TE Vwgh Erkenntnis 2014/2/26 2011/13/0030

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Veröffentlicht am 26.02.2014
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/04 Steuern vom Umsatz;

Norm

UStG 1994 §11 Abs1;
UStG 1994 §12 Abs1 Z1;
VwGG §42 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, MMag. Maislinger und Mag. Novak sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ebner, über die Beschwerde der K Gesellschaft m.b.H. & Co KG in W, vertreten durch Mag. Marcus Osterauer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Herrengasse 8 Stg. 8 Top 12, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 27. Jänner 2011, Zl. RV/0632-W/04, betreffend u.a. Umsatzsteuer 1998 und 1999, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang der das Jahr 1999 betreffenden Anfechtung (Umsatzsteuer 1999) wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Im Übrigen (Umsatzsteuer 1998) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Bei der beschwerdeführenden Partei fand im Jahr 2003 eine u. a. die Umsatzsteuer der Streitjahre 1998 und 1999 betreffende Buch- und Betriebsprüfung statt, als deren Ergebnis - soweit für den Beschwerdefall von Bedeutung - Vorsteuern betreffend Rechnungen einer M. KEG (drei Rechnungen aus dem Zeitraum September bis Dezember 1998) und einer S. GmbH (zehn Rechnungen aus dem Zeitraum März bis November 1999) mit der Begründung, die Aussteller der Rechnungen hätten zu den jeweils maßgeblichen Zeitpunkten an den in den Rechnungen genannten Adressen keine Geschäftstätigkeit entfaltet, nicht mehr anerkannt wurden.

Mit Schriftsatz vom 8. August 2003 erhob die Beschwerdeführerin u.a. gegen die daraus resultierenden Umsatzsteuerbescheide für 1998 und 1999 Berufung. Sie machte geltend, bei Ausstellung der Rechnungen seien sowohl die M. KEG als auch die S. GmbH an der in den Rechnungen jeweils angeführten Adresse etabliert gewesen.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 27. Jänner 2011 wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

1. Umsatzsteuer 1998 (Rechnungen der M. KEG)

In Bezug auf die das Streitjahr 1998 betreffenden Rechnungen der M. KEG hat die belangte Behörde ihre Entscheidung auf einen erfolglosen Vollstreckungsversuch am 7. Juli 1998, eine bei dieser Gelegenheit von einer Hauspartei erteilte Auskunft und einen nachfolgenden Postfehlbericht gestützt und daraus abgeleitet, im Zeitraum September bis Dezember 1998 habe die M. KEG an der in den Rechnungen angeführten Adresse keine Geschäftstätigkeit mehr entfaltet.

Diese Beweiswürdigung hält der auf eine Schlüssigkeitsprüfung beschränkten Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof stand. Die Relevanz der in der Beschwerde behaupteten Verfahrensmängel - die zum Teil in der Nichtaufnahme von Erkundungsbeweisen bestehen sollen - wird in der Beschwerde nicht dargetan. Mit der Behauptung auch inhaltlicher Rechtswidrigkeit entfernt sich die Beschwerde von der im angefochtenen Bescheid nachgewiesenen verwaltungsgerichtlichen Judikatur zu den in § 12 Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit § 11 Abs. 1 UStG 1994 normierten Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug.

Soweit der angefochtene Bescheid die Rechnungen der M. KEG und damit das Streitjahr 1998 betrifft, war die Beschwerde daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2. Umsatzsteuer 1999 (Rechnungen der S. GmbH)

Zur Frage, ob die S. GmbH im Zeitraum März bis November 1999 an der in den Rechnungen angeführten Adresse etabliert war, hat die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren ein Schreiben des Hauseigentümers vorgelegt und einen Zeugen angeboten, der im Oktober 1999 gesehen habe, dass der Ehemann der Geschäftsführerin der Komplementärgesellschaft der Beschwerdeführerin das Geschäftslokal der S. GmbH betreten und erst eine halbe Stunde später wieder verlassen habe.

Die belangte Behörde sah von der Vernehmung des Zeugen ab, "da dieser bei der Besprechung selbst nicht anwesen(d) war, weil er nach Angabe der Bw im Auto gewartet habe, und daher zur Tätigkeit der S. GmbH an der nämlichen Anschrift keine Auskünfte geben kann."

Das Schreiben des Hauseigentümers würdigte die belangte Behörde wie folgt:

"Das Schreiben besagt, dass der Hauseigentümer im Frühjahr 1999 ein Firmenschild der S. GmbH entdeckt habe und den Hauptmieter darauf hingewiesen habe, dass dies vertragswidrig wäre. Bis Jahresende wäre der Untermieter verschwunden und auch der Hauptmieter, welche(r) unbezahlte Mieten hinterlassen hätte.

Daraufhin wurde der Hauseigentümer vom FA als Auskunftsperson einvernommen. Der darüber aufgenommenen Niederschrift vom 23.5.2003 (s. Arbeitsbogen Bp) ist zu entnehmen, dass der Eigentümer der Liegenschaft die Tops 1 und 2 in den Jahren ab 1998 an einen Hr. (X) vermietete. Dieser vermietete die Räume (...) ohne Wissen des Hauseigentümers weiter. Der Hauseigentümer war nur durch Zufall bei einer Hausbesichtigung darauf gestoßen, da ein Firmenschild 'S. GmbH' auf der Scheibe aufgeklebt war. Im Zuge eines Wasserrohrbruches im April 2000 wurde die Wohnung des Hrn. (X) geöffnet. Zu diesem Zeitpunkt war keine Firma mehr anwesend.

Dem FA ist zu folgen, dass die Aussage des Hauseigentümers lediglich besagt, dass ein Firmenschild aufgeklebt war. Dass die Firma S. GmbH an der angegebenen Anschrift tätig war, kann daraus nicht geschlossen werden."

Das Schreiben des Hauseigentümers vom 14. April 2003 lautet

auszugsweise:

"Zur Vorlage beim Finanzamt

Herr (...) erscheint bei mir mit der Anfrage, ob mir die Firma S. GmbH ein Begriff wäre. Die Frage musste ich positiv beantworten, denn es entspricht der Wahrheit, dass das Büro dieser Firma im Jahre 1999 in meinem Haus in (...) etabliert war.

Zur Klärung der Sachlage möchte ich folgendes zum Ausdruck bringen.

Ich (...) bin Eigentümer des Hauses (...). Ich erinnere mich, im Frühjahr des Jahres 1999 bei einem Durchgang meines Hauses, am Geschäftslokal neben dem Haustor ein Firmenschild mit S. GmbH entdeckt zu haben. Hauptmieter dieser Räumlichkeiten war seinerzeit Herr (X). Ich habe Hr. (X) bezüglich dieses Schildes angesprochen und erfahren, dass dieser vertragwidrig die Räumlichkeiten an die S. GmbH untervermietet hat, denn eine Untervermietung war in unserem Vertrag nicht gestattet. Seitens Hr. (X) wurde ich mit den Worten, er werde die Angelegenheit mit der S. GmbH in Ordnung bringen, vertröstet. Es folgten einige Urgenzen diesbezüglich meinerseits. Zum Jahresende verschwand der Untermieter und einige Zeit darauf auch der Hauptmieter."

Fragen danach, wie er das "Verschwinden" des Untermieters "zum" Jahresende festgestellt habe, wurden dem Hauseigentümer bei seiner Einvernahme am 23. Mai 2003 nicht gestellt.

Zieht man die im angefochtenen Bescheid nicht wiedergegebene Erklärung des Hauseigentümers in Betracht, wonach es der Wahrheit entspreche, dass "das Büro" der S. GmbH "im Jahre 1999" an der Rechnungsadresse "etabliert" gewesen sei, und berücksichtigt man weiters den von ihm beschriebenen Verlauf der Angelegenheit nach der Entdeckung des fremden Firmenschildes, so ist die Ansicht der belangten Behörde, es sei "lediglich" um das Schild und nicht um die tatsächliche Untervermietung der Räume und deren Benützung durch den Untermieter gegangen, anhand der Ausführungen im angefochtenen Bescheid nicht nachvollziehbar.

Der angefochtene Bescheid war daher insoweit, als er die Rechnungen der S. GmbH und damit das Streitjahr 1999 betrifft, gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung anzuwenden.

Wien, am 26. Februar 2014

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2014:2011130030.X00

Im RIS seit

28.03.2014

Zuletzt aktualisiert am

26.06.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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