TE Vfgh Erkenntnis 2014/9/23 G44/2014, V46/2014

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Veröffentlicht am 23.09.2014
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Index

L1030 Gemeindestruktur

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art115 Abs2, Art116 Abs1
B-VG Art139 Abs1 Z3
B-VG Art140 Abs1 Z1 litc
Stmk GemeindestrukturreformG §1, §3 Abs4 Z6
Stmk GdO 1967 §6 Abs2, §11, §43, §103
Stmk L-VG 2010 Art28
Stmk KundmachungsG §10
Europäische Charta der lokalen Selbstverwaltung, BGBl 357/1988

Leitsatz

Keine grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen Gemeindefusionen in der Steiermark; kein Recht einer individuellen Gemeinde auf "ungestörte Existenz"; weitreichender rechtspolitischer Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei Festsetzung bzw Änderung der Gemeindegebiete; jedoch Bindung an das Sachlichkeitsgebot; keine Unsachlichkeit der Vereinigung der Gemeinden Waldbach und Mönichwald; Abweisung des - zulässigen - (Individual-)Antrags einer betroffenen Gemeinde auf Aufhebung der Bezug habenden Bestimmung des Stmk Gemeindestrukturreformgesetzes sowie der Berichtigung der Kundmachung; Fehlen der Promulgationsklausel berichtigungsfähiger Kundmachungsfehler; Zurückweisung des Antrags auf Aufhebung des Gesetzes zur Gänze als zu weit gefasst

Spruch

I. Der Antrag wird insoweit abgewiesen, als er sich gegen §3 Abs4 Z6 des Gesetzes vom 17. Dezember 2013 über die Neugliederung der Gemeinden des Landes Steiermark (Steiermärkisches Gemeindestrukturreformgesetz – StGsrG), LGBl für die Steiermark Nr 31/2014 (berichtigt durch LGBl Nr 36/2014), und gegen die Kundmachung des Landeshauptmannes von Steiermark vom 8. April 2014 über die Berichtigung von Fehlern im Landesgesetzblatt, LGBl für die Steiermark Nr 36/2014, richtet.

II. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I.       Antrag und Vorverfahren

1.       Gestützt auf Art139 Abs1 Z3 B-VG und Art140 Abs1 Z1 litc B-VG begehrt die antragstellende Gemeinde Waldbach:

"(A) 'Bekämpfung LGBl 2014/31'

(a) das ganze Steiermärkische Gemeindestrukturreformgesetz – StGsrG, LGBl 2014/31,

in eventu

(b) die gesamte Wortfolge '6. die Gemeinden Mönichwald und Waldbach zur Gemeinde Waldbach-Mönichwald' in §3 Abs4 Z6 des Steiermärkischen Gemeindestrukturreformgesetzes – StGsrG, LGBl 2014/31,

als verfassungswidrig aufzuheben.

sowie

(B) 'Bekämpfung LGBl 2014/36'

die Kundmachung des Landeshauptmannes von Steiermark vom 08.04.2014 über die Berichtigung von Fehlern im Landesgesetzblatt, LGBl 2014/36

als gesetz- bzw verfassungswidrig aufzuheben.

in eventu

(C) 'Bekämpfung LGBl 2014/31 berichtigt durch LGBl 2014/36'

(a)das ganze Steiermärkische Gemeindestrukturreformgesetz – StGsrG, LGBl 2014/31 berichtigt durch LGBl 2014/36,

in eventu

(b) die gesamte Wortfolge '6. die Gemeinden Mönichwald und Waldbach zur Gemeinde Waldbach-Mönichwald' in §3 Abs4 Z6 des Steiermärkischen Gemeindestrukturreformgesetzes – StGsrG, LGBl 2014/31 berichtigt durch LGBl 2014/36,

als verfassungswidrig aufzuheben." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

2.       Begründend wird dazu – auszugsweise – Folgendes ausgeführt:

"Zu Aufhebungsantrag (A) – Bekämpfung LGBl 2014/31

Das Gesetz vom 17.12.2013 über die Neugliederung der Gemeinden des Landes Steiermark (Steiermärkisches Gemeindestrukturreformgesetz – StGsrG) wurde zunächst am 02.04.2014 durch das LGBl 2014/31 verfassungswidrig kundgemacht.

Wir, antragstellende Gemeinde, machen […] zunächst geltend, dass das Gesetz vom 17.12.2013 über die Neugliederung der Gemeinden des Landes Steiermark (Steiermärkisches Gemeindestrukturreformgesetz – StGsrG) am 02.04.2014 verfassungswidrig kundgemacht worden ist. Wir beantragen daher unter Antragspunkt (A) schon aus diesen formalen Gründen gemäß Art140 Abs1 Z1 litc B-VG iVm Art140 Abs3 B-VG die Aufhebung des ganzen Steiermärkischen Gemeindestrukturreformgesetzes – StGsrG, LGBl 2014/31 als verfassungswidrig.

Art28 Abs4 des Steiermärkischen Landes-Verfassungsgesetzes (nachfolgend: L-VG) normiert, dass Landesgesetze – wie das StGsrG – vom Landeshauptmann im Landesgesetzblatt unter Berufung auf den Beschluss des Landtages kundzumachen sind.[…] Das StGsrG wurde im LGBl 2014/31 jedoch ohne Berufung auf den Beschluss des Landtages kundgemacht; es enthält den Hinweis 'Der Landtag Steiermark hat beschlossen:' nicht. Dieser Mangel bewirkt eine verfassungswidrige Kundmachung; das StGsrG, LGBl 2014/31 ist daher verfassungswidrig.

Im Hinblick auf Art140 Abs3 zweiter Satz B-VG, wonach der Verfassungsgerichtshof das 'ganze Gesetz' als verfassungswidrig aufzuheben hat, wenn es 'in verfassungswidriger Weise kundgemacht wurde' zeigt sich, dass nach dem Willen der Verfassung (auch) ein fehlerhaft kundgemachtes Gesetz zumindest in dem Ausmaß verbindlich ist, als der Verfassungsgerichtshof zu dessen Behebung legitimiert ist. Vor diesem Hintergrund beantragen wir die Aufhebung des ganzen Steiermärkischen Gemeindestrukturreformgesetzes – StGsrG, LGBl 2014/31 als verfassungswidrig, weil bei der Kundmachung wegen des expliziten Verstoßes gegen Art28 Abs4 L-VG ein maßgeblicher, die verfassungswidrige Kundmachung bewirkender Fehler unterlaufen ist.[…]

[…] Zu Aufhebungsantrag (B) – Bekämpfung LGBl 2014/36

Mit der Kundmachung vom 08.04.2014, LGBl 2014/36 wurde versucht eine Sanierung der verfassungswidrigen Kundmachung LGBl 2014/31 vorzunehmen. Diese lautet wie folgt:

'36. Kundmachung des Landeshauptmannes von Steiermark vom 8. April 2014 über die Berichtigung von Fehlern im Landesgesetzblatt

Aufgrund des §10 des Steiermärkischen Kundmachungsgesetzes, LGBl Nr 25/1999, in der Fassung LGBl Nr 135/2013, wird die Kundmachung vom 2. April 2014, LGBl Nr 31/2014, betreffend das Gesetz vom 17. Dezember 2013 über die Neugliederung der Gemeinden des Landes Steiermark (Steiermärkisches Gemeindestrukturreformgesetz – StGsrG), wie folgt berichtigt:

Vor dem Inhaltsverzeichnis wird die Promulgationsklausel 'Der Landtag Steiermark hat beschlossen:' eingefügt.

Landeshauptmann Voves'

Gemäß §10 Abs1 des Steiermärkischen Kundmachungsgesetzes (nachfolgend: KundmachungsG) können Fehler im Landesgesetzblatt, die auf einem technischen Gebrechen oder auf einem Versehen beruhen, berichtigt werden, wenn die richtige Fassung zweifelsfrei feststellbar ist. Gemäß §10 Abs2 KundmachungsG sind Fehler im Landesgesetzblatt durch Kundmachung des Landeshauptmannes von Steiermark im Landesgesetzblatt zu berichtigen.

Mangels klarer (verfassungs-)gesetzlicher Vorgaben und dem Fehlen von einheitlicher Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur verfassungsrechtlich zulässigen Berichtigung von verfassungswidrigen Kundmachungen müssen wir davon ausgehen, dass die Kundmachung LGBl 2014/36 gesetz- und verfassungswidrig ist. §10 KundmachungsG räumt dem Landeshauptmann von Steiermark keine hinreichende Berechtigung ein, den mit der Auslassung der Promulgationsklausel bewirkten Publikationsmangel in LGBl 2014/31 lediglich durch eine nachträgliche Einfügung der Promulgationsklausel 'Der Landtag Steiermark hat beschlossen:' zu berichtigen. Es müsste schon aus Überlegungen der Rechtssicherheit jedenfalls die gesamte zu berichtigende Kundmachung (also das gesamte StGsrG) unter Hervorhebung der nachträglich eingefügten Promulgationsklausel 'berichtigt' werden. So etwa geschehen mit der Kundmachung durch BGBl I 2012/52, welche die – in gleicher Weise ohne Promulgationsklausel – verfassungswidrige Kundmachung durch BGBl I 2012/47 ersetzt hat.

Da die gegenständliche Berichtigung von Fehlern im Landesgesetzblatt, LGBl 2014/36 durch den Landeshauptmann als Verordnung des Landeshauptmannes zu qualifizieren ist,[…] beantragen wir, antragstellende Gemeinde, […] die Aufhebung der ganzen Kundmachung des Landeshauptmannes von Steiermark vom 08.04.2014 über die Berichtigung von Fehlern im Landesgesetzblatt, LGBl 2014/36, gemäß Art139 Abs1 Z3 B-VG iVm Art139 Abs3 B-VG als gesetz- bzw verfassungswidrig.

[…]Zu Aufhebungsantrag (C) – Bekämpfung LGBl 2014/31 berichtigt durch LGBl 2014/36

Für den Fall, dass nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes entgegen der obigen Darlegung die Kundmachung LGBl 2014/36 gesetz- und verfassungskonform ist bzw der Kundmachungsmangel durch das LGBl 2014/36 zulässigerweise saniert werden konnte, liegt eine Kundmachung des Steiermärkisches Gemeindestrukturreformgesetz – StGsrG in 'LGBl 2014/31 berichtigt durch LGBl 2014/36' vor.

Wir sehen uns für diesen Fall aus anwaltlicher Vorsicht gezwungen, mit Aufhebungsantrag (C) das StGsrG eventualiter auch in dieser Kundmachungsvariante zu bekämpfen und auch dafür einen Individualantrag an den VfGH zu stellen. Dieser ist zwar inhaltlich gleichlautend, umfasst aber in formaler Hinsicht das 'StGsrG LGBl 2014/31 berichtigt durch LGBl 2014/36', während der Aufhebungsantrag (A) 'nur' das StGsrG LGBl 2014/31 erfasst und der Aufhebungsantrag (B) 'nur' das LGBl 2014/36 betrifft.

Daher beantragen wir, antragstellende Gemeinde, […] die Aufhebung des gesamten StGsrG, LGBl 2014/31 berichtigt durch LGBl 2014/36, in eventu die Aufhebung der die verfassungswidrige Zusammenlegung unserer Gemeinde betreffende[n] Passagen des StGsrG, LGBl 2014/31 berichtigt durch LGBl 2014/36.

[…]

[…] Antragslegitimation

Das (in Teilen) angefochtene StGsrG betrifft die antragstellende Gemeinde aktuell und unmittelbar in ihrer Rechtsposition. Ein zumutbarer anderer Weg, die Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Bestimmungen an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, besteht nicht.

[…]

[…] Aktuelle und unmittelbare Betroffenheit in einer Rechtsposition

Die relevante Rechtsposition der antragstellenden Gemeinde ist ihre (bisherige) Existenz als eigenständige Gemeinde. Sie kann als eigenständige Gemeinde die ihr (verfassungs-)gesetzlich zugewiesenen Aufgaben wahrnehmen. Diese Rechtsposition bleibt für die antragstellende Gemeinde allerdings nur mehr bis zum 31.12.2014 aufrecht. Ab dem 01.01.2015 wird sie ex lege Teil der neu gebildeten Gemeinde Waldbach-Mönichwald, deren Gemeindegebiet sich dann auch über das derzeitige Gemeindegebiet der antragstellenden Gemeinde erstreckt. Die nun vorgesehene Regelung bewirkt insofern einen nachteiligen Eingriff in die der antragstellenden Gemeinde bis zu diesem Zeitpunkt verfassungsgesetzlich garantierte Selbstverwaltung und damit verbunden ihre finanzielle Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit.

Der Eingriff ist auch aktuell und nicht bloß potentiell. Ein Gesetz gehört schon ab seiner Kundmachung dem Bestand der Rechtsordnung an. Obwohl ein Gesetz in der Regel erst nach seinem Inkrafttreten aktuell in die Rechtssphäre der Normunterworfenen eingreift, ist ein Individualantrag auf Normenkontrolle nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes immer auch dann zulässig, wenn die angefochtenen Norm im Zeitpunkt der Antragstellung zwar noch nicht anwendbar ist, die angefochtene Bestimmung aber bereits bestimmte Vorwirkungen zeitigt und es dem Betroffenen deshalb nicht zumutbar ist, mit der Antragstellung bis zum Wirksamwerden der Norm zuzuwarten.[…] Auch[…] wenn aus dem zu erwartenden In-Kraft-Treten der angefochtenen Bestimmungen bereits die Notwendigkeit zu umfangreichen Vorbereitungen resultiert, wird vom Verfassungsgerichtshof die aktuelle Betroffenheit bejaht.[…]

Im konkreten Fall enthält das StGsrG eine Legisvakanz bis zum 01.01.2015. Die tatsächliche Zusammenlegung der antragstellenden Gemeinde mit der Gemeinde Mönichwald tritt demgemäß erst mit 01.01.2015 in Kraft und die antragstellende Gemeinde bleibt bis zum 31.12.2014 noch als eigenständige Gemeinde aufrecht bestehen. Langfristig begünstigende Dienstleistungsverträge oder sonstige über den 31.12.2014 hinaus wirksame Verträge können aber in Kenntnis der zeitnahen Vereinigung nicht länger abgeschlossen werden.[…] Das StGsrG entfaltet insofern bereits Vorwirkungen, weil die antragstellende Gemeinde im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung keine langfristigen Entscheidungen mehr treffen kann.

Außerdem sind für die Vorbereitung der Vereinigung umfangreiche Maßnahmen zu treffen, damit ab dem 01.01.2015 ein fließender und reibungsloser Übergang aller die antragstellende Gemeinde derzeit noch treffenden Rechte und Pflichten auf die neu geschaffene Gemeinde Waldbach-Mönichwald gewährleistet werden kann. Hier sind schon jetzt kosten- und zeitintensive Harmonisierungen etwa betreffend die unterschiedlichen EDV-Systeme, die Personalverwaltung oder die Infrastruktur des Gemeindeapparates durchzuführen. Die unterschiedlichen gemeindlichen Rechtsgrundlagen, Gebühren, Förderungen, Verträge und Vereinbarungen müssen in Einklang gebracht werden. Bestehende Einrichtungen sowie die bestehende Infrastruktur mit Nachnutzung müssen aufeinander abgestimmt und angeglichen werden. Für die antragstellende Gemeinde entsteht direkt aufgrund des StGsrG die Verpflichtung, diese umfangreichen Vorbereitungen zu treffen.[…]

Vor allem aber muss ein Individualantrag schon während der Legisvakanz möglich sein, weil die antragstellende Gemeinde mit 01.01.2015 zu existieren aufhört und sich dann nicht mehr gegen die Auslöschung ihrer Existenz zur Wehr setzen kann. Die antragstellende Gemeinde verliert mit Inkrafttreten des StGsrG ihre Partei- und Prozessfähigkeit. Ihr ist damit ab diesem Zeitpunkt eine Bekämpfung der in Frage stehenden Normen nicht länger möglich.

Diese doch erheblichen Nachteile können nur durch eine rasche Klärung der in Frage stehenden Verfassungskonformität der vorgeschriebenen Vereinigung hintangehalten bzw verringert werden. Das StGsrG wurde bereits am 17.12.2013 beschlossen. Trotzdem hat es noch etwa dreieinhalb Monate gedauert, bis am 02.04.2014 eine (mangelhafte) Kundmachung erfolgt ist. Die in Art97 Abs2 B-VG genannte Frist von maximal acht Wochen wurde (bewusst?) um mehrere Wochen überschritten. Ein Zuwarten bis zum tatsächlichen Inkrafttreten des StGsrG und damit dem tatsächlichen Untergang der antragstellenden Gemeinde ist dieser nicht zumutbar. Im Übrigen ist die Legisvakanz mit etwa 8 Monaten kurz bemessen, sodass das Inkrafttreten des StGsrG jedenfalls klar absehbar ist bzw fast schon unmittelbar bevorsteht.

Die durch das StGsrG geschaffene Gemeindestrukturreform richtet sich auch unmittelbar an die antragstellende Gemeinde. Die Rechtsposition der antragstellenden Gemeinde wird durch die bekämpften Wortfolgen des StGsrG unmittelbar nachteilig gestaltet – bzw beseitigt – und richtet sich insofern auch direkt an die antragstellende Gemeinde selbst. Der durch das StGsrG bewirkte Eingriff in die Rechtssphäre der antragstellenden Gemeinde, also in ihr verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht auf Selbstverwaltung, ist außerdem in Art und Ausmaß eindeutig bzw hinreichend bestimmt und bedarf keiner weiteren Konkretisierung. Alle mit der vorgesehenen zwangsweisen Zusammenlegung verbundenen Rechtsfolgen treten für die antragstellende Gemeinde mit Sicherheit und unmittelbar aufgrund des StGsrG ein.

Aus den genannten Gründen ist die antragstellende Gemeinde nicht nur faktisch, sondern aktuell und unmittelbar vom StGsrG in ihrer Rechtsposition betroffen.

[…] Kein zumutbarer Umweg

Es besteht für die antragstellende Gemeinde tatsächlich auch kein (zumutbarer) Weg, die Frage der Verfassungsmäßigkeit der durch das StGsrG geschaffenen, die antragstellende Gemeinde benachteiligenden Rechtslage an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen.

Das StGsrG wird für die antragstellende Gemeinde direkt wirksam. Ab 01.01.2015 hört diese nicht etwa durch Bescheid oder gerichtliche Entscheidung auf zu existieren, sondern unmittelbar aufgrund des Gesetzes selbst.

Es existiert kein Gerichts- oder Verwaltungsverfahren, das der antragstellenden Gemeinde zur Bekämpfung des Gesetzes mit dem ihre Existenz vernichtet wird, zur Verfügung stehen würde. Aber selbst wenn ein solches existieren würde, wäre im vorliegenden Fall ein Individualantrag zulässig. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist antragstellenden Parteien die Beschreitung des Gerichts- oder Verwaltungsweges dann nicht zumutbar, wenn sich dabei nennenswerte[…] oder gewichtige[…] Nachteile ergeben würden. Unzumutbarkeit in diesem Sinne liegt zB vor, wenn die antragstellenden Parteien ein Strafverfahren provozieren oder ein sehr aufwendiges Verwaltungsverfahren auf sich nehmen müssten,[…] wenn kostspielige Beilagen zu einem Bauansuchen angeschafft werden müssten,[…] wenn mit der Erwirkung eines Bescheides das Erlöschen des Versicherungsschutzes und die Aufhebung der Zulassung eines Kfz verbunden wäre,[…] wenn die Erwirkung eines Bescheides wegen der dabei auftretenden Verzögerung enorme Bau- und Investitionskosten verursachen würde[…] oder wenn dies eine außergewöhnliche Härte,[…] im Besonderen eine außergewöhnliche wirtschaftliche Härte[…] mit sich bringen würde.

Der antragstellenden Gemeinde wurden die konkreten Gründe für die vorgesehene Vereinigung bis zur Erlassung des StGsrG vorenthalten. Auch bei Versendung des Entwurfes des StGsrG an die antragstellende Gemeinde wurden nur die Materialien des Allgemeinen Teiles übermittelt, in denen konkrete Gründe für die Vereinigung der antragstellenden Gemeinde nicht angeführt waren. Für die antragstellende Gemeinde bestand damit bisher überhaupt keine Möglichkeit, ihre Bedenken gegen die Vereinigung unter Berücksichtigung der ganz konkreten, die antragstellende Gemeinde betreffenden Argumente darzulegen und unter Bezugnahme auf die im Entwurf angeführten Gründe nachdrücklich darauf hinzuweisen, dass sich durch eine Vereinigung nur der antragstellenden Gemeinde mit der Gemeinde Mönichwald, jedoch nicht auch mit den angrenzenden Gemeinden St. Jakob im Walde und Wenigzell, unter Zugrund[e]legung auch der im StGsrG nun angeführten Gründe die Zusammenlegung schlichtweg zu wenig ist und somit ein zur Zielerreichung untaugliches Mittel darstellt.

Das einzige theoretisch in Betracht kommende Verwaltungsverfahren, das die antragstellende Gemeinde im konkreten Fall betreffen könnte, wäre das Abwarten eines Bescheides über die Bestellung eines Regierungskommissärs gemäß §11 Abs1 GemO.[…] Es ist aber nicht klar oder sicher, ob eine Bestellung eines Regierungskommissärs im konkreten Fall per Bescheid erfolgen wird bzw wenn ja, wann dieser erlassen werden würde. Die GemO verpflichtet die Landesregierung im Falle der Vereinigung von Gemeinden nämlich nicht dazu, einen Regierungskommissär per Bescheid zu bestellen. Ein solcher ist lediglich 'einzusetzen'.

Es bestehen daher zwei Möglichkeiten:

– Die Landesregierung setzt den Regierungskommissär ein, ohne darüber einen Bestellungsbescheid gegenüber der antragstellenden Gemeinde zu erlassen.

In diesem Fall bliebe der antragstellenden Gemeinde keine Möglichkeit, sich gegen die in Frage stehende Vereinigung mit der Gemeinde Mönichwald im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens zur Wehr zu setzen und ihre Bedenken gegen die Verfassungskonformität des StGsrG über dieses Verwaltungsverfahren an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen. Es gibt auch keine Möglichkeit, einen Feststellungsbescheid zu erwirken.[…]

– Die Landesregierung bestellt einen Regierungskommissär mit bekämpfbarem Bestellungsbescheid gegenüber der antragstellenden Gemeinde

In diesem Fall ist nicht abschätzbar, wann es zu dieser Bestellung kommen würde. Dafür gibt es (weil eben nicht einmal eine rechtliche Verpflichtung zur Erlassung eines solchen Bestellungsbescheides besteht) keine zeitlichen Vorgaben an die Landesregierung. Gegen den Bestellungsbescheid müsste infolge der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 zuerst eine Beschwerde beim Landesverwaltungsgericht erhoben werden. Erst nach Abschluss dieses Verfahrens wäre es der antragstellenden Gemeinde möglich, die Bedenken über die Verfassungswidrigkeit an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen und ein Normenkontrollverfahren anzuregen; oder das Landesverwaltungsgericht selbst könnte beim Verfassungsgerichtshof einen Antrag auf Prüfung des StGsrG stellen. Mit 01.01.2015 würde die antragstellende Gemeinde aber jedenfalls ihre Partei- und Prozessfähigkeit verlieren, weshalb jede Beschwerde beim Landesverwaltungsgericht bzw beim Verfassungsgerichtshof aus diesem Grund als unzulässig zurückgewiesen werden würde bzw allenfalls sogar vom schon davor eingesetzten Regierungskommissär zurückgezogen werden könnte. Selbst wenn ein solcher Bestellungsbescheid sehr rasch erlassen würde, ist ausgeschlossen, dass ein Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht so zügig abgewickelt werden kann, dass der antragstellenden Gemeinde bis zum ex lege Verlust ihrer Partei- und Prozessfähigkeit noch genügend Zeit verbleibt, rechtzeitig vor dem 01.01.2015 eine die bekämpften Bestimmungen des StGsrG aufhebende Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes zu erlangen. Und selbst wenn es danach noch zu einer Aufhebung der bekämpften Bestimmungen durch den Verfassungsgerichtshof kommen und eine Beschwerde der antragstellenden Gemeinde nicht infolge des Wegfalls ihrer eigenständigen Existenz zurückgewiesen werden würde,[…] wären alle negativen Folgen für die antragstellende Gemeinde schon vor dem 01.01.2015 bzw jedenfalls mit dem 01.01.2015 eingetreten.

Es ist in diesem Zusammenhang schon aufgrund der zahllosen Zusammenlegungen absehbar, dass ein möglicher Bestellungsbescheid überhaupt erst kurz vor Inkrafttreten des StGsrG am 01.01.2015 – beispielsweise im November oder Dezember 2014 – erlassen würde. Weil die antragstellende Gemeinde aber mit 01.01.2015 ihre Partei- und Prozessfähigkeit verliert, bliebe in diesem Fall keine Zeit mehr, die Bedenken betreffend die Verfassungskonformität erfolgreich an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen.[…] Dafür wäre der allfällige Zeitraum für eine Entscheidung sowohl des Landesverwaltungsgerichtes als auch des Verfassungsgerichtshofes jedenfalls zu kurz.

Das 'Abwarten', ob ein Bestellungsbescheid für einen Regierungskommisär erlassen wird bzw das daraufhin noch erforderliche 'Durchlaufen' der Rechtszüge ist folglich für die mit 01.01.2015 ex lege untergehende Gemeinde kein zumutbarer Umweg, um ihren 'Untergang' vor dem VfGH zu bekämpfen[.] Es ist aktuell nicht absehbar ob bzw wann ein Bestellungsbescheid ergehen würde. Es ist der antragstellenden Gemeinde nicht zumutbar, zuzuwarten, um für den Fall, dass ein solcher Bestellungsbescheid ergeht, mit dem Risiko konfrontiert zu sein, dass sie in der Zwischenzeit ihre Partei- und Prozessfähigkeit verliert und ihr keine Legitimation (mehr) für diesen Antrag bzw eine allfällige Beschwerde zukommt.

[…]

[…] Zusammenfassung der Bedenken im Hinblick auf die Verbesserung der Gemeindestruktur

Die angefochtene Zwangsvereinigung der antragstellenden Gemeinde nur mit der Gemeinde Mönichwald und nicht auch mit den übrigen Joglland-Gemeinden St. Jakob im Walde und Wenigzell bewirkt keine Verbesserung der Gemeindestruktur und ist daher sachlich nicht gerechtfertigt.

Die grundlegende Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Gemeindezusammenlegung ist, dass die Entscheidung auf der begründeten Prognose einer Verbesserung der Gemeindestruktur[…] und der Herausbildung eines leistungsfähigeren Kommunalwesens beruht, als es die einzelnen Gemeinden bisher darstellten.[…] Es kommt im Ergebnis darauf an, ob insgesamt eine Verbesserung der Kommunalstruktur zu erwarten ist. Der Umstand, dass alle beteiligten Gemeinden (unabhängig von ihrer tatsächlichen Größe bzw Einwohnerzahl) für sich allein gut lebensfähig und mit ausreichender Infrastruktur ausgestattet sind, kann der Sachlichkeit einer Vereinigung entgegen[…]stehen.[…] Die Vereinigung ist in diesen Fällen nur dann zulässig, wenn aus an sich lebensfähigen Gemeinden ein noch leistungsfähigeres Kommunalwesen als bisher geschaffen wird.[…]

Bei Betrachtung der Ausgangslage der antragstellenden Gemeinde und Vergleich mit den durch die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes herausgebildeten Kriterien zur Sachlichkeit von Gemeindestrukturreformen, ergibt sich ein klares Bild:

– Für die antragstellende Gemeinde besteht aufgrund ihrer guten Infrastruktur und seit 2011 auch wieder positiven finanziellen Prognose an sich kein Bedarf für eine Vereinigung gemäß §3 Abs4 Z6 StGsrG[.]

– Es liegen keine sachlich nachvollziehbaren Gründe für die in §3 Abs4 Z6 StGsrG normierte Zusammenlegung (1.) für sich bzw (2.) nur der antragstellenden Gemeinde mit der Gemeinde Mönichwald ohne Einbeziehung auch der übrigen Joglland-Gemeinden St. Jakob im Walde und Wenigzell (bzw sonstiger Nachbargemeinden) vor.

– Aus der zwangsweise[n] Vereinigung gemäß §3 Abs4 Z6 StGsrG erwachsen für die antragstellenden Parteien nur Nachteile und es kommt zu keiner Verbesserung der Gemeindestruktur.

– Eine Verbesserung der Gemeindestruktur würde eine Vereinigung aller vier Joglland-Gemeinden, also der Gemeinden Waldbach, Mönichwald, St. Jakob im Walde und Wenigzell voraussetzen, eine solche wurde aber nicht vorgenommen.

Insgesamt ergeben sich durch die in §3 Abs4 Z6 StGsrG normierte, zwangsweise Vereinigung der antragstellenden Gemeinde nur mit der Gemeinde Mönichwald keine Vorteile, sondern nur Nachteile für die antragstellende Gemeinde. In den Erläuterungen zum StGsrG wird vor allem der antragstellenden Gemeinde eine besonders gute infrastrukturelle Versorgung zugestanden. Die Finanzgebarung ist seit 2011 wieder stabil. Die Schulden der Gemeinde können bis 2026 abgebaut werden. Diese Entwicklung ist durch die Zusammenlegung mit der Gemeinde Mönichwald massiv gefährdet. Finanzielle[…] Erleichterungen, ein Einsparungspotential oder wirtschaftliche[…] Vorteile sind bei einer Vereinigung nur mit der Gemeinde Mönichwald nämlich nicht zu erwarten. Eine Verbesserung der Gemeindestruktur kann aus diesen sowie aus geografischen und topografischen Gründen und dem Protest der Bevölkerung ausgeschlossen werden, weshalb die Vereinigung für sich sachlich nicht rechtfertigbar ist.

Hingegen wäre die Vereinigung auch mit den übrigen Joglland-Gemeinden, daher auch mit den Gemeinde[n] St. Jakob im Walde und Wenigzell, sachlich gerechtfertigt.

Die vier Joglland-Gemeinden haben zahlreiche Gemeinsamkeiten in Bezug auf die Bevölkerungsentwicklung, die wirtschaftliche Ausgangslage, die infrastrukturelle Ausstattung und Siedlungsstruktur. Sie arbeiten bereits seit Jahren in vielfältiger Weise zusammen und sind Teil der 'Kleinregion Erholungsregion Joglland'. Eine Gemeindefusion nur der Gemeinde Mönichwald mit der Gemeinde Waldbach ist nicht geeignet, die mit dem StGsrG verfolgten Ziele zu erreichen. Richtig zur Zielerreichung wäre nur eine Gemeindefusion der vier Joglland-Gemeinden Waldbach, Mönichwald, St. Jakob im Walde und Wenigzell. Nur so würde eine Gemeinde geschaffen, welche die in §1 StGsrG formulierten Ziele effizienter, wirtschaftlicher und leistungsfähiger erbringen könnte.

Weil die Vereinigung in §3 Abs4 Z6 StGsrG nicht geeignet ist, die mit dem StGsrG verfolgten Ziele zu erreichen, bedeutet die darin vorgenommene Vereinigung nur der antragstellenden Gemeinde mit der Gemeinde Mönichwald einen Verstoß gegen verfassungsrechtliche Grundsätze, insbesondere den verfassungsrechtlich gewährleisteten Gleichheitsgrundsatz, und ist als verfassungswidrig aufzuheben.

[…] Bedenken im Hinblick auf die Entscheidungsgrundlagen und Verfahrensablauf:

[…]

Ähnlich wie einer verordnungserlassenden Behörde nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes bei der Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen besondere Bedeutung zukommt und besonders mangelhafte Entscheidungsgrundlagen eine Verordnung gesetzwidrig machen,[…] ist für die Zulässigkeit und Sachlichkeit einer so umfassenden Gemeindestrukturreform unbedingt notwendig, dass diese auf besonders gut begründeten und nachvollziehbaren Unterlagen beruht, welche den betroffenen Gemeinden auch rechtzeitig zur Kenntnis gebracht werden müssen. […]

Im konkreten Fall (Zusammenlegung der antragstellenden Gemeinde und der Gemeinde Mönichwald) hat eine derart begründete Auseinandersetzung aber zu keinem Zeitpunkt stattgefunden; […].

[…]

Zwar wird die – in den letzten Jahren verbesserte – Ausgangslage der antragstellenden Gemeinde sowie die konstant negative Ausgangslage der Gemeinde Mönichwald in den Erläuterungen kurz umrissen […]. Die Begründung für die Zusammenlegung bleibt dann aber pauschal und floskelhaft und im Wesentlichen gleichlautend für alle vom StGsrG betroffenen Gemeinden.

[…]

Die Vereinigung der antragstellenden Gemeinde mit der Gemeinde Mönichwald beruht auf einer völlig unzureichenden Grundlagenforschung (soweit eine solche überhaupt statt[…]gefunden hat) und Begründung und ist auch aus diesen Gründen sachlich nicht gerechtfertigt.

Auch wurde eine hinreichende Prüfung unterlassen, ob die angedachte Gemeindestrukturverbesserung durch die vorgesehene Vereinigung von zwei Kleingemeinden, wobei eine dieser Gemeinden finanziell sehr schlecht gestellt ist, überhaupt stattfinden kann, oder ob tatsächlich (wie mehrmals dargestellt) eine Vereinigung auch mit den übrigen beiden Joglland-Gemeinden, der Gemeinde St. Jakob im Walde und der Gemeinde Wenigzell, notwendig gewesen wäre.

Es mag der politische Wunsch sein, dass die Gemeinden St. Jakob im Walde und Wenigzell eigenständige Gemeinden bleiben. Oberster Prüfschritt im Rahmen einer Gemeindezusammenlegung ist aber immer, ob durch die Fusion eine begründete Annahme eines leistungsfähigeren Gemeinwesens besteht. Angesichts der Ausgangslage der antragstellenden Gemeinde und der Gemeinde Mönichwald als Kleingemeinden, der nicht vorhandenen strukturellen Verflechtungen und der schwierigen finanziellen Situation, kann nur die Einbeziehung der weiteren beiden Joglland-Gemeinden zu einer begründeten Prognose eines leistungsfähigeren Gemeinwesens führen. In der Realität kann die (zwar finanziell etwas besser gestellte, kleinere) antragstellende Gemeinde der (um vieles schlechter gestellten, größeren) Gemeinde Mönichwald nicht ausreichend unter die Arme greifen, um von einer Gemeindestrukturverbesserung zu sprechen. Dies wurde bei Erlassung des StGsrG aber überhaupt nicht berücksichtigt.

Insgesamt ist der zwangsweisen Fusionierung der antragstellenden Gemeinde in §3 Abs4 Z6 StGsrG daher auch angesichts der 'informationsverweigernde[n]' Haltung der Landesregierung, der mangelhaften Entscheidungsgrundlagen, der nicht vorhandene[n] sachliche[n] Begründung sowie der mangelnde[n] Prüfung der Notwendigkeit einer Einbeziehung der übrigen Joglland-Gemeinden die Sachlichkeit abzusprechen, weshalb diese als verfassungswidrig aufzuheben ist.

[…] Conclusio – Verfassungswidrigkeit des §3 Abs4 Z6 StGsrG

[…] Im Ergebnis ist die in §3 Abs4 Z6 StGsrG normierte Zwangsvereinigung sachlich nicht gerechtfertigt. Es gibt keine begründete Prognose einer Verbesserung der Gemeindestruktur oder der Herausbildung eines leistungsfähigeren Kommunalwesens.

Die antragstellende Gemeinde hat es in den letzten Jahren trotz der geringen Einwohnerzahl und der schlechten Bevölkerungsprognose geschafft, eine finanziell schwierige Situation zu meistern und für die Zukunft einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen. Die wirtschaftliche Ausgangslage der antragstellenden Gemeinde ist hingegen nicht so gut, dass der finanziell schlechtgestellten und verschuldeten Gemeinde Mönichwald ausreichend unter die Arme gegriffen werden kann und die neu geschaffene Gemeinde ihre Aufgaben langfristig ohne Haushaltsabgang […] erfüllen [kann]. Dafür wäre die Fusion auch mit den übrigen Joglland-Gemeinden St. Jakob im Walde und Wenigzell erforderlich.

Dem offensichtlichen 'Wunsch' des Landes, durch eine Vereinigung der finanziell schlechtgestellten Gemeinde Mönichwald unter die Arme zu greifen, stehen die nicht vorhandenen strukturellen Verflechtungen und die Untauglichkeit der Fusion als finanzielle Unterstützung für die Gemeinde Mönichwald gegenüber. Letztlich erwachsen der antragstellenden Gemeinde aus der zwangsweise[n] Vereinigung gemäß §3 Abs4 Z6 StGsrG in infrastruktureller, raumordnungsrechtlicher, bevölkerungstechnischer oder demografischer Hinsicht überhaupt keine Vorteile. In finanzieller Hinsicht ist allerdings damit zu rechnen, dass der positive Trend des vergangenen Jahres nicht fortgesetzt werden kann und die 'neue' Gemeinde Waldbach-Mönichwald wegen der finanziellen Schieflage der Gemeinde Mönichwald im Endeffekt sowohl kurz- als auch langfristig nur über erhebliche Bedarfsmittelzuweisungen in der Lage sein wird, ihre eigenen und übertragenen Aufgaben ausreichend wahrzunehmen. Für die antragstellende Gemeinde birgt die Vereinigung nur Nachteile. Für die Erreichung der Ziele des StGsrG wäre die Einbeziehung der übrigen Joglland-Gemeinden notwendig gewesen. Es kommt zu keiner Verbesserung der Gemeindestruktur. §3 Abs4 Z6 StGsrG ist schon aus diesen Gründen als verfassungswidrig auszuheben; er verletzt den Gleichheitsgrundsatz (Art7 B-VG, Art2 StGG) und das Recht auf Selbstverwaltung (Art115 bis 120 B-VG).

[…] Die in §3 Abs4 Z6 StGsrG normierte Zwangsvereinigung beruht darüber hinaus auf einer unzureichenden Grundlagenforschung; trotz mehrmaligem Hinweis wurden weder die Notwendigkeit der Vereinigung aller vier Joglland-Gemeinden noch alternative, gelindere Mittel geprüft.

Die Zulässigkeit und Sachlichkeit der Vereinigung lässt sich im konkreten Fall nicht hinreichend objektiv belegen. In Leitbild und Erläuterungen wird lediglich versucht, der Entscheidung mit Begründungsfloskeln den Schein einer Objektivität zu verleihen. §3 Abs4 Z6 StGsrG verletzt auch aus diesem Grund den Gleichheitssatz (Art7 B-VG, Art2 StGG), ist als schwerwiegendster Eingriff in die Autonomie der antragstellenden Gemeinde ein Verstoß gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Selbstverwaltung (Art115 bis 120 B-VG) und daher als verfassungswidrig aufzuheben. […]" (Zitat ohne die im Text enthaltenen Hervorhebungen)

3.       Die Stmk. Landesregierung erstattete eine Äußerung, in der den im Antrag erhobenen Bedenken im Wesentlichen wie folgt entgegengetreten wird:

"[…] Zu den Prozessvoraussetzungen:

Nach Ansicht der Steiermärkischen Landesregierung ist der Individualantrag auf Grund nachfolgender Überlegungen als unzulässig zu qualifizieren:

[…] Der Gemeinderat der Gemeinde Waldbach hat in seiner Sitzung vom 12. Dezember 2013 den Beschluss gefasst, 'alle erdenklichen Rechtsmittel und Rechtsbehelfe wie insbesondere Beschwerden, Revision und Anträge bei den Verwaltungsgerichten und den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts gegen die mit dem Gesetz über die Neugliederung der Gemeinden des Landes Steiermark (Steiermärkisches Gemeindestrukturreformgesetz) vorgesehene Vereinigung der [antragstellenden Gemeinde] mit der Gemeinde Mönichwald (...) zu ergreifen, gegen einen dazu ergehenden Bescheid alle erforderlichen Rechtszüge zu durchlaufen, damit der Verfassungsgerichtshof und Verwaltungsgerichtshof angerufen werden können und sofort nach der Kundmachung des Gesetzes über die Neugliederung der Gemeinden des Landes Steiermark (Steiermärkisches Gemeindestrukturreformgesetz) einen Individualantrag auf Normenkontrolle an den Verfassungsgerichtshof zu stellen […].' Gestützt auf diesen Beschluss wird im ggst. Antrag die Aufhebung der Kundmachung des Stmk. Gemeindestrukturreformgesetzes, LGBl Nr 31/2014 und damit in Verbindung die Aufhebung der Kundmachung LGBl Nr 36/2014, in eventu die Aufhebung des Steiermärkischen Gemeindestrukturreformgesetzes LGBl Nr 31/2014 idF LGBl Nr 36/2014, in eventu §3 Abs4 Z6 LGBl Nr 31/2014, in eventu §3 Abs4 Z6 LGBl Nr 31/2014 idF LGBl Nr 36/2014 als verfassungswidrig begehrt.

[…] Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes […] bedarf die Erhebung einer (Individual)Beschwerde durch eine Gemeinde eines Beschlusses des nach den Organisationsvorschriften zuständigen Organs der Gemeinde. Gemäß §43 Steiermärkische Gemeindeordnung 1967 ist dies der Gemeinderat. Fehlt ein solcher Beschluss, so liegt ein nicht behebbarer Mangel vor, der die Zurückweisung des Individualantrags zur Folge hat.

[…] Der Antrag, die Kundmachung des Steiermärkischen Gemeindestrukturreformgesetzes LGBl Nr 31/2014 und damit in Verbindung die Aufhebung der Kundmachung der Berichtigung, LGBl Nr 36/2014, in eventu das StGsrG LGBl Nr 31/2014 iVm der Kundmachung LGBl Nr 36/2014, zu bekämpfen, ist mit diesem Mangel behaftet. Der Beschluss des Gemeinderates wurde bereits am 12. Dezember 2013 gefasst. Die Kundmachung des StGsrG erfolgte am 2. April 2014. Die Kundmachung der Berichtigung am 8. April 2014. Beide Kundmachungen erfolgten zeitlich erst nach der Beschlussfassung im Gemeinderat. Der Fehler, der bei der Kundmachung des StGsrG aufgetreten ist und dessen Berichtigung konnten von der Willensbildung des Gemeinderates (noch) nicht umfasst sein. Der Antrag kann sich daher diesbezüglich nicht auf eine Willensbildung im Gemeinderat stützen. Dieser Mangel ist nicht verbesserungsfällig, weshalb dieses Antragsvorbringen zurückzuweisen ist. Hinsichtlich dieses Antragsvorbringens erübrigt sich eine weitere Prüfung der Antragslegitimation.

Anders verhält es sich mit dem Antrag auf Aufhebung des §3 Abs4 Z6 StGsrG. Auch wenn der Beschluss des Gemeinderates bereits am 12. Dezember 2013 und damit vor der Beschlussfassung des Gesetzes durch den Landtag am 17. Dezember 2013 gefasst worden ist, so ist einzuräumen, dass der Gemeinderat insbesondere auf Grund der Regierungsvorlage betreffend das Steiermärkische Gemeindestrukturreformgesetz, welche bereits ab 22. November 2013 auf der Homepage des Landtages veröffentlicht worden ist und damit für jedermann zugänglich war, und auf Grund der am 11. Dezember 2013 stattgefundenen Ausschusssitzung, in der die Regierungsvorlage beraten wurde, mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen konnte, dass der Landtag die in der Regierungsvorlage vorgesehene Vereinigung der Gemeinden Mönichwald und Waldbach beschließen wird. Es dürfte daher unzweifelhaft sein, dass die Willensbildung des Gemeinderates darauf gerichtet war, §3 Abs4 Z6 StGsrG einer Normenkontrolle zu unterziehen.

[…]

[…] Nach Ansicht der Steiermärkischen Landesregierung ist das Antragsvorbringen unzureichend. Es enthält zu den kostenmäßigen Auswirkungen der zu treffenden Vorkehrungen keine konkreten, auf die antragstellende Gemeinde bezogene[n] Aussagen, sondern beschränkt sich auf generalisierende Behauptungen. Auch aus [den Beilagen] lassen sich konkrete Auswirkungen für die antragstellende Gemeinde nicht erschließen.

[…] Wenn die antragstellende Gemeinde behauptet, dass sie keine langfristigen Entscheidungen mehr treffen könne, so ist dies unzutreffend. §8 Abs4 GemO sieht ein System der Rechtsüberleitung vor, wonach die Vereinigung von Gemeinden den vollständigen Übergang der Rechte und Pflichten der betroffenen Gemeinden auf die neue Gemeinde zur Folge hat. Dazu zählen insbesondere alle Rechte und Pflichten, die vertraglich begründet sind. Die antragstellende Gemeinde kann daher[…] bis zum 31. Dezember 2014 auch solche Verträge abschließen.

Nach Ansicht der Landesregierung ist das Antragsvorbringen nicht ausreichend konkretisiert. Die antragstellende Gemeinde hätte sich nicht auf die allgemeine Behauptung, dass sie keine langfristigen Entscheidungen mehr treffen könne, beschränken dürfen, sondern konkret ausführen müssen, welche (Dienstleistungs)Verträge sie nicht mehr abschließen kann.

[…]

[…] Es ist unzweifelhaft, dass die Einsetzung des Regierungskommissärs bescheidmäßig zu erfolgen hat. Dies folgt aus §103 Abs2 GemO, der bestimmt, dass Beschwerden gegen die Einsetzung eines Regierungskommissärs keine aufschiebende Wirkung zukommt. Auf Grund des (hier maßgeblichen) Art130 Abs1 Z1 B-VG ist die Beschwerde das Rechtsmittel gegen Bescheide von Verwaltungsbehörden an ein Verwaltungsgericht.

Es trifft somit nicht zu, dass der antragstellenden Gemeinde kein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung steht. Das verwaltungsbehördliche Verfahren zur Einsetzung der Regierungskommissäre und zur Bestellung der Beiratsmitglieder ist bereits eingeleitet. Mit Schreiben vom 12. Mai 2014 […] wurden die betroffenen Gemeinden, somit auch die antragstellende Gemeinde, unter Hinweis auf die aktuelle Gesetzeslage eingeladen, der Landesregierung ein Beiratsmitglied zu nominieren und einen Vorschlag für einen Regierungskommissär zu unterbreiten. Damit ist der Antragstellerin als Normadressatin die Gelegenheit gegeben, einen Antrag auf Normenkontrolle zu stellen oder die amtswegige Einleitung eines Normenkontrollverfahrens anzuregen […].

[…] Als Ergebnis der obigen Ausführungen ist festzuhalten, dass der Individualantrag mangels Legitimation zurückzuweisen ist.

[…] Kundmachungsmängel des StGsrG, Darlegung der Bedenken und Aufhebungsanträge[:]

[…]

[…] Es steht außer Streit, dass die Kundmachung des Stmk. Gemeindestrukturreformgesetzes mit LGBl Nr 31/2014 ohne Berufung auf den Beschluss des Landtages erfolgt ist und dass dieser Kundmachungsfehler mit der Kundmachung LGBl Nr 36/2014 berichtigt worden ist […].

Die Kundmachung der Berichtigung war verfassungskonform. Es handelte sich um einen Fehler im Rahmen des Kundmachungsverfahrens, nicht des Gesetzgebungsverfahrens. Eine Wiederholung des gesamten Gesetzgebungsverfahrens war landes(verfassungs)gesetzlich nicht geboten und wäre daher unverhältnismäßig und überschießend gewesen.

Der Gesetzesbeschluss des Landtages vom 17. Dezember 2013 betreffend das Steiermärkische Gemeindestrukturreformgesetz[…] hat die Promulgationsklausel 'Der Landtag Steiermark hat beschlossen' enthalten. Die Aufnahme der Promulgationsklausel in Gesetzesbeschlüsse des Landtages ist allgemeine Praxis, auch wenn gemäß Art28 Abs5 L-VG die Berufung auf den Beschluss des Landtages erst im Rahmen der Kundmachung des Gesetzes durch den Landeshauptmann zu erfolgen hat.

Der Gesetzesbeschluss des Landtages musste, da eine Kundmachung im Jahr 2013 nicht mehr möglich war, für die ab 1. Jänner 2014 zwingend in elektronischer Form im RIS zu erfolgende Kundmachung entsprechend umformatiert werden. Im Zuge dieses Formatierungsvorganges ist die Berufung auf den Beschluss des Landtages aus dem Gesetzestext versehentlich herausgefallen. Dieser Gesetzestext wurde dem Landeshauptmann gemäß Art28 Abs3 L-VG zur Beurkundung und dem ersten LH-Stellvertreter zur Gegenzeichnung der Beurkundung vorgelegt und anschließend vom Landeshauptmann ohne Berufung auf den Beschluss des Landtages mit LGBl Nr 31/2014 kundgemacht.

Das Fehlen der Promulgationsklausel ist erst nach der Kundmachung aufgefallen. In der Folge wurde aus Gründen der Dokumentation für den Gesetzesakt des Landtages der mit der Promulgationsklausel versehene Gesetzestext dem Landeshauptmann zur Beurkundung und dem ersten LH-Stellvertreter zur Gegenzeichnung der Beurkundung vorgelegt und anschließend an die Landtagsdirektion übermittelt.

Gestützt auf §10 Stmk. Kundmachungsgesetz hat der Landeshauptmann den Kundmachungsfehler der fehlenden Berufung auf den Beschluss des Landtages berichtigt (LGBl Nr 36/2014).

Das Stmk. Kundmachungsgesetz wurde im Rahmen der relativen Verfassungsautonomie der Länder erlassen. §10 dieses Gesetzes sieht vor, dass Fehler im Landesgesetzblatt, die ua auf einem Versehen beruhen, berichtigt werden können, wenn die richtige Fassung zweifelsfrei feststeht.

[…]

Die Aufnahme der Promulgationsklausel hat rein formalen Charakter und folglich keinerlei Auswirkungen auf den Inhalt des Gesetzes. Es war daher zulässig, die ursprüngliche Kundmachung gestützt auf §10 Stmk. Kundmachungsgesetz in der Form zu berichtigen, dass (bloß) die Einfügung der Promulgationsklausel angeordnet wird. Abgesehen davon, dass sich keine gesetzliche Grundlage für eine Kundmachung des gesamten berichtigten Gesetzes findet, wird selbst im Individualantrag die Wiederholung der Kundmachung nur aus Gründen der Rechtssicherheit gefordert und nicht auf die Verletzung einer bestimmten landes(verfassungs)gesetzlichen Bestimmung gestützt.

[…]

Die Kundmachung einer Berichtigung wirkt ex tunc […]. Demgemäß gilt das Steiermärkische Gemeindestrukturreformgesetz als ursprünglich rechtmäßig kundgemacht.

Die […] angeführten Anträge sind daher als unbegründet abzuweisen.

[…]

[…] Zur Begründung und den Schlussfolgerungen des Antrages:

Sollte der Verfassungsgerichtshof gegen die Zulässigkeit des Antrages keine Bedenken hegen, erachtet die Steiermärkische Landesregierung die im Antrag behauptete Verfassungswidrigkeit des §3 Abs4 Z6 StGsrG auf Grund folgender Überlegungen als nicht gegeben:

[…]

[…] Zu den dargelegten verfassungsrechtlichen Bedenken […]

[…] Dem Vorbringen des Rechtes der Gemeinde auf Selbstverwaltung wird entgegengehalten, dass die Gliederung des Landesgebietes in Gemeinden (Art116 Abs1 B-VG) sowie die Festlegung der Gemeindegebiete zum Gemeinderecht i.S.v. Art115 Abs2 B-VG gehören und damit zur Landeskompetenz […]. […]

[…] Zum Vorbringen der Zusammenlegung mit den Joglland-Gemeinden

Entgegen den Ausführungen der antragstellenden Gemeinde gab es von ihr im Jahr 2012 und 2013 die Überlegung, sich mit der Gemeinde Mönichwald freiwillig zu vereinigen. So beschloss der Gemeinderat der antragstellenden Gemeinde am 22. November 2012 (Grundsatzbeschluss) die in dieser Sitzung präsentierte und vorgelegte Absichtserklärung zur Vereinigung der antragstellenden Gemeinde und Mönichwald. Hierin hielt die antragstellende Gemeinde fest, dass sie 'beabsichtige, nach Abklärung offener Fragen und nach Berücksichtigung der von beiden Gemeinden gestellten Forderungen, sich mit der Gemeinde Mönichwald freiwillig zu einer Gemeinde zu vereinigen.' […]

Denselben Willen bekundete die Gemeinde Mönichwald mittels Grundsatzbeschluss vom 14. Dezember 2012 […].

Auch der von der antragstellenden Gemeinde vorgelegte Auszug aus dem Sitzungsprotokoll der Gemeinderatssitzung vom 17. Mai 2013 […] belegt […] den damals durchaus noch vorhandenen Fusionswillen, wenn der Gemeinderat der antragstellenden Gemeinde [F]olgendes beschloss: 'Der Gemeinderat beschließt offen und einstimmig, im Zuge einer möglichen Gemeindefusion die beiden Volksschulen und die beiden Gemeindeämter zusammenzuführen. Die Standorte sollen zwischen beiden Gemeinden so festgelegt werden, dass in einem Ortsteil die Volksschule und im anderen Ortsteil das Gemeindeamt ist. Dies ist bis zur nächsten Gemeinderatssitzung abzuklären.'

Es kann somit der Landesregierung nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass sie bei der Gemeindestrukturreform die Grundsatzbeschlüsse der beiden betroffenen Gemeinden berücksichtigte. Der Nachweis der Sachlichkeit dieser getroffenen Maßnahme ist bereits in den Erläuterungen des Landtages zu dieser Konstellation ausreichend dokumentiert und wird im Folgenden im Einzelnen ausgeführt.

Ob die von der antragstellenden Gemeinde angegebene oder eine andere mögliche Fusionsvariante zweckmäßiger gewesen wäre, kann nicht Gegenstand dieses Individualantrages auf Normenkontrolle sein. […]

Im Sinne der ständigen Rechtsprechung [des Verfassungsgerichtshofes] […] lässt auch der von der Antragstellerin hervorgehobene Umstand, dass der Landesgesetzgeber andere Gemeinden als die Antragstellerin bestehen ließ, keinen Rückschluss darauf zu, dass die gegenständliche Vereinigung unsachlich wäre.

[…]

[…] Zum Vorbringen der Bedenken im Hinblick auf die Verbesserung der Gemeindestruktur

Die antragstellende Gemeinde verkennt nach Ansicht der Steiermärkischen Landesregierung den Zusammenhang zwischen den in §6 Abs2 GemO dargelegten öffentlichen Interessen und der Wirkungsweise des StGsrG. Seitens der Steiermärkischen Landesregierung sei an dieser Stelle noch einmal angemerkt, dass die antragstellende Gemeinde ausschließlich Bestimmungen des StGsrG als verfassungswidrig ansieht und nicht die maßgebenden Bestimmungen der GemO. Vielmehr stehen die Bestimmungen der §§6 ff GemO vorliegend außer Streit, und werden seitens der antragstellenden Gemeinde als verbindlich angesehen. Gesetzliche Neugliederungsmaßnahmen sind nur zulässig, wenn sie im öffentlichen Interesse liegen. §6 Abs1 GemO zählt die möglichen Gebietsänderungen auf.

Die Gliederung des Landesgebietes in Gemeinden und die Festlegung der Gemeindegebiete zählen zu den Angelegenheiten der Gemeinden iSd Art115 Abs2 B-VG und fallen in die Kompetenz der Länder nach Art15 B-VG […]. Es besteht somit für den Landesgesetzgeber auf dem Boden der österreichischen Bundesverfassung ganz grundsätzlich die Möglichkeit, Gemeinden auch gegen ihren Willen zu vereinigen. Für die Steiermark bestimmt §8 Abs3 GemO, dass Vereinigungen gegen den Willen der betroffenen Gemeinden nur durch Gesetz erfolgen dürfen. Von dieser Kompetenz hat der Landtag mit der Erlassung des StGsrG Gebrauch gemacht.

Damit wird […] den einzelnen Gemeinden aber keine Bestandsgarantie gewährt.

Nach §6 Abs2 GemO dürfen Gebietsänderungen nur aus Gründen der durch die GemO geregelten öffentlichen Interessen und unter Bedachtnahme auf die geografische Lage der Gemeinde erfolgen, wobei jedenfalls darauf Rücksicht zu nehmen ist, dass die Gemeinden fähig sind, ihre gesetzlichen Aufgaben zu erfüllen. Als öffentliche Interessen sind insbesondere wirtschaftliche, infrastrukturelle, raumordnungs- und verkehrspolitische, demografische oder finanzielle Gründe zu verstehen.

Gerade die überwiegende Mehrheit der von der antragstellenden Gemeinde […] aufgezählten Kriterien wie Bevölkerungsentwicklung, [w]irtschaftliche Aspekte, Infrastruktur, Geographie, Siedlungsstruktur, Beziehungen der Gemeinden untereinander sprechen für diese Vereinigung und sind in die Erwägungen des Landtages eingeflossen.

[…] Zum Vorbringen der demografischen Entwicklung

Die Einwohnerzahl und die prognostizierte Bevölkerungsentwicklung sind entscheidende Kriterien für die Funktionsfähigkeit eines Gemeinwesens und somit im öffentlichen Interesse.

Der Bevölkerungsstand der antragstellenden Gemeinde hat sich von 1951 bis 2004 sehr schwankend entwickelt, seit 2004 gab es einen kontinuierlichen Bevölkerungsrückgang. Da durch die allgemeine Alterung der Bevölkerung zu erwarten ist, dass die Geburtenbilanz negativ bleibt und für die Wanderungsbilanz weiter von einer negativen Entwicklung ausgegangen wird, kommt man bei der Bevölkerungsprognose für die antragstellende Gemeinde auf einen Rückgang der Bevölkerung von derzeit 701 bis 2030 […] auf 679 EinwohnerInnen. Auch der Bevölkerungsstand von Mönichwald (2013: 876 EinwohnerInnen) ist von 1981 bis 2013 mit 15,3% rückläufig, die Prognose bis 2030 kündigt weitere Bevölkerungsverluste auf 789 EinwohnerInnen an[.]

[…]

Die antragstellende Gemeinde hat in ihren Antragsausführungen Zahlen der Einwohnerstände der beiden Gemeinden von 2008 bis 2013 aufgelistet. Diese Zahlen können vom Land Steiermark (Landesstatistik Steiermark) nicht nachvollzogen werden. […]

Die Reaktion auf die sinkenden Bevölkerungszahlen der antragstellenden Gemeinde und der Gemeinde Mönichwald und damit auf sinkende Einnahmen wird als eine zentrale Herausforderung dieser Gemeinden angesehen. So lautet z.B. die Prognose für die Volksschule Waldbach mit derzeit 33 SchülerInnen für das Jahr 2019/20 nur mehr auf 18 SchülerInnen. In der Volkschule Mönichwald wird sich die SchülerInnenzahl von derzeit 27 auf 23 im Jahr 2019/20 verringern. Die Gemeindevereinigung zu einer neuen Gemeinde mit 1.577 EinwohnerInnen ist durch die Zusammenführung der Gemeindeverwaltungen und der gemeinsamen Nutzung der Infrastruktur eine Möglichkeit, auf diese Entwicklung zu reagieren. Die antragstellende Gemeinde gesteht in ihren Ausführungen […] durchaus ein, dass die vorhandene Infrastruktur der antragstellenden Gemeinde von der Gemeinde Mönichwald 'teilweise auch genutzt' werde.

Der weitere Hinweis der antragstellenden Gemeinde, dass die Infrastruktur in Mönichwald 'teilweise generalsanierungsbedürftig' sei, ist ein weiterer Grund für die Vereinigung und die gemeinsame Nutzung der Infrastruktur der antragstellenden Gemeinde.

Sofern die antragstellende Partei vorbringt, dass durch die Zusammenlegung die flächendeckende Gewährung von bisher geleisteten Zuschüssen zur Herstellung von Haus- und Hofzufahrten, zur Errichtung von Energieanlagen oder zur Mehrphasenausbildung von Führerscheinneulingen nicht länger möglich sei, wird dem seitens der Stmk. Landesregierung entgegengehalten, dass es sich einerseits um keine demografisch relevanten Argumente handelt und andererseits, dass die 'negativen Konsequenzen' mittels eines entsprechenden Gemeinderatsbeschlusses durch den neuen Gemeinderat vermieden werden können.

Woraus sich hier für die antragstellende Gemeinde ein Nachteil ergeben sollte, ist für die Stmk. Landesregierung nicht ergründlich.

[…]

[…] Zum Vorbringen der wirtschaftlichen Lage

Die antragstellende Gemeinde weist […] darauf hin, dass es verfehlt wäre, eine Gemeindestrukturverbesserung allein damit zu rechtfertigen, dass die nach dem Finanzausgleichsgesetz den Gemeinden insgesamt zukommenden Ertragsanteile anders verteilt werden.

Dem wird entgegengehalten, dass dies den Erläuterungen zu diesem Gesetz auch nicht zu entnehmen ist.

Vielmehr ist es Ziel der Gemeindestrukturreform, wirtschaftlich leistungsfähige Gemeinden zu schaffen, welche in der Lage sind, ihre Angelegenheiten ohne Haushaltsabgang zu erfüllen. Dies kann unter anderem durch eine effizientere gemeinsame Nutzung der vorhandenen Infrastruktur sowie durch kurz- (zB Gemeindeorgane) sowie mittel- bis langfristige Einsparungen (zB Personal) erreicht werden.

[…]

Wenn die antragstellende Gemeinde behauptet, dass die Infrastruktur der Gemeinde Mönichwald generalsanierungsbedürftig und die finanzielle Situation der Gemeinde Mönichwald so kritisch sei, dass die neue Gemeinde nicht in der Lage wäre, ihre Pflicht- und freiwilligen Aufgaben zu erfüllen, so ist dies für die Stmk. Landesregierung nicht nachvollziehbar. So hat der Gemeinderat der antragstellenden Gemeinde in der Sitzung am 17. Mai 2013 beschlossen, dass bei einer Vereinigung der Gemeinden Waldbach und Mönichwald, die Infrastruktureinrichtungen Gemeindeamt und Volksschule zusammengeführt werden sollen. Durch die Zusammenlegung der Infrastruktur können bestehende Gebäude einer neuen Nutzung zugeführt oder verwertet werden. Das Einsparungspotential für die laufenden Betriebs- und Instandhaltungskosten schätzt die Stmk. Landesregierung mittel- bis langfristig auf insgesamt € 75.000,- pro Jahr ein.

Im Rahmen der Prognose über die finanziellen Auswirkungen der Vereinigung der Gemeinde Waldbach und der Gemeinde Mönichwald ist ein Potenzial an Kosteneinsparungen in der Höhe von rd. € 247.000,00 pro Jahr möglich.

Diese Kosteneinsparungen sind nach Einschätzung der Landesregierung im Bereich des Personals (rund € 128.479,80 […]), der Gebrauchs- und Verbrauchsgüter, wie zum Beispiel Druckkosten für Gemeindezeitungen (€ 3.000,00) und im Bereich der Gemeindeorgane und der sonstigen Kosten für die Gemeindeverwaltung sowie den Gemeindebetrieb (insgesamt € 116.000,00 […]) erzielbar.

Durch die Gemeindevereinigung werden der neuen Gemeinde in etwa 7% bis 9% mehr Budgetmittel als bisher für die Bewältigung der Pflicht- und freiwilligen Aufgaben zur Verfügung stehen. Die Stmk. Landesregierung weist darauf hin, dass die neue Gemeinde zudem auch die Voraussetzungen nach dem Österreichischen Stabilitätspakt 2012 […] leichter erfüllen wird können.

Es ist nicht ersichtlich, warum die von der Antragstellerin dargestellte (schlechte) finanzielle Lage der Gemeinde Mönichwald ein Grund für eine Unsachlichkeit des Gesetzesbeschlusses wäre. […]

[…] Zum Vorbringen hinsichtlich der Infrastruktur

[…]

Die Argumente der antragstellenden Gemeinde in Bezug auf die Infrastruktur widersprechen sich. Im Rahmen der Ausgangslage bemängelt die antragstellende Gemeinde die mangelhafte Infrastruktur der Gemeinde Mönichwald (vgl. die Ausführungen [im] Antrag[…]: 'Das Problem hier besteht nur darin, dass die Infrastruktur in der Gemeinde Mönichwald generalsanierungsbedürftig ist [...]'.), im Hinblick auf ihre verfassungsrechtlichen Bedenken geht sie dann doch vo[n] einer 'ausgezeichneten' Infrastruktur aus.

Im Gemeindegebiet der durch die Gebietsänderung betroffenen – neuen – Gemeinde müssen der Bevölkerung gewisse Infrastrukturdienstleistungen angeboten werden. Obgleich beide Gemeinden keine zentral örtlichen Funktionen haben, verfügt die antragstellende Gemeinde über eine gute Versorgungsinfrastruktur und ergänzende Infrastruktureinrichtungen. Mönichwald verfügt über eine Grundversorgung, ist aber funktionell zur antragstellenden Gemeinde orientiert. Insbesondere bei schulischer (Neue Mittelschule) und ärztlicher Versorgung sowie bei der über Basisleistungen hinausgehenden Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen bestehen Verflechtungen im Hinblick auf die Versorgungserfordernisse der BürgerInnen. […]

Die antragstellende Gemeinde führt selbst an, dass die Gemeinde Mönichwald einen Sanierungsbedarf im Hinblick auf ihre Infrastruktur hat und erwähnt als Beispiele das Gemeindeamt, die Kapelle, die Aufbahrungshalle und den Proberaum. In infrastruktureller Hinsicht sei auf die vorhandene Schulinfrastruktur der beiden Gemeinden hingewiesen. […]

Wie die antragstellende Gemeinde selbst in der Gemeinderatssitzung vom 17. Mai 2013 […] festhielt, sollte bei einer Fusion mit Mönichwald die Zusammenführung der beiden Volksschulen und der beiden Gemeindeämter erfolgen. In dem Auszug aus dem Sitzungsprotokoll […] heißt es weiter, dass die Standorte zwischen beiden Gemeinden so festgelegt werden sollen, dass sich in einem Ortsteil die Volksschule und im anderen Ortsteil das Gemeindeamt befinden. Der Meinung des Gemeinderates der antragstellenden Gemeinde kann sich die Landesregierung im Hinblick auf die Schüler- und Bevölkerungsprognose nur anschließen.

Zum Argument, das Gemeindeamt der antragstellenden Gemeinde sei in einem guten Zustand und auf den Bedarf der ortsansässigen Bevölkerung ausgerichtet, hält die Stmk. Landesregierung fest, dass sich das Gemeindeamt von Waldbach in e

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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