TE Vwgh Erkenntnis 2014/2/28 2013/16/0185

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Veröffentlicht am 28.02.2014
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Index

L37211 Grundsteuer Burgenland;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §194 Abs4;
BAO §97;
GrStBefrG Bgld 1995 §2 Abs2;
GrStBefrG Bgld 1995 §3 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma, die Hofrätin Mag. Dr. Zehetner und den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, über die Beschwerde der B-gesellschaft m.b.H. in E, vertreten durch die Beck & Dörnhöfer Rechtsanwälte OG in 7000 Eisenstadt, Franz Liszt-Gasse 1, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft O vom 7. Jänner 2013, Zl. OW-02-04-139-2, betreffend Vorstellung i.A. Befreiung nach dem Burgenländischen Grundsteuerbefreiungsgesetz 1995 (mitbeteiligte Partei:

Stadtgemeinde O, vertreten durch die Rechtsanwälte Steflitsch OG in 7400 Oberwart, Hauptplatz 14), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Burgenland hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Den vorgelegten Verwaltungsakten zufolge langte eine Mitteilung nach § 194 Abs. 4 BAO des Bescheides vom 26. September 2008, wonach das Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart unter Punkt 1. den Einheitswert sowie den erhöhten Einheitswert einer als Mietwohngrundstück bewerteten Liegenschaft in O und unter Punkt 2. aufgrund des Grundsteuergesetzes 1955 den Grundsteuermessbetrag gegenüber der Beschwerdeführerin jeweils zum 1. Jänner 2004 festgesetzt habe, am 8. Oktober 2008 bei der mitbeteiligten Partei ein.

In ihrer Eingabe vom 5. August 2010, bei der Mitbeteiligten am 11. d.M. eingelangt, ersuchte die Beschwerdeführerin um Gewährung einer Grundsteuerbefreiung für das genannte Grundstück.

Mit Bescheid vom 13. August 2010 kürzte der Bürgermeister der Mitbeteiligten gemäß §§ 2 und 4 des (Burgenländischen) Grundsteuerbefreiungsgesetzes 1995 den Jahresbetrag der Grundsteuer für das genannte Grundstück für den Zeitraum vom 1. Jänner 2011 bis 31. Dezember 2018 in der Höhe von 92 v.H.. Die Grundsteuerbefreiung werde - so die für das Beschwerdeverfahren wesentliche Begründung - auf die Dauer von 15 Jahren gewährt. Der Befreiungszeitraum beginne mit dem Kalenderjahr, in dem der Einheitswert- und Grundsteuermessbescheid für die gemäß § 53 BewG abgeschlossene begünstigte Bauführung wirksam werde. Werde der Antrag auf Grundsteuerbefreiung nicht fristgerecht innerhalb von sechs Monaten ab dem Datum der Ausstellung des Einheitswert- und Grundsteuermessbescheides eingebracht, so könne die Steuerbefreiung nur mit Wirksamkeit von dem auf die Einbringung des Antrages nächstfolgenden 1. Jänner für die restliche Dauer des Befreiungszeitraumes gewährt werden. Der zugrundeliegende Bescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom 26. September 2008 sei ab 1. Jänner 2004 wirksam. Der Antrag auf Grundsteuerbefreiung sei am 5. August 2010 eingebracht worden.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, die Mitbeteiligte zitiere zwar die Daten des Einheitswertbescheides richtig, übersehe allerdings, dass eine Zustellung dieses Bescheides bislang überhaupt nicht erfolgt sei; die Beschwerdeführerin habe vom Bescheidinhalt erst durch Übermittlung des Einheitswertbescheides vom 5. August 2010 Kenntnis erlangt. Noch am selben Tag habe sie einen Antrag auf Grundsteuerbefreiung eingebracht. Mangels ordnungsgemäßer Zustellung sei daher der Befreiungszeitraum von 15 Jahren zur Gänze offen. Zum Beweis ihres Vorbringens beantragte die Beschwerdeführerin die Einvernahme einer Zeugin.

In ihrer zur Zl. 2012/16/0122 protokollierten Säumnisbeschwerde machte die Beschwerdeführerin geltend, der Gemeinderat der Mitbeteiligten habe seine Pflicht zur Entscheidung über ihre Berufung verletzt, woraufhin der Verwaltungsgerichtshof mit Verfügung vom 11. Juni 2012 das Vorverfahren über diese Säumnisbeschwerde einleitete.

Mit Bescheid vom 8. Oktober 2012 wies der Gemeinderat der Mitbeteiligten die Berufung als unbegründet ab und bestätigte den dort angefochtenen Bescheid. Begründend führte diese Behörde im Kern aus, der Einheitswertbescheid sei vom Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart ausgestellt und im Stadtamt der Mitbeteiligten am 8. Oktober 2008 eingelangt. Ob die Zustellung auch an die Beschwerdeführerin erfolgt sei, entziehe sich der Kenntnis der Stadtverwaltung und sei für diese auch nicht überprüfbar. Die Behauptung, die Gültigkeit der Grundsteuerbefreiung hinge mit der Zustellung des Einheitswertbescheides des Finanzamtes zusammen, finde im Grundsteuerbefreiungsgesetz 1995 keine rechtliche Grundlage, hingegen werde dezidiert auf das Kriterium des Ausstellungsdatums verwiesen.

Mit Beschluss vom 21. November 2012 stellte der Verwaltungsgerichtshof das Verfahren über die Säumnisbeschwerde wegen Nachholung des Bescheides durch den Gemeinderat der Mitbeteiligten ein.

In der gegen den Bescheid vom 8. Oktober 2012 erhobenen Vorstellung wiederholte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen ihre bereits in der Berufung eingenommene Rechtsansicht und rügte, der Gemeinderat habe gar kein Ermittlungsverfahren durchgeführt, weshalb dieses mangelhaft geblieben sei, obwohl die Beschwerdeführerin zum Beweis ihres Vorbringens die Einvernahme einer Zeugin beantragt habe.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die Bezirkshauptmannschaft O der Vorstellung gegen den Bescheid des Gemeinderates der Mitbeteiligten vom 8. Oktober 2012 keine Folge und bestätigte diesen. Begründend erwog die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensganges und Zitierung der Rechtsgrundlagen als "Aufsichtsbehörde" folgendes:

"Die Abgabenbehörden der Gemeinden haben Grundsteuerbefreiungen auf der Grundlage der Einheitswert- und Grundsteuermessbescheide zu gewähren. Den Inhalt dieser Messbescheide haben die dafür zuständigen Behörden den Gemeinden mitzuteilen. Der mitgeteilte Messbescheid - und nicht der ordnungsgemäße zugestellte Messbescheid an den Antragsteller - ist für das Verfahren auf Grundsteuerbefreiung (vor allem auch für die fristgerechte Einbringung des Antrages auf Grundsteuerbefreiung) maßgeblich. Das ergibt sich aus dem Regelungszusammenhang zwischen § 194 Abs. 4 BAO und § 3 Abs. 2 Grundsteuerbefreiungsgesetz 1995. Dafür, dass die ordnungsgemäße Zustellung des Messbescheides für die fristgerechte Einbringung des Antrages auf Grundsteuerbefreiung entscheidend wäre, finden sich im Grundsteuerbefreiungsgesetz 1995 keine Anhaltspunkte. Die fristgerechte Einbringung des Antrages auf Grundsteuerbefreiung knüpft nach dem klaren Wortlaut des § 3 Abs. 2 Grundsteuerbefreiungsgesetz 1995 an das 'Datum der Ausstellung des Einheitswert­ und Grundsteuermessbescheides' an.

Im Gegenstandsfall hat das Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart den Messbescheid am 26.8.2008 ausgestellt und ist dieser am 8.10.2008 im Gemeindeamt O eingelangt. Der Antrag der (Beschwerdeführerin) auf Grundsteuerbefreiung ist am 11.8.2010 bei der Gemeinde O eingelangt, also nach der Sechsmonatsfrist des § 3 Abs. 2 Grundsteuerbefreiungsgesetz 1995, sodass die Befreiung im Hinblick auf die Wirksamkeit des Messbescheides 'ab 1. Jänner 2004' mit dem Zeitraum 1.1.2011 bis 31.12.2018 festzusetzen war. Der Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde O entspricht somit den Bestimmungen des Grundsteuerbefreiungsgesetzes 1995.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der sie Willkür und Verletzung des Gleichheitssatzes, hilfsweise auch die Verfassungswidrigkeit des § 3 Abs. 2 des (Burgenländischen) Grundsteuerbefreiungsgesetzes 1995 geltend machte.

Mit Beschluss vom 16. September 2013, B 198/2013, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung dieser Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof mit folgender tragenden Begründung zur Entscheidung ab:

"Die vorliegende Beschwerde behauptet die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor der Gesetz und Unversehrtheit des Eigentums. Nach den Beschwerdebehauptungen wären diese Rechtsverletzungen aber zum erheblichen Teil nur die Folge einer - allenfalls grob - unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen, insbesondere zur Auslegung des § 3 Abs. 2 des Bgld. Grundsteuerbefreiungsgesetzes 1995 insoweit nicht anzustellen.

Soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berührt, als die Rechtswidrigkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften behauptet wird, lässt ihr Vorbringen vor dem Hintergrund des Beschwerdefalles behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat: Den Normbedenken ist entgegenzuhalten, dass dem Antrag auf Befreiung von der Grundsteuer nicht eine Abschrift des zugestellten Einheitswertbescheides, sondern eine Abschrift der Erklärung zur Feststellung des Einheitswertes iSd § 80 Bewertungsgesetz 1955 anzuschließen ist (§ 3 Abs. 3 Bgld. Grundsteuerbefreiungsgesetz 1995).

Die Angelegenheit ist auch nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen."

In der über Auftrag ergänzten Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Befreiung von Grundsteuer für den gesamten Befreiungszeitraum von 15 Jahren gemäß § 2 Abs. 1 des Grundsteuerbefreiungsgesetzes 1995 verletzt; sie begehrt, den angefochtenen Bescheid - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben "bzw." im Hinblick auf das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 42 Abs. 3a VwGG in der Sache selbst zu entscheiden und den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass der Beschwerdeführerin die Grundsteuerbefreiung für den gesamten fünfzehnjährigen Zeitraum zuerkannt werde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 8 VwGbk-ÜG sind mit Ablauf des 31. Dezember 2013 die geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.

Die Beschwerde sieht die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides unter Aufrechterhaltung ihres im Verwaltungsverfahren eingenommenen Standpunktes zusammengefasst darin, dieser stelle hinsichtlich der Rechtzeitigkeit der Antragstellung allein auf das Datum der Ausstellung des Grundsteuermessbescheides ab. Dabei lasse die belangte Behörde - in Verkennung der Rechtslage - unberücksichtigt, dass die Beschwerdeführerin ihr Recht mangels Zustellung des Grundsteuermessbescheides nicht vorher hätte ausüben können. Durch die unrichtige Gesetzesauslegung lege die belangte Behörde Beginn und Ende der sechsmonatigen Antragsfrist nach § 3 Abs. 2 des Grundsteuerbefreiungsgesetzes 1995 letztlich einen Zeitraum zugrunde, der an die Ausstellung eines - mangels Zustellung rechtlich nicht existenten - Bescheides anknüpfe. Dabei übersehe sie, dass der Grundsteuermessbescheid erst mit der Zustellung an die Beschwerdeführerin "ergangen" und damit "wirksam" im Sinn des § 2 des Grundsteuerbefreiungsgesetzes 1995 sei. Bis dahin wäre der Bescheid nicht einmal bekämpfbar.

Damit zeigt die Beschwerdeführerin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:

Das (Burgenländische) Grundsteuerbefreiungsgesetz 1995, LGBl. Nr. 58, lautet, soweit im Beschwerdefall von Relevanz, in den Fassung des Burgenländischen Abgabenanpassungsgesetzes 2009, LGBl. Nr. 10/2010:

"§ 2

Befreiungszeitraum

(1) Die Grundsteuerbefreiung wird auf die Dauer von 15 Jahren gewährt.

(2) Der Befreiungszeitraum beginnt mit dem Kalenderjahr, mit dem der Einheitswert- und Grundsteuermessbescheid für die gemäß § 53 Bewertungsgesetz 1955 ... abgeschlossene begünstigte Bauführung wirksam wird.

(3) Wird der Antrag auf Grundsteuerbefreiung nicht fristgerecht eingebracht (§ 3 Abs. 2), so kann die Steuerbefreiung nur mit Wirksamkeit von dem auf die Einbringung des Antrages nächstfolgenden 1. Jänner für die restliche Dauer des Befreiungszeitraumes gemäß Abs. 1 und 2 gewährt werden.

§ 3

Verfahren

(1) Die Grundsteuerbefreiung wird auf schriftlichen Antrag gewährt.

(2) Der Antrag auf Grundsteuerbefreiung ist innerhalb von sechs Monaten ab Datum der Ausstellung des Einheitswert- und Grundsteuermessbescheides (§ 2 Abs. 2) bei der Gemeinde einzubringen.

(3) Dem Antrag gemäß Abs. 1 sind anzuschließen:

...

(4) Für das Verfahren gilt die Bundesabgabenordnung.

..."

Die belangte Behörde teilte die Ansicht der Mitbeteiligten, dass die Beschwerdeführerin ihren Antrag auf Grundsteuerbefreiung nicht fristgerecht im Sinn des § 2 Abs. 3 leg. cit. eingebracht habe, weshalb ihr nach § 2 Abs. 3 leg. cit. Grundsteuerbefreiung nur für die restliche Dauer des mit 1. Jänner 2004 beginnenden Befreiungszeitraumes von 15 Jahren, sohin bis Ende 2018, gewährt werden könne. Nach Ansicht der belangten Behörde ergebe sich dies aus dem Regelungszusammenhang zwischen § 194 Abs. 4 BAO und § 3 Abs. 2 des Grundsteuerbefreiungsgesetzes 1995. Dafür, dass die ordnungsgemäße Zustellung des Messbescheides für die fristgerechte Einbringung des Antrages auf Grundsteuerbefreiung entscheidend wäre, fänden sich im Grundsteuerbefreiungsgesetz 1995 keine Anhaltspunkte. Die fristgerechte Einbringung des Antrages auf Grundsteuerbefreiung knüpfe nach dem klaren Wortlaut des § 3 Abs. 2 leg.cit. an das "Datum der Ausstellung des Einheitswert- und Grundsteuermessbescheides" an.

Unbestritten ist, dass die Beschwerdeführerin ihren Antrag auf Grundsteuerbefreiung nicht innerhalb von sechs Monaten ab dem Datum der Ausstellung des Einheitswert- und Grundsteuermessbescheides vom 26. September 2008 bei der Mitbeteiligten eingebracht hat. Sie brachte allerdings im Verwaltungsverfahren, untermauert durch ein Beweisanbot, vor, dass ihr der Einheitswert- und Grundsteuermessbescheid niemals zugestellt und dieser daher nicht wirksam geworden sei.

§ 2 Abs. 2 des Grundsteuerbefreiungsgesetzes 1995 stellt für den Beginn des Befreiungszeitraumes auf die Wirksamkeit des Einheitswert- und Grundsteuermessbescheides ab. Die Wirksamkeit beurteilt sich allerdings anhand des Verfahrens über den Einheitswert- und Grundsteuermessbescheid.

Nach dem vom Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart im Verfahren zur Erlassung des Einheitswert- und Grundsteuermessbescheides u. a. anzuwendenden § 97 Abs. 1 BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekannt gegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt

a) bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung;

b) bei mündlichen Erledigungen durch deren Verkündung.

Ist in einem Fall, in dem § 191 Abs. 4 oder § 194 Abs. 5 BAO Anwendung findet, die Rechtsnachfolge (Nachfolge im Besitz) nach Zustellung des Bescheides an den Rechtsvorgänger (Vorgänger) eingetreten, gilt nach Abs. 2 leg. cit. mit der Zustellung an den Rechtsvorgänger (Vorgänger) auch die Bekanntgabe des Bescheides an den Rechtsnachfolger (Nachfolger) als vollzogen.

Nach Abs. 3 leg. cit. kann anstelle der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung einer behördlichen Erledigung deren Inhalt auch telegraphisch oder fernschriftlich mitgeteilt werden. Darüber hinaus kann durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen die Mitteilung des Inhaltes von Erledigungen auch im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise mit den dort vorgesehen näheren Bestimmungen vorgesehen werden.

Wenn die Abgabenvorschriften die Festsetzung einer Abgabe aufgrund von Steuermessbeträgen anordnen, hat nach § 194 Abs. 1 BAO das Finanzamt durch Messbescheid den Steuermessbetrag festzusetzen. Die Festsetzung des Steuermessbetrages ist, auch wenn sie mit der Abgabenfestsetzung in einem Bescheid vereinigt ist, selbständig anfechtbar. Auf die Festsetzung der Steuermessbeträge finden nach Abs. 2 leg. cit. die für die Festsetzung der Abgaben geltenden Vorschriften sinngemäß Anwendung.

Nach § 194 Abs. 4 BAO in der bis 15. Juni 2011 geltenden Fassung war der Inhalt der Messbescheide von Amts wegen denjenigen abgabe- oder beitragsberechtigten Körperschaften mitzuteilen, denen die Festsetzung der Abgaben oder Beiträge oblag.

Nach Abs. 5 leg. cit. wirkt ein Grundsteuermessbescheid, soweit er die sachliche Abgabepflicht und die Höhe des Steuermessbetrages betrifft, auch gegen den Rechtsnachfolger, auf den der Steuergegenstand nach dem Feststellungszeitpunkt übergegangen ist oder übergeht. Das Gleiche gilt bei Nachfolge im Besitz.

Durch die Mitteilung des Inhaltes des Grundsteuermessbescheides erlangt die Gemeinde keine Parteistellung (vgl. Ritz, Kommentar zur BAO5, Rz. 8 zu § 194 BAO).

Aus der Anwendung der wiedergegebenen Verfahrensvorschriften (§ 97 BAO) folgt, dass der in Rede stehende Einheitswert- und Grundsteuermessbescheid vom 26. September 2008 nur dadurch wirksam werden konnte, dass dieser der Beschwerdeführerin, für den dieser seinem Inhalt nach bestimmt war, in der dort vorgesehenen Form bekannt gegeben wurde. Weder die Mitteilung des Inhaltes dieses Bescheides an die Mitbeteiligte, die nach dem Gesagten nicht Partei im Verfahren über Grundsteuermessbescheid war, noch der Umstand, dass die Beschwerdeführerin von der Existenz dieses Bescheides allenfalls im Rahmen des Verfahrens über die Vorschreibung von Grundsteuer erfahren hat, stellten eine Bekanntgabe im Sinn des § 97 BAO dar.

Der von der belangten Behörde im Grundsteuerbefreiungsgesetz 1995 vermisste Anhaltspunkt dafür, dass die ordnungsgemäße Zustellung des Messbescheides entscheidend wäre, ergibt sich doch aus der Anwendung des maßgeblichen Verfahrensrechtes, dass für den Beginn des Befreiungszeitraumes nach § 2 des Grundsteuerbefreiungsgesetzes 1995 die Wirksamkeit dieses Einheitswert- und Grundsteuermessbescheides Voraussetzung ist. Trifft aber, wie die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren vorgebracht hatte, diese Voraussetzung etwa mangels Zustellung oder sonstiger Bekanntgabe im Sinn des § 97 BAO nicht zu, ist der Bescheid gegenüber der Partei nicht existent und damit nicht wirksam im Sinne des § 2 Abs. 2 des Grundsteuerbefreiungsgesetzes 1995.

Von der Überprüfung dieses Umstandes war die Mitbeteiligte auch nicht dadurch entbunden, dass sich die Zustellung des Einheitswert- und Grundsteuermessbescheides ihrer Kenntnis entziehe und ihrer Ansicht nach nicht überprüfbar sei; in Vollziehung des § 2 Abs. 2 leg. cit. war die Behörde gehalten, die Voraussetzungen für eine Wirksamkeit des Einheitswert- und Grundsteuermessbescheides von Amts wegen zu überprüfen. Gegebenenfalls hatte sie im Wege der Amtshilfe Ermittlungen über das Verfahren und über die Erlassung des Einheitswert- und Grundsteuermessbescheides durch das zuständige Finanzamt zu führen.

Entgegen der Ansicht der Behörden beurteilt sich die Wirksamkeit des Einheitswert- und Grundsteuermessbescheides nach § 2 Abs. 2 leg. cit. auch nicht anhand des in § 3 Abs. 2 leg. cit. genannten Datums der Ausstellung des Einheitswert- und Grundsteuermessbescheides, das nach den maßgeblichen Verfahrensvorschriften der BAO für die ordnungsgemäße Bekanntgabe des Bescheides und damit für dessen Wirksamkeit ohne Belang ist.

Da die belangte Behörde der Regelung des § 2 Abs. 2 des Grundsteuerbefreiungsgesetzes 1995 eine unrichtige Bedeutung zumaß und infolge dessen eine Ergänzung der Tatsachengrundlagen zur Frage der Wirksamkeit des Einheitswert- und Grundsteuermessbescheides durch Bekanntmachung im Sinn des § 97 BAO unterließ, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG unter Entfall der mündlichen Verhandlung nach § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG aufzuheben war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich - wiederum in Anwendung des § 8 VwGbk-ÜG - auf die §§ 47 ff VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung in Verbindung mit der gemäß § 3 Z. 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung ihrer Änderung BGBl. II Nr. 8/2014, maßgebenden VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Nach § 9 VwGbk-ÜG iVm Art 151 Abs. 51 Z 9 B-VG tritt im fortzusetzenden Verfahren das Landesverwaltungsgericht Burgenland an die Stelle der belangten Bezirkshauptmannschaft O.

Wien, am 28. Februar 2014

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2014:2013160185.X00

Im RIS seit

27.03.2014

Zuletzt aktualisiert am

15.07.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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