TE Vfgh Beschluss 2014/2/20 B1611/2013, G2/2014

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Veröffentlicht am 20.02.2014
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Index

10/07 Verfassungs- und Verwaltungsgerichtsbarkeit

Norm

B-VG Art140 Abs1 Z1 litc
GEG 1962 §9
ZPO §63 Abs1 / Aussichtslosigkeit

Leitsatz

Aussichtslosigkeit eines Verfahrenshilfeantrags zur Erhebung einer Beschwerde gegen einen Bescheid betreffend Gerichtsgebühren sowie zur Einbringung eines Individualantrags betreffend das Gerichtliche Einbringungsgesetz

Spruch

Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.

Begründung

Begründung

1. Der Einschreiter beantragt die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Beschwerdeführung gegen den oben angeführten Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien.

Unter Bedachtnahme auf die dem Verfassungsgerichtshof zur Verfügung stehenden Unterlagen besteht kein Anhaltspunkt für die Annahme, dass die Entscheidung auf einer rechtswidrigen generellen Norm beruht oder dass bei der Gesetzeshandhabung ein in die Verfassungssphäre reichender Fehler unterlaufen wäre; es ergeben sich vielmehr ausschließlich Fragen der richtigen Rechtsanwendung, die jedoch nicht in den Zuständigkeitsbereich des Verfassungsgerichtshofes fallen. Eine Rechtsverfolgung durch Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erscheint somit als offenbar aussichtslos, zumal bei der gegebenen Lage sogar die Ablehnung der Beschwerdebehandlung zu gewärtigen wäre.

2. Weiters beantragt der Einschreiter die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Einbringung eines Antrages gemäß Art140 Abs1 Z1 litc B-VG; soweit dies aus dem Antragsvorbringen ersichtlich ist, strebt der Einschreiter ein Gesetzesprüfungsverfahren hinsichtlich der Bestimmung des §9 Abs2 Gerichtliches Einbringungsgesetz (GEG) an, weil diese Bestimmung im Widerspruch zur österreichischen Verfassung, insbesondere zu Art14 Abs5a B-VG stehe.

2.1. Voraussetzung der Antragslegitimation gemäß Art140 Abs1 Z1 litc B-VG ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz – im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit – in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese – im Falle seiner Verfassungswidrigkeit – verletzt.

Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des – behaupteterweise – rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg 11.868/1988, 15.632/1999, 16.616/2002, 16.891/2003).

Wie der Verfassungsgerichtshof im Zusammenhang mit nach Art139 bzw. 140 B-VG gestellten Individualanträgen ausgeführt hat, ist dann, wenn ein gerichtliches oder verwaltungsbehördliches Verfahren bereits anhängig ist, das dem von einer Verordnung bzw. einem Gesetz Betroffenen Gelegenheit zur Anregung einer amtswegigen Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof bietet, nur bei Vorliegen besonderer außergewöhnlicher Umstände der Partei das Recht zur Einbringung eines Verordnungs- bzw. Gesetzesprüfungsantrags eingeräumt; andernfalls gelangte man zu einer Doppelgleisigkeit des Rechtsschutzes, die mit dem Grundprinzip des Individualantrages als eines bloß subsidiären Rechtsbehelfes nicht im Einklang stünde (vgl. VfSlg 8312/1978, 10.857/1986, 11.045/1986, 11.823/1988, 19.674/2012).

2.2. Der Präsident des Oberlandesgerichts Wien hat mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid vom 19. November 2013 dem Antrag des Einschreiters auf Nachlass von mit Zahlungsaufforderung vom 15. März 2013 vorgeschriebenen Gerichtsgebühren in Höhe von € 244,– gemäß §9 Abs2 GEG nicht stattgegeben. Dem Einschreiter stand bzw. steht auch nach der Abweisung des diesbezüglichen Antrags auf Verfahrenshilfe wegen zu gewärtigender Ablehnung der Beschwerdebehandlung die Möglichkeit offen, seine Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der diesen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften im Rahmen einer Beschwerde nach Art144 B-VG an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen. In diesem Beschwerdeverfahren hat der Verfassungsgerichtshof die Bedenken des Einschreiters gegen die angewendete Bestimmung zu prüfen.

2.3. Da bei der gegebenen Lage die Zurückweisung des vom Einschreiter beabsichtigten Individualantrags zu gewärtigen wäre, erscheint die beabsichtigte Rechtsverfolgung vor dem Verfassungsgerichtshof auch diesbezüglich als offenbar aussichtslos.

3. Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ist sohin mangels der Voraussetzungen des §63 Abs1 ZPO (§35 Abs1 VfGG) abzuweisen.

4. Dies konnte gemäß §72 Abs1 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren, VfGH / Verfahrenshilfe, VfGH / Individualantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2014:B1611.2013

Zuletzt aktualisiert am

24.03.2014
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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