RS Vfgh 2014/6/16 U2543/2013

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Veröffentlicht am 16.06.2014
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, Asylrecht

Norm

AsylG 2005 §5, §10
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
Dublin II-VO des Rates vom 18.02.03, EG 343/2003 Art19 Abs2
EMRK Art3
EU-Grundrechte-Charta Art4

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Zurückweisung des Asylantrags eines Drittstaatsangehörigen und Ausweisung nach Ungarn mangels Würdigung des aktuellsten, eine erneute Gesetzesänderung berücksichtigenden Berichtsmaterials zur Lage von Asylwerbern in Ungarn

Rechtssatz

Am 01.07.2013 trat in Ungarn eine neuerliche Gesetzesänderung in Kraft, die nach dem Bericht des Hungarian Helsinki Committee "Brief information note on the main asylum-related legal changes in Hungary as of 1 July 2013" vom 28.06.2013 die Möglichkeiten für die Anhaltung bzw Inhaftierung von Asylwerbern massiv ausgeweitet und zugleich die Rechtsschutzmöglichkeiten eingeschränkt habe; zudem seien die Asylwerberaufnahmelager überfüllt, was zu einer gravierenden Verschlechterung der dortigen hygienischen Bedingungen geführt habe.

Auf diese erneute Rechtslagenänderung in Ungarn geht der AsylGH nur insoweit ein, als er dem genannten Bericht die Forderung nach "einer entsprechend genauen Beobachtung" der Situation für Dublin-Rückkehrer entnimmt. Die in der Beschwerde vom 04.11.2013 ins Treffen geführten Berichte und Entscheidungen, welche größtenteils aus dem Zeitraum nach dem 01.07.2013 stammen und auf die aktuelle Situation Bezug nehmen, lässt der AsylGH hingegen völlig unberücksichtigt. Vor dem Hintergrund der Entwicklung der Judikatur des EGMR und der Berichtslage betreffend das ungarische Asylsystem ist der VfGH der Auffassung, dass der AsylGH im Zeitpunkt seiner Entscheidung im November 2013 jedenfalls das aktuellste - die nach der am 01.07.2013 in Kraft getretenen Gesetzesänderung entstandene Situation berücksichtigende - Berichtsmaterial zur Lage für Asylwerber in Ungarn heranziehen und würdigen hätte müssen, um beurteilen zu können, ob betreffend den Beschwerdeführer "ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme [bestehen], dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt zu werden" (EuGH 10.12.2013, Rs C-394/12, Abdullahi, Rz 60).

(Ebenso unter Hinweis auf die vorliegende Entscheidung U2679/2013, U37/2014, ua, alle E v 25.06.2014).

Entscheidungstexte

Schlagworte

Asylrecht, Ausweisung, Ermittlungsverfahren, EU-Recht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2014:U2543.2013

Zuletzt aktualisiert am

30.07.2015
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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