TE Vfgh Erkenntnis 1998/3/2 B2401/97

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Veröffentlicht am 02.03.1998
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Index

L0 Verfassungs- und Organisationsrecht
L0015 Unabhängiger Verwaltungssenat

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

Leitsatz

Quasianlaßfälle; Anlaßfallwirkung der Aufhebung der Geschäftsverteilung 1997 UVS Wien mit E v 10.10.97, V17/97 ua.

Spruch

Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr) ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit S 20.500,- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I.1. Mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 25. August 1997, Z UVS-03/P/13/03071/97, wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, mit dem über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.500,- s.A. wegen Verweigerung der Lenkerauskunft gemäß §§103 Abs2 iVm. 134 KFG 1967 verhängt wurde, keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

In der auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinen Rechten durch die Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung, nämlich der vom Präsidenten des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien erlassenen Geschäftsverteilung für 1997, als verletzt.

2. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien als belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und verzichtete im übrigen auf die Erstattung einer Gegenschrift.

3. Mit Erkenntnis vom 10. Oktober 1997, ZV 17/97 ua., hob der Verfassungsgerichtshof mit Ablauf des 31. Oktober 1997 die vom Präsidenten des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien erlassene Geschäftsverteilung für 1997, Z UVS-GV/5/96, als gesetzwidrig auf.

II.1. Gemäß Art139 Abs6 B-VG wirkt die Aufhebung einer Verordnung auf den Anlaßfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlaßfalles so vorzugehen, als ob die als gesetzwidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrundeliegenden Tatbestands nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte.

Dem in Art139 Abs6 B-VG genannten Anlaßfall (im engeren Sinn), anläßlich dessen das Verordnungsprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Verordnungsprüfungsverfahren (bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung) beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (vgl. VfSlg. 10616/1985, 10736/1985, 10954/1986).

Die nichtöffentliche Beratung im Verordnungsprüfungsverfahren begann am 2. Oktober 1997. Die vorliegende Beschwerde ist beim Verfassungsgerichtshof am 19. September 1997 eingelangt, war also zum Zeitpunkt des Beginns der nichtöffentlichen Beratung schon anhängig; der ihr zugrundeliegende Fall ist somit einem Anlaßfall gleichzuhalten.

Die belangte Behörde wendete bei Erlassung des angefochtenen Bescheides die als gesetzwidrig aufgehobene Verordnung an. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß dadurch die Rechtssphäre des Beschwerdeführers nachteilig beeinflußt wurde. Der Beschwerdeführer wurde somit wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt.

Der Bescheid ist daher aufzuheben.

2. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG abgesehen.

3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von

S 3.000,- sowie die gemäß §17a VerfGG zu entrichtende Eingabegebühr in Höhe von S 2.500,- enthalten.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1998:B2401.1997

Dokumentnummer

JFT_10019698_97B02401_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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