TE Vwgh Erkenntnis 2014/6/18 2013/09/0115

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Veröffentlicht am 18.06.2014
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
10/10 Grundrechte;
19/05 Menschenrechte;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

BDG 1979 §15a idF 2003/I/071;
BDG 1979 §38 Abs2;
BDG 1979 §38 Abs3 idF 2012/I/035;
BDG 1979 §43 Abs2;
BDG 1979 §91;
BDG 1979 §92 Abs1 Z2;
B-VG Art126b Abs5;
B-VG Art127 Abs1;
B-VG Art127a Abs1;
B-VG Art127a Abs7;
B-VG Art7 Abs4;
MRK Art10;
StGG Art13;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Doblinger und Mag. Feiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde des US in L, vertreten durch Dr. Josef Weixelbaum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Lastenstraße 36, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom 7. Dezember 2012, Zl. 91/8-DOK/12, betreffend Disziplinarstrafe der Geldbuße nach dem Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der im Jahr 1956 geborene Beschwerdeführer steht als Oberinspektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist als Kriminalbeamter tätig.

Mit Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres vom 29. August 2012 wurde der Beschwerdeführer nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung wie folgt für schuldig erkannt (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Der Beschwerdeführer ist gemäß § 126 Abs. 2 BDG schuldig:

Er hat in einem am 23. Februar 2011 in der Tageszeitung 'Der Standard' - unter der Schlagzeile 'Man kann diese Leute dingfest machen' - veröffentlichten Interview, in welchem er nachlässige polizeiliche Ermittlungen gegen Neonazi-Kreise kritisierte durch seine wörtlich wiedergegebene Aussagen 'aber ich kann nicht leugnen, dass es bei der Polizei Leute gibt, die sympathisierende Kontakte zu neonazistischem Gedankengut haben;

und es gibt massive politische Einflussnahme......' und

'Rechte ermitteln gegen Rechte' in der Öffentlichkeit den Eindruck erweckt, Polizeibeamte des Verfassungsschutzes würden Ermittlungen aus politisch motivierten Gründen rechtswidrig unterlassen und seien politischen Interventionen bzw. Einflüssen zugänglich. Er zeichnete durch seine Aussage das Bild einer politisch willfährigen, unsachlich und befangen agierenden Polizei, welche kein Interesse habe neonazistische Verbindungen effizient zu verfolgen und zu zerschlagen.

Der Beamte hat dadurch seine Dienstpflichten nach § 43 Abs. 2 BDG, nämlich in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seines Amtes erhalten bleibt gemäß § 91 BDG schuldhaft verletzt.

Gegen den Beschuldigten wird gem. § 92 Absatz 1, Ziffer 2 BDG die Disziplinarstrafe der Geldbuße in der Höhe von EUR 1.000,-

(eintausend Euro) verhängt."

Wegen weiterer Vorwürfe wurde der Beschwerdeführer gemäß § 118 Abs. 1 Z. 1 und § 126 Abs. 2 BDG 1979 freigesprochen.

In der Begründung gab die Behörde erster Instanz sachverhaltsbezogen den in der angeführten Tageszeitung abgedruckten Text eines Interviews wieder, wonach der Beschwerdeführer ausführte, im dienstlichen Zusammenhang mit Ermittlungen gegen eine neonazistische Vereinigung betraut worden zu sein und durch diese bedroht worden sei, sodass er auch aus Gründen der Eigensicherung die Szene beobachten habe müssen, alle seine Ermittlungen seien mit dem Leiter des Landesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung abgesprochen gewesen.

Das Interview enthält folgenden Text:

"Standard: NS-Opferverbände und die Israelitische Kultusgemeinde kritisieren 'Laxheit' bei der Aufklärung rechtsextremer Straftaten. Ist die Polizei am rechten Auge blind?

Beschwerdeführer: So etwas kann politische oder geheimdienstliche Gründe haben. Oder man will einen zusammenhängenden Fall, der strafrechtlich schwerer wiegt, zuerst aufklären. Aber ich kann nicht leugnen, dass es bei der Polizei Leute gibt, die sympathisierende Kontakte zu neonazistischem Gedankengut haben. Und es gibt massive politische Einflussnahme.

In den letzten Jahren verschärfte man die Gangart: Früher kam man mit guter Arbeit weiter, nun gibt es politische Besetzungen bis hinunter zum Torposten.

Standard: Ist es wahr, dass Größen aus der Neonazi-Szene als Informanten arbeiten?

Beschwerdeführer: Ja, in der Szene pfeifen es die Spatzen von den Dächern: Rechte ermitteln gegen Rechte."

Die Erstbehörde begründete zusammengefasst damit, der Beschwerdeführer habe in der Verhandlung angegeben, es sei ihm bewusst, dass das Interview eine Gratwanderung sei. Er sei von der Zeitung kontaktiert worden. Der Text sei sehr hart formuliert worden, worauf der Beschwerdeführer aber keinen Einfluss gehabt habe, er habe den Text vor Veröffentlichung nicht gesehen. Die Redewendung "Rechte ermitteln gegen Rechte" habe er so nicht gesagt.

Das Bundesministerium für Inneres habe über Auftrag der Behörde erster Instanz ebenso wie der Direktor des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass keine Kontakte von Polizeibeamten zu Organisationen/Vereinen im nationalsozialistischen Umfeld bekannt seien.

Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Argumente seien nicht annähernd geeignet, seine im Interview erhobene (sinngemäße) Behauptung einer rechtsradikalen Unterwanderung der Polizei bzw. politische Einflussnahme auf Ermittlungen im rechtsextremen Umfeld zu stützen. Der Umstand, dass namentlich bekannte Polizeibeamte beim Versandhaus Thor-Steinar bestellten, sei nicht geeignet, die Behauptung des Beschwerdeführers, die Polizei habe sympathisierende Kontakte zu rechtsextremen Kreisen, zu stützen. Ohne umfassendes, in die Tiefe gehendes und detailliertes Wissen über die Naziszene und ihre Vorlieben und Verbindungen sei nicht erkennbar, dass dieses Versandhaus auch mit Naziideologien in Verbindung gebracht werde. Das Argument, dass die Zahl "88" sich nach den Angaben des Beschwerdeführers auf den Jacken dieser Firma finde und mit Adolf Hitler in Verbindung gebracht werde, sei ein derart detailliertes Wissen, das keinesfalls von jedermann - auch nicht von Polizeibeamten - vorausgesetzt werden könne. Mit einer Bestellung bei diesem Versand sei daher keinesfalls erwiesen, dass diese Polizisten auch rechtsextreme Ideologien verträten. Dies sei eine unhaltbare Behauptung des Beschwerdeführers. Die Aussagen des Beschwerdeführers seien geeignet, schweren Schaden für das Ansehen der Polizei zu verursachen.

In seiner Berufung gegen das Disziplinarerkenntnis der Behörde erster Instanz führte der Beschwerdeführer zusammengefasst aus, dass die ihm vorgeworfenen Aussagen im Grundrecht auf Freiheit der Meinungsäußerung Deckung fänden. Die Äußerung "Rechte ermitteln gegen Rechte" habe er nicht getätigt, sondern "Küssel ermittelt gegen Rechte", weil dieser als Informant aufgetreten sei. Es sei schlichtweg unmöglich, den positiven Beweis zu erbringen, dass es bei der Polizei keinerlei Leute gebe, die sympathisierende Kontakte zu neonazistischem Gedankengut haben. Die vom Beschwerdeführer angebrachte Kritik sei nicht nur als Wiedergabe einer ohnehin allgemein vertretenen Auffassung gerechtfertigt, sondern objektiv betrachtet auch wahr, wenn man sich im Sinne der strafrechtlich gebotenen restriktiven Betrachtungsweise auf den Anschuldigungsvorwurf als solchen beschränke und denselben nicht exzessiv und überbordend als generellen Angriff auf die Polizei fehlinterpretiere. Der Beschwerdeführer habe keinesfalls den Eindruck vermittelt, die österreichische Polizei sei rechtsradikal unterwandert, politisch willfährig und identifiziere sich mit der Naziideologie.

Die belangte Behörde habe die Aussage des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung nicht berücksichtigt, dass die Teilnahme von Polizeibeamten bei einer neonazistischen Veranstaltung lichtbildlich dokumentiert sei. Die von österreichischen Polizeibeamten tatenlos hingenommenen "Heil Hitler Rufe" gegen einen Wiener Rabbiner bestätigten die Feststellung des Beschwerdeführers. Dieses Ereignis werde anhand eines Auszuges aus der Wiener Zeitung vom 5. September 2012 bescheinigt. Der Beschwerdeführer zitierte weiters einen Artikel im ORF vom 29. Mai 2010 zum Mittagsjournalthema "Rechtsextremismus heruntergespielt?", einen Artikel in der Tageszeitung Standard vom 28. Mai 2010 mit dem Titel "Langes Warten auf den Zugriff" sowie vier Zusammenfassungen des Beschwerdeführers von Veröffentlichungen im Sinne seiner Verantwortung zum "überraschenden Fragenprogramm" der Erstbehörde vom 27. August 2012.

Der Beschwerdeführer beanstandete auch die mangelnde Zuständigkeit der Behörde erster Instanz und wandte sich gegen die Strafzumessung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Schuldspruch gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 105 BDG 1979 abgewiesen und das erstinstanzliche Disziplinarerkenntnis in diesem Umfang bestätigt. Hinsichtlich der Strafe wurde der Berufung des Beschwerdeführers hingegen insofern Folge gegeben, als die über ihn gemäß § 92 Abs. 1 Z. 2 BDG 1979 verhängte Disziplinarstrafe der Geldbuße auf EUR 800,-- herabgesetzt wurde.

Nach Darstellung des Verfahrensganges und von Rechtsvorschriften führte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid wie folgt aus:

"Soweit der Beschuldigte die Unzuständigkeit der erstinstanzlichen Disziplinarbehörde einwendet, ist deren Rechtsansicht zu folgen, da mit Wirksamkeit vom 1.3.2012 verfügt wurde, dass auf vor dem 4.8.2010 angefallene Rechtssachen (wie im gegenständlichen Verfahren geschehen) die aktuelle Geschäftsverteilung der Disziplinarkommission beim BMI für das Jahr 2012 Anwendung findet. Diese Zuständigkeitsregel war daher auch im fortgesetzten Verfahren vor der erstinstanzlichen Disziplinarbehörde anzuwenden, da das gegenständliche Verfahren (im Hinblick auf die Verbinden mit den Verfahren zu Tatvorwürfen, von denen der Beschuldigte freigesprochen wurde) bereits mit 1.12.2009 anhängig wurde und daher unter Anwendung der Geschäftsverteilung 2012 von der Zuständigkeit der erstinstanzlichen Disziplinarbehörde auszugehen war. Soweit der Beschuldigte vorbringt, der Vorsitzende der erstinstanzlichen Disziplinarbehörde sei befangen gewesen, ist ihm entgegenzuhalten, dass selbst die Entscheidung einer befangenen erstinstanzlichen Behörde durch die Entscheidung einer unbefangenen Berufungsbehörde saniert wird (sinngemäß dazu VwGH 21.1.1987, 86/09/0035). Im Übrigen ist aus dem Gang der erstinstanzlichen Verhandlung eine Befangenheit des Vorsitzenden der erstinstanzliche Disziplinarbehörde nicht ersichtlich; der Beschuldigte verkennt, dass Aufgabe des Beweisverfahrens nicht bloß die Aufnahme von ihn entlastenden Beweisergebnissen ist (wie dies ja auch zu den oa. Freisprüchen erfolgt ist) sondern auch der Erhebung ihn belastender Beweismittel dient. Insgesamt geht dieses Vorbringen des Beschuldigten daher ins Leere. Auch ist die Verjährung (nach § 94 Abs. 1 Z 1 BDG bzw. nach § 94 Abs. 1a BDG) daher nicht eingetreten.

Entgegen seiner Rechtsansicht ist dem Beschuldigten die ihm angelastete Äußerung im Zuge seines Standard-Interviews durchaus vorwerfbar:

Der Beschuldigte hat den Eindruck erweckt, es gebe im Bereich der österreichischen Exekutive eine größere Anzahl an Personen, die eine Nähe zum organisierten Rechtsextremismus hätten (Nähe zu neonazistischen Gedankengut) und es würden Rechte gegen Rechte bzw. wie vom Beschuldigten behauptet Küssel (als Repräsentant der rechtsextremen Szene) gegen Rechte ermitteln und somit der Bock zum Gärtner gemacht werden; dies offenbar unter wohlwollender Duldung der Exekutive und der Justiz in Österreich, sohin im Inland. Der Beschuldigte war aber im Zuge der Verhandlung vor der erstinstanzlichen Disziplinarbehörde nicht in der Lage einen einzigen Angehörigen der österreichischen Exekutive konkret zu benennen, ebenso wenig wie der als Zeuge einvernommene Direktor des BVT, Mag. P G. Das Vorbringen des Beschuldigten betreffend des Textilunternehmens 'Thor Steinar' steht in keinem konkreten Zusammenhang mit den inkriminierten Äußerungen und geht schon daher ins Leere.

Damit aber hat der Beschuldigte den Rahmen zulässiger Kritik verlassen:

Art. 10 EMRK beinhaltet auch die Freiheit, Informationen (Nachrichten und Ideen) mitzuteilen. Da es im gegenständlichen Fall um die Rechtsfrage geht, ob der beschuldigte Beamte durch das in Rede stehende Interview gegenüber dem Standard gegen seine Dienstpflichten verstoßen habe, liegt ein Anwendungsfall des Art. 10 EMRK vor.

Das - im Verfahren unbestritten - außerdienstlich gesetzte Verhalten des Beschuldigten ist somit danach zu beurteilen, ob die oa. inkriminierten Meinungsäußerungen, die er in öffentlich wahrnehmbarer Weise tätigte, das zulässige Maß angemessener Kritik und damit die Schwelle zu disziplinärer Erheblichkeit im Grunde des § 43 Abs. 2 BDG überschritten haben. Die einzelnen inkriminierten Aussagen (Meinungsäußerungen) dürfen hierbei nicht aus dem Zusammenhang gerissen und isoliert betrachtet werden, sondern sind im entsprechenden näheren sachverhaltsbezogenen Kontext darzustellen und zu beurteilen (VwGH 28.7.2000, 97/09/0106).

Unter dem Gesichtspunkt eines außerdienstlichen Verhaltens, im Hinblick auf das Grundrecht auf Meinungsfreiheit und die den öffentlichen Bediensteten durch Art. 7 Abs. 4 (früher Abs. 2) B-VG gewährleisteten Rechte vermag selbst ein nur geringes Fehlverhalten die disziplinäre Verfolgung des Beamten nicht zu rechtfertigen. Es bedeutet keine Verletzung des § 43 Abs. 2 BDG, wenn ein Beamter in der Öffentlichkeit andere Beamte oder die ganze Beamtenschaft, aber auch die Bundesregierung oder einen einzelnen Bundesminister hinsichtlich deren Amtsführung überhaupt oder hinsichtlich eines bestimmten Verhaltens kritisiert.

Grundsätzlich ist dabei zu fordern, dass sich eine vorgetragene Kritik auf die Sache beschränkt, in einer den Mindestanforderungen des Anstandes entsprechenden Form vorgebracht wird und nicht Behauptungen enthält, die einer Beweisführung nicht zugänglich sind. Disziplinarrechtlich ergibt sich die diesbezügliche Grenze (die auch gegen verfassungsrechtliche Grundrechte, wie das der Meinungsäußerungsfreiheit nach Art. 13 StGG bzw. Art. 10 EMRK wirkt) (Hinweis wiederum auf VfGH 14.12.1994, B 1400/92) vor allem aus der Bestimmung des § 43 Abs. 2 BDG.

Im gegenständlichen Fall hat der Beschuldigte den Eindruck erweckt, eine größere Anzahl von Angehörigen der österreichischen Exekutive würde eine Nähe zu neonazistischem Gedankengut haben, es würden Rechte gegen Rechte bzw. bekannte Rechtsextreme (Küssel) gegen Rechte ermitteln. Diese Behauptung des Beschuldigten konnte im Beweisverfahren nicht nachvollzogen werden und entbehrt jeder Grundlage; der Verweis auf bundesdeutsche Polizisten (etwa in Thüringen) kann dem in Rede stehenden Interview nicht unterstellt werden; gerade die Rechtfertigung des Beschuldigten, er hätte die Formulierung 'Küssel ermittelt gegen Rechte' getätigt, zeigt den Inlandsbezug der vom Beschuldigten getätigten Behauptungen auf. Der Beschuldigte hat jedenfalls zumindest bedingt vorsätzlich den Eindruck erweckt, Angehörige der Österreichischen Exekutive hätten ein Naheverhältnis zu neonazistischem Gedankengut, somit also zum organisierten Rechtsextremismus und hat dadurch das Ansehen der Exekutive insgesamt in vorwerfbarer Weise geschädigt. Der Beschuldigte hat dadurch jedenfalls eine Dienstpflichtverletzung nach § 43 Abs. 2 BDG begangen. Der Schuldspruch ist daher zu Recht erfolgt, sodass die Berufung hinsichtlich des Schuldspruches abzuweisen war.

Zur Strafbemessung kommt der Berufung des Beschuldigten hingegen Berechtigung zu.

Der dem Beschuldigten angelastete Sachverhalt rechtfertigt jedenfalls die Verhängung der Disziplinarstrafe der Geldbuße gemäß § 92 Abs. 1 Z 2 BDG, da eine doch massive Ansehensschädigung der Exekutive gegenüber der Allgemeinheit nicht als bloße Bagatelleverfehlung angesehen werden kann und eine entsprechende Sanktion auch notwendig ist, um dem Beschuldigten den Unrechtsgehalt seines Fehlverhaltens vor Augen zu führen.

Bei der Strafbemessung wurden von der erstinstanzlichen Disziplinarbehörde zutreffend die Kooperation des Beschuldigten (unbeschadet seiner Schulduneinsichtigkeit), seine gute Dienstbeschreibung, die vielen Belobigungen, seine bisherige erfolgreiche Dienstverrichtung, eine dem Beschuldigten beizumessende positive Zukunftsprognose sowie vor allem auch die lange Verfahrensdauer und die Nachteile, die dem Beschuldigten durch die straf- und disziplinargerichtliche Verfolgung erwuchsen (Suspendierung), als Milderungsgründe ins Treffen geführt. Weiter waren als mildernd die Unbescholtenheit des Beschuldigten, sein Tatsachengeständnis sowie sein Wohlverhalten seit Begehung der ihm angelasteten Tat durch einen längeren Zeitraum von über 18 Monaten zu werten. Erschwerend war kein Umstand zu berücksichtigen.

Unter Berücksichtigung der (weiteren) Strafmilderungsgründe, denen kein Erschwerungsgrund gegenübersteht und auch unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten (ausgehend von einem Monatsbezug des Beschuldigten von EUR 3.695,91 brutto) konnte ungeachtet der nicht bloß geringfügigen Schwere der dem Beschuldigten angelasteten Verfehlung mit der Verhängung der Disziplinarstrafe der Geldbuße gemäß § 92 Abs. 1 Z 2 BDG in Höhe von EUR 800,- das Auslangen gefunden werden. Mit der Verhängung der Geldbuße wird sowohl spezial- als auch generalpräventiven Erwägungen Rechnung getragen, um den Beschuldigten von weiteren Verfehlungen abzuhalten und andere Bedienstete durch die Wahl eines angemessenen Strafrahmens von der Begehung gleichartiger Dienstpflichtverletzungen abzuhalten."

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichtete und von diesem mit Beschluss vom 7. Juni 2013, B 171/2013, abgelehnte und dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:

Das gegenständliche Beschwerdeverfahren war am 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängig; die Beschwerdefrist ist vor diesem Zeitpunkt abgelaufen. Gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG waren auf dieses Verfahren daher die am 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen anzuwenden. Dies gilt - gemäß § 3 Z. 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF der Verordnung BGBl. II Nr. 8/2014 - auch für die VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008. Die folgenden Zitate des VwGG in dieser Entscheidung beziehen sich auf dessen am 31. Dezember 2013 in Kraft befindliche Fassung.

Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid deswegen für rechtswidrig, weil mit seinen Aussagen ausschließlich eine Allgemeinkritik zum Ausdruck gebracht worden sei, die keinerlei Individualinteressen und auch nicht das Ansehen einer ganz bestimmten Behörde hätte verletzen können. Eine Rechtswidrigkeit unter dem Gesichtspunkt des § 43 Abs. 2 BDG 1979 sei nicht gegeben. Die Äußerung "Rechte ermitteln gegen Rechte" habe der Beschwerdeführer gar nicht geäußert. Die Bestrafung des Beschwerdeführers sei im Widerspruch zur Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Zulässigkeit von Meinungsäußerungen durch Beamte sowie auch der Äußerung von Kritik als ein notwendiges Mittel zur Optimierung der Effizienz der Verwaltung.

Als Verfahrensmängel macht der Beschwerdeführer geltend, dass die belangte Behörde nicht berücksichtigt habe, dass der Beschwerdeführer die ihm gestellten Fragen im Konjunktiv beantwortet habe, ihm werde eine wörtlich wiedergegebene Aussage zur Last gelegt, obwohl die Veröffentlichung in der alleinigen Entscheidung des Printmediums gelegen gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe nicht geäußert, "Rechte ermitteln gegen Rechte", sondern "Küssel ermittelt gegen Rechte". Die belangte Behörde habe daher einen negativ bewerteten Zeitungsartikel einfach ungeprüft der Urheberschaft des Beschwerdeführers zugewiesen.

Letztlich macht der Beschwerdeführer auch die Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend, weil laut Berufungsbescheid der belangten Behörde im ersten Rechtsgang das erstinstanzliche Erkenntnis unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 29. November 2011, B 378/11, im Wesentlichen mit der Begründung behoben worden sei, dass der im ersten Rechtsgang entscheidende Senat nicht zuständig gewesen sei. Die Erstbehörde habe im zweiten Rechtsgang eine unzutreffende Geschäftsverteilung herangezogen.

Mit dem zuletzt angeführten Einwand zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Diesbezüglich ist nämlich auf die bereits vom Verfassungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 7. Juni 2013, B 171/2013, dargestellte Begründung zu verweisen, wonach im vorliegenden Fall von der Erstbehörde im zweiten Rechtsgang zu Recht die Regelung der Geschäftsverteilung, die bestimmt, dass die aktuelle Geschäftsverteilung 2012 gilt, wenn der Zeitpunkt des Anfalls der Rechtssache vor dem 4. August 2010 liegt, anzuwenden ist.

Mit den übrigen Einwänden zeigt der Beschwerdeführer hingegen eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

In seinem Erkenntnis vom 28. Juli 2000, Zl. 97/09/0106, hat der Verwaltungsgerichtshof folgende Äußerungen eines Beamten über seine Dienststelle in einem Fall zu beurteilen, in welchem einem Beamten des Rechnungshofes der Vorwurf gemacht wurde und er deswegen einer Dienstpflichtverletzung gemäß § 43 Abs. 2 BDG 1979 für schuldig erkannt wurde:

"'dass das eine oder anderen dennoch hervorkommende unangenehme Prüfungsergebnis ..., um politischen Interventionen vorzubeugen einer Sonderbehandlung unterzogen' wird; (Aussage a) 'die Prüfungstätigkeit verkommt damit letztlich zur Kunst aus Liebhaberei (Dilettantismus)'; (Aussage b) dass 'anstelle von Grundlagen für die Feststellung und Deckung des Personalbedarfes 'politische Interventionen und Protektionswirtschaft Platz'greift'; (Aussage c) dass sich der Präsident 'bloß auf kosmetische Berichtigungskorrekturen beschränkt'; (Aussage d) dass eine 'Herausforderung' besteht 'zur Überwindung des im Rechnungshof vorherrschenden Dilettantismus, der sich die derzeitige Führung bis jetzt beharrlich entzogen hat' (Aussage f)"

Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu Folgendes ausgeführt:

"Unter dem Gesichtspunkt eines außerdienstlichen Verhaltens, im Hinblick auf das Grundrecht auf Meinungsfreiheit und die den öffentlichen Bediensteten durch Art. 7 Abs. 4 (früher Abs. 2) B-VG gewährleisteten Rechte vermag ein nur geringes Fehlverhalten die disziplinäre Verfolgung des Beschwerdeführers allerdings nicht zu rechtfertigen. Die disziplinäre Ahndung der Äußerungen des Beschwerdeführers darf nicht dazu führen, seine Kritik an öffentlichen Einrichtungen oder Institutionen - wie etwa hier des Rechnungshofes oder seines Präsidenten - zu unterbinden, bildet die Möglichkeit zur sachlichen, in der gebotenen Form geäußerten Kritik doch ein unverzichtbares, aus der Meinungsäußerungsfreiheit erfließendes, jedermann zustehendes Recht in einem demokratischen Gemeinwesen. Dass der Beschwerdeführer als ein im Rechnungshof tätiger Beamter am System dieser Einrichtung - auch in pauschaler Form - Kritik übte, rechtfertigt es daher noch nicht, seine Äußerungen disziplinär zu ahnden. Ein Schutz des Rechnungshofes oder seines Präsidenten vor sachlicher, in der gebotenen Form geäußerten Kritik durch Beamte dieser Dienststelle besteht nicht. Dass der Beschwerdeführer durch die inkriminierten Äußerungen etwa die Amtsverschwiegenheit verletzt habe, wurde ihm nicht vorgeworfen. Das Disziplinarrecht dient nicht dazu, die sachliche, in gebotener Form vorgetragene Kritik an tatsächlichen oder - aus der Sicht des Kritisierten - nur vermeintlichen Missständen zu verhindern, gilt das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung doch nicht nur für 'Nachrichten' oder 'Ideen', die ein positives Echo haben oder die als unschädlich oder gleichgültig angesehen werden, sondern auch für solche, die provozieren, schockieren oder stören. Dies ergibt sich aus den Erfordernissen des Pluralismus, der Toleranz und der Großzügigkeit, ohne die eine 'demokratische Gesellschaft' nicht bestehen kann. Die Freiheit der Meinungsäußerung, die in Art. 10 EMRK verankert ist, unterliegt einer Reihe von Ausnahmen, die jedoch eng ausgelegt werden müssen, wobei überzeugend nachgewiesen werden muss, warum die Einschränkungen erforderlich sind. Beamte sind vom Anwendungsbereich der EMRK jedenfalls nicht ausgeschlossen (vgl. EGMR, Urteil vom 26. September 1995, Zl. 7/1994/454/535-Fall Vogt gegen Deutschland; und das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 2. März 1994, B 2045/92, in VfSlg. Nr. 13694).

     Kritik an der eigenen Behörde durch einen Beamten ist nicht

nur als durch das Grundrecht auf Meinungsfreiheit geschützt

anzusehen, sondern auch als notwendiges Mittel zur Optimierung der

Verwaltung im Sinne der in den Artikeln 126b Abs. 5, 127 Abs. 1

und 127a Abs. 1 und Abs. 7 B-VG bestimmten Grundsätze anzusehen

(vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 26. Juni 1991, Zl. 91/09/0031

= Slg.NF Nr. 13461/A, und vom 6. September 1995, Zl. 95/12/0122

= Slg.NF Nr. 14313/A).

     Davon ausgehend ist nicht zu untersuchen, ob die Kritik des

Beschwerdeführers - mag sie von der kritisierten Behörde bzw. dem kritisierten Präsidenten auch als unrichtig, widerlegbar oder scharf empfunden werden - objektiv richtig oder unrichtig war, oder ob dem Beschwerdeführer der Wahrheitsbeweis für seine Meinung gelungen ist, weil Kritik an vermeintlichen Missständen auch zulässig sein muss, ohne dass der Kritiker für die objektive Richtigkeit oder erfolgreiche Beweisführung seiner Meinung disziplinär haftet. Dass der Beschwerdeführer die inkriminierten Äußerungen etwa wider besseres Wissen gemacht oder einen offenkundig unvertretbaren Standpunkt eingenommen habe, ist dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen und wurde ihm nach Spruch und Begründung dieses Bescheides nicht vorgeworfen (im übrigen müssen öffentliche Einrichtungen wie etwa die Regierung oder hier der Rechnungshof sich in weitergehendem Umfang Kritik gefallen lassen, vgl. Frowein/Peukert, EMRK-Kommentar, zweite Auflage 1996, Seite 399- Fall Castells). Es bedeutet keine Verletzung des § 43 Abs. 2 BDG 1979, wenn ein Beamter in der Öffentlichkeit andere Beamte oder die ganze Beamtenschaft, aber auch die Bundesregierung oder einen Bundesminister kritisiert. Dass der Beschwerdeführer nicht nur an der Amtsführung (hier des Rechnungshofes bzw. des Präsidenten des Rechnungshofes) überhaupt oder an einem bestimmten Verhalten Kritik geübt habe, sondern etwa ohne Angabe von Gründen öffentlich den Verdacht oder Vorwurf des Mißbrauches der Amtsgewalt erhoben und derart die in § 43 Abs. 2 BDG 1979 dem Schutz des guten Rufes dienende Grenze überschritten hätte, ist dem angefochtenen Bescheid nicht nachvollziehbar zu entnehmen (vgl. in dieser Hinsicht das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Oktober 1995, B 1166/93, in VfSlg. Nr. 14316/1995).

Auch sonst wurde im angefochtenen Bescheid nicht ersichtlich gemacht, dass die durch den angefochtenen Bescheid bewirkte Beschränkung des Beschwerdeführers in seiner Freiheit der Meinungsäußerung zur Erreichung eines der in Art. 10 Abs. 2 EMRK genannten Ziele, etwa zur Aufrechterhaltung der Ordnung im Bereich des Rechungshofes, notwendig gewesen wäre (vgl. etwa die Urteile des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 19. Dezember 1994, Serie Nr. 302, Vereinigung demokratischer Soldaten und Berthold Gubi gegen Österreich, JBl 1995, 513 ff und ÖJZ 1995/23 (MRK) sowie vom 25. November 1997, Zl. 121/1996/740/939, Grigoriades gegen Griechenland, ÖJZ 1998/37,

(MRK))."

In dem dem hg. Erkenntnis vom 20. März 2014, Zl. 2013/12/0093, zu Grunde liegenden Fall hatte ein Beamter der Spanischen Hofreitschule in einem Interview in der ORF-Nachrichtensendung "Report" auf die Frage, ob zwei Garnituren von geeigneten Vorführungspferden zur Verfügung stünden, mit den Worten geantwortet "Das stimmt ja alles nicht ..." und damit der Geschäftsführerin der Spanischen Hofreitschule den Vorwurf gemacht, die Unwahrheit gesagt zu haben. Dazu führte der Verwaltungsgerichtshof wie folgt aus:

"Für die Äußerungen in einem Fernsehinterview gilt Folgendes:

Auch dem Beamten sind in seinem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis alle Grundrechte (soweit sie in Betracht kommen) gewährleistet (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Juli 2000, Zl. 97/09/0106, mwN). Sachliche Kritik des Beamten an der eigenen Behörde ist nicht nur durch das Grundrecht auf Meinungsfreiheit geschützt, sondern auch als notwendiges Mittel zur Optimierung der Verwaltung im Sinn der in den Art. 126b Abs. 5, 127 Abs. 1 und 127a Abs. 1 und Abs. 7 B-VG bestimmten Grundsätze anzusehen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 2002, Zl. 2001/12/0184), wobei solche Äußerungen dann unter den Schutz dieses Grundrechtes fallen, wenn sie das zulässige Maß an sachlicher Kritik am Verhalten eines Vorgesetzten nicht überschreiten, was etwa dann der Fall wäre, wenn sie auf eine unangemessene, beleidigende oder verletzende Weise getätigt worden wären (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 16. September 2009, Zl. 2008/09/0326). Dass die Äußerungen des Beschwerdeführers in dem in Rede stehenden Interview die Grenzen sachlicher Kritik überschritten hätten, ergibt sich aus den Feststellungen im angefochtenen Bescheid nicht."

Zwar besitzen Beschäftigte ihrem Dienstgeber gegenüber auch unter dem Gesichtspunkt der Freiheit der Meinungsäußerung gemäß Art. 10 EMRK eine Pflicht zur Loyalität, Zurückhaltung und Diskretion, was auch auf öffentlich-rechtliche Bedienstete zu beziehen ist (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 3. Oktober 2013, Zl. 2013/09/0077, vgl. auch die Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte etwa vom 25. November 1999 im Fall Nilsen und Johnsen gegen Norwegen, Nr. 23118/93, RandNr. 45 ff, und vom 27. Mai 2014 im Fall Mustafa Erdogan and Others vs. Turkey, RandNr. 34604 und 39779/04, RZ 39 ff). Der zuletzt angeführte Fall betraf gravierende Vorwürfe gegen die Mitglieder des türkischen Verfassungsgerichtshofes, die im angeführten Urteil als zu tolerieren beurteilt worden sind.

Dem Wortlaut der dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Äußerungen ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes aber nicht die von der belangten Behörde angeführte Bedeutung beizumessen, der Beschwerdeführer hätte den Eindruck erweckt, es gebe im Bereich der österreichischen Exekutive eine größere Anzahl an Personen, die eine Nähe zum organisierten Rechtsextremismus hätten und es würden Rechte gegen Rechte ermitteln. Von einer größeren Anzahl von Personen ist nämlich in der Aussage des Beschwerdeführers nicht die Rede.

Bei den Äußerungen des Beschwerdeführers handelt es sich auch nicht um völlig unqualifizierte Vorwürfe oder Urteile ohne jeden sachlichen Bezug. So hat der Beschwerdeführer u.a. in seiner Berufung auf Berichte in Zeitungen hingewiesen, wonach Polizeibeamte im Fall von nazistischen Äußerungen bei Veranstaltungen nicht ausreichend eingeschritten wären. Damit hat sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid im Übrigen auch nicht befasst.

Der Wortlaut der dem Beschwerdeführer zugeschriebenen Äußerungen kann nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht die Bedeutung beigemessen werden, er habe dadurch das Bild einer politisch willfährigen, unsachlich und befangen agierenden Polizei gezeichnet, welche kein Interesse habe neonazistische Verbindungen effizient zu verfolgen und zu zerschlagen.

Die belangte Behörde ist auf die in der Berufung geäußerte Verantwortung des Beschwerdeführers nicht eingegangen, er habe die Bemerkung "Rechte ermitteln gegen Rechte" nicht getätigt. Ihre diesbezügliche Feststellung ist daher mangelhaft und es kann dem Beschwerdeführer nicht unterstellt werden, er hätte gemeint, bei den in der Polizei gegen Rechtsextremismus ermittelnden Beamten handle es sich stets um "Rechte". Vielmehr hat der Beschwerdeführer nach seiner Verantwortung damit ausdrücken wollen, dass es in der rechtsextremen Szene Informanten gebe, und es sich um diejenigen handle, die gegen "Rechte" ermittelten.

Nach dem Gesagten durfte die belangte Behörde daher dem Beschwerdeführer nicht den Vorwurf machen, er habe die Grenzen der Zulässigkeit einer Kritik überschritten, zumal das Disziplinarrecht nicht dazu dient, die sachliche, in gebotener Form vorgetragene Kritik an tatsächlichen oder - aus der Sicht des Kritisierten - nur vermeintlichen Missständen zu verhindern, weil das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung nicht nur für "Nachrichten" oder "Ideen" gilt, die ein positives Echo haben oder die als unschädlich oder gleichgültig angesehen werden, sondern auch für solche, die provozieren, schockieren oder stören.

Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG.

Wien, am 18. Juni 2014

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2014:2013090115.X00

Im RIS seit

11.07.2014

Zuletzt aktualisiert am

06.10.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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