglichen Kombinationen dieser Gemeinden wurden vom Gesetzgeber erhoben und in den Erläuterungen dargetan.

[…] Zwar wird die Antragstellerin mit der angefochtenen Gesetzesbestimmung mit bestimmten anderen Gemeinden vereinigt; der Gesetzgeber versucht aber erst gar nicht, diese 'Kombination' zu begründen. Er hat nicht im Geringsten untersucht, ob vielleicht eine andere oder mehrere andere Zusammenlegungen nicht extrem zweckmäßiger wären. Die Einbeziehung der Gemeinde Dürnstein in der Steiermark etwa ist völlig unzweckmäßig, ist diese doch im Wesentlichen nicht einmal in die Steiermark, sondern vielmehr nach Kärnten hin orientiert, was schon daran zu sehen ist, dass mehr als 80 % der Auspendler nicht in der Steiermark, sondern in Kärnten arbeiten. Dürnstein hat eine Kärntner Postleitzahl, die im Wesentlichen gesamte Kaufkraft dieser Gemeinde fließt nach Friesach in einer Entfernung von rund fünf Minuten ab. Der zuständige Schulsprengel ist Friesach, Kärnten. Eine der im Kärntner Landtag vertretenen Fraktionen betreibt nunmehr offiziell, das Land Kärnten möge darauf hinwirken, dass Dürnstein zu Kärnten kommt.

[…] Wenn auch die Antragstellerin nicht verkennt, dass der Gleichheitsgrundsatz dem Verfassungsgerichtshof keine Handhabe gibt, über die bloße Zweckmäßigkeit gesetzlicher Bestimmungen zu urteilen, so ist doch hier zu bemerken, dass die Vereinigung der Antragstellerin gerade mit diesen Gemeinden im Ergebnis unbegründet und somit willkürlich und unsachlich erfolgt.

[…] [A]us dem Blickwinkel der Antragstellerin ist darauf hinzuweisen, dass ausweislich der Erläuterungen auch der Gesetzgeber keinen erkennbaren Grund angeführt hat, wofür die Antragstellerin mit anderen Gemeinden vereinigt werden sollte. Die Antragstellerin ist alleine vollkommen lebensfähig und erfüllt im Hinblick auf die in §6 Abs2 Stmk. GemO genannten Interessen (wirtschaftliche, infrastrukturelle, raumordnungs- und verkehrspolitische, demografische, finanzielle) alle Voraussetzungen, um auch weiterhin eine eigenständige Gemeinde zu bleiben.

[…] Die verfügte Zusammenlegung der Antragstellerin mit den anderen in der angefochtenen Gesetzesbestimmung genannten Gemeinden ist aber auch extrem unzweckmäßig, sind doch die allermeisten dieser Gemeinden – jedenfalls die Antragstellerin – durchaus alleine lebensfähig und verfügen, wenn auch zum Teil durch bereits bestehende Kooperationen und Verbände, über die erforderlichen Infrastrukturen (auch in verkehrstechnischer Hinsicht), um dorthin zu gelangen, wo Einrichtungen bestehen, über die Einzelne davon nicht selbst verfügen. Hier zeigt sich auch wieder das Problem der allzu oberflächlich gebliebenen Grundlagenermittlung: Welche konkreten Folgen die verfügte Zusammenlegung vorhersehbarerweise haben wird, die die in den Erläuterungen angemerkten Probleme der einzelnen Gemeinden, und zwar jede für sich und in Summe, im Sinne der in §1 StGsrG genannten Ziele der Strukturreform verbessern könnten, bleibt ungeprüft und unüberlegt, somit aber auch unbegründet.

[…] Diese fehlende Begründung kann auch durch die unsubstanziierten Behauptungen der Erläuterungen zur Interessenabwägung […] nicht ersetzt werden: Wenn dort etwa behauptet wird, es könnten räumliche Funktionen gebündelt werden oder die vorhandene Infrastruktur effizienter genutzt werden, so fehlen für diese Behauptung schon die Untersuchung der vorhandenen räumlichen Funktionen bzw. der vorhandenen Infrastruktur und die Angabe, worin derzeit denn deren ineffiziente Nutzung bestehen soll. Wenn darauf verwiesen wird, dass durch 'eine effizientere Nutzung der Infrastruktur, eine optimierte Raumplanung und das Schaffen der Möglichkeit, besser auf den prognostizierten Bevölkerungsschwund sowie die Alterung der Bevölkerung zu reagieren', 'mittelfristig insgesamt Kosteneinsparungen bzw.' 'ein effizienter Einsatz der vorhandenen Budgetmittel zu erwarten' ist, so handelt es sich dabei um bloße Worthülsen, die kaum verschleiern, dass die Grundlagen für eine solche – in ihrer Allgemeinheit und Plattheit kaum zu übertreffende – 'Prognose' gar nicht erhoben wurden. Für die Antragstellerin sind jedenfalls keinerlei Vorteile erkennbar, geschweige denn vorhersehbar. Ganz im Gegenteil: es gibt für die Antragstellerin keinen sachlichen Grund, dass diese mit überhaupt einer anderen Gemeinde, und schon gar nicht mit einer Mehrzahl an Gemeinden, und wiederum nicht mit gerade diesen Gemeinden in gerade dieser Zusammensetzung, vereinigt wird. Es sind für die Antragstellerin als künftiger Ortsteil der neuen Gemeinde keine Vorteile im Vergleich zur derzeitigen Situation als eigenständige Gemeinde vorhersehbar. Für die anderen (Klein-)Gemeinden sind solche Vorteile zwar nicht von vornherein auszuschließen, dafür reicht aber der Stand der Grundlagenerhebung nicht aus, sodass nicht einmal gesagt werden kann, ob sich aufgrund der Gemeindezusammenlegung für die Kommunalstruktur als Komplex betrachtet (also nicht nur aus Sicht der Antragstellerin) Vorteile ergeben könnten.

[…] Dass der Gesetzgeber sich mit den konkreten Umständen der Antragstellerin nicht auseinandergesetzt hat, ist etwa an der Ämter-Infrastruktur erkennbar: Das vor nicht allzu langer Zeit neu gebaute Gebäude des Gemeindeamts der Antragstellerin kann das Personal der anderen Gemeindeämter schon aus Platzgründen nicht fassen. Gemäß §8 Abs6 Stmk. GemO ist das Personal aber, gleich ob es sich um öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Dienstverhältnisse handelt, als Personal der neu geschaffenen Gemeinde zu behandeln. Weder ist ein Um- oder Zubau budgetiert, noch können die angeblichen Vorteile infolge der Zusammenlegung der Gemeindeämter erzielt werden, weil die jeweiligen Gebäude wohl nicht aufgelassen werden können, solange unkündbares Personal woanders keinen Platz fände. Hinzu kommt, dass der Personalstand der Gemeinden in Summe nach Vereinigung der Gemeinden nicht benötigt wird, aufgrund der Dienstverhältnisse die damit vom Gesetzgeber bezweckte und den Gemeinden überbürdete 'Personalrationalisierung' somit aus dienst- bzw. arbeitsrechtlichen Gründen gar nicht möglich ist. Es ist also ganz im Gegenteil mit einer Kostensteigerung zu rechnen und gerade nicht damit, dass die Gemeindevereinigung in dieser Hinsicht vorhersehbare Vorteile bringt.

[…] Ähnlich verhält es sich mit den Schulen. Diesbezügliche Synergien werden in den Schulverbänden bereits optimal genutzt. Die Zusammenlegung von Volksschulen wäre wegen der langen Wege für die Kinder und damit verbundenen größeren Betreuungsschwierigkeiten für die Eltern, aber auch räumlich/baulich in Hinblick auf die Schulgebäude nicht möglich. Auch in Hinblick auf das Lehrpersonal erscheint das gar nicht möglich zu sein.

[…] Auch in raumordnungsrechtlicher Hinsicht sind keine Vorteile ersichtlich, zumal das Land Steiermark, hielte es das tatsächlich für erforderlich, im Wege der überörtlichen Planung entsprechende Vorkehrungen treffen könnte, ohne dass dafür Gemeindevereinigungen erforderlich wären.

[…] Nicht nur sind mit der oktroyierten Vereinigung der Antragstellerin mit den anderen in §3 Abs7 Z2 StGsrG genannten Gemeinden keine vorhersehbaren Vorteile verbunden. In wirtschaftlicher und finanzieller Hinsicht ist sogar davon auszugehen, dass mit der Vereinigung für die Antragstellerin ausschließlich Nachteile verbunden sein werden. Die Antragstellerin ist nämlich die einzige der in §3 Abs7 Z2 StGsrG genannten Gemeinden, die wirtschaftlich und finanziell 'gut dasteht'. Nun verkennt die Antragstellerin nicht, dass sich der Gesetzgeber im Rahmen des ihm von Verfassungs wegen zukommenden rechtspolitischen Gestaltungsfreiraums bewegt, wenn er gerade darauf abzielt, zwischen finanziell stärkeren und schwächeren Gebieten einen Ausgleich zu schaffen, und wenn er sich dazu (auch) des Mittels der Änderung der Gemeindestruktur bedient. Die Erläuterungen lassen aber nicht erkennen, dass der Gesetzgeber im vorliegenden Fall dieses Ziel überhaupt verfolgt: Zwar ist dort angemerkt, dass durch die 'gegenständliche Vereinigung' 'die neue Gemeinde auch in finanzieller Hinsicht in der Lage sein' wird, 'ihre Pflichtaufgaben selbstständig zu erfüllen'. Dass dies auf die zu vereinigenden Gemeinden nicht zutrifft, wird aber ebenso wenig behauptet, wie dass dies gerade aufgrund einer Umverteilung der Mittel der Antragstellerin zu den übrigen Gemeinden erreicht werden soll oder kann. Auch in diesem Punkt ermangelt es der Vereinigung somit an der sachlichen Begründung; es fehlt auch jegliche Auseinandersetzung, ob dieser angebliche Effekt tatsächlich, wenigstens rechnerisch, erzielbar ist, ob also der behauptete Vorteil überhaupt vorhersehbar ist. Selbst wenn es sich rechnerisch 'ausginge', z.B. durch Gegenrechnung des Überschusses der Antragstellerin gegen die Defizite der anderen Gemeinden, wäre die Zielerreichung nicht nachgewiesen, weil das eine viel zu simplifizierende Betrachtung wäre. Richtigerweise müssten die Haushalte der derzeitigen Gemeinden und der Haushalt der neuen Gemeinde einander gegenübergestellt werden; dazu müsste der letztere aber erst einmal fachgerecht ermittelt werden, wobei es dafür, dass eine solche Ermittlung stattgefunden haben könnte, keinerlei Anhaltspunkte gibt. Sofern also der Gesetzgeber eine bloße Saldierung der Gemeindehaushalte vor Augen gehabt haben sollte (nicht einmal das ist nachvollziehbar), würde nur die Zielverfehlung verschleiert. Auch diese Überlegungen – die der Gesetzgeber ohnedies nicht oder zumindest nicht erkennbar angestellt hat – machen die Gemeindezusammenlegung auf Kosten der Antragstellerin sohin nicht sachlich, sondern lassen die dahinterstehende Willkür nur noch deutlicher werden. Da der Gesetzgeber damit aber den erwähnten rechtspolitischen Gestaltungsspielraum verlässt, wird zudem das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht der Antragstellerin auf Unverletzlichkeit des Eigentums verletzt, weil es zur Umverteilung von Gemeindevermögen auf andere Gemeinden bzw. die dann neue Gemeinde unter wirtschaftlicher Nutznießung der derzeitigen anderen Gemeinden bzw. dann anderen Ortsteilen der neuen Gemeinde käme, ohne dass dafür ein rechtlich anerkannter Grund bestünde, jedenfalls aber auf Grundlage einer verfassungsrechtlichen Gesetzesbestimmung (da §3 Abs7 Z2 StGsrG gleichheitswidrig ist, muss auch der Eigentumseingriff verfassungswidrig sein).

[…] Es fehlt auch jegliche Kostenprognose in Hinblick darauf, mit welchen Kosten die Antragstellerin (und die übrigen betroffenen Gemeinden) gerade wegen der Vereinigung belastet werden. Diese Kosten werden in §11 Abs5 Stmk. GemO den beteiligten Gemeinden unterschiedslos überbürdet, ob diese die Vereinigung wünschen (§8 Abs1 Stmk. GemO) oder ob ihnen diese okroyiert wird (§8 Abs3 Stmk. GemO). Die Erläuterungen führen lediglich an […], dass das StGsrG bloß geringe finanzielle Auswirkungen für das Land Steiermark hat; die finanziellen Auswirkungen für die betroffenen Gemeinden werden aber weder erhoben noch in die Erwägungen mit einbezogen. Auch deshalb erweisen sich die – ohnedies äußerst knapp gehaltenen – Ausführungen zur Abwägung der öffentlichen Interessen als bloße Worthülsen.

[…] Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die Bevölkerung der Antragstellerin die Vereinigung wie in der angefochtenen Gesetzesbestimmung vorgesehen im Wege der Volksbefragung abgelehnt hat. Nun mag der Meinung der Bevölkerung nicht entscheidende Bedeutung zukommen; dennoch ist der Widerstand der Bevölkerung doch ein Indiz dafür, dass die Maßnahme unsachlich ist. In jedem Fall unsachlich ist, wie der Gesetzgeber mit diesem Widerstand der Bevölkerung umgeht – nämlich, indem er diesen ignoriert. Während bei den Gemeinden, die die Vereinigung begrüßen, dies in den Erläuterungen jeweils gesondert hervorgehoben wird, fehlt der Hinweis auf die Ablehnung bei den Gemeinden mit negativem Ausgang der Volksbefragung, so auch bei der Antragstellerin. Eine Interessenabwägung hat in Wahrheit nicht stattgefunden – die Erläuterungen erwähnen lediglich in der Zusammenfassung, dass sich die Gemeindemitglieder (unter anderem) der Antragstellerin 'für die Beibehaltung der Eigenständigkeit der Gemeinde ausgesprochen' haben. Das wird dann wie folgt abgetan: 'Bei den Überlegungen über die Vereinigung der betroffenen Gemeinden wurde auch die Haltung der Gemeinden und der Gemeindemitglieder einbezogen und gewürdigt. Letztlich maßgeblich für die Entscheidung war die begründete Annahme, dass durch die Vereinigung der betroffenen Gemeinden ein leistungsfähigeres Gemeinwesen als bisher entstehen wird, das die dargestellten Vorteile der neuen Kommunalstruktur als Komplex betrachtet für einen sicheren Bestand in der Zukunft nutzen kann.' Es liegt auf der Hand, dass diese 'Würdigung' von einer hinreichenden Interessenabwägung weit entfernt ist; diese Formulierung ist erkennbar getragen vom Bemühen, möglichst alle Reiz- und Schlagwörter zu verwenden, die nach der Rechtsprechung relevant sein können […]. Dahinter steht aber nichts, das darauf hinweisen würde, dass tatsächlich Überlegungen angestellt und widerstreitende Interessen gewürdigt worden wären; es wird nicht beschrieben und vergleichend gewürdigt, worin die größere Leistungsfähigkeit des Gemeinwesens bestehen solle, oder wie die als Komplex betrachtete Kommunalstruktur aussehen werde; woraus der Gesetzgeber auf einen sicheren Bestand in der Zukunft schließt, oder gar einen sichereren als heute, erschließt sich aus den Erläuterungen nicht. Die mangelnde Interessenabwägung und die ebenso mangelhafte Begründung entlarven den Willkürakt. Die angefochtene Gesetzesbestimmung ist unsachlich." (Zitat ohne die im Text enthaltenen Hervorhebungen)

2. Die Stmk. Landesregierung erstattete jeweils eine Äußerung, in der die Zulässigkeit der Anträge bestritten und den in den Anträgen dargelegten Bedenken wie folgt entgegengetreten wird:

1.2.              Hinsichtlich des Antrages der Gemeinde Dürnstein in der Steiermark führt sie – auszugsweise – Folgendes aus:

"Zur Begründung und den Schlussfolgerungen des Antrags

Sollte der Verfassungsgerichtshof die Zulässigkeit des Antrages bejahen, erachtet die Landesregierung die im Antrag geltend[…] gemachte Verfassungswidrigkeit des §3 Abs7 Z2 StGsrG auf Grund folgender Überlegungen als nicht gegeben:

[…] Zum Vorbringen hinsichtlich der Bevölkerungsentwicklung

[…]

[…] Zunächst ist klarzustellen, dass […] Ziel der Gemeindestrukturreform die Stärkung der zukünftigen Leistungsfähigkeit der Gemeinden zur sachgerechten und qualitätsvollen Erfüllung der Aufgaben ist.

Hinsichtlich der Bevölkerungsentwicklung ist richtigzustellen, dass die Antragstellerin von 1981 bis 2013 einen deutlichen Bevölkerungsverlust von 24% verzeichnen musste. Die Erläuterungen zu §3 Abs7 Z2 StGsrG[…] gehen entgegen den Behauptungen der Antragstellerin von einer Stagnation auf dem bestehenden, niedrigen Niveau (1. Jänner 2013: 275 EinwohnerInnen, Prognose 2030: 290 EinwohnerInnen) aus.

[…] Die Prognosen hinsichtlich der Bevölkerungsentwicklung bei den Gemeinden dieser Vereinigungskonstellation sehen lediglich für die antragstellende Gemeinde und Mariahof eine Stagnation vor, für die Gemeinden Kulm am Zirbitz, Neumarkt in Steiermark, Perchau am Sattel, Sankt Marein bei Neumarkt und Zeutschach werden jedoch weitere – zum Teil erhebliche –Bevölkerungsrückgänge vorhergesagt.

Gerade die Tatsache, dass von sieben betroffenen Gemeinden fünf eine negative und lediglich zwei Gemeinden eine (auf sehr niedrigem Niveau) stagnierende demografische Entwicklung zu erwarten haben, untermauert die Zweckmäßigkeit der Vereinigung der Gemeinden schon unter demografischen Gesichtspunkten: Dadurch kann in der neuen Gemeinde der Bevölkerungsentwicklung großräumiger entgegengewirkt und die Infrastruktur effizienter genutzt werden.

Unter dem Gesichtspunkt des Bevölkerungsrückganges wird es die zentrale Herausforderung sein, die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Gemeinde unter Wahrung eines gewissen Entwicklungspotentials zu sichern. Den Folgen der demografischen Entwicklung und der voranschreitenden Alterung der Bevölkerung kann in der größeren Gemeinde, etwa durch raumplanerische und infrastrukturelle Maßnahmen, besser entgegentreten werden.

[…] Des Weiteren kann etwa die Effizienz und die Qualität der Verwaltung in der neuen Gemeinde schon aufgrund der besseren personellen Ausstattung erhöht werden. Eine Vereinigung der betroffenen Gemeinden ist jedenfalls geeignet, diesbezüglich eine Erhöhung der Qualität der Vollziehung der Gemeindeangelegenheiten zu erreichen, da unter anderem eine Arbeitsteilung und damit auch Spezialisierung möglich werden.

[…] Die finanzielle Lage der Antragstellerin lässt darüber hinaus keinerlei Entwicklungsmöglichkeiten ohne Unterstützung des Landes zu. Durch die […] dargestellten Einsparungspotentiale können in der neuen Gemeinde zusätzliche Mittel z.B. für den Tourismus oder für weitere Dienstleistungsangebote eingesetzt werden.

[…]

[…] Zum Vorbringen hinsichtlich des Widerstands der Bevölkerung

[…]

[…] Das Vorbringen der Antragstellerin ist nicht geeignet, einen anhaltenden Widerstand der Bevölkerung nachzuweisen. […] Die Abhaltung einer Volksbefragung oder einer Volksabstimmung wird von der antragstellenden Gemeinde nicht vorgebracht. Der Hinweis auf die Analysephase geht in diesem Zusammenhang ebenso ins Leere.

[…] Zum Vorbringen hinsichtlich wirtschaftlicher Aspekte

[…] Die Antragstellerin führt hierzu aus, dass die gegenständliche Gemeindevereinigung keine Vorteile für sie brächte.

[…] In den Erläuterungen zu §3 Abs7 Z2 StGsrG[…] ist ausgeführt, dass die Antragstellerin mit öffentlichen und privaten Gütern unterversorgt ist und dass sie lediglich über ein geringes Arbeitsplatzangebot verfügt. Aufgrund ihrer topographischen Lage ist die Antragstellerin zentralörtlich und funktionell zweifellos sowohl nach Neumarkt in Steiermark als auch nach Friesach in Kärnten orientiert.

[…] Weshalb die Vereinigung der Antragstellerin mit den übrigen im Gesetz bezeichneten Gemeinden zur neuen Marktgemeinde Neumarkt in der Steiermark die Schaffung 50 neuer Arbeitsplätze bis zum Jahr 2015 gefährde, wird nicht begründet ebenso nicht die Behauptung der negativen Auswirkungen auf die Auspendlerlnnen. Es ist nicht ersichtlich, weshalb sich die Gemeindestrukturreform auf den Arbeitsplatz oder den Wohnort der EinwohnerInnen der antragstellenden Gemeinde auswirken soll.

[…] Insofern die Antragstellerin die mangelnde 'Attraktivitätssteigerung im Bereich der in anderen steirischen Gemeinden zur Verfügung stehenden Arbeitsplätze' moniert, fehlen auch hier nachvollziehbare Argumente.

[…] Festzustellen ist jedoch, dass die Marktgemeinde Neumarkt in Steiermark aufgrund ihrer über das eigene Gemeindegebiet hinausgehende Dienstleistungs- und Versorgungsfunktion im Landesentwicklungsprogramm als Regionales Nebenzentrum mit einer Vielzahl an Nutzungen, wie produzierendes Gewerbe, Handel etc. ausgewiesen ist. Durch die Vereinigung ist die neue Gemeinde jedenfalls besser in der Lage, aufgrund strategischer Standortentscheidungen eine weitere Stärkung ihrer Position (auch) als kleinregionaler Arbeitgeber zu erwirken und somit insgesamt die Wirtschaft im gesamten gegenständlichen Raum zu stärken.

[…] Dem Vorbringen der Antragstellerin, die Vereinigung bedeute auch für die touristischen Belange Nachteile, ist Folgendes entgegenzuhalten:

[…] Die antragstellende Gemeinde sowie die Gemeinden Mariahof, Neumarkt in Steiermark, Sankt Blasen, Sankt Lambrecht, Sankt Marein bei Neumarkt und Zeutschach sind seit dem Jahr 2003 gemäß §4 Abs3 Stmk. Tourismusgesetz im Tourismusverband 'Naturpark Zirbitzkogel-Grebenzen' zusammengeschlossen. Im Jahr 2009 wurde dieser Tourismusverband um die Gemeinden Kulm am Zirbitz, Mühlen und Perchau am Sattel erweitert. Damit sind alle sieben Gemeinden dieser Vereinigungskonstellation auch Mitglieder dieses Tourismusverbandes.

Die zehn Gemeinden des Verbandes sind gleichzeitig Mitglieder des seit 1977 bestehenden namensgleichen Vereins 'Naturpark Zirbitzkogel-Grebenzen'.

Der Behauptung der Antragstellerin, mit den übrigen Gemeinden bestünde im Wesentlichen keine Zusammenarbeit auf touristischem Gebiet, kann daher nicht gefolgt werden.

[…] Hinsichtlich des Wintertourismus profitieren vom Schigebiet Grebenzen in Sankt Lambrecht alle Beherbergungs- und Gastronomiebetriebe der Mitgliedsgemeinden erheblich. Ebenso ziehen andere Geschäftszweige, wie Handel, Gewerbe und Dienstleistungsbetriebe einen entscheidenden Nutzen aus dem Tourismus. […]

[…]

[…] Hinsichtlich der angeblichen Gefährdung der freiwilligen Kooperation mit der Region Mittelkärnten ist auszuführen, dass der Naturpark Zirbitzkogel-Grebenzen und die Region Mittelkärnten zB gemeinsam ein LEADER-Projekt eingereicht haben (Transregionales Projekt Alpine 'e-mobility' Region), das auch nach der Vereinigung weitergeführt werden wird.

[…]

[…] Zum Vorbringen hinsichtlich der Geographie

[…]

[…] Diesbezüglich ist zunächst auf die Erläuterungen §3 Abs7 Z2 StGsrG[…] zu verweisen, wonach die namentlichen Gemeinden südlich des oberen Murtales bei Scheifling situiert sind. Die Wohngebiete der Antragstellerin konzentrieren sich dabei hauptsächlich entlang der Hauptverkehrsverbindung B 317, welche das Gebiet der Antragstellerin einerseits über das Gemeindegebiet von Sankt Marein bei Neumarkt mit der Marktgemeinde Neumarkt und andererseits mit Friesach in Kärnten verbindet. Entgegen den Behauptungen der Antragstellerin ist eine 'taugliche geographische Verbindung' über die B 317 gegeben.

[…] Dem Vorbringen der Antragstellerin, die Marktgemeinde Neumarkt in Steiermark liege 'deutlich höher' als sie selbst, ist entgegenzuhalten, dass die Gemeinde Dürnstein auf einer Seehöhe von 676 m liegt, die Marktgemeinde Neumarkt auf 847 m. Ein derartiger Höhenunterschied ist vertretbar; insbesondere, da unter Bedachtnahme auf die hochwertige Verkehrsverbindung sowie einen höheren individuellen Motorisierungsgrad der Bevölkerung und nicht zuletzt die Möglichkeit der elektronischen, ortsunabhängigen Kommunikation, die Überwindung räumlicher Distanzen relativiert wird.

[…]

[…] Die Antragstellerin verweist mehrfach auf die guten Beziehungen mit und ihre Ausrichtung nach Friesach in Kärnten.

Diesbezüglich ist festzuhalten, dass die Gliederung des Landesgebietes in Gemeinden (Art116 Abs1 B-VG) sowie die Festlegung der Gemeindegebiete zum Gemeinderecht i.S.v. Art115 Abs2 B-VG gehören und damit in die Landeskompetenz fallen (VfSlg 7830/1976; 8219/1977). Die entsprechende Kompetenz des Landesgesetzgebers ist verfassungsmäßig geographisch auf das Gebiet des jeweiligen Bundeslandes, somit im gegenständlichen Fall auf das Gebiet der Steiermark, beschränkt. Das B-VG bestimmt in seinem Art3 Abs3, dass die Grenzänderung zwischen Bundesländern übereinstimmender Gesetze von Bund und den betreffenden Ländern bedarf.

Die Abtretung von steirischen Gemeinden in andere Bundesländer war mit der Gemeindestrukturreform in der Steiermark nicht inten[d]iert. So war es naheliegend und zweckmäßig, die Antragstellerin als Kleinstgemeinde mit den benachbarten steirischen Gemeinden, mit denen sie in vielfacher Weise verflochten ist, zu vereinigen. Ein Antrag oder Beschluss der Antragstellerin, sie mit der Gemeinde Friesach in Kärnten zu vereinigen, liegt nicht vor.

[…] Zum Vorbringen hinsichtlich der Einrichtungen der Antragstellerin

[…]

[…] Dem [Vorbringen der antragstellenden Gemeinde] ist zunächst entgegenzuhalten, dass – im Gegensatz zu den Behauptungen der Antragstellerin – wie bereits ausgeführt Verflechtungen hinsichtlich der Versorgung mit öffentlichen und privaten Gütern und Dienstleistungen mit den übrigen Gemeinden der betroffenen Konstellation existieren.

[…] Die Gemeinde Neumarkt in Steiermark weist als Regionales Nebenzentrum eine Vielzahl an unterschiedlichen Nutzungen wie Gewerbe, Handel sowie öffentliche und private Einrichtungen und Dienstleistungen auf, mit denen der Grundbedarf der umliegenden Gemeinden gedeckt wird. Laut dem Örtlichen Entwicklungskonzept der Antragstellerin ist diese betreffend die zentralörtliche Bindung und die Nahversorgungssicherung nach Neumarkt in Steiermark und nach Friesach in Kärnten orientiert […].

[…] Des Weiteren partizipiert die Bevölkerung der antragstellenden Gemeinde beispielsweise gerade im Bereich der schulischen Versorgung am Angebot der umliegenden Gemeinden. Teile der antragstellenden Gemeinde sind den Schulsprengeln der Neuen Mittelschule Neumarkt und der Volksschule Sankt Marein bei Neumarkt zugehörig.

[…] Auch wenn das Angebot an Kärntner Bildungseinrichtungen durchaus in Anspruch genommen wird, entbehrt die Behauptung der Antragstellerin, die gelebten Realitäten der Bevölkerung orientierten sich ausschließlich nach Friesach, jeglicher Grundlage. Folgt man wortwörtlich den Ausführungen der Antragstellerin (' ...liegt der Lebensmittelpunkt der Einwohner der Antragstellerin in Friesach'), dürfte diese keine hauptwohnsitzlich gemeldeten EinwohnerInnen verzeichnen.

[…] Zum Vorbringen betreffend die Feuerwehrfunkverbindung, Vorwahlen und Notrufweiterleitungen führt die Landesregierung folgendes aus:

[…] Das Feuerwehrfunknetz der Steiermark weist alters- und konzeptbedingt bundeslandweit immer wieder Versorgungslücken auf. Das Gemeindegebiet der Antragstellerin ist derzeit teilweise unterversorgt. Es wurde jedoch bereits mit der Errichtung eines neuen Funknetzes (Digitalfunk BOS Austria) begonnen. Dieses Funknetz gewährleistet den Funkdienst für alle Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben gemäß einem internationalen Standard.

Für das Gemeindegebiet der Antragstellerin wird eine eigene Funkbasisstation errichtet werden, welche der dort situierten Freiwilligen Feuerwehr eine Kommunikation mit sämtlichen steirischen Feuerwehren, der Bezirksfeuerwehrleitzentrale und der Landesfeuerwehrzentrale 'Florian Steiermark' ermöglichen wird. Diese Funkinfrastruktur wird im Bezirk Murau im ersten Quartal 2015 zur Verfügung stehen.

[…]

[…] Die Antragstellerin gibt des Weiteren zu bedenken, dass schon der Rechnungshof in seiner Stellungnahme vom 29. Oktober 2013 finanzielle Vorteile der Gemeindestrukturreform nicht habe nachvollziehen können.

[…] Zunächst ist festzuhalten, dass der Rechnungshof in seiner Stellungnahme zum ausgeschickten Begutachtungsentwurf des StGsrG darauf hinweist, dass die Ziele des StGsrG seinen Vorschlägen in Bezug auf Strukturreformen im Gemeindebereich Rechnung tragen.

[…] Wenn vom RH bemängelt wird, dass die Auswirkungen auf die Konstellationen nicht dargestellt wurden, so ist es richtig, dass im Begutachtungsentwurf tatsächlich nur der Allgemeine Teil der Erläuterungen enthalten war. Der umfassende Erläuterungsteil mit den Begründungen für jede einzelne Konstellation wurde aus zeitlichen Gründen erst in die Regierungsvorlage aufgenommen.

[…] Eine Gesamtabschätzung des Einsparungspotentials wurde aber bereits im Leitbild durch auszugsweise Veröffentlichung der Studie der ******** ******** ********************** *** vorgelegt […].

Auch der Landtag hat sich mit dieser Frage beschäftigt und in einem schriftlichen Bericht festgehalten, dass die Bestimmungen des §18 Abs3 GeoLT eingehalten wurden […].

[…] Zusammenfassend ist auszuführen, dass das Vorbringen der Antragstellerin es bestünden keinerlei Verbindungen zu den anderen Gemeinden, insbesondere zur Gemeinde Neumarkt in Steiermark, nicht den Tatsachen entspricht.

[…] Zum Vorbringen hinsichtlich der Infrastruktur

[…] Die Antragstellerin führt in diesem Zusammenhang aus, sie sei knapp 11 km von der Marktgemeinde Neumarkt in Steiermark entfernt, wohingegen die Entfernung nach Friesach lediglich ca. 4 km betrage. Außerdem sei die Anbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln an Neumarkt nicht besonders ausgeprägt und würden die Kosten für die Benützung eines Taxis etwa um das doppelte ansteigen.

[…] Das diesbezügliche Vorbringen der Antragstellerin ist zum Teil nicht nachvollziehbar. Die Antragstellerin vermag etwa den Zusammenhang zwischen (privaten) Taxifahrten und der gegenständlichen Vereinigung nicht überzeugend darzustellen; es ist nicht erklärlich, weshalb BürgerInnen – bedingt durch die Vereinigung der Gemeinden – mithilfe eines Taxis anstatt nach Friesach nach Neumarkt zu fahren gezwungen sein sollten.

[…] Eine Zusammenlegung von Einrichtungen würde nach Ansicht der Antragstellerin aufgrund eines erhöhten Erfordernisses privater Fahrten einen erheblichen zeitlichen und finanziellen Mehraufwand und somit einen erheblichen Nachteil für die Bevölkerung bedeuten.

[…] Die Landesregierung gibt diesbezüglich zu bedenken, dass sich der Ausbaugrad der Infrastruktur in den letzten Jahrzehnten erheblich verändert hat. Verbesserte Straßennetze, ein höherer individueller Motorisierungsgrad und die Möglichkeit der elektronischen, ortsunabhängigen Kommunikation[…] relativieren die Überwindung von räumlichen Distanzen.

[…]

[…] Darüber hinaus ist die verkehrsmäßige Anbindung nach Neumarkt in Steiermark in hochwertiger Weise über die B 317 gewährleistet. Über die Verbundlinie 887 besteht eine Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz mit der gleichen Anzahl an Kursen nach Neumarkt in Steiermark wie nach Friesach. Es ist der neuen Gemeinde auch unbenommen, bei Bedarf im Ortsteil Dürnstein eine Bürgerservicestelle anzubieten.

[…] Die Antragstellerin verkennt, dass ihre Bevölkerung aufgrund der Vereinigung der betroffenen Gemeinden nicht daran gehindert wird, Besorgungen des privaten Bedarfs[…] weiterhin im benachbarten Bundesland zu erledigen. Amtliche Erledigungen ('Behördenwege') konnten jedoch schon bislang nicht in Friesach durchgeführt werden.

[…] Zum Vorbringen hinsichtlich wirtschaftlicher Aspekte

[…] Die Antragstellerin führt aus, dass der Gesetzgeber auf Grund der Erläuterungen davon ausgehe, dass ihre finanzielle Lage im Beobachtungszeitraum von Schwierigkeiten geprägt gewesen sei. Dies stünde in Widerspruch zur Feststellung, dass der ordentliche Haushalt in diesen Jahren ausgeglichen gewesen sei.

[…] Die Tatsache, dass der ordentliche Haushalt der Antragstellerin im Beobachtungszeitraum (2008 bis 2012) ausgeglichen werden konnte, steht nicht im Widerspruch zu der Feststellung, dass die finanzielle Lage der Antragstellerin von Schwierigkeiten geprägt war. Die Antragstellerin erhielt im genannten Zeitraum Bedarfszuweisungsmittel aus dem Titel Härteausgleich zur Stützung des ordentlichen Haushaltes in Höhe von etwa EUR 100.000,00 jährlich – in Summe somit rund eine halbe Million Euro. Andernfalls wäre ein Ausgleich des ordentlichen Haushaltes durch die Antragstellerin nicht möglich gewesen. Dies folgt auch aus den Erläuterungen zu §3 Abs7 Z2 StGsrG[…].

Darüber hinaus hat die Antragstellerin im Beobachtungszeitraum 2008 bis 2012 Bedarfszuweisungsmittel in Höhe von insgesamt EUR 113.000,00 für Projekte im außerordentlichen Haushalt erhalten.

[…] Auch die Prognose, dass der ordentliche Haushalt in den Jahren 2014 und 2015 einen ausgeglichenen ordentlichen Haushalt nicht erwarten lassen, ist durch Unterlagen bestätigt. Der Gemeinderat der Antragstellerin selbst hat den mittelfristigen Finanzplan beschlossen, welcher im ordentlichen Haushalt für das Jahr 2014 einen Abgang von EUR 38.600,00 und für das Jahr 2015 einen Abgang von EUR 37.100,00 ausweist.

[…] Die Landesregierung hält fest, dass im Rahmen der Prognose über die finanziellen Auswirkungen der Vereinigung der antragstellenden Gemeinde mit der Marktgemeinde Neumarkt in Steiermark sowie den Gemeinden Kulm am Zirbitz, Mariahof, Perchau am Sattel, Sankt Marein bei Neumarkt und Zeutschach zur Marktgemeinde Neumarkt in der Steiermark ein Potential an Kosteneinsparungen in der Höhe von rund EUR 442.800,00 pro Jahr möglich ist.

Diese Kosteneinsparungen sind nach Einschätzung der Landesregierung im Bereich des Personals (rund EUR 207.800,00 […]), den Gebrauchs- und Verbrauchsgütern, wie zum Beispiel Druckkosten für Gemeindezeitungen (EUR 20.000,00) und im Bereich der Gemeindeorgane und den sonstigen Kosten für die Gemeindeverwaltung sowie den Gemeindebetrieb (insgesamt EUR 215.000,00) erzielbar […].

[…] Durch die Gemeindevereinigung werden der neuen Gemeinde in etwa 4 % bis 5 % mehr Budgetmittel für die Bewältigung der Pflicht- und freiwilligen Aufgaben zur Verfügung stehen, als ohne Vereinigung. Die Landesregierung weist daraufhin, dass die neue Gemeinde, zudem auch die Voraussetzungen nach dem Österreichischen Stabilitätspakt 2012 […] leichter erfüllen wird können.

[…] Zum Vorbringen hinsichtlich des mangelhaften Zustandekommens des StGsrG

[…]

Der antragstellenden Gemeinde wurde im Rahmen dieses Prozesses mehrfach die Möglichkeit geboten, zu der Strukturreform – auch in persönlichen Gesprächen mit Vertretern des Landes – Stellung zu nehmen. Jede betroffene Gemeinde war in die unterschiedlichen Prozessphasen eingebunden und informiert.

Die Antragstellerin wurde mit Schreiben der Abteilung 7 des Amtes der Landesregierung vom 20. März 2013 über den Gemeindestrukturplan informiert und zur Abgabe einer Stellungnahme eingeladen. Des Weiteren wurde das Angebot unterbreitet, eine fachliche Begleitung in Form eines Koordinators des Landes in Anspruch zu nehmen. Am 25. März 2013 fand in der Abteilung 7 ein Arbeitsgespräch zum Thema Gemeindestrukturreform statt, an dem die Antragstellerin auch teilnahm. In insgesamt neun sogenannten 'Bürgermeisterbriefen' wurden die BürgermeisterInnen, somit auch die Bürgermeisterin der antragstellenden Gemeinde, von den Gemeindereferenten immer aktuell über die wesentlichen Schritte informiert […].

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten