TE Vwgh Erkenntnis 2014/6/26 2012/16/0138

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.06.2014
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
32/06 Verkehrsteuern;

Norm

GrEStG 1987 §1 Abs1 Z1;
GrEStG 1987 §1 Abs1 Z4;
GrEStG 1987 §1 Abs1 Z5;
VwRallg;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):2012/16/0139

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma, die Hofrätin Mag. Dr. Zehetner und den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Berger, über die Beschwerden 1. des H O und 2. der K O, beide in K und vertreten durch Dr. Walter Hausberger, Dr. Katharina Moritz und Dr. Alfred Schmidt, Rechtsanwälte in 6300 Wörgl, Poststraße 3, gegen die Bescheide des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Innsbruck, vom 19. Juni 2012, zu 1. Zl. RV/0530-I/11 und zu 2. Zl. RV/0531-I/11, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführer, ein Ehepaar, schlossen jeweils am 3. Dezember 1996 eine Leasingvereinbarung mit einer Leasinggesellschaft über eine Liegenschaft, auf welcher ein Wohnhaus mit angebautem Friseursalon errichtet werden sollte. Dabei wurde vom Beschwerdeführer die betreffende Liegenschaft samt zu errichtendem Wohngebäude und von der Beschwerdeführerin die betreffende Liegenschaft samt zu errichtendem Friseursalon, unter Einräumung einer Kaufoption zugunsten der Leasingnehmer, geleast.

Mit den den Verwaltungsakten zu entnehmenden Schreiben vom 28. Oktober 2010 teilten die Beschwerdeführer der betreffenden Leasinggesellschaft jeweils mit, dass "wie bereits mit Ihnen besprochen und per E-Mail vom 28.09.2010 offiziell beantragt, bin ich unwiderruflich damit einverstanden, daß meine Tochter, (...) die Option auf Ankauf des obigen Leasingobjektes gemäß Punkt VIII der Leasingvereinbarung ausübt und - im Falle der Ausübung des eingeräumten Gestaltungsrechtes durch meine Tochter - somit das Leasingobjekt mit Stichtag 31.03.2011 an (die Tochter) um den vereinbarten Betrag von EUR (...) netto verkauft wird".

Mit auszugsweise wie folgt lautendem Kaufvertrag vom 5. April 2011 veräußerte die Leasinggesellschaft die betreffende Liegenschaft an die Tochter der Beschwerdeführer:

"II. Vertragsverhältnisse:

Mit Leasingvertrag vom 3.12.1996, LV (...) hat die Mutter der Käuferin, (Beschwerdeführerin), von der Verkäuferin den betrieblichen Teil des Wohn- und Betriebsgebäudes (...) angemietet.

Mit Leasingvertrag vom selben Tag, LV (...) hat der Vater der Käuferin, (Beschwerdeführer), von der Verkäuferin den nichtbetrieblichen Teil der Liegenschaft (...) angemietet.

In den genannten Leasingverträgen wurde jeweils auch eine Kaufoption zugunsten der Leasingnehmer festgelegt, welche beide Elternteile zwischenzeitlich ebenso wie die Guthabensbeträge auf den jeweils eingerichteten Depotkonten auf die Käuferin übertragen haben.

Demgemäß wird einvernehmlich festgestellt, dass die Käuferin zur Ausübung der Ankaufsoption, welche dem gegenständlichen Kaufvertrag zugrunde liegt, berechtigt war. Einvernehmlich festgestellt wird weiters, dass die Ankaufsbedingungen bereits in den erwähnten Leasingverträgen festgehalten sind und mit diesem Kaufvertrag die seinerzeit festgelegten Ankaufsbedingungen lediglich realisiert werden."

Mit den angefochtenen Bescheiden setzte die belangte Behörde für die Weitergabe der betreffenden ausgeübten Kaufoption jeweils die anteilige Grunderwerbsteuer in Höhe von 2 % vom dreifachen Einheitswert im Instanzenzug fest und führte dazu näher aus:

Nach § 1 Abs. 1 Z 4 GrEStG würden der Grunderwerbsteuer auch Rechtsgeschäfte, die den Anspruch auf Abtretung der Rechte aus einem Kaufanbot begründen, unterliegen. Ein Optionsrecht sei als ein Recht im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 4 GrEStG anzusehen. Wenn der Eigentümer jemandem die Option auf den Erwerb eines Grundstückes zu einem bestimmten Kaufpreis einräumt und dieser zugleich das Recht auf Benennung eines anderen Käufers erhält, würde die Übertragung des Anbotes auf den Dritten bei Ausübung der Option oder Annahme des Kaufanbotes durch den Dritten die Grunderwerbsteuerpflicht für den Liegenschaftserwerb gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG vom Kaufpreis und für die Weitergabe des Kaufanbotes beim ursprünglichen Optionsberechtigten gemäß § 1 Abs. 1 Z 4 GrEStG auf Basis des dreifachen Einheitswertes, bewirken.

Im Beschwerdefall sei den Beschwerdeführern im Leasingvertrag vom Dezember 1996 eine Kaufoption zu einem bestimmten Kaufpreis hinsichtlich der betreffenden Liegenschaft eingeräumt worden sowie zumindest konkludent das Recht auf Benennung eines Dritten, nachdem im beiderseitigen Einvernehmen der Vertragsparteien mit Vereinbarung vom 28. Oktober 2010 der Tochter der Beschwerdeführer das durch die Option eingeräumte Gestaltungsrecht abgetreten worden sei. Für diese "Weitergabe/Abtretung" des Kaufanbotes an die Tochter würde in der Folge die Steuerpflicht nach § 1 Abs. 1 Z 4 GrEStG im Zeitpunkt der Optionsausübung, d.h. im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages, eintreten.

In den Beschwerden gegen den jeweiligen Bescheid erachten sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf "Grunderwerbsteuerfreiheit mangels Verwirklichung eines Erwerbsvorganges" und "Gleichbehandlung von Optionsberechtigten unabhängig davon, ob diese ihr Recht vom Eigentümer selbst oder vom früheren Optionsberechtigten, dessen Erwerb ebenfalls steuerfrei war, erworben haben", verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und reichte zwei Gegenschriften ein, in welcher sie jeweils die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden wegen des persönlichen und sachlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 4 des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 (GrEStG) unterliegt ein sich auf ein inländisches Grundstück beziehendes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Abtretung der Rechte aus einem Kaufanbot begründet, der Grunderwerbsteuer. Dem Kaufanbot steht ein Anbot zum Abschluss eines anderen Vertrages gleich, kraft dessen die Übereignung verlangt werden kann. Dasselbe gilt nach Z 5 leg. cit für den Erwerb eines solchen Rechtes, wenn kein Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, das den Anspruch auf Erwerb der Rechte begründet.

Im Beschwerdefall wurde von den Beschwerdeführern und der Leasinggesellschaft als Liegenschaftseigentümerin ein Leasingvertrag mit Kaufoption geschlossen. Mit Schreiben vom 28. Oktober 2010 erklärten sich die Beschwerdeführer unwiderruflich damit einverstanden, dass deren Tochter "die Option auf Ankauf des obigen Leasingobjektes gemäß Punkt VIII der Leasingvereinbarung ausübt".

Dabei ist, wie von den Beschwerdeführern richtigerweise ausgeführt, die Einräumung einer Option auf die Erwerbung eines Grundstückes grundsätzlich noch kein Tatbestand, der die Grunderwerbsteuerpflicht auslöst. Der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG wird mit der Ausübung der Option auf die Erwerbung eines Grundstücks erfüllt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 2012, 2010/16/0072, mwN).

Mit Kaufvertrag vom 5. April 2011 wurde die in den betreffenden Leasingvereinbarungen der Beschwerdeführer enthaltene Kaufoption tatsächlich von der Tochter der Beschwerdeführer ausgeübt.

Die Stellung des Optionsberechtigten entspricht hinsichtlich des Hauptvertrages der eines Offertenempfängers; auch der letztere hat nämlich ein rechtsbegründendes Gestaltungsrecht, weil es von seinem einseitigen Willensentschluss abhängt, ob der Vertrag zustande kommt oder nicht (vgl. beispielsweise die Urteile des OGH vom 25. März 2003, 1 Ob 67/03i, vom 3. Oktober 2013, 5 Ob 119/13f und vom 14. Dezember 1979, 1 Ob 772/79).

Im Beschwerdefall haben die Beschwerdeführer daher ein befristet bindendes Angebot in Form eines Optionsrechtes zum Erwerb einer bestimmten Liegenschaft eingeräumt erhalten, welches an die Tochter weiterübertragen wurde und von dieser durch einseitige fristgerechte Erklärung in Geltung gesetzt wurde. Ob der Übertragung ein diese betreffendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist oder nicht, bedeutet hinsichtlich des Entstehens der Grunderwerbsteuerschuld, wie das Gesetz zeigt (§ 1 Abs. 1 Z 4 und 5 GrEStG), keinen Unterschied. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mit dem Erkenntnis vom 18. November 1982, 0261/80 ausgesprochen hat, begründet die Abtretung eines Optionsrechtes den Steuertatbestand des § 1 Abs. 1 Z 4 GrEStG (vgl. weiterführend Fellner, Gebühren- und Verkehrssteuern II, 3. Teil, Grunderwerbsteuergesetz 1987, § 1 Rz 242). Daran ändert auch nichts, dass die Abtretung des Gestaltungsrechtes erst im Nachhinein und nicht bereits bei Vereinbarung der ursprünglichen Kaufoption erfolgt ist.

Sofern die Beschwerdeführer auf die "einschlägige Judikatur", die bei Fellner, aaO, Rz 241 zitiert werde, hinweisen, wonach für die Steuerbarkeit erforderlich sei, dass der Berechtigte das Kaufangebot zum Nutzen der eigenen wirtschaftlichen Interessen verwerten würde, ist dem zu entgegnen, dass dort ausschließlich Rechtsprechung des deutschen Bundesfinanzhofes (BFH) zitiert wird und die Rechtsprechung des BFH vom Verwaltungsgerichtshof für die Entwicklung von Auslegungsgrundsätzen nicht zwingend heranzuziehen ist. Überdies ist diese "einschlägige Judikatur" des BFH regelmäßig zu typischen Grundstücksvermittlungsgeschäften von Maklern ergangen, deren wirtschaftliches Interesse über den Abschluss eines Kaufvertrages nicht hinausgehe, um die bloße Grundstücksvermittlung von der Steuerbarkeit nicht zu erfassen (vgl. Fischer in Boruttau, dGrunderwerbsteuergesetz, § 1 Rz 484). Im Beschwerdefall ist schon deshalb nicht von einer bloßen Vermittlungstätigkeit auszugehen, weil sich die Beschwerdeführer selbst in ihren Leasingvereinbarungen, jeweils vom 3. Dezember 1996, die von ihnen auszuübende Kaufoption ausbedungen haben. Erst mit Schreiben vom 28. Oktober 2010 wurde schriftlich die Weitergabe der Optionsausübungsbefugnis bekanntgegeben.

Die Beschwerdeführer zeigen daher keine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide auf, weswegen die Beschwerden gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen waren.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der im Beschwerdefall noch anwendbaren VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Das Mehrbegehren betrifft Schriftsatz- und Vorlageaufwand, der nur einmal zuzusprechen war, weil die Akten gemeinsam vorgelegt wurden und die Gegenschriften inhaltsgleich sind.

Wien, am 26. Juni 2014

Schlagworte

Auslegung Diverses VwRallg3/5

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2014:2012160138.X00

Im RIS seit

07.08.2014

Zuletzt aktualisiert am

28.06.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten