TE Vwgh Erkenntnis 2014/5/28 2011/07/0265

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Veröffentlicht am 28.05.2014
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Index

E1M;
E1P;
E3R E15103030;
E6J;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
19/05 Menschenrechte;
40/01 Verwaltungsverfahren;
59/04 EU - EWR;
83 Naturschutz Umweltschutz;

Norm

12010M006 EUV Art06;
12010P/TXT Grundrechte Charta Art47 Abs2;
12010P/TXT Grundrechte Charta Art47;
12010P/TXT Grundrechte Charta;
32006R1013 Abfälle-VerbringungsV Art24;
32006R1013 Abfälle-VerbringungsV Art36 Abs1;
32006R1013 Abfälle-VerbringungsV Art37;
62007CJ0555 Kücükdeveci VORAB;
AVG §39 Abs2;
AWG 2002 §1 Abs3 Z1;
AWG 2002 §1 Abs3;
AWG 2002 §2 Abs1 Z1;
AWG 2002 §2 Abs1 Z2;
AWG 2002 §66;
AWG 2002 §67;
AWG 2002 §73 Abs1 Z2;
AWG 2002 §73 Abs1;
MRK Art6 Abs1;
MRK Art6;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. Enzenhofer, Dr. N. Bachler und Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Beschwerde des C N in W, vertreten durch Dr. Lennart Binder, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Rochusgasse 2/12, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 31. Oktober 2011, Zl. UR-2011-61697/2-Hr/Fb, betreffend einen Behandlungsauftrag nach § 73 Abs. 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er sich auf die in den Spruchpunkten "Position 1 b", "Position 2 b" und "Position 3 b" des erstinstanzlichen Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 3. Oktober 2011 erteilten Aufträge bezieht, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 13. September 2011 wurde der Beschwerdeführer gemäß Art. 24 der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 über die Verbringung von Abfällen, ABl. Nr. L 190 vom 12.07.2006 S. 1, (EG-VerbringungsV) verpflichtet, die für den Export nach Nigeria vorgesehenen, in Deutschland am 5. September 2011 durch Angehörige des Hauptzollamtes Landshut angehaltenen fünf näher bezeichneten Fahrzeuge, darunter ein Mitsubishi L300 Bus, ein Ford Transit Bus und ein Hyundai Bus, samt den darin befindlichen Gegenständen (insbesondere KFZ-Teile und Elektroaltgeräte), die zumindest zum Teil als Abfall einzustufen seien, am 14. September 2011 auf direktem Weg über den Autobahngrenzübergang Suben nach Österreich zurückzuverbringen und beim Altstoffsammelzentrum Andorf für die Beurteilung deren Abfalleigenschaft durch die Bezirkshauptmannschaft Schärding (im Folgenden: BH) als zuständige Bezirksverwaltungsbehörde abzustellen.

Die BH nahm durch Ing. K. die genannten Fahrzeuge mit den Gegenständen nach deren Überstellung von Deutschland in das Altstoffsammelzentrum in Augenschein und traf zu deren Zustand Feststellungen, die im Aktenvermerk vom 19. September 2011 festgehalten wurden.

Mit Bescheid vom 3. Oktober 2011 erteilte die BH dem Beschwerdeführer gemäß § 1 Abs. 3, § 2 und § 73 Abs. 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 - AWG 2002 iVm den Artikeln 36 und 37 der EG-VerbringungsV den Auftrag, nachstehend angeführte Gegenstände und Teile, die gefährlichen Abfall im Sinne des AWG 2002 darstellten und deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall bzw. als gefährlicher Abfall im öffentlichen Interesse erforderlich sei, nachweislich einer ordnungsgemäßen Entsorgung zuzuführen, und zwar:

"Position 1:

a)

Mitsubishi L300 Bus, Fahrzeug-ID-NR. (...);

b)

sowie die in diesem Fahrzeug gelagerten elektrischen und elektronischen Geräte (DVD-Player, Mikrowellenherd, Backöfen, Nähmaschinen, Stereoanlage, Lautsprecherboxen, Fernbedienungen, ...).

Position 2:

a)

Ford Transit Bus, Fahrzeug-ID-NR. (...);

b)

sowie die in diesem Fahrzeug gelagerten

-

elektrischen und elektronischen Geräte (Drucker, Kopiergerät, Stereoanlage, Ventilator, ...) und

-

die im Fahrzeug gelagerten Gegenstände und Teile wie insbesondere verschiedenste Karosserieteile (PKW-Seitentüren, ...), Stoßstange, Armaturenteile, Armaturenbrett, Federbein, KFZ-Federteile, triplierter Reifen, ...

Position 3:

a)

Hyundai Bus, Fahrzeug-ID-NR. (...);

b)

sowie die in diesem Fahrzeug gelagerten KFZ-Teile wie insbesondere PKW-Stoßstangen, Radzierkappe, PKW-Tank, PKW-Armaturenbrett, ...."

Ferner trug die BH dem Beschwerdeführer auf, diesem Auftrag unverzüglich, spätestens jedoch binnen einer Woche ab Rechtskraft des Bescheides, zu entsprechen, der BH mindestens zwei Tage vor Durchführung den Entsorgungsfachbetrieb, die Transportfirma und den geplanten Zeitpunkt des Transportes bekanntzugeben, wobei der Entsorgungsbetrieb die Übernahme der Abfälle zu dokumentieren habe, sowie der BH unverzüglich den Begleitschein in Kopie und nach Durchführung der ordnungsgemäßen Entsorgung die entsprechenden Entsorgungsbelege zu übermitteln.

Nach Bezeichnung des genannten Aktenvermerkes vom 19. September 2011 als ergänzenden Bestandteil der Begründung führte die BH (u.a.) aus, dass die Fahrzeuge der Schlüsselnummer 35203 "Fahrzeuge, Arbeitsmaschinen und -teile mit umweltrelevanten Mengen an gefährlichen Anteilen oder Inhaltsstoffen (z.B. Starterbatterie, Bremsflüssigkeit, Motoröl)" sowie der Fahrzeuginhalt den Schlüsselnummern 35203 und 35204 "Fahrzeuge, Arbeitsmaschinen und -teile ohne umweltrelevante Mengen an gefährlichen Anteilen oder Inhaltsstoffen" sowie 57502 "Altreifen und Altreifenschnitzel" gemäß dem Abfallverzeichnis entsprechend der Verordnung BGBl. II Nr. 498/2008 zuzuordnen seien. Elektrogeräte seien der Schlüsselnummer 35231 "Elektro- und Elektronik-Altgeräte - Kleingeräte mit einer Kantenlänge kleiner als 50 cm" gemäß diesem Abfallverzeichnis zuzuordnen.

Nach dem "Bundesabfallwirtschaftsplan 2011, 8. Leitlinien zur Abfallverbringung, B) Nationaler Leitfaden zur Unterscheidung betreffend gebrauchte Fahrzeuge, Altfahrzeuge und Unfallautos sowie Fahrzeugteile: Abfall oder Produkt" sei von der subjektiven Abfalleigenschaft jedenfalls dann auszugehen, wenn u.a. die Fahrzeuge zugeschäumt oder zugeschweißt seien, sodass ein Aufbrechen nötig sei, um das Altfahrzeug einsatzbereit zu machen, und wenn die Reparaturwürdigkeit des Fahrzeuges in Österreich bzw. in Europa nicht mehr gegeben sei. Eine solche sei jedenfalls dann als nicht mehr gegeben anzunehmen, wenn die Reparaturkosten (Kosten der Instandsetzung in Österreich bzw. anderen EU-Mitgliedstaaten) höher als der Zeitwert des Kraftfahrzeuges anzusetzen seien. Die seitlichen Türen und die Heckklappen der Fahrzeuge laut den Positionen 2 und 3 des Spruches seien für den Transport von Österreich nach Nigeria mit Montageschaum verschlossen gewesen, und zur Durchführung der Überprüfungen hätten die Türen aufgeschnitten und der Montageschaum entfernt werden müssen, wobei teilweise auch trotz dieser Maßnahmen ein Öffnen der Türen nicht möglich gewesen sei. Bei dem in Position 1 gelisteten Bus seien sämtliche Sitze aus dem Heckbereich entfernt und zur Abgrenzung des Laderaumes zur Fahrgastzeile und zur Heckklappe verwendet worden. Es sei davon auszugehen, dass die Fahrzeuge als Transport-Container genutzt worden seien. Auch wiesen die im Spruch des Bescheides angeführten Fahrzeuge so große Beschädigungen auf, dass eine Instandsetzung mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand nicht mehr möglich sei. Wenngleich ein Teil dieser Beschädigungen vermutlich im Zuge der Anhaltung bzw. des Versuches der Öffnung durch die bundesdeutschen Zollbehörden entstanden sein möge, so sei dies für die Feststellung der Abfalleigenschaft irrelevant. Die Fahrzeuge seien bis oben hin vollgeladen, wobei eine Verpackung der Teile, welche einen Schutz vor Transportschäden oder Schäden, die beim Ein- oder Ausladen entstünden, darstellten, nicht vorhanden sei. Durch die Art der Lagerung ohne besonderen Schutz sei es jedenfalls möglich, dass die Gegenstände und Teile eine weitere Beschädigung erführen. Auch seien beim Öffnen der Fahrzeuge teilweise Teile herausgefallen. Wenn in der Stellungnahme (des Beschwerdeführers vom 23. September 2011) vorgebracht werde, es sei unerfindlich, was es heißen solle, dass die Gegenstände "ohne jegliches erkennbares Ordnungsprinzip" eingelagert worden sein sollten, so werde dieses Vorbringen durch die angefertigte Fotodokumentation entkräftet. Diese Art der Ladung und des Transportes stehe jedenfalls in Widerspruch zur Intention, die Teile als gebrauchsfähige Ersatzteile zu versenden. In Würdigung des Sachverhaltes sei daher festzustellen, dass für die im Spruch genannten Fahrzeuge und geladenen Gegenstände sowie Teile subjektiv die Abfalleigenschaft vorliege.

Ein öffentliches Interesse an der Behandlung als Abfall sei jedenfalls dann gegeben, wenn eine Gefährdung der Umwelt u. a. durch den Austritt von Betriebsmitteln (z.B. Kraftstoffe, Öle, Bremsflüssigkeiten, Rostschutzmittel, Batteriesäure, Kühlmittel, ...) gegeben sei. Da, wie eindeutig habe festgestellt werden können, in den Fahrzeugen Betriebsmittel vorhanden seien und diese jedenfalls dazu geeignet erschienen, dass im Falle des Auflaufens die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt werden könne, liege ein öffentliches Interesse an der Behandlung der Fahrzeuge und der darin geladenen Teile als Abfall vor. Die objektive Abfalleigenschaft sei daher gegeben.

Der gegenständliche Transport habe per LKW von Österreich (Wien) nach Belgien (Antwerpen) und dort weiter per Schiff nach Nigeria (Lagos) erfolgen sollen. Da die genannten Fahrzeuge und geladenen Gegenstände und Teile als Abfall bzw. gefährlicher Abfall im Sinne des AWG 2002 einzustufen seien, komme bei der grenzüberschreitenden Verbringung die EG-VerbringungsV zur Anwendung, nach deren Art. 36 Abs. 1 die Verbringung von Altfahrzeugen oder Unfallautos mit gefährlichen Flüssigkeiten und anderen Komponenten, die als gefährlicher Abfall einzustufen seien, in Nicht-OECD-Staaten bzw. Staaten, die den OECD-Ratsbeschluss C (2001) 107 endg. noch nicht umgesetzt hätten, auf Grund des Exportbannes gefährlicher Abfälle verboten sei, wobei für Nigeria als Nicht-OECD-Staat dieser Exportbann jedenfalls gelte.

Da der Beschwerdeführer den Transport in Auftrag gegeben habe und die Fahrzeuge samt Inhalt in dessen Verfügungsgewalt stünden, sei er als Verpflichteter im Sinne des AWG 2002 anzusehen. Dessen Stellungnahme, dass der Bescheid des Bundesministers über die Rückführung nicht bekannt gewesen sei, werde als Schutzbehauptung gewertet. Laut Auskunft des zuständigen Bearbeiters im Bundesministerium habe der Beschwerdeführer nach Zustellung des Bescheides fernmündlich Kontakt mit dem Ministerium aufgenommen und die Details über die Rückführung abgeklärt. Bei dieser Kontaktaufnahme sei dem Beschwerdeführer der Inhalt des Bescheides jedenfalls bekannt gewesen. Auch habe der Beschwerdeführer dort eine Zustellung des Bescheides nicht beantragt.

Die vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich (im Folgenden: LH) vom 31. Oktober 2011 als unbegründet abgewiesen.

Nach Darstellung des Berufungsvorbringens und der maßgeblichen Rechtsvorschriften führte der LH aus, dass gemäß Art. 36 Abs. 1 der EG-VerbringungsV die Verbringung von Altfahrzeugen oder Unfallautos mit umweltgefährdenden Flüssigkeiten und anderen gefährlichen Komponenten, die als gefährlicher Abfall einzustufen seien, auf Grund des Exportbannes für gefährliche Abfälle nach Nigeria verboten sei. In Kapitel 8.2.2.3 b des Bundesabfallwirtschaftsplanes ("Nationaler Leitfaden zur Unterscheidung betreffend gebrauchte Fahrzeuge, Altfahrzeuge und Unfallautos sowie Fahrzeugteile") werde ausgeführt, dass beim Transport, wenn der Besitzer geltend mache, er beabsichtige die Verbringung gebrauchter Fahrzeuge oder Fahrzeugteile, als Beleg für diese Behauptung gegenüber der Behörde folgende Belege bereitzustellen seien:

              a)       Eine Kopie der Rechnung und des Vertrages über die Veräußerung bzw. den Eigentumsübergang in Bezug auf die gebrauchten Fahrzeuge oder Fahrzeugteile, worin festgestellt werde, dass diese für die direkte Wiederverwendung vorgesehen und voll funktionsfähig seien,

              b)       eine Erklärung des Besitzers, der den Transport der gebrauchten Fahrzeuge oder Fahrzeugteile veranlasse, wonach es sich hiebei nicht um Abfall gemäß der EG-Abfallrahmenrichtlinie bzw. dem AWG 2002 handle.

Weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im Berufungsverfahren sei vom Beschwerdeführer zum Beweis, dass es sich bei den Fahrzeugen und deren Ladung nicht um Abfall handle und die Vorbesitzer keine Entledigungsabsicht gehabt hätten, eine Kopie der Rechnung und des Vertrages über die Veräußerung bzw. den Eigentumsübergang in Bezug auf die gebrauchten Fahrzeuge oder Fahrzeugteile, worin festgestellt werde, dass diese für die direkte Wiederverwendung vorgesehen und voll funktionsfähig seien, vorgelegt worden. Daher sei bei den Fahrzeugen, den KFZ-Teilen sowie den Elektro- und Elektronikaltgeräten von einer subjektiven Entledigungsabsicht der Vorbesitzer und damit von Abfall im subjektiven Sinn auszugehen.

Unabhängig davon sei auch der objektive Abfallbegriff erfüllt, weil die Fahrzeuge so große Beschädigungen aufgewiesen hätten, dass eine Instandsetzung mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand nicht mehr möglich sei. Zudem seien die Fahrzeuge laut den Positionen 2 und 3 des Spruches des erstinstanzlichen Bescheides für den Transport mit Montageschaum verschlossen gewesen. Die Fahrzeuge seien nicht fahrbereit gewesen und hätten nicht selbstständig vom Transporter gefahren werden können. Außerdem seien alle Betriebsmittel in den Fahrzeugen vorhanden gewesen, und bei allen drei Fahrzeugen seien die Motoren durch diverse Tropfverluste ölverschmiert und es seien daher Betriebsmittelaustritte nicht auszuschließen gewesen. Auf Grund dieses Zustandes könnten diese Fahrzeuge im Sinne des § 1 Abs. 3 AWG 2002 die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigen oder eine Beeinträchtigung von Wasser und Boden verursachen, seien doch bereits sehr kleine Verluste an Öl und Benzin geeignet, das Grundwasser nachhaltig zu beeinflussen. Sämtliche Fahrzeuge seien daher geeignet, das öffentliche Interesse des § 1 Abs. 3 Z 3 oder 4 AWG 2012 zu verletzen. Deshalb seien die Fahrzeuge richtigerweise der Schlüsselnummer 35203 entsprechend der Verordnung BGBl. II Nr. 498/2008 und somit den gefährlichen Abfällen zugeordnet worden.

Im Inneren der Fahrzeuge seien Stoßstangen, Tanks, Reifen, andere KFZ-Einzelteile sowie Elektro- und Elektronikaltgeräte in komprimierter, ungesicherter Anordnung vorgefunden worden. Gemäß Kapitel 8.2.2.3 des Bundesabfallwirtschaftsplanes als authentische Interpretation des AWG 2002 sei im Falle der Verbringung von Bauteilen aus Fahrzeugen sowie Elektro- und Elektronikgeräten eine ausreichende Verpackung bzw. geeignete Lagerung zum Schutz vor Beschädigung während der Beförderung sowie des Ein- und Ausladens erforderlich. Eine geordnete sichernde Beladung sei nicht erkennbar gewesen. Die Fahrzeugteile in den Kraftfahrzeugen seien der Schlüsselnummer 35304 der genannten Verordnung zuzuordnen und als nicht gefährlicher Abfall zu qualifizieren.

Nach einer Textpassage des "Leitfadens zur Abfallverbringung, Elektro- und Elektronikaltgeräte - Abfall oder Produkt" im Bundesabfallwirtschaftsplan 2011 seien, wenn der Besitzer geltend mache, er beabsichtige die Verbringung gebrauchter Elektro- und Elektronikgeräte, beim Transport als Dokumentation für diese Behauptung gegenüber der Behörde eine Reihe von - näher genannten -

Belegen bereitzustellen, wobei in jedem Falle eine Prüfbescheinigung (Nachweis der Funktionsfähigkeit) vorliegen müsse und Erklärungen des Besitzers alleine in der Regel nicht ausreichend seien. Allein die Erklärung des Beschwerdeführers, wonach es sich bei keinem der Geräte/Bauteile in der Sendung um Abfall handle, reiche somit nicht aus, um eine Produkteigenschaft der Ladung zu dokumentieren. Nicht ausgeschlossen werden könne, dass bei loser, ungeordneter Lagerung von Elektro- und Elektronikgeräten ohne entsprechende Verpackung beim Transport Schäden an den stromführenden Geräteteilen entstünden, die zu Gefährdungen der die Geräte bedienenden Menschen führen könnten. Die Elektro- und Elektronikgeräte seien daher von der Erstbehörde zutreffenderweise der Schlüsselnummer 35231 der Verordnung BGBl. II Nr. 498/2008 zugeordnet worden.

Der Export nicht gefährlicher Abfälle nach Nigeria bedürfte gemäß Art. 37 der EG-VerbringungsV einer Notifizierung gemäß den §§ 67 ff AWG 2002, die jedoch nicht nachgewiesen worden sei.

Wie und durch wen die Beschädigungen verursacht worden seien, sei unerheblich, weil die Abfallbehörde nicht zu prüfen habe, wie und warum eine Sache Abfall geworden sei. Es sei daher gemäß § 73 Abs. 1 AWG 2002 iVm der EG-VerbringungsV der Behandlungsauftrag zu Recht ergangen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der LH legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Auf den vorliegenden, mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.

Die Beschwerde bringt vor, dass dem Beschwerdeführer kein effektiver Rechtsschutz gemäß Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) gewährt worden sei und die Sache vor einem unabhängigen, unparteiischen Gericht oder Tribunal in einem fairen Verfahren öffentlich hätte verhandelt werden müssen. Im Rahmen einer Verhandlung hätte der Beschwerdeführer durch seine Aussage über die Einzelheiten des Ankaufs und Verkaufs sowie allfällige Reparaturkosten usw. darlegen können, dass die beschlagnahmten Fahrzeuge und Geräte kein Abfall seien. Ferner hätte er den Kontrollmechanismus der nigerianischen Behörden zur Verhinderung des Imports von Altfahrzeugen erklären können. Als Berufungsinstanz sei der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, wie dies auch im Land Niederösterreich im Verfahren nach dem AWG praktiziert werde. Wenn man die Ansicht verträte, dass der Verwaltungsgerichtshof eine Kontrollinstanz im Sinne des Art. 47 GRC darstelle, wäre eine mündliche und öffentliche Verhandlung mit kontradiktorischem Charakter durchzuführen, weil den Feststellungen des Amtssachverständigen vom Beschwerdeführer entgegengetreten werde und die Kontrolle der Rechtsprechung durch die Öffentlichkeit gewahrt sein müsse.

Dazu ist Folgendes auszuführen:

Ein Verstoß des LH gegen Art. 47 GRC liegt bereits deshalb nicht vor, weil es sich bei dieser Behörde um kein Tribunal im Sinn der europarechtlichen Judikatur handelt. Abgesehen davon wurde vom Beschwerdeführer auch kein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung an den LH gestellt. Im Übrigen erfüllt der Verwaltungsgerichtshof bei Wahrnehmung seiner gesetzlichen Befugnisse zur Sachverhaltskontrolle die Anforderungen an ein Gericht mit hinreichender Kontrollbefugnis in Tatsachenfragen im Sinne des Art. 6 Abs. 1 EMRK und des Art. 47 Abs. 2 GRC (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 2013, Zl. 2013/07/0088, mwH auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes und des EGMR).

Entgegen der Beschwerdeauffassung konnte von einer mündlichen Verhandlung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Abstand genommen werden.

Seit dem Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon am 1. Dezember 2009 ist die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. 2007/C 303/01, konsolidierte Fassung ABl. 2010/C 83 S. 389ff, im Folgenden GRC) durch Art. 6 Abs. 1 EUV den Verträgen rechtlich gleichrangig gestellt und daher Teil des Primärrechts der Europäischen Union.

Art. 47 GRC lautet:

"Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein

unparteiisches Gericht

Jede Person, deren durch das Recht der Union garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden sind, hat das Recht, nach Maßgabe der in diesem Artikel vorgesehenen Bedingungen bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen.

Jede Person hat ein Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Jede Person kann sich beraten, verteidigen und vertreten lassen.

Personen, die nicht über ausreichende Mittel verfügen, wird Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit diese Hilfe erforderlich ist, um den Zugang zu den Gerichten wirksam zu gewährleisten."

Die Erläuterungen führen zu Art. 47 Abs. 2 GRC aus (ABl. 2007/C 303, S. 30):

"Absatz 2 entspricht Artikel 6 Absatz 1 EMRK, (...)

Im Unionsrecht gilt das Recht auf ein Gerichtsverfahren nicht nur für Streitigkeiten im Zusammenhang mit zivilrechtlichen Ansprüchen und Verpflichtungen. Dies ist eine der Folgen der Tatsache, dass die Union eine Rechtsgemeinschaft ist, wie der Gerichtshof in der Rechtssache 294/83, 'Les Verts' gegen Europäisches Parlament (Urteil vom 23. April 1986, Slg. 1986, 1339) festgestellt hat. Mit Ausnahme ihres Anwendungsbereichs gelten die Garantien der EMRK jedoch in der Union entsprechend."

Art. 52 Abs. 3 GRC legt fest:

"Soweit diese Charta Rechte enthält, die den durch die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten garantierten Rechten entsprechen, haben sie die gleiche Bedeutung und Tragweite, wie sie ihnen in der genannten Konvention verliehen wird. Diese Bestimmung steht dem nicht entgegen, dass das Recht der Union einen weiter gehenden Schutz gewährt."

Für die Auslegung und Anwendung der GRC ist die Rechtsprechung des EuGH maßgebend. Der EuGH berücksichtigt wiederum die Rechtsprechung des EGMR (vgl. dazu etwa das Erkenntnis des VfGH vom 14. März 2012, U 466/11 u.a., Punkt II. 5.7).

Gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK hat jedermann in Verfahren über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen Anspruch darauf, dass seine Sache in billiger Weise öffentlich gehört wird.

Im Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK hat somit Art. 47 Abs. 2 GRC die gleiche Tragweite und Bedeutung wie Art. 6 EMRK. Jenseits dessen gelten die Garantien des Art. 6 EMRK für den Anwendungsbereich des Art. 47 Abs. 2 GRC entsprechend (vgl. die Erläuterungen zur GRC, ABl. 2007 C 303, S 30; ferner das zitierte Erkenntnis des VfGH vom 14. März 2012, Punkt II.7.2., und zum Ganzen auch das hg. Erkenntnis vom 23. Jänner 2013, Zl. 2010/15/0196, mwN).

Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7.401/04 (Hofbauer/Österreich 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal habe, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlicher Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche Fragen betrifft (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. September 2012, 2011/07/0149, mwN). In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren gebe, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung aufträten oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 20. März 2014, Zl. 2013/07/0146, mwN).

Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ist hier geklärt und wurde in der Beschwerde nicht bestritten. Darin wurden keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Art. 6 EMRK steht somit der Abstandnahme von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen. Die Entscheidung konnte daher gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Die §§ 1, 2, 15 und 73 AWG 2002 in der bei Erlassung des angefochtenen Bescheides maßgeblichen Fassung des BGBl. I Nr. 9/2011 lauten auszugsweise:

"Ziele und Grundsätze

§ 1. (...)

(...)

(3) Im öffentlichen Interesse ist die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich, wenn andernfalls

1. die Gesundheit der Menschen gefährdet oder unzumutbare Belästigungen bewirkt werden können,

2. Gefahren für Wasser, Luft, Boden, Tiere oder Pflanzen und deren natürlichen Lebensbedingungen verursacht werden können,

3. die nachhaltige Nutzung von Wasser oder Boden beeinträchtigt werden kann,

4. die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt werden kann,

5.

Brand- oder Explosionsgefahren herbeigeführt werden können,

6.

Geräusche oder Lärm im übermäßigen Ausmaß verursacht werden können,

              7.       das Auftreten oder die Vermehrung von Krankheitserregern begünstigt werden können,

              8.       die öffentliche Ordnung und Sicherheit gestört werden kann oder

              9.       Orts- und Landschaftsbild sowie Kulturgüter erheblich beeinträchtigt werden können.

(...)"

"Begriffsbestimmungen

§ 2. (1) Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes

sind bewegliche Sachen,

              1.       deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat oder

              2.       deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) nicht zu beeinträchtigen.

(2) Als Abfälle gelten Sachen, deren ordnungsgemäße Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse erforderlich ist, auch dann, wenn sie eine die Umwelt beeinträchtigende Verbindung mit dem Boden eingegangen sind. Die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse kann auch dann erforderlich sein, wenn für eine bewegliche Sache ein Entgelt erzielt werden kann.

(3) Eine geordnete Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist jedenfalls solange nicht im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs. 3) erforderlich, solange

1.

eine Sache nach allgemeiner Verkehrsauffassung neu ist oder

2.

sie in einer nach allgemeiner Verkehrsauffassung für sie bestimmungsgemäßen Verwendung steht.

(...)

(...)"

"Allgemeine Behandlungspflichten für Abfallbesitzer § 15. (1) Bei der Sammlung, Beförderung,

Lagerung und Behandlung von Abfällen und beim sonstigen Umgang mit Abfällen sind

              1.       die Ziele und Grundsätze gemäß § 1 Abs. 1 und 2 zu beachten und

              2.       Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) zu vermeiden.

(...)

(3) Abfälle dürfen außerhalb von

1.

hiefür genehmigten Anlagen oder

2.

für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten

nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden. Eine Ablagerung von Abfällen darf nur in hiefür genehmigten Deponien erfolgen.

(...)"

"Behandlungsauftrag

§ 73. (1) Wenn

              1.       Abfälle nicht gemäß den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, nach diesem Bundesgesetz erlassenen Verordnungen, nach EG-VerbringungsV oder nach EG-POP-V gesammelt, gelagert, befördert, verbracht oder behandelt werden oder

              2.       die schadlose Behandlung der Abfälle zur Vermeidung von Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) geboten ist,

hat die Behörde die erforderlichen Maßnahmen dem Verpflichteten mit Bescheid aufzutragen oder das rechtswidrige Handeln zu untersagen.

(...)"

Für die Verwirklichung des objektiven Abfallbegriffes gemäß § 2 Abs. 1 Z 2 AWG 2002 reicht die bloße Möglichkeit einer Gefährdung von Schutzgütern im Sinne des § 1 Abs. 3 leg. cit. aus. Es kommt nicht darauf an, dass eine konkrete Gefahrensituation nachweisbar ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. November 2013, Zl. 2012/07/0199, mwN).

Nach den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen wiesen die im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides angeführten drei Fahrzeuge, wie auch aus dem oben (I.) genannten Aktenvermerk vom 19. September 2011 hervorgeht, so große Beschädigungen auf, dass eine Instandsetzung mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand nicht mehr möglich ist. Bei allen Fahrzeugen waren die Motoren durch diverse Tropfverluste ölverschmiert, sodass Betriebsmittelaustritte nicht ausgeschlossen werden konnten.

Diesen, durch die Wahrnehmungen des Ing. B. anlässlich des Augenscheines vom 19. September 2011 und auch durch Lichtbilder untermauerten Feststellungen im angefochtenen Bescheid tritt die Beschwerde nicht substanziiert entgegen. Auf dem Boden dieser Feststellungen begegnet die Auffassung des LH, dass es sich bei den drei genannten Fahrzeugen um Abfall im objektiven Sinn (§ 2 Abs. 1 Z 2 AWG 2002) handelt, weil auf Grund des Zustandes der Fahrzeuge eine Beeinträchtigung von Wasser und Boden verursacht und die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt werden könnte (§ 1 Abs. 3 Z 3 und 4 leg. cit.), keinem Einwand. Für die Verwirklichung des objektiven Abfallbegriffes reicht nämlich, wie bereits erwähnt, die bloße Möglichkeit einer Gefährdung von Schutzgütern im Sinne des § 1 Abs. 3 leg. cit. aus und kommt es nicht darauf an, dass eine konkrete Gefahrensituation nachweisbar ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. November 2013, Zl. 2012/07/0199, mwN).

Ob die Beschädigungen der Fahrzeuge durch Angehörige der deutschen Zollbehörden verursacht wurden, kann dahingestellt bleiben, ändert dies doch nichts an der Abfalleigenschaft der Fahrzeuge. Diese Frage ist allenfalls in einem gesonderten (zivilgerichtlichen) Verfahren zu beantworten.

Da somit in Bezug auf diese Fahrzeuge der objektive Abfallbegriff erfüllt ist, kann es dahingestellt bleiben, ob auch der subjektive Abfallbegriff verwirklicht ist.

Wenn die Beschwerde in Bezug auf diese Fahrzeuge vorbringt, dass eine Zuständigkeit österreichischer Behörden nicht gegeben sei, weil die Fahrzeuge von einem deutschen Zollamt beschlagnahmt worden seien und dem Beschwerdeführer der Bescheid des Bundesministers vom 13. September 2011, der eine Änderung der Zuständigkeit bewirke, nicht zugestellt worden sei, so zeigt sie mit diesem Vorbringen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Die Beschwerde geht auf die Ausführungen des LH, dass gemäß Art. 36 Abs. 1 der EG-VerbringungsV die Verbringung von Altfahrzeugen oder Unfallautos mit umweltgefährdenden Flüssigkeiten und anderen gefährlichen Komponenten, die als gefährlicher Abfall einzustufen seien, - wie den gegenständlichen drei Fahrzeugen - nach Nigeria als Nicht-OECD-Staat auf Grund des insoweit geltenden Exportbanns verboten sei, nicht ein. Diese Beurteilung, wonach diese Fahrzeuge nach der EG-VerbringungsV nicht nach Nigeria befördert oder verbracht werden durften, begegnet keinem Einwand. Da die genannten Fahrzeuge in den Sprengel der BH zurückgestellt worden waren, war diese gemäß § 73 Abs. 1 Z 1 AWG 2002 sowohl örtlich als auch sachlich dafür zuständig, dem Beschwerdeführer als Verpflichtetem die erforderlichen Maßnahmen aufzutragen.

In Bezug auf die im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides genannten, in den Fahrzeugen gelagerten elektrischen und elektronischen Geräte sowie KFZ-Teile bringt die Beschwerde vor, dass diese weder in subjektiver noch objektiver Hinsicht Abfall darstellten und es sich dabei um keine beweglichen Sachen handle, deren sich der Besitzer entledigen wolle oder entledigt habe. Auch ergebe sich aus dem Bundesabfallwirtschaftsplan keine gesetzliche Beweislastregel, wonach sich der Besitzer der Elektrogeräte ausschließlich durch Vorlage von Rechnungskopien und Kaufverträgen freibeweisen könne, damit Elektrogeräte als benützbar angesehen würden. Der Bundesabfallwirtschaftsplan bzw. dessen "Nationaler Leitfaden" habe überdies keinen Gesetzesrang.

Dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg.

Der Beschwerdeführer hat in seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid vorgebracht, dass es sich bei den in dessen Spruch angeführten Gegenständen um funktions- und gebrauchsfähige Gegenstände handle, niemand die Gegenstände habe loswerden wollen und er für den Kauf der diversen Gegenstände erhebliche Beträge habe aufwenden müssen. Diesem Berufungsvorbringen wurde vom LH im angefochtenen Bescheid mit den Ausführungen begegnet, dass bei den KFZ-Teilen sowie den Elektro- und Elektronikaltgeräten von der subjektiven Entledigungsabsicht der Vorbesitzer und damit von Abfall in subjektivem Sinn auszugehen sei, weil der Beschwerdeführer eine Kopie der Rechnung und des Vertrages über die Veräußerung bzw. den Eigentumsübergang, worin festgestellt werde, dass die Sachen für die direkte Wiederverwendung vorgesehen und voll funktionsfähig seien, nicht als Beweis vorgelegt habe. So habe der Besitzer laut dem Bundesabfallwirtschaftsplan bzw. dem darin enthaltenen "Leitfaden zur Abfallverbringung, Elektro- und Elektronikaltgeräte - Abfall oder Produkt" solche Nachweise zu erbringen, wobei es sich bei dem Kapitel 8.2.2.3 des Bundesabfallwirtschaftsplanes 2011 um die authentische Interpretation des AWG 2002 handle.

Ob dem Bundesabfallwirtschaftsplan 2011 oder dem darin enthaltenen Leitfaden im vorliegenden Zusammenhang Verordnungscharakter zukommt, kann dahingestellt bleiben. In keinem Fall könnte nämlich eine darin getroffene Regelung dazu führen, dass die Behörde davon entbunden wäre, zur Klärung, ob bewegliche Sachen die Voraussetzungen des Abfallbegriffes im Sinn des § 2 Abs. 1 Z 1 und 2 AWG 2002 erfüllen, eigene Ermittlungen anzustellen. So ist das Ermittlungsverfahren gemäß § 39 Abs. 2 AVG vom Grundsatz der Amtswegigkeit (Offizialmaxime) beherrscht (vgl. dazu die näheren Ausführungen in Hengstschläger/Leeb, AVG, § 39 Rz 3 ff, 7 ff). Auch ist dem AWG 2002 keine Regelung dahingehend zu entnehmen, dass der Besitzer einer beweglichen Sache gegenüber der Behörde, ohne dass diese selbst Ermittlungen anstellen müsste, nachzuweisen hätte, dass es sich bei dieser Sache um keinen Abfall handle. Von dieser Frage der Klärung der Abfalleigenschaft ist die Frage zu unterscheiden, welche Unterlagen im Falle einer grenzüberschreitenden Verbringung von Abfällen vorzulegen sind (vgl. dazu insbesondere die §§ 66 ff AWG 2002 und die EG-VerbringungsV).

Mit ihrer Auffassung, dass in Anbetracht der angeführten Regelungen des Bundesabfallwirtschaftsplanes 2011 bzw. des darin enthaltenen Leitfadens mangels Vorlage von Unterlagen von der Entledigungsabsicht in Bezug auf die in den Fahrzeugen enthaltenen Gegenstände auszugehen sei, hat daher der LH die Rechtslage verkannt.

Mit den im angefochtenen Bescheid enthaltenen Ausführungen, dass keine geordnete sichernde Beladung erkennbar gewesen sei, der Bundesabfallwirtschaftsplan 2011 eine ausreichende Verpackung bzw. Lagerung der Fahrzeugteile sowie Elektro- und Elektronikgeräte zum Schutz vor Beschädigungen während der Beförderung, damit diese Gegenstände ihren Zweck entsprechend wiederverwendet werden könnten, fordere und nicht ausgeschlossen werden könne, dass bei der losen, ungeordneten Lagerung und beim Transport Schäden an den stromführenden Geräteteilen entstünden, die zu Gefährdungen der die Geräte bedienenden Menschen führen könnten, weshalb es sich bei den Gegenständen um nicht gefährliche Abfälle handle, erachtete der LH offensichtlich die Tatbestandsvoraussetzungen des § 73 Abs. 1 Z 2 AWG 2002 ("... wenn die schadlose Behandlung der Abfälle zur Vermeidung von Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) geboten ist...") sowie von den im Katalog des § 1 Abs. 3 leg. cit. genannten Schutzgütern den Tatbestand des § 1 Abs. 3 Z 1 erster Fall leg. cit. (Gefährdung der Gesundheit der Menschen) für erfüllt. Diese Begründung stellt jedoch keine tragfähige Grundlage dafür dar, dass es sich bei den in den Fahrzeugen enthaltenen Gegenständen um Abfall im objektiven Sinn handle. Dass im Sinn des § 73 Abs. 1 leg. cit. der Gefahr einer Verwendung dieser Gegenstände in Österreich - die sich nun wieder hier befinden und deren Verbringung nach Nigeria nicht gestattet wurde - nur durch deren Entsorgung begegnet werden kann, wurde vom LH im angefochtenen Bescheid nicht weiter begründet und ist auch nicht ohne weiteres ersichtlich. Die bloße Möglichkeit, dass auf Grund eines künftig hinzutretenden, gesonderten Willensentschlusses des Beschwerdeführers oder einer anderen Person diese Gegenstände verwendet werden könnten, bietet allein - ohne einen Nachweis dafür, dass diese Teile tatsächlich nicht funktionsfähig sind und im Hinblick darauf zu einer Gefährdung von die Geräte bedienenden Menschen führen könnten - keine tragfähige Grundlage für die Annahme, dass mit den Gegenständen eine Gefährdung des öffentlichen Interesses im Sinn des § 1 Abs. 3 Z 1 (erster Fall) AWG 2002 verbunden und deshalb gemäß § 73 Abs. 1 Z 2 leg. cit. deren Entsorgung geboten ist.

Der LH hat auch dies verkannt, weshalb der angefochtene Bescheid, soweit er sich auf die in den genannten Fahrzeugen enthaltenen Gegenstände und Teile bezieht, gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.

Im Übrigen war hingegen die Beschwerde aus den oben dargelegten Erwägungen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und § 3 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 28. Mai 2014

Gerichtsentscheidung

EuGH 62007CJ0555 Kücükdeveci VORAB

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2014:2011070265.X00

Im RIS seit

03.07.2014

Zuletzt aktualisiert am

02.10.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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