TE Vwgh Erkenntnis 2014/3/28 2014/02/0027

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Veröffentlicht am 28.03.2014
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
21/05 Börse;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

BörseG 1989 §96a Abs3 idF 2007/I/060;
BörseG 1989 §96a Abs3 idF 2013/I/070;
VStG §31 Abs1 idF 2013/I/033;
VStG §31 Abs2 idF 2009/I/020;
VStG §31 Abs2 idF 2013/I/033;
VStG §31 Abs2;
VStG §31 Abs3 idF 2009/I/020;
VStG §31 idF 2013/I/033;
VwRallg;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):2014/02/0030 E 24. April 2014 2014/02/0028 E 24. April 2014 2014/02/0031 E 24. April 2014 2014/02/0029 E 24. April 2014

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Riedinger, den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des F M, vertreten durch die Dorda Brugger Jordis Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Universitätsring 10, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 18. Oktober 2013, Zlen. UVS-06/FM/47/17042/2012-2, UVS-06/FMV/47/17105/2012, betreffend Übertretungen des Börsegesetzes (weitere Partei: Bundesminister für Finanzen), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Beschwerdeführer als Vorstand der M AG schuldig erachtet, er habe es gemäß § 9 Abs. 1 VStG zu verantworten, dass die M AG im Zeitraum vom 1. Juli 2011 bis 11. Oktober 2011 (Spruchpunkt I.) und vom 1. Juli 2011 bis dato (Spruchpunkt II.) näher genannte Veröffentlichungen, zu denen sie verpflichtet gewesen wäre, unterlassen habe. Der Beschwerdeführer habe dadurch § 82 Abs. 8 und 9 BörseG, idF BGBl. I Nr. 22/2009, iVm § 48 Abs. 1 Z 6 BörseG idF BGBl. I Nr. 37/2010, übertreten, wofür er zu Geldstrafen von EUR 3.000,-- und EUR 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen 13 Stunden und neun Stunden) verurteilt wurde.

In der Begründung gab die belangte Behörde den Verfahrensgang wieder und traf Feststellungen zu den dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Taten. In rechtlicher Hinsicht verwies die belangte Behörde auf die von ihr als maßgeblich erachtete Gesetzeslage.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet und für den Vorlageaufwand Kosten verzeichnet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass in dem vorliegenden, mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängig gewesenen Beschwerdefall gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiterhin anzuwenden sind, zumal durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG), BGBl. I Nr. 33/2013, nicht anderes bestimmt ist.

Der Beschwerdeführer wendet in der Beschwerde dem Grunde nach ein, hinsichtlich der ihm zu Spruchpunkt I. angelasteten Tat sei Strafbarkeitsverjährung eingetreten.

§ 31 VStG in der Fassung BGBl. I Nr. 20/2009, in Kraft gewesen bis 30. Juni 2013, lautet:

"§ 31. (1) Die Verfolgung einer Person ist unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2 und 3) vorgenommen worden ist.

(2) Die Verjährungsfrist beträgt sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

(3) Sind seit dem in Abs. 2 bezeichneten Zeitpunkt drei Jahre vergangen, so darf ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden. Eine Strafe darf nicht mehr vollstreckt werden, wenn seit ihrer rechtskräftigen Verhängung drei Jahre vergangen sind. Die Zeit eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof, vor dem Verwaltungsgerichtshof oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften sowie Zeiten, während deren die Strafvollstreckung unzulässig, ausgesetzt, aufgeschoben oder unterbrochen war, sind nicht einzurechnen."

§ 31 VStG in der am 1. Juli 2013 in Kraft getretenen Fassung BGBl. I Nr. 33/2013 lautet:

"§ 31. (1) Die Verfolgung einer Person ist unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

(2) Die Strafbarkeit einer Verwaltungsübertretung erlischt durch Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre und beginnt in dem in Abs. 1 genannten Zeitpunkt. In die Verjährungsfrist werden nicht eingerechnet:

1. die Zeit, während deren nach einer gesetzlichen Vorschrift die Verfolgung nicht eingeleitet oder fortgesetzt werden kann;

2. die Zeit, während deren wegen der Tat gegen den Täter ein Strafverfahren bei der Staatsanwaltschaft, beim Gericht oder bei einer anderen Verwaltungsbehörde geführt wird;

3. die Zeit, während deren das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung einer Vorfrage ausgesetzt ist;

4. die Zeit eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof, vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Union.

(3) Eine Strafe darf nicht mehr vollstreckt werden, wenn seit ihrer rechtskräftigen Verhängung drei Jahre vergangen sind. In die Verjährungsfrist werden nicht eingerechnet:

1. die Zeit eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof, vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Union;

2. Zeiten, in denen die Strafvollstreckung unzulässig, ausgesetzt, aufgeschoben oder unterbrochen war;

3. Zeiten, in denen sich der Beschuldigte im Ausland aufgehalten hat."

Gemäß § 96a Abs. 3 BörseG in der bis zum 31. Dezember 2013 in Kraft gewesenen Fassung BGBl. I Nr. 60/2007 gilt bei Verwaltungsübertretungen gemäß den §§ 48 und 48c anstelle der Verjährungsfrist gemäß § 31 Abs. 2 VStG von sechs Monaten eine Verjährungsfrist von 18 Monaten.

Gemäß § 96a Abs. 3 BörseG in der am 1. Jänner 2014 in Kraft getretenen Fassung BGBl. I Nr. 70/2013 gilt bei Verwaltungsübertretungen gemäß den §§ 48 und 48c anstelle der Verjährungsfrist gemäß § 31 Abs. 1 VStG eine Verjährungsfrist von 18 Monaten.

Der Beschwerdeführer vertritt in der Beschwerde die Ansicht, § 96a Abs. 3 BörseG in der zum Entscheidungszeitpunkt am 18. Oktober 2013 maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 60/2007 normiere, dass bei Verwaltungsübertretungen nach den §§ 48 und 48c BörseG gemäß § 31 Abs. 2 VStG in der zum Entscheidungszeitpunkt maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 30/2013 eine Verjährungsfrist von 18 Monaten gelte. § 31 Abs. 2 VStG sehe in der Fassung BGBl. I Nr. 30/2013 eine absolute Strafbarkeitsverjährungsfrist von drei Jahren vor. Aufgrund des Verweises in § 96a Abs. 3 BörseG trete anstelle der Verjährungsfrist von drei Jahren eine absolute Strafbarkeitsverjährungsfrist von 18 Monaten, weshalb die in Spruchpunkt I. genannte Tat verjährt sei. Es sei unbeachtlich, ob es sich um einen Verweisfehler handle, der vom Gesetzgeber in § 96a Abs. 3 BörseG aufgrund der Novellierung des § 31 VStG nicht berücksichtigt worden sei, da in Ermangelung einer statischen Verweisung auf eine bestimmte Fassung des § 31 Abs. 2 VStG die jeweils geltende Fassung zum Inhalt dieser Bestimmung werde.

§ 96a Abs. 3 BörseG in der bis zum 31. Dezember 2013 in Kraft gewesenen Fassung BGBl. I Nr. 60/2007 normierte die Verlängerung der "Verjährungsfrist gemäß § 31 Abs. 2 VStG von sechs Monaten" auf 18 Monate. § 31 Abs. 2 VStG in der bis zum 30. Juni 2013 in Kraft gewesenen Fassung BGBl. I Nr. 20/2009 sah eine Verjährungsfrist für die Verfolgung einer Person von sechs Monaten vor.

Mit der Neufassung des § 31 VStG durch die am 1. Juli 2013 in Kraft getretenen Novelle BGBl. I Nr. 33/2013 wurde die Regelung der Verfolgungsverjährung von § 31 Abs. 2 VStG in § 31 Abs. 1 VStG verschoben, während die Normierung der Strafbarkeitsverjährung nunmehr in § 31 Abs. 2 VStG (statt in § 31 Abs. 3 VStG) ihren Niederschlag gefunden hat.

Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber die bis zur Novelle BGBl. I Nr. 33/2013 in § 96a Abs. 3 BörseG normierte Verlängerung der Verfolgungsverjährung (arg: ... "anstelle der Verjährungsfrist gemäß § 31 Abs. 2 VStG von sechs Monaten") auf 18 Monate dahin verändern wollte, dass an die Stelle der Strafbarkeitsverjährung von drei Jahren eine verkürzte Frist für die Strafbarkeitsverjährung von 18 Monaten treten sollte. Auch aus den Materialien (RV 2009 BlgNR 24. GP 21) ergibt sich ein solches Vorhaben nicht. Dass durch die Änderung des § 31 VStG eine gleichzeitige Anpassung des § 96a BörseG unterblieb, durch die die weitere Geltung der Bestimmung über die Verlängerung der Verfolgungsverjährung auf 18 Monate ausdrücklich klargestellt worden wäre, beruht offenkundig auf einem Versehen. Das bedeutet, dass trotz des Verweises in § 96a Abs. 3 BörseG die vor der Novelle BGBl. I. Nr. 33/2013 bestehende Verlängerung der Verfolgungsverjährung auf 18 Monate sowie die dreijährige Frist für die Strafbarkeitsverjährung weiter in Geltung geblieben sind (vgl. zur Zulässigkeit solcher berichtigender Auslegung im Falle eines offenkundigen Redaktionsversehens etwa die hg. Erkenntnisse vom 29. Jänner 2009, Zl. 2007/09/0082, mwN). Für eine berichtigende Interpretation spricht auch, dass der Gesetzgeber mit der Novelle BGBl I Nr. 70/2013 das offensichtliche Redaktionsversehen beseitigt und in § 96a Abs. 3 BörseG wieder ausdrücklich die Verlängerung der Verfolgungsverjährung auf 18 Monate angeordnet hat, was nach dem Gesagten auch für das zweite Halbjahr 2013 und damit im Beschwerdefall gilt.

In der Beschwerde wird ferner gerügt, die belangte Behörde habe bei der Strafbemessung zu Unrecht keine niedrigere Strafe als die Erstbehörde verhängt, obwohl sie erkannt hätte, dass die Erstbehörde die Strafbestimmung des § 48 Abs. 1 Z 6 BörseG in der falschen Fassung angewendet habe. Demnach hätte die belangte Behörde bei der Strafbemessung berücksichtigen müssen, dass durch die berichtigende Reduktion des Strafrahmens auf die Hälfte auch die verhängte Strafe aliquot zu kürzen gewesen wäre. Es sei auch nicht nachvollziehbar, dass trotz gleichen Strafrahmens bei den beiden Spruchpunkten unterschiedliche Strafen verhängt worden seien.

Auch mit diesem Vorbringen wird eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufgezeigt:

Nach der Rechtsprechung ist die Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch macht. Demgemäß obliegt es der Behörde, in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist (vgl. die in Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Aufl. auf Seite 1331 zu § 19 VStG zitierte hg. Rechtsprechung).

Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde die von ihr festgesetzten Strafen damit begründet, der Beschwerdeführer habe das öffentliche Interesse an einer zeitnahen Veröffentlichung von für das Anlegerpublikum bedeutenden Informationen eines börsenorientierten Unternehmens nicht unerheblich beeinträchtigt. Als mildernd wertete die belangte Behörde die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit, als erschwerend den längeren Tatzeitraum. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beschwerdeführers, der der mündlichen Berufungsverhandlung unentschuldigt fern geblieben war, konnten von der belangten Behörde nicht festgestellt werden und wurden als überdurchschnittlich angenommen. Der Begründung des Bescheides ist auch zu entnehmen, dass sie bei der Strafbemessung von dem reduzierten Strafrahmen von EUR 30.000,-- für die hier zu beurteilenden Übertretungen ausging. Angesichts dieses Strafrahmens kann hinsichtlich der Höhe der Geldstrafen von EUR 3.000,-- und EUR 2.000,-- keine Überschreitung des der belangten Behörde nach § 19 VStG zukommenden Ermessens erkannt werden, wurde doch die Änderung des Strafrahmens bei der Strafbemessung mitberücksichtigt, wobei es zu einer Bestrafung im unteren Bereich des Strafrahmens gekommen ist.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008, welche gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014 im Beschwerdefall weiterhin anzuwenden ist.

Wien, am 28. März 2014

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2014:2014020027.X00

Im RIS seit

24.04.2014

Zuletzt aktualisiert am

23.11.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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