TE Vwgh Erkenntnis 2000/9/28 2000/16/0089

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Veröffentlicht am 28.09.2000
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/06 Verkehrsteuern;

Norm

ABGB §956;
BAO §21 Abs1;
ErbStG §2 Abs1 Z1;
ErbStG §2 Abs1 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde des W H in A, vertreten durch Dr. Franz Müller, Rechtsanwalt in Kirchberg am Wagram, Georg-Ruck-Straße 9, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 9. Dezember 1999, GZ RV 0552-09/04/97, betreffend Schenkungssteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist testamentarischer Alleinerbe nach seiner am 26. Juni 1994 verstorbenen Tante Anna F.

Auf Grund entsprechender Informationen wurden nach dem Tod der Anna F. sicherheitspolizeiliche Ermittlungen hinsichtlich des Verbleibs von Vermögenswerten der Erblasserin, insbesondere von Sparbüchern, geführt.

Der Beschwerdeführer gab bei seiner Vernehmung vor der Sicherheitsdirektion für Niederösterreich am 29. März 1995 an, er habe einen Tag vor der Einlieferung der Erblasserin ins Spital ein Kuvert mit Sparbüchern geschenkt bekommen. Es dürfte sich um zwölf Sparbücher gehandelt haben. Er habe bei der am 7. September 1994 beim zuständigen Notar errichteten Todfallsaufnahme die Sparbücher nicht erwähnt, weil er der Meinung gewesen sei, dass er davon nichts zu sagen brauche.

Herta H., die Ehefrau des Beschwerdeführers, bestätigte in einer Vernehmung vom selben Tag die Angaben des Beschwerdeführers. Mitte Juni 1994 bei einem Besuch am Tage vor ihrer (neuerlichen) Einlieferung ins Spital habe die Erblasserin den Beschwerdeführer ersucht, die Sparbücher mitzunehmen. Bei diesem Besuch sei auch Dr. Erika F., eine Vertraute der Erblasserin, anwesend gewesen.

In einer an das Abhandlungsgericht gerichteten Eingabe vom 8. Mai 1995 führte der Beschwerdeführer aus, die dort näher bezeichneten Sparbücher stünden in seinem Eigentum, da sie ihm die Erblasserin bereits zu seinen Lebzeiten geschenkt habe. Der Eigentumserwerb sei dadurch erfolgt, dass ihm die Erblasserin die Sparbücher übergeben und die richtigen und vollständigen Losungsworte bekanntgegeben habe.

In dem dem Abhandlungsgericht am 15. Mai 1995 vorgelegten eidesstättigen Vermögensbekenntnis wurde ausdrücklich festgehalten, dass die vom Gerichtskommissär angeführten Sparbücher nicht in die Verlassenschaft fielen, sondern dem Beschwerdeführer bereits zu Lebzeiten geschenkt worden seien. Die Sparbücher schienen demzufolge unter den Aktiven der Verlassenschaft nach Anna F. nicht auf. Mit Beschluss vom 1. Juli 1996 wurde dem Beschwerdeführer der bezeichnete Nachlass eingeantwortet.

Nach Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gab der Beschwerdeführer in einer Eingabe vom 10. Juni 1997 an, er habe die dort näher bezeichneten Sparbücher von Anna F. "auf den Todesfall geschenkt und zu Lebzeiten in sein Eigentum übertragen bekommen."

Die Sparbücher seien vereinbarungsgemäß bis zum Tod seiner Tante verwahrt worden; insbesondere seien keine Abhebungen getätigt worden.

Mit Bescheid vom 27. Juni 1997 schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien dem Beschwerdeführer für die Schenkung von Sparguthaben im Werte von S 4,925.609, 96 Schenkungssteuer im Ausmaß von S 1,771.056,-- vor.

In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde vorgebracht, die Sparbücher seien dem Beschwerdeführer "auf den Todesfall" geschenkt worden. Die Sparbücher seien für ihn erst nach dem Tod seiner Tante verfügbar gewesen, weil sich Geschenkgeberin die Nutzung an der geschenkten Sache vorbehalten habe. Bei einer Schenkung auf den Todesfall sei aber die Erbschaftssteuer abgegolten.

Bei der einem entsprechenden Beweisantrag des Beschwerdeführers folgenden Vernehmung gab Dr. Erika F. am 26. August 1997 an, sie sei mit Anna F. befreundet gewesen. Diese habe ihr voll vertraut. Sie sei auch bei der Übergabe der Sparbücher dabei gewesen. Sie habe den Eindruck gehabt, dass es sich dabei um eine Schenkung gehandelt habe. Sie habe die Sparbücher mit den Worten "Das gehört Dir" oder "Das ist für Dich" oder so ähnlich übergeben.

Die Berufung wurde mit Berufungsvorentscheidung als unbegründet abgewiesen. Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz wurde insbesondere auf die Begründung der Berufungsvorentscheidung verwiesen, wonach auf Grund der Zeugenaussage von Dr. Erika F. kein Zweifel bestehe, dass Anna F. dem Beschwerdeführer die Sparbücher schon zu Lebzeiten und nicht erst von Todes wegen ins Eigentum übertragen habe wollen. Dies sage aber nichts darüber aus, ob eine Schenkung auf den Todesfall vorgelegen sei. Eine solche liege nämlich auch dann vor, wenn der Geschenkgeber die Sache dem Geschenknehmer schon zu Lebzeiten ins Eigentum überträgt, sich jedoch auf Lebenszeit Nutzungen an der geschenkten Sache vorbehalte und der Geschenknehmer die Sache also zu Lebzeiten des Geschenkgebers nicht nutzen könne. Die Frage des Eigentumsüberganges habe mit der Frage, ob eine Schenkung zu Lebzeiten oder auf den Todesfall vorliege, nichts zu tun.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde von der belangten Behörde die Auffassung vertreten, es handle sich bei einem Schenkungsvertrag auf den Todesfall um einen schuldrechtlichen Anspruch, der erst nach dem Tod des Geschenkgebers erfüllt werden soll. Im Beschwerdefall habe aber der Beschwerdeführer die Sparbücher bereits zu Lebzeiten ins Eigentum übertragen bekommen. Die körperliche Übergabe der geschenkten Sache habe damit stattgefunden. Weiters sei dem Formerfordernis der Aufstellung eines Notariatsaktes nicht entsprochen worden. Der Beschwerdeführer habe auch bei seinen Vernehmungen durch Staatsanwaltschaft Wien und durch die Finanzstrafbehörde nicht von einer Schenkung auf den Todesfall gesprochen. Die belangte Behörde gelangte auf Grund des Ergebnisses der durchgeführten Erhebungen zu der Auffassung, dass eine Schenkung unter Lebenden vorgelegen war.

Nach dem Inhalt der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer dadurch in seinen Rechten verletzt, dass die Befreiung im Sinne des § 15 Abs. 1 Z 17 ErbStG auf den gegenständlichen Erwerbsvorgang nicht angewendet worden ist.

Der Bundesminister für Finanzen legte die Akten des Verwaltungsverfahrens und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Parteien gehen zutreffend davon, dass es für die Anwendung der Befreiungsbestimmung des § 15 Abs. 1 Z 17 ErbStG - dessen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz im Hinblick auf die Erfüllung der Vorgaben des im Verfassungsrang stehenden Endbesteuerungsgesetzes nicht zu beanstanden ist (vgl das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Oktober 1998, G 170/96, ua) - entscheidend ist, ob der Erwerbsvorgang von Todes wegen oder aber unter Lebenden erfolgt ist.

Nach § 2 Abs. 1 Z 2 ErbStG gilt als Erwerb von Todes wegen der Erwerb durch Schenkung auf den Todesfall. Nach § 956 ABGB sind Schenkungen, die erst nach dem Tode des Versprechenden erfüllt werden, als Vermächtnis aufzufassen. Der Schenkungsvertrag auf den Todesfall setzt zu seiner Gültigkeit die Annahme des Geschenkes durch den beschenkten, die ausdrückliche Erklärung, auf den Widerruf der Schenkung zu verzichten, und die Errichtung eines Notariatsaktes voraus. Die Schenkung auf den Todesfall hat Vertragscharakter und begründet daher lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch des Beschenkten gegen den Schenker, der erst nach dessen Tod erfüllt werden soll (vgl die bei Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band III - Erbschaftssteuer, § 2 ErbStG, Rz 46, wiedergegebene Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes).

Die meisten Tatbestände des ErbStG knüpfen an die zivilrechtlichen Erscheinungsformen der Rechtsgestaltung an (vgl z. B. das hg Erkenntnis vom 28. März 1996, Zl 95/16/0245). Ebenso wie der Tatbestand des § 2 Abs. 1 Z 1 ErbStG an das bürgerliche Recht und nicht an wirtschaftliche Vorgänge anknüpft (vgl z.B. das hg Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 2. Juli 1992, Zl 90/16/0167), stellt auch der Tatbestand nach Z 2 des § 2 Abs 1 ErbStG auf die Erfüllung des bürgerlich-rechtlichen Tatbestandes der Schenkung auf den Todesfall ab. Damit ist aber das Schicksal der Beschwerde bereits entschieden: Da die Vorausetzung der Errichtung eines Notariatsaktes im Beschwerdefall unbestrittenermaßen nicht erfüllt ist, liegt eine Schenkung auf den Todesfall nicht vor. Die Meinung des Beschwerdeführers, das Formerfordernis eines Notariatsaktes diene lediglich dem Schutz des Geschenkgebers vor Übereilung, hindere aber die Wirksamkeit des Geschäftes nicht, ist unzutreffend. Nicht verständlich ist das Vorbringen, es sei verfehlt, aus dem Fehlen eines Notariatsaktes auf die Unwirksamkeit einer Schenkung auf den Todesfall zu schließen, wenn eine tatsächliche Übergabe der Sparbücher bereits zu Lebzeiten erfolgt ist, weil bei der Schenkung auf den Todesfall gerade vorausgesetzt wird, dass eine Übergabe unter Lebenden noch nicht erfolgt ist.

Abgesehen davon, dass die weitere Voraussetzung für das Vorliegen einer Schenkung auf den Todesfall, nämlich eine ausdrücklicher Erklärung der Geschenkgeberin, auf den Widerruf der Schenkung zu verzichten, vom Beschwerdeführer nicht einmal behauptet wird, sind die Abgabenbehörden auf Grund der Ermittlungen im Abgabenverfahren, insbesondere im Hinblick auf die Angaben in der an das Abhandlungsgericht gerichteten Eingabe vom 8. Mai 1995, im eidesstättigen Vermögensbekenntnis, den Angaben des Beschwerdeführers bei seiner ersten Einvernahme, der Einvernahme seiner Ehefrau sowie der Zeugin Dr. Erika F. zu dem mit den Denkgesetzen und den Erfahrungen des täglichen Lebens übereinstimmenden Ergebnis gelangt, dass die in Rede stehenden Sparbücher dem Beschwerdeführer bereits zu Lebzeiten der Anna F. übergeben und damit übereignet worden sind. Der Tatbestand der Schenkung auf den Todesfall - der davon ausgeht, dass die Erfüllung erst mit dem Tod des Schenkers erfolgt - kommt daher auch deswegen nicht in Betracht, weil die Schenkung der Sparbücher bereits vor dem Tod der Anna F. erfüllt worden ist.

Die in der Beschwerde aufgestellte Behauptung des Beschwerdeführers, die Sparbücher seien ihm nur zur Verwahrung übergeben worden, steht mit dem Erhebungsergebnis nicht in Einklang. Das Vorbringen, es sei eine Verfügungsbeschränkung vereinbart worden, geht dabei schon deswegen ins Leere, weil eine solche Vereinbarung kein Merkmal für das Vorliegen einer Schenkung auf den Todesfall ist. Für das Vorliegen einer derartigen Vereinbarung ergibt sich dabei auch nach den durchgeführten Erhebungen kein Anhaltspunkt. Dem Umstand, dass der Beschwerdeführer in der kurzen Zeit zwischen der Übergabe der Sparbücher und dem Tod der Erblasserin keine Abhebungen getätigt hat, kommt keine Bedeutung zu.

Wenn der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt, es sei ihm die Aussage der Dr. Erika F. vom 26. August 1997 nicht zur Kenntnis gebracht worden, so ist ihm entgegenzuhalten, dass der wesentliche Inhalt dieser Aussage, auf den sich die belangte Behörde zu Recht gestützt hat, in der Begründung der Berufungsvorentscheidung wiedergegeben worden ist, die insoweit als Vorhalt anzusehen ist.

Der Beschwerdeführer rügt zwar zu Recht, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid davon ausging, er habe bei seiner Vernehmung vor der Finanzstrafbehörde erster Instanz nicht von einer Schenkung auf den Todesfall gesprochen, während er tatsächlich bei der Vernehmung am 16. April 1997 ausgesagt hatte, er sei davon ausgegangen, dass es sich um eine Schenkung auf den Todesfall gehandelt hatte. Es ist aber nicht erkennbar, zu welchem anderen Bescheid die belangte Behörde bei Vermeidung dieses Verfahrensmangels hätte gelangen können.

Die Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 28. September 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000160089.X00

Im RIS seit

23.01.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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