TE Vfgh Erkenntnis 2014/6/23 G87/2013 ua

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Veröffentlicht am 23.06.2014
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Index

82/03 Ärzte, sonstiges Sanitätspersonal

Norm

B-VG Art19, Art20 Abs1, Art120a ff
B-VG Art140 Abs1 / Präjudizialität
ÄrzteG 1998 §27 Abs10, §117b Abs1 Z18, §125 Abs4

Leitsatz

Verfassungswidrigkeit von Bestimmungen des ÄrzteG 1998 über die Zuständigkeit des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer zur Eintragung von Personen in die Ärzteliste im Rahmen des eigenen Wirkungsbereiches aufgrund Überschreitung der Grenzen zulässiger Selbstverwaltung

Spruch

I. 1. §27 Abs10 und die Wortfolge "Eintragung in die Ärzteliste und" in §117b Abs1 Z18 des Bundesgesetzes über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte (Ärztegesetz 1998 – ÄrzteG 1998), BGBl I Nr 169, jeweils idF BGBl I Nr 144/2009 werden als verfassungswidrig aufgehoben.

2. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 30. Juni 2015 in Kraft.

3. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.

4. Die Wortfolge "10 und" in §125 Abs4 zweiter Satz des Bundesgesetzes über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte (Ärztegesetz 1998 – ÄrzteG 1998), BGBl I Nr 169, idF BGBl I Nr 144/2009 war verfassungswidrig.

5. Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.

II. Im Übrigen werden die Anträge zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Anlassverfahren, Anträge und Vorverfahren

1. Mit den vorliegenden, auf Art140 B-VG gestützten Anträgen begehrt der Verwaltungsgerichtshof, §27 Abs10, die Wortfolge "Eintragung in die Ärzteliste und" in §117b Abs1 Z18 und die Wortfolge "Abs10 und" bzw. "10 und" in §125 Abs4 zweiter Satz, jeweils des Bundesgesetzes über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte (Ärztegesetz 1998 – ÄrzteG 1998), BGBl I 169, jeweils idF BGBl I 144/2009 (im Folgenden: ÄrzteG 1998) als verfassungswidrig aufzuheben, in eventu festzustellen, dass die Wortfolge "10 und" in §125 Abs4 zweiter Satz ÄrzteG 1998 verfassungswidrig war.

Diesen Anträgen liegen folgende Sachverhalte zugrunde:

2. Zu dem unter G87/2013 protokollierten Antrag des Verwaltungsgerichtshofes:

2.1. Die beim Verwaltungsgerichtshof beschwerdeführende Partei stellte am 13. September 2010 einen Antrag auf Eintragung in die österreichische Ärzteliste als zur selbständigen Berufsausübung berechtigter Arzt für Allgemeinmedizin – eingeschränkt auf das Gebiet der Akupunktur. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer vom 16. November 2010 gemäß §27 Abs10 ÄrzteG 1998 abgewiesen. Begründend wurde hiezu – zusammengefasst – ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer auf Grund einer Erblindung das Erfordernis der "gesundheitlichen Eignung" iSd §4 Abs2 Z4 ÄrzteG 1998 fehle. Gegen diesen Bescheid ist eine Beschwerde des Beschwerdeführers beim Verwaltungsgerichtshof anhängig.

2.2. Der Verwaltungsgerichtshof legt die Bedenken, die ihn zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof bestimmt haben, im Wesentlichen wie folgt dar:

       "Zur selbständigen Ausübung des ärztlichen Berufes als approbierter Arzt, als Arzt für Allgemeinmedizin oder als Facharzt bedarf es der Eintragung in die Ärzteliste (§4 Abs1 ÄrzteG 1998). Im Eintragungsverfahren ist zu prüfen, ob die vom Gesetz geforderten allgemeinen und besonderen Voraussetzungen vorliegen (§27 ÄrzteG 1998). Liegen sie vor, ist der Betreffende in die Ärzteliste einzutragen (§27 Abs9 ÄrzteG 1998), liegen sie nicht vor, ist die Eintragung - durch den Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer - mit Bescheid zu versagen (§27 Abs10 ÄrzteG 1998).

       Das ÄrzteG 1998 idF der Novelle BGBI. I Nr 144/2009 ordnet die Durchführung von Verfahren zur Eintragung in die Ärzteliste (und zur Austragung aus dieser) und damit auch die - durch den Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer mit Bescheid zu treffende - abweisliche Entscheidung über einen Antrag auf Eintragung in die Ärzteliste (abgesehen von im Beschwerdefall nicht in Betracht kommenden Ausnahmen) dem eigenen Wirkungsbereich der Österreichischen Ärztekammer zu:

       §117b Abs1 Z16 leg. cit. nennt die 'Führung der Ärzteliste hinsichtlich der Kammerangehörigen der Ärztekammern in den Bundesländern', Z18 die 'Durchführung von Verfahren zur Eintragung in die Ärzteliste und Austragung aus der Ärzteliste, mit Ausnahme von Verfahren gemäß §§32, 33 und 35, einschließlich der a) Ausstellung von damit in Zusammenhang stehenden Bestätigungen, insbesondere der Ärzteausweise und b) Besorgung von Verwaltungsangelegenheiten gemäß der Richtlinie 2005/[…]36/EG, einschließlich der Einholung der hiezu erforderlichen Auskünfte im Rahmen der Verwaltungszusammenarbeit und Ausstellung der erforderlichen Bestätigungen' als von der Österreichischen Ärztekammer im eigenen Wirkungsbereich wahrzunehmende Aufgaben.

       Seit der Novelle BGBI. I Nr 144/2009 entscheidet der Präsident der Österreichischen Ärztekammer hinsichtlich der (Versagung einer) Eintragung in die Ärzteliste in erster und letzter Instanz (§27 Abs10, §125 Abs4 2. Satz ÄrzteG 1998).

       […] Der Verwaltungsgerichtshof hegt gegen diese Regelung, welche die Entscheidung über Eintragungsbegehren in die Ärzteliste dem eigenen Wirkungsbereich der Österreichischen Ärztekammer zuweist und den Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer dazu beruft, vor dem Hintergrund der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs folgende Bedenken:

       […] Im Erkenntnis vom 19. Juni 2006, VfSlg 17869, hat der Verfassungsgerichtshof zu den Grundsätzen der Besorgung staatlicher Aufgaben in Selbstverwaltung und der Einrichtung von Selbstverwaltungsorganen, die an Weisungen staatlicher Organe nicht gebunden sind, Stellung bezogen und zu den dabei bestehenden verfassungsrechtlichen Schranken Folgendes ausgeführt:

       'Dem Bund wie auch den Ländern steht es somit - auch ohne besondere verfassungsgesetzliche Grundlage - im Prinzip frei, staatliche Aufgaben in Selbstverwaltung besorgen zu lassen und in den damit betrauten Rechtsträgern Organe einzurichten, die an Weisungen staatlicher Organe nicht gebunden sind, doch unterliegt die Gesetzgebung hiebei mehreren verfassungsrechtlichen Schranken (vgl. VfSlg 17.023/2003, S 667 ff mwN).

       a) Eine dieser Grenzen zulässiger Selbstverwaltung besteht darin, dass sich der eigene (dh. ohne Bindung an Weisungen staatlicher Organe zu besorgende) Wirkungsbereich eines Selbstverwaltungskörpers auf Angelegenheiten zu beschränken hat, die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der zum Selbstverwaltungskörper zusammengeschlossenen Personen gelegen und geeignet sind, von dieser Gemeinschaft besorgt zu werden (so schon VfSlg 8215/1977, S 488).

       b) Ferner ist zu berücksichtigen, dass anders als die - territoriale - Gemeindeselbstverwaltung die nicht territoriale Selbstverwaltung jeweils auf den bestimmten Personenkreis beschränkt ist, dessen Angelegenheit durch den Selbstverwaltungskörper verwaltet wird. Die im Falle der Einrichtung von Selbstverwaltung zulässige Ausnahme vom sonst gebotenen Weisungszusammenhang mit den obersten Organen der Vollziehung (Art19 iVm 20 Abs1 B-VG) und die sich daraus ergebende Entkoppelung der Selbstverwaltung von deren demokratischer Legitimation erfordern es, dass dem Selbstverwaltungskörper statt dessen seinerseits eine entsprechende demokratische Legitimation durch die von ihm Verwalteten zukommt. Es wäre jedenfalls unzulässig, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts zwar als Selbstverwaltungskörper einzurichten, diesem aber die Zuständigkeit zu übertragen, auch solche Angelegenheiten - unter Einsatz von imperium - weisungsungebunden zu besorgen, die sich auf einen Personenkreis beziehen, der von jenem verschieden ist, welcher dem Selbstverwaltungskörper die erforderliche demokratische Legitimation vermittelt, dh. der bei der Kreation (jedenfalls) des obersten Organs dieses Selbstverwaltungskörpers mitwirken konnte. Damit würde nämlich das Organisationskonzept der Bundesverfassung, das im Prinzip eine Unterstellung der hoheitlich zu besorgenden Verwaltungstätigkeiten unter die obersten Organe im Sinne des Art19 Abs1 B-VG verlangt, die ihrerseits der parlamentarischen Kontrolle unterliegen, umgangen werden (vgl. neuerlich das Erkenntnis VfSlg 17.023/2003, S 674).'

       Diese Vorgaben wurden vom Verfassungsgerichtshof in seinen Erkenntnissen vom 25. September 2008, G10/08, VfSlg 18.548, vom 24. Juni 2009, G74/08 ua, V385/08 ua, VfSlg 18.806, und vom 12. Juni 2012, G10/12 ua, ausdrücklich bestätigt.

       […] Den beschriebenen verfassungsrechtlichen Vorgaben wird die dargestellte Regelung des ÄrzteG 1998 nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs nicht gerecht:

       Ein Eintragungswerber, der den ärztlichen Beruf - sei es als approbierter Arzt, Arzt für Allgemeinmedizin[…] oder Facharzt - auszuüben beabsichtigt, ist noch nicht in die Ärzteliste eingetragen und - noch - nicht Mitglied einer Ärztekammer (in den Bundesländern), zumal für die Kammerangehörigkeit (als ordentliches Kammermitglied) die Eintragung in die Ärzteliste erforderlich ist (§68 Abs1 Z1 ÄrzteG 1998). Schon gar nicht ist ein solcher Eintragungswerber Mitglied der Österreichischen Ärztekammer (deren Mitglieder sind nach §119 ÄrzteG 1998 - allein - die Ärztekammern in den Bundesländern). Nur den (ordentlichen) Kammerangehörigen kommt das Wahlrecht zur Vollversammlung der Ärztekammer zu (§70 ÄrzteG 1998), nur diese haben daher Einfluss auf die Bestellung der Organe der Ärztekammern in den Bundesländern und damit auch der der Österreichischen Ärztekammer.

       Die Eintragung in die Ärzteliste gestaltet unmittelbar die Rechtssphäre des Eintragungswerbers, ist sie doch Voraussetzung für die selbständige Ausübung des ärztlichen Berufes iSd §4 Abs1 ÄrzteG 1998.

       Die Eintragung in die Ärzteliste, der eine inhaltliche Prüfung vorauszugehen hat, inwieweit die materiellen Voraussetzungen für die ärztliche Berufsausübung vorliegen, beurkundet den Nachweis der Erfüllung der allgemeinen und besonderen Erfordernisse zur Berufsausübung, sie eröffnet auch überhaupt erst die ärztliche Berufsausübung. Damit berührt sie nicht bloß überwiegende Interessen der im Selbstverwaltungskörper Ärztekammer bzw. Österreichische Ärztekammer zusammengefassten Mitglieder, sondern in zumindest gleicher Intensität allgemeine öffentliche Interessen der gesamten Bevölkerung (insbesondere daran, dass nur Personen, welche die zur Erfüllung der Berufspflichten erforderliche Vertrauenswürdigkeit und gesundheitliche Eignung aufweisen, als Ärzte tätig sind).

       […] Vor diesem Hintergrund dürfte die geltende Regelung die dargelegten Grenzen zulässiger Selbstverwaltung überschreiten:

       Die von der Österreichischen Ärztekammer im Verfahren zur Eintragung in die Ärzteliste zu entscheidende Angelegenheit geht über die im ausschließlichen oder im überwiegenden Interesse der zum Selbstverwaltungskörper zusammengeschlossenen Personen gelegenen Angelegenheiten hinaus und bezieht sich zudem auf einen Personenkreis, der von jenem verschieden ist, der den Organen des Selbstverwaltungskörpers die erforderliche demokratische Legitimation vermittelt.

       […] Gegen die dargestellten Bedenken kann auch nicht etwa eingewendet werden, dass der Bundesverfassungsgesetzgeber anlässlich der Einfügung der Art120a ff in das B-VG (durch BGBl I Nr 2/2008) die dargestellten Grenzen zulässiger Selbstverwaltung hätte verändern wollen. Eine Absicht des Bundesverfassungsgesetzgebers, die vom Verfassungsgerichtshof in seiner oben ausgewiesenen Judikatur umschriebenen verfassungsrechtlichen Schranken der Zuweisung von Hoheitsverwaltung in den eigenen Wirkungskreis von nichtterritorialen Selbstverwaltungskörpern zu verändern, ist der Entstehungsgeschichte der Art120a ff B-VG nämlich nicht zu entnehmen (vgl. den […] AB, wonach im neuen 5. Hauptstück die wesentlichen Merkmale der nichtterritorialen Selbstverwaltung 'zusammengefasst' werden sollen, und im vorgeschlagenen Art120c Abs1 'im Hinblick auf die dem Selbstverwaltungsbegriff nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes innewohnende Befugnis zur Bestellung der eigenen Organe aus der Mitte der Verbandsangehörigen das Erfordernis der demokratischen Organkreation verankert' werde).

       […] Zu betonen ist in diesem Zusammenhang im Übrigen, dass das ÄrzteG 1998 bis zur Novelle BGBl I Nr 144/2009 - ebenso wie auch das Ärztegesetz 1984 - gegen Entscheidungen der Österreichischen Ärztekammer über Eintragungsbegehren ein Berufungsrecht an den Landeshauptmann vorgesehen hat und damit offenkundig von einer Zuordnung der in Rede stehenden Angelegenheit in den übertragenen Wirkungsbereich ausging.

       […] Vor diesem Hintergrund hegt der Verwaltungsgerichtshof die dargestellten Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen Regelungen des ÄrzteG 1998. Diese - im Beschwerdefall anzuwendenden - Bestimmungen sind es, die im Gefüge der Einrichtung der Österreichischen Ärztekammer als Selbstverwaltungsträger in verfassungswidriger Weise die in Rede stehende Aufgabe (Eintragung in die Ärzteliste) dem eigenen Wirkungsbereich der Österreichischen Ärztekammer zuweisen und dem Organ Präsident der Österreichischen Ärztekammer Entscheidungsbefugnis über die Rechte von Eintragungswerbern einräumen.

       Durch ihre Aufhebung wird nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden, als zur Beseitigung der Verfassungswidrigkeit erforderlich ist.

       Während §117b ÄrzteG 1998 die Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs der Österreichischen Ärztekammer demonstrativ umschreibt ('insbesondere folgende Aufgaben wahrzunehmen'), werden in §117c ÄrzteG 1998 die von der Österreichischen Ärztekammer im übertragenen Wirkungsbereich wahrzunehmenden Angelegenheiten explizit und taxativ aufgezählt ('hat ... folgende Aufgaben wahrzunehmen').

       Schon vor diesem Hintergrund wäre eine Aufhebung allein der angefochtenen Wortfolge in §117b Abs1 ÄrzteG 1998, welche die in Rede stehende Angelegenheit (Entscheidung über die Eintragung in die Ärzteliste) dem eigenen Wirkungsbereich der Österreichischen Ärztekammer zuweist, nicht geeignet, die Zuweisung dieser Angelegenheit zum übertragenen Wirkungsbereich der Österreichischen Ärztekammer (welche die aufgezeigte Verfassungswidrigkeit beseitigen würde) zu bewirken.

       Mit der Aufhebung der angefochtenen Bestimmungen wäre eine abweisliche Entscheidung über einen Antrag auf Eintragung in die Österreichische Ärzteliste gar nicht mehr dem Wirkungsbereich der Österreichischen Ärztekammer zugewiesen. Nach der solcherart bereinigten Rechtslage dürfte in verfassungskonformer Interpretation die zu treffende Entscheidung - bis zu einer allfälligen Neuregelung durch den Gesetzgeber - von den Behörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung zu erlassen sein (vgl. das zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 12. Juni 2012), womit die aufgezeigten Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes ausgeräumt wären."

2.3. Der Präsident der Österreichischen Ärztekammer erstattete eine Äußerung, in der er zum einen beantragt, den vorliegenden Antrag des Verwaltungsgerichtshofes abzuweisen, und im Übrigen den im Antrag dargelegten Bedenken – zusammengefasst – wie folgt entgegentritt:

"Im vorliegenden Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die vom VwGH bekämpften Bestimmungen des Ärztegesetzes 1998 im Lichte der zuvor dargestellten Judikatur verfassungswidrig sind oder nicht.

Dazu ist, wie oben ausgeführt, anzumerken, dass die Kriterien des Personenkreises der Selbstverwaltungskörperschaften der Ärztekammern in den Bundesländern und der Österreichischen Ärztekammer (§§65 ff. sowie 117 ff. Ärztegesetz) auf gesetzlicher Ebene eindeutig vorgegeben sind. Personen[,] die keine Mitgliedschaft erwerben können, stehen also jedenfalls außerhalb des gesetzlich definierten Mitgliederkreises. Eben dies hat grundlegende Auswirkungen auf die Beurteilung der hier vorliegenden Problematik.

Denn die entscheidende Frage besteht darin, ob sich die hier in Rede stehenden Zuständigkeiten der Österreichischen Ärztekammer zum einen primär auf einen Personenkreis beziehen, der dem Selbstverwaltungskörper die erforderliche Legitimation verleiht, was auch in der mit der B-VG-Novelle BGBI I 2008/2 geschaffenen Bestimmung des Art120c Abs1 B-VG angesprochen wird ('Die Organe der Selbstverwaltungskörper sind aus dem Kreis ihrer Mitglieder nach demokratischen Grundsätzen zu bilden.'), und ob dieser Personenkreis zum anderen unmittelbar in seinen Rechten und Pflichten berührt wird.

Im Lichte dieser - erst aus einer Zusammenschau aus dieser Judikatur zu gewinnenden - Prämisse sprechen gute Gründe für die Annahme der Verfassungskonformität der entsprechenden Regelungen. Verfahren zur Eintragung in die Ärzteliste beziehen sich primär auf einen Personenkreis, der in die Liste eingetragen werden soll. Entscheidend dabei ist vor allem das in der Judikatur betonte Kriterium der Unmittelbarkeit. Daraus ist nämlich abzuleiten, dass bloß mittelbare Reflexwirkungen noch keine unmittelbare Berührung darstellen.

Explizit deutlich wurde dies im Erkenntnis VfSlg 17.869/2006 an der Berührung der Rechtssphäre der Vertragsärzte, denen unmittelbar Pflichten durch Akte des Selbstverwaltungskörpers Hauptverband auferlegt wurden. Eine derartige Unmittelbarkeit liegt auch bei Verfahren vor, die sich explizit auf Gleichwertigkeitsprüfungen hinsichtlich bestimmter Kenntnisse von Nicht-Mitgliedern beziehen. Folgerichtig hat der VfGH in VfSlg 18.548/2008 klargestellt, dass mit der 'Beantwortung der mit den fachlichen Voraussetzungen im Zusammenhang stehenden Frage der Gleichwertigkeit von an der Universität für Bodenkultur Wien abgelegten Prüfungen für die jeweils antragstellenden Personen nicht bloß wirtschaftliche Reflexwirkungen verbunden sind, sondern vielmehr auch unmittelbar deren Rechtssphäre gestaltet wird.' Der eventuelle Ausspruch der mangelnden Gleichwertigkeit erfolgt dabei in einem Verfahren, das explizit gegenüber einem Nichtmitglied geführt wird und keinen unmittelbaren Konnex mit der Führung einer Liste der Mitglieder des Selbstverwaltungskörpers besitzt. Eben dies ist im Fall der bekämpften Bestimmungen des Ärztegesetzes 1998 aber eindeutig gegeben: Es geht dabei um Verfahren zur Eintragung in die Ärzteliste. Der Hauptfokus liegt damit auf dem personellen Element des Mitgliederkreises, woran auch zweifellos gegebene Reflexwirkungen von Nichtmitgliedern nichts zu ändern vermögen. Die Führung einer Liste von Kammerangehörigen hat demnach einen primären Konnex zum Mitgliederkreis und nur in reflexartiger Weise Auswirkungen auch auf Nichtmitglieder. Dies unterscheidet den vorliegenden Zusammenhang auch von Fällen wie jenen in VfSlg 17.869/2006 entschiedenen, in denen es um betroffene Personengruppen ging, die in keiner - auch nur potenziellen - Beziehung zu diesem Mitgliederkreis gestanden sind. Aus VfSlg 18.806/2009 ist wiederum der Gedanke[…] zu gewinnen, dass ein relevanter Bezug zum Mitgliederkreis auch dann noch gegeben ist, wenn man etwa aus Altersgründen seine mitgliedschaftsbegründende Tätigkeit beendet. Spiegelbildlich dazu zeigt sich, dass Verfahren zur Eintragung in eine Berufsliste ein akzessorisches Element zum Führen dieser Liste darstellen, die für sich genommen aber einen unmittelbaren Konnex zum demokratisch legitimierenden Mitgliederkreis besitzt. Eine Führung der Liste von Berufsangehörigen zählt daher zu jenen Aufgaben von Selbstverwaltungskörpern, die einen unmittelbaren Konnex zu ihrem personellen Substrat [haben] und daher schon insoweit zum eigenen Wirkungsbereich zu zählen [sind].

Dies belegt auch ein Vergleich mit anderen Selbstverwaltungskörpern freier Berufe: Eine weitgehend idente Rechtslage besteht nämlich etwa auch bei der gesetzlichen beruflichen Vertretung der Rechtsanwälte. Auch diese Liste wird im eigenen Wirkungsbereich geführt (§§5 ff. iVm §23 Abs5 Rechtsanwaltsordnung [RAO]). Den tragenden Gedanken dieser Zuordnung bringen die Materialien zum Berufsrechts-Änderungsgesetz 2010 - BRÄG 2010, BGBI I 2009/141, RV 483 BlgNR 24. GP, 4, treffend auf den Punkt: 'Als Beispiel sei etwa die Eintragung in die oder die Streichung von der Liste der Rechtsanwälte genannt. Diese ureigenste, weisungsfrei zu besorgende Aufgabe der Rechtsanwaltskammern hat zwangsläufig Reflexwirkungen auf Dritte, weil nur in die Liste eingetragene Personen als Rechtsanwalt tätig werden dürfen. Unmittelbare Rechte und Pflichten von Personen, die von jenem Personenkreis verschieden sind, welcher dem Selbstverwaltungskörper die erforderliche demokratische Legitimation vermittelt (VfSlg 17.023/2003, S 674, und VfSlg 17.869/2006, S 886 f.), werden damit aber nicht begründet.' Dazu sei angemerkt, dass in der bisherigen Judikatur des VfGH bislang auch gegen die Bestimmungen zur Führung der Liste im eigenen Wirkungsbereich der Rechtsanwaltskammern keine Bedenken entstanden sind (siehe dazu etwa VfSlg 9230/1981 und 14.237/1995).

Im Erkenntnis des VfGH B2450/94 (VfSlg[.] 14.237/1995, Mitgliedschaft Rechtsanwälte) vom 26.09.1995 wird unter Pkt 2.1.3 ausgeführt, dass der VfGH hinsichtlich der im Verfahren behaupteten Verfassungswidrigkeit der §§5, 23 und 33 Abs2 RAO, welche damit begründet wurde, dass Gesetze, die die Ausübung des Anwaltsberufes von der Zugehörigkeit zu einer Rechtsanwaltskammer und damit von deren Zuständigkeit zur Ausübung der Disziplinargerichtsbarkeit abhängig machen, mit dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung unvereinbar seien, keinen Anlass zur näheren Untersuchung sah. Der VfGH verwies vielmehr auf das Erkenntnis VfSlg 11065/1986, in dem er schon damals darlegte, dass gegen §5 RAO unter dem Blickwinkel der Zwangsmitgliedschaft keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen. Diese Überlegungen sind auch für die §§23 und 33 Abs2 RAO maßgeblich.

Mit seinem Erkenntnis B611/80 vom 07.10.1981 sprach der VfGH aus, dass das durch Art18 StGG geschützte Recht[,] welches die Freiheit, ohne Behinderung oder Beschränkung durch eine Österreichische Rechtsnorm einen Beruf zu wählen und sich für ihn auszubilden[,] umfasst (vgl. zB VfSlg 8037/1977 und die dort zitierte Vorjudikatur)[,] durch §5 Abs2 RAO nicht behindert oder beschränkt werde. Bei der unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles verfassungsgesetzlichen Unbedenklichkeit der den bekämpften Bescheid tragenden Rechtsvorschriften könnte der Beschwerdeführer im Gleichheitsrecht nur durch eine willkürliche Gesetzeshandhabung verletzt worden sein (vgl. zB VfSlg 8428/1978), im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf freie Erwerbsbetätigung (Art6 StGG) nur dann, wenn bei Erlassung des Bescheides eine gesetzliche Bestimmung in denkunmöglicher Weise angewendet wurde (vgl. zB VfSlg 7440/1974).

Ähnlich gestaltet sich die Situation auch beim freien Beruf der Ziviltechniker, da einerseits gemäß §2 Abs1 Ziviltechnikerkammergesetz 1993 (ZTKG) die Länderkammern berufen sind, innerhalb ihres örtlichen Wirkungsbereiches die beruflichen, sozialen und wirtschaftlichen Interessen der Ziviltechniker wahrzunehmen und zu fördern, für die Wahrung des Standesansehens zu sorgen und die Erfüllung der Berufspflichten der Ziviltechniker zu überwachen. Diese generell genannten Aufgaben werden gem. Abs2 leg cit als solche des selbständigen Wirkungsbereiches angesehen, wobei insbesondere das Führen des Verzeichnisses der Ziviltechniker und der Ziviltechnikergesellschaften ausdrücklich im Gesetz als eine Aufgabe des selbständigen Wirkungsbereiches normiert ist (§2 Abs1 Z7 ZTKG).

Die Führung der Liste und auch die Eintragung in diese fallen daher auch in vergleichbaren Fällen in den eigenen Wirkungsbereich des jeweiligen Selbstverwaltungskörpers.

Dies bedeutet aber umgekehrt, dass Verfahren, in denen die Merkmale des Mitgliederkreises bzw. der im Selbstverwaltungskörper zusammengefassten Personengruppe nicht gesetzlich definiert sind oder es sich um eine Personengruppe handelt, die gänzlich außerhalb dieses Personenkreises steht, dh in denen ein[e] Drittbezogenheit gegeben ist, dem übertragenen Wirkungsbereich zugeordnet werden müssen. In diesen Fällen liegt die Parallele zu den in VfSlg 18.548/2008 gegebenen Konstellationen auf der Hand.

Diese Konsequenz ist vom Gesetzgeber des Ärztegesetzes 1998 auch erkannt worden. Derartige Verfahren, wie sie in den §§32, 33 ('Selbständige Berufsausübung aufgrund einer Bewilligung') und 35 Ärztegesetz ('Ärztliche Tätigkeit in unselbständiger Stellung zu Studienzwecken') vorgesehen sind, werden in der bekämpften Bestimmung des §117b Abs1 Z18 leg cit explizit aus dem eigenen Wirkungsbereich exkludiert und durch §117c Abs1 Z2 und 3 leg cit dem übertragenen Wirkungsbereich der Österreichischen Ärztekammer zugewiesen (zum Umstand, dass es dabei um überwiegende Interessen der Allgemeinheit und nicht um das überwiegende Interesse der Ärzteschaft geht, siehe die Materialien zur hier maßgeblichen 13. Ärztegesetz-Novelle, BGBI I 2009/144, RV 467 BlgNR 23. GP, 6). Die Vollziehung der Verfahren gemäß §§32, 33 und 35 sowie der §§9 bis 11 und 13 leg cit erfolgte ursprünglich durch das BMG. Im Rahmen einer Verwaltungsreform/Verwaltungsvereinfachung, BGBI. Nr I 65/2002, ging die Zuständigkeit zur Führung der Verfahren gemäß §§32, 33 und 35 leg cit auf die Österreichische Ärztekammer über. Diese wurden im Rahmen der 13. Ärztegesetznovelle explizit dem übertragenen Wirkungsbereich zugeordnet [(]vgl. §117c Abs1 Z1 und 2 leg cit.). Im Gegensatz dazu erfolgte die Führung der Ärzteliste, welche immer schon als ureigenste, weisungsfrei zu besorgende Aufgabe der Ärztekammer zu sehen war, immer schon im eigenen Wirkungsbereich der Ärztekammer.

Dieses Ergebnis ergibt sich auch aus einem Rückgriff auf die eigentliche Ratio der erwähnten Judikaturlinie, wie sie schon weit vor den hier analysierten Erkenntnissen, nämlich im leading case VfSlg 8215/1977, ausgesprochen wurde: Der eigene Wirkungsbereich jedes Selbstverwaltungskörpers soll auf Angelegenheiten beschränkt bleiben, die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der zum Selbstverwaltungskörper zusammengeschlossenen Personen gelegen und geeignet sind, von dieser Gemeinschaft besorgt zu werden (mwN Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht, Rz. 569a). Es liegt nämlich im ureigensten Interesse der Ärztekammern, jene Verfahren zu führen, die sich auf das personelle Substrat, die Ärzteschaft, beziehen. Würde man den gegenteiligen Standpunkt vertreten, liefe dies darauf hinaus, dass über den Mitgliederkreis der Ärztekammern nur mehr unter staatlicher Weisungsbindung entschieden werden könnte. Dies würde aber dem grundsätzlichen Gedanken der Selbstverwaltung widersprechen: Denn dieser Grundgedanke lässt nur jene staatliche lngerenz zu, wie sie im Gebot der sachlichen Abgrenzung des Personenkreises an sich zum Ausdruck kommt (dazu etwa VfSlg 8539/1979; zum Problemkreis auch Stolzlechner, Der Gedanke der Selbstverwaltung in der Bundesverfassung, in: Österreichische Parlamentarische Gesellschaft (Hrsg), FS 75 Jahre Bundesverfassung (1995) 361 [372]), zu. Eine weitere lngerenz auf jedes einzelne Verfahren zur 'Selbstergänzung' des einmal gesetzlich festgeschriebenen Personenkreises muss in die Autonomie und damit in den eigenen Wirkungsbereich des Selbstverwaltungskörpers fallen, wenn man nicht den Kerngedanken der Selbstverwaltung in Frage stellen möchte.

Daraus ergibt[…] sich[,] dass die Regelung des §117b Abs1 Z18 Ärztegesetz eine verfassungskonforme Regelung trifft, indem sie nur jene Verfahren dem übertragenen Wirkungsbereich zuordnet, in denen die eindeutige Drittbezogenheit gegeben ist. Aus diesem Grund sind auch die darauf Bezug habenden Regelungen des §27 Abs10 leg.cit. und des §125 Abs4 zweiter Satz leg.cit. unbedenklich.

       […] Mitgliederkreis der Österreichischen Ärztekammer

Diesem Ergebnis kann auch nicht entgegen gehalten werden, dass die relevanten Verfahren einen Personenkreis betreffen, der aus der Sicht der Österreichischen Ärztekammer jedenfalls als außenstehend zu qualifizieren wäre, weil die einzelnen Ärzte Mitglieder der Ärztekammern in den Bundesländern (§§65 ff und vor allem §68 Abs1, 2 und 5 Ärztegesetz 1998) sind und die Österreichische Ärztekammer nur jene Aufgaben zu besorgen hat, die über den Wirkungsbereich der einzelnen Ärztekammer hinausgehen (§117a Ärztegesetz 1998), womit lediglich die Ärztekammern in den Bundesländern Mitglieder der Österreichischen Ärztekammer sind (§119 Ärztegesetz 1998), nicht aber die einzelnen Mitglieder der Ärztekammern. Dieses auch vom VwGH bezogene Argument […] ist insoweit nicht vollends überzeugend, als es einer hM (siehe anstatt vieler B. Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2013, Rz. 80; Zellenberg, Die bundesverfassungsrechtlichen Grundlagen und Rahmenbedingungen der funktionalen Selbstverwaltung in Österreich, in: Kluth (Hrsg), Jahrbuch des Kammer- und Berufsrechts 2008 (2009) 259 [275 f.]) entspricht, dass es zulässigerweise auch gegliederte Selbstverwaltungskörper, dh 'Verbände höherer Ordnung', geben kann, in denen die demokratische Legitimation des Dachverbandes durch die einzelnen darin zusammengefassten Kammern bewirkt wird. Dies geschieht durch die - hier nicht im Einzelnen darzustellenden - Mitwirkungsrechte von Organen der Ärztekammern in der Österreichischen Ärztekammer (§§120 ff Ärztegesetz 1998), die eine entsprechende Legitimationskette herstellen.

Führt die Österreichische Ärztekammer daher Verfahren über die Eintragung in die Ärzteliste betreffend die in einer Landesärztekammer zusammengeschlossenen Ärzte, dann entscheidet sie insoweit nicht über außenstehende Personen […].

       […] Keine Änderung der Zuordnung durch die 13. Ärztegesetz-Novelle

Der VwGH geht in seinem Prüfungsantrag […] zudem davon aus, dass die Verfahren zur Eintragung in die Ärzteliste vor der Anpassung an die neuen Bestimmungen der Art120a ff B-VG dienenden 13. Ärztegesetz-Novelle BGBI I 2009/144 in den übertragenen Wirkungsbereich gefallen wären, sodass die monierte Verfassungswidrigkeit erst durch die Neuregelung entstanden sei. Abgeleitet wird dies vom VwGH durch das bis zu diesem Zeitpunkt bestehende Berufungsrecht an den Landeshauptmann.

Dieser Schluss ist nicht berechtigt, weil man aus dem Bestehen von Instanzenzügen für die Frage der Zuordnung zum eigenen oder übertragenen Wirkungsbereich nichts gewinnen kann.

Die Judikatur des VfGH hat in diesem Zusammenhang ausgesprochen, dass das maßgebliche Kriterium darin zu sehen ist, ob ein solcher Instanzenzug aufgrund verfassungsrechtlicher Bestimmungen ausgeschlossen ist. Wenn das nicht der Fall ist, spricht die Vermutung für die Freiheit des einfachen Gesetzgebers. ln VfSlg 7262/1974 ist in dieser Hinsicht davon die Rede, dass 'keine Norm des Bundesverfassungsrechts' bestünde, 'die es dem Bundesgesetzgeber verwehrte, einem Organ der staatlichen Verwaltung in den Bereich der beruflichen Selbstverwaltung eingreifende Rechtsmittelbefugnisse einzuräumen' (dazu auch Adamovich/Funk/Holzinger/Frank, Österreichisches Staatsrecht, Band 4: Allgemeine Lehren des Verwaltungsrechts (2009) Rz 62.085). War eine derartige Grundlage vorhanden, dann konnte (bis zum lnkrafttreten der mit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 BGBI I 2012/51 umgesetzten Rechtsschutzreform) ein Instanzenzug an staatliche Organe auch in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches des Selbstverwaltungskörpers eingerichtet werden. Ein paradigmatischer Fall waren dabei etwa Verfahren im Disziplinarrecht (dazu etwa VfSlg 3184/1957, 7494/1975, 13.580/1993, 16.482/2002).

Diese Problematik wird im Übrigen mit der Einrichtung der erstinstanzlichen Verwaltungsgerichte ab 1. Jänner 2014 obsolet, weil es dann ohnedies sowohl im eigenen wie im übertragenen Wirkungsbereich von nichtterritorialen Selbstverwaltungskörpern einen Rechtsmittelzug an diese Gerichte geben wird (Art130 ff B-VG idF BGBI I 2012/51). Ein interner Instanzenzug ist zudem nur mehr im eigenen Wirkungsbereich der Gemeindeselbstverwaltung vorgesehen, kann aber auch dort vom jeweiligen Materiengesetzgeber ausgeschlossen werden (Art118 Abs4 und Art132 Abs6 BVG idF BGBI I 2012/51).

Insgesamt ergibt sich daraus, dass Verfahren zur Eintragung in die Ärzteliste vor und nach der 13. Ärztegesetz-Novelle zulässigerweise dem eigenen Wirkungsbereich der Österreichischen Ärztekammer zugewiesen waren.

       […] Prozessuale Anmerkungen

Anzumerken ist schließlich noch, dass die Zuordnung der Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Österreichischen Ärztekammer demonstrativ (§117b Abs1 Ärztegesetz: 'insbesondere'), jene des übertragenen Wirkungsbereiches hingegen taxativ erfolgt (vgl. den Wortlaut von §117c Abs1 Ärztegesetz). Die Beseitigung der mit der Bestimmung des §117b Abs1 Z18 Ärztegesetz verbundenen expliziten Zuordnung zum eigenen Wirkungsbereich würde an diesem Status nichts ändern, weil im Zweifel von der Zuordnung zum eigenen Wirkungsbereich auszugehen ist (idS explizit auch VfSlg 9737/1983, 17.869/2006). Auch die Aufhebung von §27 Abs10 Ärztegesetz, der bloß eine Zuordnung zu einem Organ der Österreichischen Ärztekammer vornimmt, ändert nichts daran, dass die Österreichische Ärztekammer nach §27 Abs1 Ärztegesetz eine Ärzteliste zu führen hat, und eine - verfassungsrechtlich grundgelegt: Art120b Abs2 B-VG - explizite Zuordnung von Verfahren zur Eintragung in diese Liste zum übertragenen Wirkungsbereich nur für einen bestimmten Teilbereich der Verfahren vorgenommen wird (vgl. §117c Abs1 Z2 und 3 Ärztegesetz). Auch aus einem Gegenschluss zu dieser Bestimmung wäre weiterhin eine Zuordnung der hier maßgeblichen Verfahren zum eigenen Wirkungsbereich der Österreichischen Ärztekammer abzuleiten. Das gleiche Ergebnis ergibt sich für die dritte zur Aufhebung beantragte Bestimmung, die auf §27 Abs10 Ärztegesetz Bezug nehmende Wortfolge in §125 Abs4 zweiter Satz Ärztegesetz: Auch deren Aufhebung würde an der - nach dem Antrag des VwGH verfassungswidrigen - Zuordnung der entsprechenden Verfahren zum eigenen Wirkungsbereich der Österreichischen Ärztekammer nichts ändern.

ln jenen Fällen, in denen die Aufhebung einer bekämpften Bestimmung an der vermeintlichen Verfassungswidrigkeit nichts ändern würde, geht die Judikatur des VfGH in der Regel mit einer Abweisung im konkreten Normenkontrollverfahren vor (idS etwa für die explizite Zuordnung zum eigenen Wirkungsbereich auch VfSlg 18.548/2008, Pkt. 11.2.3.; zum Problemkreis eingehend auch Rohregger, Art140 B-VG, in: Korinek/Holoubek [Hrsg], österreichisches Bundesverfassungsrecht Kommentar [6. Lfg. 2003] Rz. 279 ff)."

2.4. Die Bundesregierung verzichtete auf die Abgabe einer meritorischen Äußerung, beantragte jedoch, dass der Verfassungsgerichtshof – im Fall der Aufhebung der obzitierten Bestimmungen – gemäß Art140 Abs5 B-VG eine Frist von zwölf Monaten für deren Außerkrafttreten bestimmen möge.

2.5. Die beim Verwaltungsgerichtshof beschwerdeführende Partei erstattete eine Äußerung, in der sie sich den Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich anschließt.

3. Zu dem unter G29/2014 protokollierten Antrag des Verwaltungsgerichtshofes:

3.1. Die beim Verwaltungsgerichtshof beschwerdeführende Partei stellte im Mai 2010 einen Antrag auf Wiedereintragung in die Ärzteliste als zur selbständigen Berufsausübung berechtigte Ärztin für Allgemeinmedizin. Diesen Antrag wies der Präsident der Österreichischen Ärztekammer mit Bescheid vom 29. September 2010 ab. Begründend wurde ausgeführt, dass der Antragstellerin auf Grund ihrer kognitiven Defizite das Erfordernis der gesundheitlichen Eignung (§4 Abs2 Z4 ÄrzteG 1998) und auf Grund ihrer strafgerichtlichen Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung einer Patientin das Erfordernis der Vertrauenswürdigkeit (§4 Abs2 Z3 leg.cit.) fehle. Gegen diesen Bescheid ist eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof anhängig.

3.2. Der Verwaltungsgerichtshof wiederholt im Wesentlichen jene Bedenken, die ihn zur Antragstellung in dem unter G87/2013 protokollierten Verfahren bestimmt haben. Ergänzend hiezu hält er fest:

       "§125 Abs4 zweiter Satz ÄrzteG 1998 hat durch die Novelle BGBI. I Nr 80/2012 eine Neufassung erfahren. Zwar blieb die darin enthaltene Wortfolge '10 und' dadurch (inhaltlich) unberührt; da der Verwaltungsgerichtshof aber jene Fassung des Gesetzes anzuwenden hat, die zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung in Kraft stand, war in eventu die Feststellung zu beantragen, dass die Wortfolge '10 und' in §125 Abs4 zweiter Satz ÄrzteG 1998 in der Fassung der Novelle BGBI. I Nr 144/2009 verfassungswidrig war."

3.3. Der Präsident der Österreichischen Ärztekammer erstattete eine Äußerung, in der er – teilweise unter Wiederholung der zu G87/2013 vorgebrachten Argumente – zum einen beantragt, den vorliegenden Antrag des Verwaltungsgerichtshofes ab- bzw. zurückzuweisen, und im Übrigen den im Antrag dargelegten Bedenken entgegentritt. Hiezu führt er – im Wesentlichen – wie folgt aus:

"[…] Verankerung der nichtterritorialen Selbstverwaltung im B-VG

Verfassungsrechtliche Grundlage

Mit der Einfügung von Art120a Abs1 B-VG durch das Bundes-Verfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert und ein Erstes Bundesverfassungsrechtsbereinigungsgesetz erlassen wird, BGBl I 2/2008, enthält das B-VG nunmehr eine ausdrückliche Ermächtigung an den einfachen Gesetzgeber zur Einrichtung von Selbstverwaltungskörpern. Aus dem Wortlaut der Regelung ergibt sich im Hinblick auf die bisherige Rechtsprechung zur Selbstverwaltung deutlich, dass die Bestimmung lediglich Merkmale der nichtterritorialen Selbstverwaltung und Errichtungsschranken zusammenfasst, die bereits (aus einzelnen Vorschriften des B-VG abgeleitet und durch die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes bestätigt) geltendes Verfassungsrecht waren[…]. Mit der
B-VG-Novelle wurde eine ausdrückliche verfassungsrechtliche Grundlage für die Kammern als Selbstverwaltungsträger geschaffen. Selbstverwaltung bedeutet die Erfüllung selbständig wahrzunehmender Aufgaben durch den als Selbstverwaltungskörper eingerichteten Rechtsträger.

In Art120b und 120c B-VG werden Merkmale der nichtterritorialen Selbstverwaltung - wie Weisungsfreiheit und staatliche Aufsicht, Organkreation aus dem Kreis der Mitglieder und nach demokratischen Grundsätzen - festgeschrieben.

Der Gesetzgeber weist im gleichen Zusammenhang auf die Autonomie der Selbstverwaltungskörper hin, die nicht in unzulässiger Weise eingeschränkt werden kann.

Dem VwGH ist zuzustimmen, dass mit der Verankerung der Selbstverwaltung im B-VG, BGBl I 2008/2 - Art120 bis 120c B-VG - nicht die Grenzen der Selbstverwaltung verändert werden sollten bzw. weiterhin die zuvor ergangene Judikatur des VfGH maßgeblich bleibt.

Gleichzeitig wird auch klargestellt, dass nichts an der bestehenden Verfassungsrechtslage zur Selbstverwaltung im nichtterritorialen Bereich geändert werden soll[…] und mit dieser Neuregelung keine Einschränkung der Rechtsposition von Selbstverwaltungskörpern intendiert war (näherhin VfSlg 18.731/2009, 19.017/2010).

In dem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass sich die Rechtsprechung in Einzelfällen zu bestimmten Rechtsfragen geäußert hat, jedoch immer nur punktuell […].

[…] Die Bedeutung der Selbstverwaltung und ihre Prinzipien

[…] Gesamtbetrachtung

Es ist daher an dieser Stelle zweckmäßig, eine systematische, von sachlichen einheitlichen Gesichtspunkten ausgehende Betrachtungsweise anzustellen, die ein gesamthaftes, dem Wesen und den Aufgaben der Selbstverwaltung entsprechendes Bild der Selbstverwaltung darstellen soll.

Wie bereits ausgeführt, steht es dem Gesetzgeber frei - dem Gedanken der Subsidiarität folgend -, Personen zu einem Selbstverwaltungskörper zusammenzufassen und ihnen gleichzeitig eine Kompetenz zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben, teilweise auch Hoheitsgewalt (vgl. VfSlg 17.023), zu übertragen. Der Gesetzgeber hat dabei dem sich aus Art7 Abs1 B-VG ergebenden Sachlichkeitsgebot Rechnung zu tragen.

[…] Aufgaben

Zu diesen selbständigen Aufgaben sind solche zu zählen, die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der Verbandsangehörigen liegen und geeignet sind, durch diese besorgt zu werden. Die Wahrnehmung dieser öffentlichen Aufgaben erfolgt in eigener Verantwortung weisungsfrei gegenüber dem Staat […] (als zulässige Ausnahme vom sonst gebotenen Weisungszusammenhang mit den obersten Organen der Vollziehung im Sinne der Art19 iVm 20 Abs1 B-VG, vgl. VfSlg 8215/1977)[,] aber unter staatlicher Aufsicht hinsichtlich der Rechtmäßigkeit ihres Verwaltungshandelns.

[…] Demokratische Legitimation

Zumindest jenes Organ des Selbstverwaltungskörpers muss über eine demokratische - das heißt aus der Mitte seiner Angehörigen - Legitimation verfügen, welches das oberste Organ dieses Selbstverwaltungskörpers ist. Die demokratische Bestellung der Organe entspricht einem Kerngedanken der Selbstverwaltung (vgl. VfSlg 13.500/1993).

In diesem Sinne differenziert auch VfSlg 17.023, wonach der nicht demokratisch legitimierten Geschäftsführung (des Hauptverbandes) nur jene Aufgaben zukommen, die von den Selbstverwaltungsorganen an das 'Büro' übertragen werden. Es steht in Widerspruch zu Art19 iVm Art20 Abs1 B-VG, Aufgaben der Hoheitsverwaltung - wie etwa die Erlassung von Verordnungen - durch einfaches Gesetz einem Organ zu übertragen, das auf Grund seiner organisatorischen Stellung kein entsprechend weisungsgebundenes Organ der Staatsverwaltung, sondern das Organ eines Selbstverwaltungskörpers ist, als solches aber weder als Organ der Selbstverwaltung demokratisch legitimiert noch an Weisungen eines demokratisch legitimierten Organs der Selbstverwaltung gebunden ist.

In ihrer rechtlichen Qualität handelt es sich bei Selbstverwaltungskörpern um juristische Personen des öffentlichen Rechts, welche ex lege eingerichtet werden und nicht der freien Disposition ihrer Angehörigen unterliegen.[…]

[…] Prinzip der Subsidiarität

Mit der Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben nicht nur durch staatliche Organe, also Bund und Länder, sondern auch von Einrichtungen der Selbstverwaltung, wird klar zum Ausdruck gebracht, dass der Gesetzgeber Staatsaufgaben auf allen Ebenen durch Dezentralisierung und Mitbestimmung im Rahmen der Selbstverwaltung und Selbstorganisation der Gesellschaft verwaltet wissen will und somit zur Belebung der Demokratie, aber auch zur Staatsentlastung beiträgt. In dieser Hinsicht ersetzt die Organisationsform der Selbstverwaltung die sonst in Betracht kommende Aufgabenbesorgung durch staatliche Organe. Ein solches Subsidiaritätsprinzip[…] ist auch im EU-Vertrag verankert.

[…] Weisungsfreiheit

Selbstverwaltungskörper sind bei der Besorgung eigener Aufgaben nicht an die Weisungen staatlicher Behörden gebunden, sondern weitgehend unabhängig. Weisungsfreiheit und Unabhängigkeit der Verwaltungsorganisation stehen im Mittelpunkt der Selbstverwaltung[…]. Der Staat zieht sich auf eine Aufsichtsfunktion zurück. Diese Unabhängigkeit ist eine notwendige Voraussetzung für die eigenverantwortliche Tätigkeit der Selbstverwaltungskörper.

[…] Finanzielle Selbständigkeit

Selbstverwaltungskörper verfügen kraft eigener Einnahmen (gesetzliche Beitragspflicht der Mitglieder) über finanzielle Selbständigkeit (nun Art120c Abs3 B-VG). Nach dem auch für Selbstverwaltungskörper geltenden Effizienzprinzip haben diese die ihnen zugewiesenen Aufgaben der öffentlichen Verwaltung grundsätzlich sparsam, wirtschaftlich und zweckmäßig zu besorgen.

[…] Pflichtmitgliedschaft

Dem Gesetzgeber kommt hinsichtlich 'Zusammenfassung' von bestimmten Personen ein rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zu. Allerdings dürfen Selbstverwaltungskörpern jeweils nur solche Personen angehören, die auf Grund gleichgerichteter und gleichartiger Berufsausübung über eine ähnliche Interessenslage verfügen.[…] Die Zuordnung hat anhand objektivierter, am Gleichheitssatz messbarer Kriterien zu erfolgen.[…] Entscheidendes Sachlichkeitskriterium ist dabei die 'Interessenparallelität', also der Umstand, dass die zu einem Selbstverwaltungskörper zusammengefassten Personen gewichtige gemeinsame Interessen in beruflicher, sozialer, wirtschaftlicher oder in sonstiger relevanter Hinsicht haben[…].

[…] Bedeutung der Selbstverwaltung

Auf die staatspolitische Bedeutung der Kammern hat Karl Korinek in seiner Abhandlung 'Die staatsrechtliche und staatspolitische Bedeutung der gesetzlichen Arbeitnehmervertretungen'[…] hingewiesen und zeigte gleichzeitig das sozialpolitische Spannungsfeld zwischen der absoluten und unteilbaren Gewalt des Souveräns und einer pluralistisch gegliederten Gesellschaft bzw. des strukturierten Systems der Interessenvertretung auf. Sie kann nicht nur vom Staat her, sie muss auch nach ihrer Interessengliederung verstanden und repräsentiert werden.

Es ist zunächst auf bestehende Formen und Aufgaben der Selbstverwaltungskörper in Österreich hinzuweisen und ein Vergleich mit anderen - nicht verfassungsrechtlich bzw. gesetzlich normierten - Einrichtungen anzustellen.

[…] Formen der Selbstverwaltung

In der österreichischen Rechtsordnung finden sich unterschiedlich gestaltete Selbstverwaltungskörper:

- Die territoriale Selbstverwaltung, dh die Gemeindeselbstverwaltung als ausgeprägteste Form der Selbstverwaltung, sowie

- die sonstige Selbstverwaltung iSd fünften Hauptstückes des B-VG, die sich anders als die territoriale Gemeindeselbstverwaltung auf einen bestimmten Personenkreis bezieht, dessen Angelegenheiten durch einen Selbstverwaltungskörper verwaltet werden, insbesondere die

- soziale Selbstverwaltung, dh Sozialversicherung (Gebietskrankenkassen, Betriebskrankenkassen, (Sozial-Versicherungsanstalten, Pensionsversicherungsanstalten, Unfallversicherungsanstalten),

- wirtschaftliche und berufliche Selbstverwaltung (Wirtschaftskammern, die Kammern für Arbeiter und Angestellte, die Landwirtschaftskammern und die Landarbeiterkammern). Zu den beruflichen Selbstverwaltungen gehören ua die Rechtsanwaltskammern, Notariatskammern, Patentanwaltskammern, Kammer der Wirtschaftstreuhänder, Ingenieurkammern, Ärztekammern, Apothekerkammer, Zahnärztekammer, Tierärztekammern sowie Hebammengremien,

- 'sonstige funktionale Selbstverwaltung' [(]wie Jägerschaften und Jagdverbände, Fischereiverbände etc.).

Zur unterschiedlichen Ausgestaltung des jeweiligen Wirkungskreis[es] der Selbstverwaltungskörper führt der VfGH in seinem Erkenntnis G222/02 vom 10.10.2003 […] aus: Es liegt zB bei den Selbstverwaltungseinrichtungen der freien Berufe typischerweise auch in der Normierung der Rahmenbedingungen für die berufliche Tätigkeit, wie zB in der Erlassung verbindlicher Berufsausübungsregeln, bei den beruflichen Vertretungen der Arbeitnehmer oder der Arbeitgeber hingegen vornehmlich in der Vertretung der beruflichen Interessen der Kammermitglieder gegenüber den Staatsorganen und gegenüber dem sozialen Gegenspieler.

[…] Unterscheidung zu anderen Institutionen

Wie auch schon Korinek hinwies[…], ist es wichtig, sich der Unterschiede gegenüber der Interessenvertretung durch private Verbände bewusst zu sein:

- Private Verbände sind eine freie Schöpfung der Bürger; Selbstverwaltungskörper (wie Gemeinden, Kammern oder Sozialversicherungsträger) sind eine Schöpfung des Staates. Sie sind organisatorisch und funktionell aus dem Staat im engeren Sinn ausgegliedert und daher organisatorisch selbständig und funktionell unabhängig, in ihrer rechtlichen Fundierung aber dennoch als rechtliche Geschöpfe des Staates zu sehen.

- Private Verbände beruhen auf der Vereinsfreiheit; die Einrichtung von Selbstverwaltungskörpern hat mit der Vereinsfreiheit nichts zu tun (weshalb auch ihre Einrichtung die Vereinsfreiheit nicht verletzt); sie beruht vielmehr auf der Organisationsgewalt des Staates.

- Die Bürger können ihre Interessen in voller Freiheit kollektivieren; der Staat hat nur öffentliche Interessen zu verfolgen; er kann daher Selbstverwaltung nur zur Wahrnehmung bestimmter öffentlicher Interessen einrichten und ist bei ihrer Ausgestaltung an das aus dem Gleichheitsgrundsatz abgeleitete Sachlichkeitsgebot gebunden.

- Private Verbände haben nicht die Aufgabe, das Gemeinwohl zu verwirklichen, sie müssen es gemäß den Gesetzen bloß respektieren; Selbstverwaltungskörper sind demgegenüber stets dazu berufen, in ihrem Wirkungsbereich das ihnen anvertraute Teilstück des Gemeinwohls zu realisieren:

- etwa die die Selbstverwaltungsangehörigen betreffenden

- öffentlichen Aufgaben zu besorgen

- oder dem Staat spezifischen Sachverstand zur Verfügung zu stellen,

- an der Kreation von Staatsorganen mitzuwirken, indem sie Personen für staatliche Aufgaben namhaft machen, die sachverständig und in Kenntnis der spezifischen Interessen 'ihrer' Gruppe tätig sein können,

- oder die gemeinsamen Interessen der in ihnen zusammengefassten Mitglieder gegenüber anderen Interessengruppen oder gegenüber dem Staat zu vertreten; wohlgemerkt: die gemeinsamen Interessen, die aufgrund eines Interessenausg

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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