TE Vfgh Erkenntnis 1998/3/5 B2253/97, B2388/97

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.03.1998
beobachten
merken

Index

32 Steuerrecht
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
KStG 1988 §24 Abs4
KStG 1988 §26a Abs7

Leitsatz

Keine Bedenken gegen die Berechnung der Mindestkörperschaftsteuer vom Mindestgrund- bzw -stammkapital bei der gebotenen Durchschnittsbetrachtung sowie unter Gesichtspunkten der Verwaltungsökonomie; keine Verfassungswidrigkeit der überproportionalen Ertragsbesteuerung bestimmter Kapitalgesellschaften; hingegen Anlaßfallwirkung der Aufhebung der rückwirkenden Inkraftsetzung einer Neuregelung der Mindestkörperschaftsteuer nach dem ersten aufhebenden Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes

Spruch

Die beschwerdeführenden Gesellschaften sind durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.

Die Bescheide werden aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Finanzen) ist schuldig, den beschwerdeführenden Gesellschaften zu Handen des Beschwerdevertreters binnen 14 Tagen bei Exekution die Verfahrenskosten zu ersetzen, die im Fall der erstbeschwerdeführenden Gesellschaft mit S 18.000,--, im Fall der zweitbeschwerdeführenden Gesellschaft mit S 20.500,-- bestimmt werden.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die beschwerdeführenden Gesellschaften mit beschränkter Haftung erwirtschafteten in den letzten Jahren kein steuerpflichtiges Einkommen und erwarten auch für die nächsten Jahre keine Gewinne.

Mit den im Instanzenzug ergangenen Bescheiden der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland wurden den Gesellschaften gemäß §24 Abs4 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 - KStG 1988, BGBl. 401, (künftig: KStG) idF des ArtI Z1 des Bundesgesetzes BGBl. I 70/1997 (künftig: KStG idF 1997) Vorauszahlungen an Körperschaftsteuer für 1997 und die Folgejahre in der Höhe von je S 75.000,-- p.a. vorgeschrieben.

2. Gegen diese Bescheide richten sich die auf Art144 Abs1 B-VG gestützten Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof, in denen Rechtsverletzungen wegen Anwendung der für verfassungswidrig erachteten Bestimmungen des §24 Abs4 und des §26a Abs7 KStG idF 1997 sowie die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit vor dem Gesetz, auf Unverletzlichkeit des Eigentums und auf Erwerbsausübungsfreiheit behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Bescheide beantragt wird.

Die belangte Finanzlandesdirektion hat die Verwaltungsakten vorgelegt und Gegenschriften erstattet, in denen sie den Beschwerdebehauptungen entgegentritt, die Verfassungsmäßigkeit der von den Beschwerden für bedenklich erachteten Gesetzesbestimmungen verteidigt und die Abweisung der Beschwerden beantragt.

II. 1. Aus Anlaß dieser beiden Beschwerden beschloß der Verfassungsgerichtshof, gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Worte "Liegt der letzten Veranlagung zur Umsatzsteuer ein Umsatz im Sinne des §1 Abs1 Z1 und 2 des Umsatzsteuergesetzes 1994 von mehr als 50 Millionen Schilling zugrunde oder" und des letzten Satzes in §24 Abs4 Z2 KStG idF 1997 einzuleiten. Aus Anlaß (auch) der beiden Beschwerden beschloß der Verfassungsgerichtshof weiters, Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §26 a Abs7 KStG idF 1997 einzuleiten.

2. Mit Erkenntnis vom 11. Dezember 1997, G441-449/97, hob der Verfassungsgerichtshof diese Gesetzesstellen als verfassungswidrig auf.

Die belangte Behörde hat verfassungswidrige Gesetzesbestimmungen angewandt.

Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß ihre Anwendung für die Rechtsstellung der beschwerdeführenden Gesellschaften nachteilig war.

Die beschwerdeführenden Gesellschaften wurden also durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung verfassungswidriger Gesetzesbestimmungen in ihren Rechten verletzt (zB VfSlg. 10404/1985).

3. Die Bescheide waren daher aufzuheben.

Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kostenbeträgen ist Umsatzsteuer von jeweils S 3.000,--, im Falle der zweitbeschwerdeführenden Gesellschaft auch der Ersatz der entrichteten Gebühr gemäß §17 a VerfGG von S 2.500,--, enthalten.

Schlagworte

Körperschaftsteuer, VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1998:B2253.1997

Dokumentnummer

JFT_10019695_97B02253_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten