TE Vwgh Erkenntnis 2014/6/26 Ro 2014/16/0034

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Veröffentlicht am 26.06.2014
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Index

27/03 Gerichtsgebühren Justizverwaltungsgebühren;
27/04 Sonstige Rechtspflege;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §69;
BAO;
GEG §6;
GEG §7;
GEG §8 Abs1;
GGG 1984 §26 Abs1a;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma, Hofrätin Mag. Dr. Zehetner und Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Berger, über die Revision der Dr. R GmbH & Co. KG in W, vertreten durch Dr. Tassilo Neuwirth, Dr. Alexander Neurauter und Dr. Martin Neuwirth, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Petersplatz 3, gegen den Bescheid der Präsidentin des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 16. Dezember 2013, Zl. 100 Jv 7404/13k-33a, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Die Revisionswerberin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Beschluss vom 20. Dezember 2007 bewilligte das Bezirksgericht H auf Antrag der Revisionswerberin die Einverleibung von deren Eigentum an einer Liegenschaft. Dem Grundbuchsgesuch lag u.a. ein Kaufvertrag vom 9. Oktober 2007 zu Grunde, laut dem die Beschwerdeführerin die Liegenschaft um einen Kaufpreis von EUR 1.400.800,-- erworben habe. Die Einverleibung des Eigentumsrechts erfolgte am selben Tag. Die Eintragungsgebühr nach TP 9 lit. b Z. 1 GGG wurde, ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von EUR 1.400.800,-- in der Höhe von EUR 14.008,--, im Wege der Selbstberechnung entrichtet.

Mit Erledigung vom 31. Mai 2013 teilte das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel gemäß § 16 GrEStG dem Bezirksgericht mit, dass die Bemessungsgrundlage zur Selbstberechnungserklärung betreffend den genannten Erwerbsvorgang auf EUR 7.636.267,60 abgeändert worden sei.

Nach einer Zahlungsaufforderung an die Revisionswerberin über eine restliche Eintragungsgebühr von EUR 62.355,-- erließ die Kostenbeamtin des Bezirksgerichtes einen Zahlungsauftrag zur Entrichtung der restlichen Eintragungsgebühr sowie einer Einhebungsgebühr nach § 6 Abs. 1 GEG. In dem dagegen erhobenen Berichtigungsantrag wandte die Revisionswerberin Verjährung des Gebührenanspruches nach § 8 Abs. 1 GEG ein. Die Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer sei am 17. Oktober 2007 erfolgt, die Fälligkeit gemäß § 13 Abs. 1 GrEStG am 15. Dezember 2007 eingetreten. Dies entspreche auch dem Zeitpunkt der Entstehung des Gebührenanspruches nach TP 9 lit. b Z. 1 GGG für den gegenständlichen Erwerbsvorgang. Die Eintragung im Grundbuch sei am 20. Dezember 2007 erfolgt, das Grundbuchsverfahren somit auch unter Berücksichtigung des Ablaufs der gesetzlichen Rekursfrist im ersten Quartal 2008 rechtskräftig beendet worden. Der durch den letzten Halbsatz des § 8 Abs. 1 GEG hinausgeschobene Lauf der Verjährung beginne nicht erst mit Ablauf des Jahres, in dem das Verfahren rechtskräftig beendet worden sei, sondern bereits mit Eintritt der Rechtskraft. Die Zahlungsaufforderung vom 14. August 2013 sei erst am 22. d.M. und damit erst jedenfalls nach bereits eingetretener Verjährung zugestellt worden. Andere Unterbrechungshandlungen lägen nicht vor. Die Vorlage einer berichtigten Unbedenklichkeitsbescheinigung nach § 26 Abs. 1 vierter Satz GGG bringe keinen neuen Gebührenanspruch zum Entstehen und könne eine bereits eingetretene Verjährung nicht beseitigen. Darüber hinaus lägen auch die materiellen Voraussetzungen für einen Vorschreibung der (erhöhten) Grunderwerbsteuer und damit der gerichtlichen Eintragungsgebühr nicht vor.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Berichtigungsantrag nicht Folge. Begründend führte sie nach Darstellung des Verfahrensganges aus:

"Gemäß § 2 Z 4 GGG idF vor der Grundbuchsgebührennovelle (GGN) BGBl. I Nr. 1/2013 wird der Anspruch des Bundes auf die Eintragungsgebühr nach Tarifpost 9 lit. b Z 1 bis 3 GGG in den Fällen der Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer durch die Gebührenschuldnerin zu dem für die Fälligkeit der Grunderwerbsteuer maßgebenden Zeitpunkt begründet. Gemäß § 4 Abs. 5a GGG idF vor der GGN BGBl. I Nr. 1/2003 ist dann, wenn die Eintragungsgebühr nicht oder in zu geringer Höhe entrichtet wurde, der Fehlbetrag nach den Bestimmungen des GEG einzubringen. Der für die Berechnung der Eintragungsgebühr maßgebende Wert ist gemäß § 26 GGG idF vor der GGN BGBl. I Nr. 1/2003 bei der Eintragung des Eigentumsrechtes mit dem Betrag anzusetzen, der der Ermittlung der Grunderwerbsteuer oder Erbschafts- und Schenkungssteuer zugrunde zu legen wäre; Steuerbegünstigungen sind nicht zu berücksichtigen. Gemäß § 26 Abs. 1a GGG idF vor der GGN BGBl. I Nr. 1/2003 ist die Eintragungsgebühr dann, wenn sich die Unrichtigkeit der Angaben in der Selbstberechnungserklärung nachträglich herausstellt, von Amts wegen neu zu bemessen; dies gilt auch dann, wenn sich die Unrichtigkeit der Angaben erst nach Eintritt der Rechtskraft der Gebührenvorschreibung herausstellt. Diese Bestimmungen stellen klar, dass die Fälligkeit der Gerichtsgebühren im Falle einer Selbstberechnung abweichend von der allgemeinen Bestimmung des § 2 Z 4 erster Halbsatz GGG nicht mit der Vornahme der Eintragung begründet wird, sondern gleichzeitig mit der Fälligkeit der Steuerschuld. Nichts anderes kann für die Nachforderung gelten, die aufgrund einer Neufestsetzung der Abgabenschuld infolge Unrichtigkeit der Angaben in der Selbstberechnungserklärung fällig wird. Maßgeblich für das Entstehen der Nachforderung ist somit der Zeitpunkt der Fälligkeit der Abgabenschuld aufgrund der Neufestsetzung der Grunderwerbsteuer. Die Verjährungsfrist kann erst mit Eintritt der Fälligkeit der Abgabenschuld zu laufen beginnen.

Die allgemeinen Bestimmungen des Gerichtsgebührengesetzes, wie auch die über die Verjährung zu § 8 GEG, finden immer dann Anwendung, wenn darüber hinaus nichts anderes geregelt ist. Hier sind jedoch die vorstehend angeführten Sonderbestimmungen des Gerichtsgebührengesetzes anzuwenden. § 26 Abs. 1a GGG stellt sicher, dass eine amtswegige Neubemessung der gerichtlichen Eintragungsgebühr jedenfalls dann möglich ist, wenn sich nachträglich (z.B. auf Grund einer Prüfungsmaßnahme nach § 15 Abs. 2 GrEStG) die Unrichtigkeit der Selbstberechnungserklärung herausstellen sollte. Die, im Berichtigungsantrag zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes, dass eine berichtigte Unbedenklichkeitsbescheinigung keinen neuen Gebührenanspruch zum Entstehen bringe, und eine bereits eingetretene Verjährung nicht beseitigen könne, kann hier nicht erfolgreich eingewendet werden, da keine Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes als Grundlage zur Berechnung der gerichtlichen Eintragungsgebühr vorgelegt wurde, sondern eine Selbstberechnung durch die Berichtigungswerberin erfolgte. Die Höhe der entrichteten Eintragungsgebühr war aufgrund des Kaufvertrages zum Zeitpunkt der Einverleibung im Grundbuch auch nachvollziehbar, da ein Barkaufpreis in der Höhe von EUR 1,400.800,-- vereinbart wurde. Die Rechtskraft des Grunderwerbsteuerbescheides ist nicht

Voraussetzung für die Verschreibung der Gerichtsgebühren ... Der

Nachforderungsanspruch nach TP 9 lit. b Z 1 GGG in der Höhe von EUR 62.355,-- ist daher aus vorstehend genannten Gründen jedenfalls nicht verjährt.

Sollte der Unabhängige Finanzsenat als Berufungsbehörde in weiterer Folge den Grunderwerbsteuerbescheid aufheben oder abändern, wird eine Neubemessung der Gerichtsgebühren gemäß § 26 Abs. 1 idF vor dem BGBl. I Nr. 1/2013 erfolgen; eine allfällig zu viel bezahlte Gebühr ist dann zurückzuzahlen."

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Revision erachtet sich die Revisionswerberin in ihrem durch § 8 GEG gewährleisteten Recht auf Nichtfestsetzung von Gebühren nach eingetretener Verjährung verletzt; sie beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet unter Zuerkennung des Schriftsatzaufwandes beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der angefochtene Bescheid wurde der Revisionswerberin am 19. Dezember 2013 zugestellt, sodass gemäß § 4 Abs. 1 und 5 VwGbk-ÜG für die Behandlung der Revision die Bestimmungen des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung sinngemäß - mit einer im Revisionsfall nicht maßgeblichen Besonderheit - gelten.

Die Revisionswerberin sieht die inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides in der trotz eingetretener Verjährung erfolgten Gebührenvorschreibung. Unter Wiederholung ihres im Verwaltungsverfahren eingenommenen Standpunktes bringt sie weiter vor, die Möglichkeit der Selbstberechnung sei durch die Novelle BGBl. Nr. 682/1994 eingeführt worden. Im Zuge dieser Novelle sei § 26 GGG um einen Abs. 1a erweitert und in § 2 Z. 4 zweiter Teilstrich GGG die Fälligkeit der Eintragungsgebühr im Fall der Selbstberechnung nach TP 9 lit. b Z. 1 bis 3 mit dem für die Fälligkeit der Grunderwerbsteuer maßgebenden Zeitpunkt normiert worden. Darüber hinaus sei die Verjährungsfrist von ursprünglich drei auf fünf Jahre verlängert worden. Ein weiterer Eingriff in das Verjährungregime des GEG sei jedoch nicht erfolgt. Die Anknüpfung der Bemessungsgrundlage der gerichtlichen Eintragungsgebühr an die der Grunderwerbsteuer finde sich bereits in der Urfassung des § 29 Abs. 1 GJGebGes. Ebenso finde sich das derzeitige Verjährungsregime im Wesentlichen bereits in der Urfassung des § 8 GEG 1948, BGBl. Nr. 109/1948. Die durch die Novelle BGBl. Nr. 682/1994 erfolgte Anpassung des GGG habe ausschließlich die Besonderheiten berücksichtigt, die sich aufgrund der Möglichkeit des Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer und der gerichtlichen Eintragungsgebühr ergäben, wobei in § 16 GrEStG eine Mitteilungspflicht des Finanzamtes für den Fall eingeführt worden sei, dass sich die Unrichtigkeit der Bemessungsgrundlage für die Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer herausstelle. Die belangte Behörde verkenne, dass § 26 Abs. 1a letzter Teilsatz GGG ebenso wie Abs. 1 leg.cit. zwar eine Festsetzung nach Eintritt der Rechtskraft der Gebührenvorschreibung ermögliche, jedoch keine Festsetzung nach eingetretener Verjährung. Dies korrespondiere auch mit dem umgekehrten Fall, in dem sich eine Selbstberechnung nachträglich als überhöht herausstelle: Gemäß § 30 Abs. 4 GGG erlösche ein Anspruch auf Rückzahlung fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Gebühr entrichtet worden sei. Der Gesetzgeber lasse weder im Fall einer Eintragung aufgrund einer Unbedenklichkeitsbescheinigung im Sinn des § 26 Abs. 1 GGG noch im Fall einer Eintragung aufgrund einer Selbstbemessung im Sinn des § 26 Abs. 1a GGG einen neuen Gebührenanspruch entstehen, wenn sich die ursprüngliche Gebührenbemessung nachträglich als korrekturbedürftig erweise. Die Verjährungsfrist des § 8 Abs. 1 GGG beginne in beiden Fällen mit Ablauf des Jahres zu laufen, in dem der Gebühren- und Kostenanspruch entstanden sei. Weder eine neue Unbedenklichkeitsbescheinigung noch eine Mitteilung des Finanzamtes gemäß § 16 GrEStG könne daher nach bereits eingetretener Verjährung zu Vorschreibung einer Gebühr führen. Darüber hinaus lägen auch die materiellen Voraussetzungen für eine Vorschreibung an Grunderwerbsteuer und damit der gerichtlichen Eintragungsgebühr nicht vor. Gegen die Neufestsetzung der Grunderwerbsteuer vom 3. Juni 2013 sei innerhalb offener Frist Berufung erhoben worden. Das Berufungsverfahren sei zurzeit noch beim Finanzamt anhängig, sodass der Grunderwerbsteuerbescheid nicht in Rechtskraft erwachsen sei. Da der Gebührenanspruch aber unabhängig vom Ausgang des Berufungsverfahrens gegen die geänderte Gebührenvorschreibung bereits verjährt sei, wäre der Zahlungsauftrag jedenfalls ersatzlos aufzuheben gewesen. Dies gelte auch für die vorgeschriebene Einhebungsgebühr nach § 6 Abs. 1 GEG.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 21. September 2011, G 34, 35/11, die Abs. 1 und 1a des § 26 GGG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 31/2001 als verfassungswidrig aufgehoben. Die Aufhebung trat mit Ablauf des 31. Dezember 2012 in Kraft. Frühere gesetzliche Bestimmungen traten nicht wieder in Kraft.

Ist ein Gesetz wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben worden, so sind nach Art. 140 Abs. 7 B-VG alle Gerichte und Verwaltungsbehörden an den Spruch des Verfassungsgerichtshofes gebunden. Auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles ist jedoch das Gesetz weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht. Hat der Verfassungsgerichtshof in seinem aufhebenden Erkenntnis eine Frist gemäß Abs. 5 gesetzt, so ist das Gesetz auf alle bis zum Ablauf dieser Frist verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles anzuwenden.

Wie der Verfassungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis vom 21. September 2011 ausgeführt hat, stehen die übrigen Sätze des Abs. 1 sowie Abs. 1a in einem untrennbaren Zusammenhang mit dem ersten Satz des § 26 Abs. 1 GGG. Abs. 1a betrifft die Neubemessung der Eintragungsgebühr, wenn sich die Unrichtigkeit der Angaben in einer Selbstberechnungserklärung nachträglich herausstellt. Die Norm setzt somit die in Abs. 1 geregelte "Erstbemessung" voraus und erhält ihren Sinn nur in Zusammenhang mit dieser Vorschrift.

Da im Revisionsfall die ursprüngliche Gebührenberechnung im Wege der Selbstentrichtung nach § 26 Abs. 1 GGG (vor Aufhebung dieses Absatzes sowie des § 26 Abs. 1a GGG durch das zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes) erfolgt ist, ist im Revisionsfall der in einem untrennbaren Zusammenhang mit Abs. 1 stehende Abs. 1a des § 26 GGG zur Folge des Art. 140 Abs. 7 B-VG weiterhin anzuwenden.

Nach § 26 Abs. 1a GGG in der vom Verfassungsgerichtshof in Prüfung gezogenen und aufgehobenen Fassung der Euro-Gerichtsgebühren-Novelle, BGBl. I Nr. 131/2001 - EGN, war, wenn sich die Unrichtigkeit der Angaben in der Selbstberechnungserklärung nach § 12 des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 oder § 23a Abs. 6 des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes 1955 nachträglich - beispielsweise aufgrund einer Mitteilung des Finanzamtes (§ 16 des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 oder § 23a Abs. 9 des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes 1955) eines die selbstberechnete Steuer betreffenden abgabenbehördlichen Verfahrens oder einer Anfrage einer mit der Einbringung der Eintragungsgebühr betrauten Stelle - herausstellte, die Eintragungsgebühr von Amts wegen neu zu bemessen; dies galt auch dann, wenn sich die Unrichtigkeit der Angaben erst nach Eintritt der Rechtskraft der Gebührenvorschreibung herausstellte.

Die Möglichkeit der Entrichtung der Grunderwerbsteuer im Wege der Selbstberechnung sowie der Eintragungsgebühr nach dem Gerichtsgebührengesetz war durch die Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes 1987, der Bundesabgabenordnung, des Gerichtsgebührengesetzes und Gerichtlichen Einbringungsgesetzes 1982, BGBl. Nr. 682/1994, eingeführt worden.

Die ErläutRV, 1625 BlgNR XVIII. GP 9, führten zur Neufassung des § 26 Abs. 1, 1a und 3 GGG aus:

"Die neue Bestimmung des § 26 Abs. 1 zweiter Satz dient der Anpassung an das neue System der Selbstberechnung und stellt klar, daß die bisherige Regelung nur dann anzuwenden ist, wenn von der durch § 11 GrEStG 1987 eingeräumten Möglichkeit kein Gebrauch gemacht worden ist.

§ 26 Abs. 1 a in der Fassung des vorliegenden Gesetzentwurfs stellt sicher, daß eine amtswegige Neubemessung der gerichtlichen Eintragungsgebühr jedenfalls dann möglich ist, wenn sich nachträglich (zB auf Grund einer Prüfungsmaßnahme nach § 15 Abs. 2 GrEStG 1987) die Unrichtigkeit der Selbstberechnungserklärung (§ 12 GrEStG 1987) herausstellen sollte."

Durch die genannte Novelle wurde u.a. auch die Frist des § 8 Abs. 1 GEG verlängert; dies diente der Anpassung an die für die Grunderwerbsteuer geltende Verjährungsfrist des § 207 Abs. 2 erster Satz BAO (vgl. die ErläutRV, aaO, 10).

Nach § 8 Abs. 1 GEG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 682/1994 verjähren der Anspruch des Bundes auf Bezahlung der Gebühren und Kosten und der Anspruch auf Rückerstattung von unrichtig berechneten Gebühren und Kosten in fünf Jahren. Die Verjährungsfristen beginnen mit Ablauf des Jahres zu laufen, in dem der Gebühren- und Kostenanspruch entstanden ist und die Person des Zahlungspflichtigen feststeht, frühestens jedoch mit rechtskräftiger Beendigung des Verfahrens.

Im vorliegenden Revisionsfall ist strittig, ob für eine Neubemessung der Eintragungsgebühr von Amts wegen nach § 26 Abs. 1a GGG die Verjährungsfrist des § 8 Abs. 1 GEG maßgebend ist.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Vorschreibung von Gebühren und Kosten nach dem GEG kein gerichtliches, sondern ein Verwaltungsverfahren, auf das mangels besonderer Anordnung nicht die Bestimmungen der Prozessordnung anzuwenden sind. Da für dieses in den § 6 und 7 GEG nur bruchstückhaft geregelte Verfahren (bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013) weder das AVG noch die BAO anzuwenden sind, sind mangels gesetzlicher Regelungen die allgemeinen Grundsätze eines rechtstaatlichen Verfahrens heranzuziehen (vgl. die in Wais/Dokalik, Gerichtsgebühren10, unter E 1 zu § 7 GEG wiedergegebene Judikatur).

Zu den Grundsätzen eines geordneten rechtsstaatlichen Verwaltungsverfahrens gehört u.a. die Wiederaufnahme des Verfahrens, die hilfsweise dort zur Anwendung kommen, wo für die Vollziehung einer bestimmten Angelegenheit weder die Verwaltungsverfahrensgesetze noch eine andere Verfahrensregelung gelten (Hengstschläger/Leeb, Kommentar zum Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz (2009), Rz 1 zu § 69 AVG). Das dem Institut der Wiederaufnahme zugrunde liegende und dies rechtfertigende Ziel ist es, ein insgesamt rechtmäßiges Ergebnis zu erreichen. Innerhalb der durch die Wiederaufnahmegründe abgesteckten Grenzen rangiert das Prinzip der Rechtsrichtigkeit vor der Rechtssicherheit (Hengstschläger/Leeb, aaO).

Vor dem Hintergrund der wiedergegebenen ErläutRV zu § 26 Abs. 1a GGG stellte die Neubemessung der gerichtlichen Eintragungsgebühr von Amts wegen der Sache nach eine (amtswegige) Wiederaufnahme des Verfahrens zur Gebührenvorschreibung dar.

Während etwa § 304 BAO (nunmehr in der Fassung des FVwGG) die verfahrensrechtliche Zulässigkeit der Wiederaufnahme an die Verjährung des Abgabenanspruches knüpft, sieht etwa das (ab 1. Jänner 2014 auch für das Verfahren nach dem GEG maßgebende) Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz für die amtswegige Wiederaufnahme aus den Gründen des § 69 Abs. 1 Z. 2 und 3 AVG eine objektive Frist von drei Jahren, für eine solche auf der Grundlage des § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG jedoch keine Frist vor.

Die in § 8 Abs. 1 GEG vorgesehene Verjährung betrifft ausdrücklich nur den Anspruch des Bundes auf Bezahlung der Gebühren und Kosten und den Anspruch auf Rückerstattung von unrichtig berechneten Gebühren und Kosten. Weder dem GGG noch dem GEG ist allerdings eine Regelung zu entnehmen, wonach die amtswegige Neubemessung nach § 26 Abs. 1a GGG - der Sache nach eine amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens - nur innerhalb der Verjährungsfrist des § 8 Abs. 1 GEG erfolgen dürfte, wie etwa § 304 BAO die Zulässigkeit der Wiederaufnahme an die Verjährung des Abgabenanspruches knüpft. Mangels einer Befristung der amtswegigen Neubemessung nach § 26 Abs. 1a GGG (vergleichbar der amtswegigen Wiederaufnahme nach § 69 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 3 zweiter Satz AVG) war daher die belangte Behörde zur Neubemessung der gerichtlichen Eintragungsgebühr im Revisionsfall berechtigt.

Soweit sich die Revision auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. November 1969, Zl. 1876/68, beruft, betraf dieses einen vor dem Hintergrund des § 29 Abs. 1 dritter Satz GJGebGes. zu beurteilenden Fall einer Gebührenvorschreibung nach Ablauf der Verjährungsfrist aus Anlass einer berichtigten Unbedenklichkeitsbescheinigung, weshalb die damaligen Erwägungen nicht auf den - erst durch die Novelle BGBl. Nr. 682/1994 neu geregelten - Fall der Entrichtung auch der Eintragungsgebühr im Wege der Selbstberechnung übertragen werden können.

Soweit die Revision schließlich moniert, auch die materiellen Voraussetzungen für die Vorschreibung der Grunderwerbsteuer und damit der gerichtlichen Eintragungsgebühr lägen nicht vor, weil der Grunderwerbsteuerbescheid noch nicht in Rechtskraft erwachsen sei, vermag sie allein damit keine Bedenken gegen die Richtigkeit der von der belangten Behörde herangezogenen Bemessungsgrundlage zu erwecken.

Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013.

Wien, am 26. Juni 2014

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2014:RO2014160034.J00

Im RIS seit

23.07.2014

Zuletzt aktualisiert am

20.11.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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