TE Vwgh Erkenntnis 2014/8/12 Ra 2014/06/0006

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Veröffentlicht am 12.08.2014
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Index

L37152 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Kärnten;
L82002 Bauordnung Kärnten;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

ABGB §431;
ABGB §604;
ABGB §608;
ABGB §613;
AVG §8;
BauO Krnt 1992 §8 Abs1;
BauO Krnt 1996 §53;
VwGG §28 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und die Hofrätin Dr. Bayjones, den Hofrat Dr. Moritz, die Hofrätin Mag. Merl sowie den Hofrat Mag. Haunold als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Revision der A in B, vertreten durch die Cerha Hempel Spiegelfeld Hlawati Partnerschaft von Rechtsanwälten in 1010 Wien, Parkring 2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten vom 18. Februar 2014, Zl. KLVwG- 269/4/2014, betreffend eine baurechtliche Angelegenheit (weitere Parteien: 1. Stadtsenat der Stadt C; 2. Kärntner Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Die Revisionswerberin hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 17. November 1994 erteilte der Bürgermeister der Stadt Villach dem Bauwerber Oswald S. die Baubewilligung für die Errichtung einer Sonderbestattungsanlage auf einem näher genannten Grundstück.

Mit Eingabe vom 15. Juli 2013 brachte die Revisionswerberin eine Berufung gegen den oben genannten Bescheid vom 17. November 1994 ein. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, sie hätte im Baubewilligungsverfahren Parteistellung gehabt, weil das Eigentum ihres Cousins Oswald S. an der Liegenschaft, auf der ihm die Errichtung der Sonderbestattungsanlage bewilligt worden sei, mit der Beschränkung der fideikommissarischen Substitution zu Gunsten seiner Nachkommen und der Beschränkung der fideikommissarischen Substitution zu Gunsten der Revisionswerberin und deren Schwester im Grundbuch einverleibt worden sei. Oswald S. sei am 24. August 2011 kinderlos verstorben, weshalb die fideikommissarische Substitution zu ihren Gunsten und zu Gunsten ihrer Schwester schlagend geworden sei. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes C vom 14. Juni 2012 sei das Eigentumsrecht der Revisionswerberin und ihrer Schwester an der gegenständlichen Liegenschaft je zur Hälfte einverleibt worden. Gemäß § 613 ABGB sei Oswald S. nur ein eingeschränktes Eigentumsrecht mit den Rechten und Verbindlichkeiten eines Fruchtnießers bis zum Eintritt der fideikommissarischen Substitution zugekommen. Dies bedeute, dass er nur mit ihrer Zustimmung und der Zustimmung ihrer Schwester über die Substitutionsmasse hätte verfügen dürfen. Er sei daher nicht berechtigt gewesen, den Antrag auf Genehmigung einer Sonderbestattungsanlage ohne ihre Zustimmung zu stellen. Es werde daher beantragt, den Bescheid vom 17. November 1994 ersatzlos aufzuheben.

Der Stadtsenat der Stadt C wies mit Bescheid vom 11. September 2013 (Beschluss vom selben Tag) die Berufung der Revisionswerberin als unzulässig zurück. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Baubehörde habe von Amts wegen festzustellen, wer Grundeigentümer sei. Dem im Bauakt erliegenden Grundbuchsauszug vom 22. September 1994 sei zu entnehmen, dass dem Bauwerber Oswald S. durch Einantwortung das Eigentumsrecht am Baugrundstück zugekommen sei. Dem Eigentumsblatt sei auch die Eintragung der fideikommissarischen Substitution zu Gunsten seiner Nachkommen mit der Beschränkung durch die fideikommissarische Substitution zu Gunsten der Revisionswerberin und deren Schwester zu entnehmen. Die Beschränkung des "Vorerben" sei möglicherweise ein zivilrechtliches Hindernis bezogen auf die Bauführung einer Bestattungsanlage durch den Bauwerber auf dem genannten Grundstück. Einer solchen Beschränkung sei dieser jedoch persönlich unterlegen. Ein zivilrechtliches Hindernis sei für die Frage der Gesetzmäßigkeit der Baubewilligung selbst jedoch ohne Belang. Dem damaligen Bauwerber Oswald S. sei im Zeitpunkt der Erteilung der Baubewilligung erster Instanz zweifellos zivilrechtlich nach dem Stand im Grundbuch Eigentum zugekommen.

Die Revisionswerberin erhob mit Eingabe vom 21. September 2013 Vorstellung (nunmehr Beschwerde) gegen diesen Bescheid und wiederholte darin ihre Rechtsansicht, wonach Rechtshandlungen, welche die Substitutionsmasse beträfen, der Zustimmung jener Person, die durch dieses Rechtsinstitut begünstigt werde, bedürften.

Mit dem angefochtenen Erkenntnis (vom 18. Februar 2014) wies das zuständig gewordene Landesverwaltungsgericht Kärnten (LVG) die Beschwerde der Revisionswerberin als unbegründet ab und erklärte eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für unzulässig. Zur Frage, wer Eigentümer des Baugrundes sei, führte das LVG aus, dies habe die Baubehörde im Streitfall als Vorfrage gemäß § 38 AVG nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Das Grundeigentum werde in der Regel durch Vorlage einer Grundbuchsabschrift nachgewiesen. Nach dem in § 431 ABGB und im allgemeinen Grundbuchsgesetz verankerten Eintragungsgrundsatz (Intabulationsprinzip) werde das Eigentum an einem Grundstück nur durch die Eintragung im Grundbuch bewirkt. Im vorliegenden Fall sei dem Grundbuchsauszug vom 22. September 1994, der dem Baubewilligungsverfahren zugrunde gelegen sei, zu entnehmen, dass eine fideikommissarische Substitution zu Gunsten der Nachkommen des Oswald S. mit der Beschränkung durch die fideikommissarische Substitution zu Gunsten der Revisionswerberin und deren Schwester eingetragen sei. Die Rechte des Erben bei einer fideikommissarischen Substitution seien in § 613 ABGB geregelt. Demnach komme dem eingesetzten Erben das eingeschränkte Eigentumsrecht mit den Rechten und Verbindlichkeiten des Fruchtnießers zu, bis der Fall der fideikommissarischen Substitution eintrete. Dem Bauwerber Oswald S. sei auflösend bedingtes oder zeitlich beschränktes Eigentum an der gegenständlichen Liegenschaft zugekommen. Bei der fideikommissarischen Substitution bildeten der Vorerbe und der Nacherbe (auch vor Eintritt des Nacherbfalles) keine Miteigentumsgemeinschaft im Sinne der §§ 825 ff ABGB; vielmehr sei das Eigentumsrecht zwischen Vor- und Nacherben funktionell geteilt (Hinweis auf Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs 5 Ob 82/09 und 10 Ob 85/11i). Die Stellung des Vorerben sei jene eines Eigentümers. Sein Eigentumsrecht sei zwar beschränkt, dennoch sei der Vorerbe als Eigentümer im Grundbuch eingetragen.

Im vorliegenden Fall sei davon auszugehen, dass die Revisionswerberin auf Grund der festgelegten fideikommissarischen Substitution nunmehr Hälfteeigentümerin des Grundstückes sei. Gemäß § 53 Kärntner Bauordnung 1996 (K-BO) hafteten die sich aus Bescheiden nach diesem Gesetz ergebenden Rechte und Pflichten an dem Grundstück und gingen auf den Rechtsnachfolger über. Dieser trete daher ohne weiteres in die Parteistellung seines Rechtsvorgängers ein. Der Baubewilligungsbescheid sei gegenüber dem Rechtsvorgänger der Revisionswerberin, Oswald S., rechtskräftig geworden, sodass die Revisionswerberin sich dies im vorliegenden Fall entgegenhalten lassen müsse. Als Begünstigte einer fideikommissarischen Substitution sei sie dem Baubewilligungsverfahren nicht als Eigentümerin beizuziehen gewesen.

Gegen dieses Erkenntnis brachte die Revisionswerberin eine außerordentliche Revision ein.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich (u.a.) wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG "nicht zur Behandlung eignen", ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Im gegenständlichen Fall sprach das Verwaltungsgericht gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

An diesen Ausspruch des Verwaltungsgerichtes ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt gemäß § 34 Abs. 1a VwGG nicht gebunden. Die außerordentliche Revision hat gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. In diesem Rahmen hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).

Die Zulässigkeit der außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG begründete die Revisionswerberin damit, dass zu der Frage, ob ein Nacherbe (Substitut) einer Liegenschaft (§ 608 ff ABGB) gemäß § 8 AVG 1991 iVm § 21 oder § 23 Kärntner Bauordnung 1992 (LGBl. Nr. 64/1992) Parteistellung in einem Bauverfahren betreffend diese Liegenschaft habe und ob er sich die Unterlassung der Erhebung von Einwendungen zurechnen lassen müsse, noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliege. Die genannte Rechtsfrage sei von grundsätzlicher Bedeutung, weil sie eine weit über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung habe.

Der Revision ist zuzustimmen, dass zu der Frage, ob im Fall einer fideikommissarischen Substitution (§ 608 ff ABGB) einem Nacherben einer Liegenschaft bereits vor Eintritt des Nacherbfalls in einem Bauverfahren betreffend diese Liegenschaft Parteistellung zukommt, noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt. Die außerordentliche Revision ist daher zulässig.

In der Sache wiederholte die Revisionswerberin ihren bisherigen Rechtsstandpunkt, wonach im Fall fideikommissarischer Substitution Vorerbe und Nacherbe auch vor Eintritt des Erbfalles nur zusammen die Rechtstellung eines Vollerben und damit das uneingeschränkte Eigentumsrecht hätten. Daher hätte Oswald S. in einer so wichtigen Angelegenheit wie der Errichtung einer Bestattungsanlage sein Eigentumsrecht nicht allein ausüben dürfen. Durch die Errichtung der Sonderbestattungsanlage auf dem Grundstück sei die Substanz derart verändert worden, dass auf der Liegenschaft ein einem Friedhof ähnliches Areal geschaffen worden sei. Dieser Bereich gestalte das Wesen des Substitutionsgutes, eines Gartens mit Bungalow, massiv um. Von den Wohnzimmerfenstern falle der Blick auf einen insgesamt 1.442 m2 großen Grund, auf dem ein Ort für die Urnenbestattung errichtet worden sei. Die Kärntner Bauordnung 1992 (K-BO 1992) räume einem Eigentümer ein Antragsrecht sowie Parteistellung ein. Da Vorerbe und Nacherbe nur gemeinsam ein uneingeschränktes Volleigentum repräsentierten, könne der Vorerbe nicht allein Antragsteller und Partei in einem Bauverfahren sein, das so massiv in die Substanz der Liegenschaft eingreife. Der Revisionswerberin komme daher Parteistellung wie einem Eigentümer zu. Als übergangene Partei könne sie nunmehr dagegen berufen.

Gemäß § 8 Abs. 1 der zum Zeitpunkt der Erlassung der Baubewilligung im November 1994 in Geltung gestandenen Kärntner Bauordnung 1992 (Wiederverlautbarung), LGBl. Nr. 64/1992, ist bei Beantragung einer Baubewilligung unter anderem ein Beleg über das Eigentum bzw. - wenn der Antragsteller nicht selbst Eigentümer ist - ein Beleg über die Zustimmung des Eigentümers beizubringen.

§§ 604, 608 und 613 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch - ABGB, in der Stammfassung, lauten samt Überschrift:

"Von Nacherben und Fideicommissen.

Gemeine Substitution.

§ 604. Jeder Erblasser kann für den Fall, daß der eingesetzte Erbe die Erbschaft nicht erlangt, Einen; und wenn auch dieser sie nicht erlangt, einen zweyten, und im gleichen Falle einen dritten, oder auch noch mehrere Nacherben berufen. Diese Anordnung heißt eine gemeine Substitution. Der in der Reihe zunächst Berufene wird Erbe.

Fideicommissarische;

§ 608. Der Erblasser kann seinen Erben verpflichten, daß er die angetretene Erbschaft nach seinem Tode, oder in andern bestimmten Fällen, einem zweyten ernannten Erben überlasse. Diese Anordnung wird eine fideicommissarische Substitution genannt. Die fideicommissarische Substitution begreift stillschweigend die gemeine in sich.

Rechte des Erben bey einer fideicommissarischen Substitution.

§ 613. Bis der Fall der fideicommissarischen Substitution eintritt, kommt dem eingesetzten Erben das eingeschränkte Eigenthumsrecht, mit den Rechten und Verbindlichkeiten eines Fruchtnießers zu."

Bei der fideikommissarischen Substitution soll einem eingesetzten oder gesetzlichen Erben (Vorerben) ein bestimmter anderer (Nacherbe) folgen (vgl. dazu die Ausführungen in Schwimann, ABGB Praxiskommentar3, Rz 1 zu § 608). Der Nacherbe soll jedoch erst nach dem Vorerben Erbe werden (vgl. Schwimann, a.a.O., Rz 1 zu § 604). Der Vorerbe ist Eigentümer, dessen Recht jedoch eingeschränkt wird; er unterliegt unter anderem einem Verbot, durch Veräußerungen und Belastungen über die Substanz des Erbgutes zu verfügen. Dem Nacherben steht gegen unzulässige Verfügungen ein Unterlassungsanspruch zu (vgl. Schwimann, a.a.O., Rz 5 zu § 613).

Im gegenständlichen Fall war Oswald S. als Vorerbe seiner Nachkommen, der Revisionswerberin und deren Schwester, zum Zeitpunkt der Antragstellung unbestritten als Eigentümer des Grundstückes im Grundbuch eingetragen. Die Revisionswerberin war hingegen zu diesem Zeitpunkt noch nicht Eigentümerin des Baugrundstückes. Mit dem Nachweis des Eigentums von Oswald S. am Baugrundstück durch die entsprechende Eintragung im Grundbauch ist die diesbezügliche Anforderung des § 8 Abs. 1 K-BO erfüllt. Für die Beantragung der verfahrensgegenständlichen Baugenehmigung war die Zustimmung der Revisionswerberin, die damals noch nicht Eigentümerin der Liegenschaft war, somit nicht erforderlich.

Die Zurückweisung der Berufung der Revisionswerberin mangels Parteistellung durch die Baubehörde zweiter Instanz erfolgte somit zu Recht; die Abweisung der dagegen eingebrachten Revision durch das Landesverwaltungsgericht kann nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Die Revision erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013.

Wien, am 12. August 2014

Schlagworte

Baurecht Grundeigentümer Rechtsnachfolger

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2014:RA2014060006.L00

Im RIS seit

13.10.2014

Zuletzt aktualisiert am

02.10.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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