TE Vwgh Erkenntnis 2014/4/8 2012/05/0113

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Veröffentlicht am 08.04.2014
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Index

L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L82000 Bauordnung;
L82009 Bauordnung Wien;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §45 Abs3;
AVG §52 Abs1;
AVG §53 Abs1;
AVG §67a Abs1 Z2;
BauO Wr §129 Abs6;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Sußner, über die Beschwerde des Dr. T S in E, vertreten durch Schreiner Lackner & Partner Rechtsanwälte in 7000 Eisenstadt, Esterhazyplatz 6a, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 25. April 2012, Zl. BOB-580/11, betreffend Kostenvorschreibung gemäß § 129 Abs. 6 der Bauordnung für Wien (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer des verfahrensgegenständlichen Hauses in Wien, L. Gasse 31.

Dem Aktenvermerk des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung (MA) 25, vom 22. März 2011 zufolge wurde an diesem Tag von einem Beamten der Baubehörde festgestellt, dass der Verputz der Straßenschaufläche im Bereich des Krönungsgesimses schadhaft sei und auf den Gehsteig zu stürzen drohe, weshalb Gefahr im Verzug bestehe und als Sicherungsmaßnahme der lockere, absturzgefährdete Verputz am Krönungsgesimse, der Brüstung sowie an der Fassade abzuschlagen sei. Noch am selben Tag wurde von der MA 25 dem Bau- und Malerunternehmen W. GmbH der Auftrag erteilt, diese Sicherungsarbeiten (Abschlagen des lockeren, absturzgefährdeten Verputzes des Krönungsgesimses, der Brüstung sowie an der Fassade) durchzuführen.

Diese Arbeiten wurden vom beauftragten Unternehmen am selben Tag durchgeführt.

Einem weiteren Aktenvermerk der MA 25 vom 23. März 2011 zufolge wurde an diesem Tag festgestellt, dass als Schutz gegen die Gefahr des Abstürzens loser Fassadenteile ein Passagenschutzgerüst im Hof des verfahrensgegenständlichen Hauses zu errichten und die Gefahrenfläche im Hof zu sperren sei.

Mit Bescheid der MA 25 vom 26. September 2011 wurden dem Beschwerdeführer als Eigentümer der Baulichkeit gemäß § 129 Abs. 6 der Bauordnung für Wien (BO) die mit EUR 2.900,61 bestimmten Kosten für die Durchführung folgender dringender Verfügungen und Sicherungsmaßnahmen vorgeschrieben:

"1.) Abschlagen des lockeren, absturzgefährdeten Verputzes an der Gassenfassade, am Krönungsgesimse, sowie an der Brüstung an der Front W..., L... Gasse 31, als Schutz gegen die Gefahr des Abstürzens loser Teile.

2.) Errichten eines Passagenschutzgerüstes im Hof, als Schutz gegen die Gefahr des Abstürzens loser Fassadenteile und Sperre der restlichen Gefahrenfläche im Hof. Angemerkt wird, dass aufgrund der Besprechung am 24. März 2011 vor Ort der Hauseigentümer die Firma Z. V... Bau GmbH mit den vorgenannten Sicherungsmaßnahmen beauftragt hat, nur An- und Abfahrt sowie Stehzeit am 23. März 2011 und 24. März 2011 für die von der MA 25 beauftragte Firma angefallen sind."

Diesem Bescheid waren auch die zugrunde liegenden Rechnungen der W. Bau- und Malerunternehmung GmbH vom 23. und 29. März 2011, samt den dazugehörigen Regiegegenscheinen angeschlossen. Diese Rechnungen seien von der MA 25 einer Angemessenheitsprüfung unterzogen und die Rechnungsbeträge sodann reduziert worden.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer geltend, dass nur geringste Teile der Fassade abgeschlagen worden seien, weshalb ein angemessen Zeitaufwand mit höchstens drei Stunden bei einer Zweimannpartie zu beziffern sei. Die Arbeiten in der Nacht durchzuführen, sei völlig unnötig gewesen und nur darin begründet, Zuschläge zu erlangen. Zudem hätte die Entfernung von wenigen denkmalgeschützten Verzierungen an der Fassade zusammen höchstens einen Schuttsack ergeben. Der im Bescheid angesprochene Anfall von Stehzeiten sowie An- und Abfahrtszeiten am 23. und 24. März 2011 sei weder aus der Rechnung noch aus dem Regiegegenschein ersichtlich, und im Bescheid sei nicht begründet, wann diese Stehzeiten angefallen seien. Zudem seien sie völlig unnötig, da ein Unternehmen bei angeblicher Gefahr im Verzug wohl nicht mehrmals anfahren müsse, wenn vom Eigentümer ohnehin Maßnahmen gesetzt würden. Eine Beobachtung der Tätigkeiten am 22. März habe ergeben, dass die Arbeiter um 21:24 Uhr bereits alle abgezogen gewesen seien.

Im Zuge des Berufungsverfahrens gab die MA 25 auszugsweise folgende - von Ing. E. unterfertigte - gutachterliche Stellungnahme vom 14. November 2011 ab:

"... Die von der MA 25 beauftragte Firma traf mit einem Teil des Personals bereits ab 15:00 Uhr auf der Baustelle ein, die volle Baustellenbesetzung war ab 19:00 Uhr gegeben. Ebenfalls um 15:00 Uhr wurde bereits ein Teil des von der Baufirma benötigten Materials mit angeliefert. Ein früherer Arbeitsbeginn war im Hinblick auf die ad hoc zu treffende Baustellenvorbereitung nicht möglich.

...

Der Auftrag an die Firma W... Bau- und Malerunternehmung G.m.b.H. umfasste das Abschlagen bzw. Entfernen dieser losen Fassadenteile im betroffenen Bereich. Die verrechnete Leistung wurde von der Baufirma auf dem Regieschein Nr. 574826 dokumentiert. Es handelte sich dabei um Baustelleneinrichtung, Anliefern von Werkzeug und Maschinen, Auf- und Abbau sowie Umsetzen des Stahlrohrgerüstes und Entfernen der losen absturzgefährdeten Fassadenteile sowie Abdecken der parkenden Autos. Auch der Abtransport von Gerät und Personal ist Teil der zu vergütenden Leistung, woraus sich auch die Verrechnung der Arbeitszeit bis 22:00 Uhr rechtfertigt. Auf Basis dieses Regiescheines wurde von der Firma W... Bau- und Malerunternehmung G.m.b.H. die Rechnung Nr. 163/11 vom 23. März 2011 an die MA 25 gelegt und, bis auf geringfügige Abstriche hinsichtlich der Materialpreise, durch die MA 25 anerkannt.

...

Auf Grund eines Ortsaugenscheines am 23. März 2011, um die ordnungsgemäße Ausführung der Sicherungsmaßnahmen hinsichtlich der Straßenfassade zu überprüfen, wurde die MA 25 von einem Mieter des Hauses auf die desolate Hoffassade hingewiesen. Da über den Hof ein Wohnungszugang erfolgt, wurde die notstandspolizeiliche Maßnahme wegen absturzgefährdeter Fassadenteile durch die MA 25 auf die Hoffassade erweitert und die Firma W... Bau- und Malerunternehmung G.m.b.H. auch mit der Sicherung des Wohnungszuganges über den Hof mittels Passagenschutzgerüst beauftragt.

Als die behördlich beauftragte Firma nach erfolgter Anlieferung mit den Sicherungsarbeiten gegen 18:00 Uhr vor Ort beginnen wollte, wurde vom Sohn des Hauseigentümers der Zugang verwehrt und der Hofausgang durch diesen versperrt. In Folge wurde telefonisch mit dem Hauseigentümer, der Firma W... Bau- und Malerunternehmung G.m.b.H. und der MA 25 ein Termin am 24. März 2011, 7:00 Uhr, vor Ort vereinbart.

Bei dieser Besprechung nahm im Auftrage des Hauseigentümers Herr L... als Vertreter der Firma V...-Bau teil. Dieser sagte zu, ein entsprechendes Passagengerüst im Hof zu errichten. Dies konnte gegen 13:00 Uhr durch einen Ortsaugenschein der MA 25 verifiziert werden.

Der entstandenen Personal- und Transportaufwand, sowie die Stehzeiten für die Arbeiten im Hof wurden durch die Firma W... Bau- und Malerunternehmung G.m.b.H. am Regiegegenschein Nr. 574828 vermerkt, und mit Rechnung Nr. 173/11 vom 29. März 2011 an die MA 25 fakturiert. ..."

Der Beschwerdeführer brachte hiezu in seiner Stellungnahme vom 23. Dezember 2011 zusammengefasst vor, dass hinsichtlich der Hoffassade der Höhe nach höchstens die An- und Abreise abends (1 Stunde für 5 Personen) und die Anreise morgens (1 Stunde für 1 Person) gerechtfertigt gewesen sei, weil es völlig sinnlos sei, am 23. März 2011 fünf Arbeiter zu schicken, wenn unklar sei, ob überhaupt Einlass gewährt werde. Ferner hätte der Eigentümer sehr leicht kontaktiert werden können, um mit ihm die Vorgehensweise zu klären. Im Hofbereich seien keinerlei Maßnahmen durch die Behörde gesetzt worden und auch keine Tätigkeit der W. erfolgt, weshalb es diesbezüglich auch keinen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gegeben habe, sondern nur einen Versuch dazu. Es seien keinerlei großflächige Entfernungen vorgenommen worden, deshalb sei Schutt nur im Höchstausmaß von einem halben Sack verursacht worden. Auf Grund der äußert geringen Tätigkeiten an der Fassade entspreche der verrechnete Arbeitsaufwand von 27 Arbeitsstunden in keiner Weise den tatsächlich durchgeführten Arbeiten. Auch der Regiegegenschein sei in mehrfacher Hinsicht mangelhaft und unvollständig. Zunächst weise er das Datum "22. Februar" auf und sei die Person des angeblich vorhandenen vierten Arbeiters nicht eingetragen, sondern nur die Stunden. Schließlich habe ein heimkehrender Hausbewohner um 21:20 Uhr festgestellt, dass die Baufirma bereits abgezogen gewesen sei. Eine Arbeitsleistung bis 22:00 Uhr sei daher nicht möglich.

In einer Ergänzung zur Stellungnahme vom 23. Jänner 2012 teilte der Beschwerdeführer mit, dass am Nebenhaus L. Gasse 29 ebenfalls Sicherungsarbeiten durchgeführt worden seien. Aus dem diesbezüglichen Regiegegenschein ergebe sich, dass zwei Arbeiter am 22. März 2011 dort von 14:00 bis 17:00 Uhr und anschließend von 19:00 bis 22:00 Uhr am Haus des Beschwerdeführers tätig gewesen seien. Die beiden Arbeiter seien, wie die Nachbarn angegeben hätten, nur mit einem Fahrzeug angereist. Trotzdem seien sowohl im Regiegegenschein L. Gasse 29 als auch im Regiegegenschein L. Gasse 31 je 2 LKW-Stunden verrechnet worden. Zwischen 17:00 und 19:00 Uhr habe es offensichtlich eine Arbeitspause gegeben.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung als unbegründet abgewiesen und den erstinstanzlichen Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass der zweite Satz im Punkt 2.) entfalle.

In ihrer Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass in den Rechnungen vom 20. und 23. März 2011 einschließlich der jeweils angeschlossenen Regiegegenscheine die für die Durchführung der gegenständlichen notstandspolizeilichen Maßnahmen vom 22. und 23. März 2011 aufgelaufenen Kosten nachvollziehbar und detailliert aufgeschlüsselt worden seien. Aus den im Akt aufliegenden Rechnungen sei zudem zu entnehmen, dass diese vom Amtssachverständigen der MA 25 entsprechend geprüft und dabei in einigen Positionen auch korrigiert worden seien. Wie den Ausführungen des Amtssachverständigen der Baubehörde erster Instanz zu entnehmen sei, sei am Regiegegenschein Nr. 574826 offensichtlich irrtümlich als Datum "22. Februar" statt richtig "22. März" eingetragen worden, zumal sich alle weiteren Einträge, wie etwa die Adresse und die eingetragenen Arbeitszeiten, anhand der Aktenlage als richtig erwiesen hätten. Die Zusammensetzung und Nachvollziehbarkeit der gesamten Kostenschuld wie auch die Richtigkeit und Schlüssigkeit der einzelnen Positionen der angesprochenen Rechnungen lasse sich der Stellungnahme der MA 25 vom 14. November 2011 entnehmen, in welcher hinsichtlich der notstandspolizeilichen Maßnahmen an der Gassenfassade insbesondere der Beginn und das Ende der Arbeitszeit der eingesetzten Arbeiter, die Einrichtung der Baustelle samt notwendiger Anlieferung und Abtransport von Geräten und Personal sowie die verbundenen Begleitmaßnahmen, wie beispielsweise Sicherungsmaßnahmen im Gehsteigbereich oder gar das Abdecken der parkenden Autos, näher und plausibel dargelegt würden.

Hinsichtlich der absturzgefährdeten Verputzteile an der Hoffassade sei mit Vorbereitungsarbeiten seitens der beauftragten Firma zur Durchführung der notwendigen notstandspolizeilichen Sicherungsmaßnahmen begonnen, die weitere tatsächliche Durchführung dieser behördlich angeordneten Maßnahmen aber seitens des Hauseigentümers verhindert worden. Die Bestimmung des § 129 Abs. 6 BO biete dem Hauseigentümer keine Möglichkeit, die Frage der Durchführung der angeordneten notstandspolizeilichen Maßnahmen mit einem Behördenvertreter bzw. Vertreter der beauftragten Firma auszuhandeln, sondern es könne nach dieser Bestimmung nur darum gehen, die erkannte Gefahr in Verzug von der beauftragten Firma mit der erforderlichen Anzahl der Arbeitskräfte beseitigen zu lassen. Wenn die Durchführung dieser Maßnahmen seitens des Hauseigentümers verhindert werde, habe er klarerweise im Sinne des § 129 Abs. 6 BO die Kosten der zur Durchführung der notstandspolizeilichen Maßnahmen geeigneten und bereits ergriffenen Maßnahmen samt Vorbereitungsarbeiten zu ersetzen.

Insoweit der Beschwerdeführer den verrechneten Arbeitsaufwand und die Höhe der Kosten in Zweifel ziehe, sei auf die angeführte Rechnung samt den dazugehörigen Regieaufwandsscheinen sowie die ausführliche Stellungnahme des Amtssachverständigen der MA 25 zu verweisen. Demnach seien die Anfahrt zur Baustelle sowie der Arbeitsbeginn deshalb erst am späteren Nachmittag erfolgt, weil ein früherer Arbeitsbeginn im Hinblick auf die kurzfristig zu treffende Baustellenvorbereitung nicht möglich gewesen sei. Die Aufschlüsselung der Arbeiten vom 22. März 2011 sei plausibel und nachvollziehbar und finde ihre Entsprechung in den verrechneten Arbeitsstunden für diesen Tag. Aus dem der Rechnung vom 23. März 2011 zu Grunde liegenden Regiegegenschein ließen sich die Arbeitszeiten der vier eingesetzten Facharbeiter sowie des Vizepoliers entnehmen, wobei der Arbeitsbeginn zweier Facharbeiter zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt erfolgt sei. Aus welchen Gründen die Beendigung des Arbeitseinsatzes am Nachbargebäude um 17:00 Uhr einem Arbeitsbeginn um 19:00 Uhr samt zuvor erfolgter Anfahrt entgegenstehe, könne nicht erkannt werden, ist doch in dieser Zeitspanne durchaus ausreichend die Möglichkeit gegeben, zum Sitz der beauftragten Firma zurückzukehren und sodann wieder mit dem aufgeladenen restlichen Teil des benötigten Materials zur verfahrensgegenständlichen Baustelle mittels eines LKWs zu gelangen. So stehe auch das vom Beschwerdeführer angeführte Arbeitsende am 22. März 2011 mit 21:24 Uhr im Hinblick auf den Rücktransport der Arbeiter zur Firma einschließlich allfälliger Entladungstätigkeiten in keiner Weise im Widerspruch mit der bis 22:00 Uhr verrechneten Arbeitszeit. Weiters übersehe der Beschwerdeführer, dass in den beanspruchten verrechneten sechs Schuttsäcken nicht nur die abgeschlagenen Verputzteile, sondern auch die zum Abdecken der parkenden Autos verwendeten zwei Rollen Abdeckvlies von je 25 Meter entsorgt worden seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, zu der die belangte Behörde die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet hat, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Beschwerde rügt, dass der Spruch des mit dem angefochtenen Bescheid bestätigten erstinstanzlichen Bescheides zu unbestimmt sei, weil der konkrete Tag, an welchem die behaupteten Sicherungsmaßnahmen gesetzt worden seien, nicht eindeutig feststehe. Auch in der Begründung mangle es an Feststellungen, an welchem Tag welche Leistungen tatsächlich erbracht worden seien. Wie vom Beschwerdeführer im bisherigen Verfahren vorgebracht, seien nur geringste Teile der Fassade abgeschlagen worden und Zeugenbeweis dafür angeboten worden, dass die Arbeiter nicht zu jenen Zeiten tätig gewesen seien, die in den Regiegegenscheinen angegeben seien, sondern die Baustelle bereits früher verlassen hätten. Ferner sei eine Doppelverrechnung aufgezeigt worden, weil zwei Arbeiter am 22. März 2011 beim Nachbarhaus von 14:00 bis 17:00 Uhr und angeblich von 19:00 bis 22:00 Uhr am Haus des Beschwerdeführers tätig gewesen seien. Da es sich nur um das Fassadenabklopfen mit einfachem Werkzeug gehandelt habe, sei unverständlich, weshalb dazwischen Materialien geholt werden sollten oder eine weitere An- und Abreise erfolgt sei. Hinsichtlich der Hoffassade sei es auf Grund der Verwehrung des Zutritts nicht zur Ausübung unmittelbarerer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gekommen, weshalb Einwendungen dem Grunde nach über die Notwendigkeit der Maßnahmen daher noch möglich seien, die belangte Behörde aber eine Begründung für die Notwendigkeit des Einsatzes bzw. der Anordnung der Maßnahme unterlassen habe. Die Wiener Bauordnung sehe jedenfalls keinen Ersatz für derartige frustrierte Aufwendungen vor, sondern nur für tatsächlich durchgeführte Sicherungsmaßnahmen. Es bestehe daher kein Rechtsgrund für diese Vorschreibung. Weiters habe der Beschwerdeführer schon im Berufungsverfahren aufgezeigt, dass beim Regiegegenschein vom 22. Februar (März) 2011 für insgesamt fünf Mitarbeiter Stunden eingetragen seien, wobei in der vorletzten Spalte kein Name angegeben sei, weshalb nicht überprüft werden könne, ob tatsächlich fünf Mitarbeiter auf der Baustelle beschäftigt gewesen seien. Die belangte Behörde sei im Berufungsbescheid darauf aber nicht eingegangen. Dieser Lieferschein trage auch keine Unterschrift eines Angestellten des Magistrates, sondern nur den Stempel und die Unterschrift der Firma W.

Nach der Aktenlage sei die Firma W. beigezogen worden, die mit einem Fahrzeug angerückt sei, vier oder fünf Mann hätten mit Arbeiten begonnen und die geparkten Autos geschützt, ihre Arbeiten durchgeführt, anschließend wieder zusammengepackt und seien abgefahren. Wofür zusätzlich zu Material und Arbeit noch eine Baustelleneinrichtung notwendig gewesen wäre, sei völlig unerfindlich. Unter Baustelleneinrichtung werde das außerhalb der eigenen Leistung durchzuführende Beziehen der Baustelle, wie etwa Materialeinlagerung, anschließende Reinigung und Ähnliches verstanden, jede einzelne dieser Arbeiten sei jedenfalls schon als Regieleistung verrechnet worden. Dem Charakter nach sei die Notmaßnahme keine Baustelle, sodass die Baustelleneinrichtung auch begrifflich nicht zum Tragen komme. Eine genaue substantiierte Begründung, weshalb die verrechneten Arbeitsstunden als angemessen angenommen worden seien, sei nicht gegeben worden. Stattdessen sei auf das Sachverständigengutachten verwiesen worden, welches aber nur eine persönliche Einschätzung eines Mitarbeiters der Behörde sei, dessen Position und Fähigkeiten dem Beschwerdeführer nicht bekannt gegeben worden seien. Auch im Regiegegenschein vom 22. März 2011 sei nicht der Name des überprüfenden Sachverständigen, sondern nur eine Paraphe angeführt.

2. Gemäß § 129 Abs. 6 BO kann die Behörde bei Gefahr in Verzug auch ohne Anhörung der Partei die erforderlichen Verfügungen und Sicherungsmaßnahmen auf Gefahr und Kosten des Eigentümers (jedes Miteigentümers) eines Bauwerkes anordnen und sofort vollstrecken lassen.

2.1. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers, kann aus der Bestimmung des § 129 Abs. 6 BO nicht abgeleitet werden, dass die Kostentragung für notstandspolizeilichen Maßnahmen davon abhängt, ob die erforderlichen Verfügungen und Sicherungsmaßnahmen tatsächlich vollendet werden. Demnach müssen auch die im Beschwerdefall hinsichtlich der Hoffassade erfolgten, von der Behörde verfügten Vorbereitungen (einschließlich des Zuwartens beigezogener Arbeiter), die bereits Maßnahmen unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt darstellen, der Ersatzpflicht nach § 129 Abs. 6 BO unterliegen.

3. Unterlässt die von einem Akt der Befehls- und Zwangsgewalt betroffene Partei - wie im vorliegenden Beschwerdefall - die Erhebung einer Beschwerde gegen diesen Akt beim unabhängigen Verwaltungssenat, dann ist rechtlich davon auszugehen, dass ein solcher Verwaltungsakt gegenüber einem zu einer Maßnahmenbeschwerde Befugten nicht rechtswidrig in dessen subjektiv-öffentliche Rechte eingegriffen hat. Dies gilt auch dann, wenn einer Beschwerde beim unabhängigen Verwaltungssenat kein Erfolg beschieden war (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 6. Juli 2010, Zl. 2009/05/0028, und vom 26. Juni 2013, Zl. 2012/05/0076).

Im vorliegenden Fall sind daher auf Grund der Akzessorietät der Kostenvorschreibung zur Rechtmäßigkeit der notstandspolizeilichen Maßnahme die Fragen der Notwendigkeit, der Zweckmäßigkeit sowie der Art und des Umfangs der Maßnahme nicht mehr zu prüfen, sodass es sich erübrigt, auf das Beschwerdevorbringen hinsichtlich der Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der verfügten Sicherungsmaßnahmen betreffend die Hoffassade einzugehen (vgl. nochmals die vorzitierten Erkenntnisse vom 6. Juli 2010 und vom 26. Juni 2013, sowie ferner etwa das hg. Erkenntnis vom 30. April 2013, Zl. 2011/05/0186).

Einem im Kostenverfahren gemäß § 129 Abs. 6 BO Verpflichteten sind die Kosten aufgeschlüsselt zur Kenntnis zu bringen, sodass er die Möglichkeit zur Überprüfung hat. Dies ist im Verwaltungsverfahren durch die Übersendung der korrigierten Rechnungen der W. GmbH vom 23. und 29. März 2011 mit dem erstinstanzlichen Bescheid geschehen. Der Verpflichtete kann nicht geltend machen, dass die Kosten ohne Einschaltung der Behörde geringer gewesen wären, doch kann er mit substantiierten Darlegungen vorbringen, die Kosten seien unverhältnismäßig hoch (vgl. aus der ständigen hg. Judikatur das Erkenntnis vom 27. Februar 2002, Zl. 2001/05/0304, und die vorzitierten Erkenntnisse vom 30. April 2013 und 26. Juni 2013).

3.1. Insofern der Beschwerdeführer hiezu geltend macht, die Arbeiter hätten die Baustelle entgegen den Angaben im Regiegegenschein vom 22. März 2011 früher verlassen, ist mit diesem Vorbringen für den Beschwerdestandpunkt nichts gewonnen, wurde in der von der MA 25 abgegebenen gutachterlichen Stellungnahme vom 14. November 2011 doch ausdrücklich festgehalten, dass "auch der Abtransport von Gerät und Personal ... Teil der zu vergütenden Leistung" sei, "woraus sich auch die Verrechnung der Arbeitszeit bis 22:00 Uhr" rechtfertige. Diesen Sachverständigenausführungen ist der Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.

3.2. Zwar ist dem Beschwerdeführer beizupflichten, dass die Wahrung des Parteiengehörs betreffend ein Sachverständigengutachten auch die Bekanntgabe des Namens und des Fachgebiets des Sachverständigen an die Partei umfasst, weil diese andernfalls nicht in die Lage versetzt wird, allfällige Einwendungen gegen die Person des Sachverständigen oder seine Eignung vorzubringen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 27. März 2003, und vom 23. April 2009, Zl. 2006/07/0159, mwN). Das Vorbringen führt aber schon mangels Relevanzdarstellung in den Beschwerdeausführungen nicht zum Erfolg.

3.3. Schließlich erweist sich auch der Beschwerdevorwurf, die mit dem angefochtenen Bescheid vorgenommene Kostenvorschreibung sei zu unbestimmt, als nicht zielführend. So muss zwar der Spruch eines Bescheides, mit dem der Partei - wie im gegenständlichen Fall dem Beschwerdeführer - eine Verpflichtung auferlegt wird, so bestimmt gefasst sein, dass dem Bescheidadressaten die überprüfbare Möglichkeit gegeben wird, dem Leistungsauftrag zu entsprechen (vgl. etwa Hengstschläger/Leeb, AVG, § 59 Rz 90). Dieses Erfordernis ist jedoch in dem den erstinstanzlichen Bescheid bestätigenden angefochtenen Bescheid erfüllt, geht doch daraus zweifelsfrei hervor, welche Leistung vom Beschwerdeführer zu erbringen ist, nämlich welcher Betrag von ihm zu bezahlen ist. Darüber hinaus wurden dem Beschwerdeführer die korrigierte Rechnungen der W. GmbH, in der der geforderte Betrag nach Arbeitsstunden, verwendetem Material und sonstigen Kosten aufgeschlüsselt ist, übermittelt, sodass dem Beschwerdeführer, wie dies auch aus dem Berufungsvorbringen hervorgeht, die Kostenaufschlüsselung bekannt war.

4. Dennoch erweist sich der angefochtene Bescheid aus folgenden Gründen als rechtswidrig:

Der Beschwerdeführer hat schon in seiner Stellungnahme vom 23. Dezember 2011 ausgeführt, dass im Regiegegenschein zwar für fünf Arbeiter Stunden eingetragen seien, jedoch die Zahl der tatsächlich beschäftigten Arbeiter nicht überprüfbar gewesen sei. Wie der Beschwerdeführer zutreffend rügt, ist die belangte Behörde darauf aber im Berufungsbescheid nicht eingegangen und es ist auch aus der gutachterlichen Stellungnahme vom 14. November 2011 nicht ersichtlich, dass tatsächlich fünf Arbeiter auf der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft tätig waren. Vielmehr wäre es aber erforderlich gewesen, dass sich die Behörde mit diesem Vorbringen näher auseinandersetzt, zumal nicht ausgeschlossen werden kann, dass dies zu einem anderen, für den Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis geführt hätte. Gleiches gilt für die Kosten für die verrechneten "2 Std. LKW bis 3,5 t" laut Rechnung vom 29. März 2011. Hiezu hat die belangte Behörde festgehalten, dass in der Zeitspanne zwischen 17:00 und 19:00 Uhr für die beiden Arbeiter durchaus ausreichend die Möglichkeit gegeben gewesen sei, zum Sitz der beauftragten Firma zurückzukehren und sodann wieder mit aufgeladenem Material zur verfahrensgegenständlichen Baustelle mittels eines LKWs zu gelangen. Ausgehend davon und der Anmerkung im betreffenden Regiegegenschein vom 22. März 2011, "2 STD. LKW

bis 3,5 Tonnen. Material vom Lager u. Fa. ... abholen.", ist aber

unverständlich, weshalb dem Beschwerdeführer offenbar auch die Rückfahrt der Arbeiter von der nicht verfahrensgegenständlichen Baustelle auf der Nachbarliegenschaft verrechnet worden sein solle. Auch diesbezüglich bedarf es einer näheren Abklärung seitens der belangte Behörde.

5. Demnach hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit einem wesentlichen Verfahrensmangel behaftet, weshalb dieser nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 33/2013 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war.

6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am 8. April 2014

Schlagworte

Amtssachverständiger der Behörde beigegebenBaupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Baugebrechen Instandhaltungspflicht Instandsetzungspflicht BauRallg9/3Baupolizei Vollstreckung Kosten BauRallg10Parteiengehör Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2014:2012050113.X00

Im RIS seit

13.05.2014

Zuletzt aktualisiert am

16.01.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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