TE Vwgh Erkenntnis 2014/2/24 2013/17/0174

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Veröffentlicht am 24.02.2014
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Index

24/01 Strafgesetzbuch;
25/01 Strafprozess;
34 Monopole;

Norm

GSpG 1989 §52 Abs1 Z1;
GSpG 1989 §52 Abs2;
StGB §168;
StPO 1975 §190 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Hofrat Dr. Köhler, die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner und Mag. Nussbaumer-Hinterauer sowie Hofrat Dr. Schwarz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fries, über die Beschwerde der Bundesministerin für Finanzen in 1010 Wien, Johannesgasse 5, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 30. Jänner 2013, Zl. VwSen-301160/17/AL/BZ/ER, betreffend Übertretung des GSpG (mitbeteiligte Partei: A S in L, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 30. Dezember 2011 wurde der Mitbeteiligte als handelsrechtlicher Geschäftsführer der F GmbH im Zusammenhang mit dem Betrieb von zehn Glücksspielgeräten der Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 1. Tatbild des Glücksspielgesetzes (GSpG) für schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe von EUR 9.000 (Ersatzfreiheitsstrafe von 18 Tagen) verhängt.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Mitbeteiligten Folge, behob das Straferkenntnis und stellte das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG ein.

In der Begründung führte die belangte Behörde aus, sie habe gegen den Mitbeteiligten des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens mit Schreiben vom 26. April 2012 der zuständigen Staatsanwaltschaft Anzeige "wegen Verdachts einer gemäß § 168 StGB gerichtlich strafbaren Handlung erstattet". Mit Schreiben vom 8. November 2012 sei die belangte Behörde von der Staatsanwaltschaft davon benachrichtigt worden, dass das Ermittlungsverfahren gegen den Mitbeteiligten "gemäß § 190 Z 1 StPO" eingestellt worden sei.

Bei den Glücksspielgeräten, auf denen "Walzenspiele im Sekundentakt" möglich gewesen seien, sei eine äußerst günstige Relation zwischen Einzeleinsatz und in Aussicht gestelltem Höchstgewinn geboten worden. Diese Einsatz-Gewinnrelation stelle sich gemäß der Anzeige wie folgt dar: Bei den Geräten Nr. 1 bis 4 und 10 bei Einsätzen von EUR 0,05 bis EUR 1,80 in Aussicht gestellte Höchstgewinne zwischen EUR 500,-- und EUR 2.000,--, betreffend die Geräte Nr. 5 bis 7 und 9 bei einem Einsatz von EUR 0,20 ein in Aussicht gestellter Gewinn von EUR 20,-- plus "Supergames" und beim Gerät Nr. 8 bei einem Einsatz von EUR 0,01 ein in Aussicht gestellter Höchstgewinn von EUR 150,--. Diese zu Serienspielen verleitenden besonders günstigen Gewinn-Verlust-Relationen zeigten, dass solche Geräte vom Veranstalter in gewinnbringender Absicht betrieben worden seien. Im Hinblick auf die im vorliegenden Fall daher grundsätzlich gegebene gerichtliche Strafbarkeit des angelasteten Sachverhalts könne keine Verwaltungsübertretung mehr vorliegen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende Amtsbeschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben, weil kein Nachweis dafür, dass Spiele tatsächlich auch mit Einsätzen von mehr als EUR 10,-- gespielt worden seien, vorläge. Der belangten Behörde seien "klare Angaben betreffend die verfahrensgegenständlichen Geräte bezüglich der mit maximal EUR 5,50 begrenzten Spieleinsätze in Form von mittels Testspielen geprüften virtuellen Walzenspielen" vorgelegen. Für die belangte Behörde ergebe sich die Verpflichtung, jene Spiele zu ermitteln, bei denen die Wertgrenze des § 52 Abs. 2 GSpG nicht überschritten worden sei.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte, ebenso wie der Mitbeteiligte, in seiner Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

2.1. Gemäß § 79 Abs. 11 VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 sind, soweit durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) nicht anderes bestimmt ist, in den mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden. Dies trifft auf den vorliegenden Fall zu.

2.2. Mit hg. Erkenntnis vom 23. Juli 2013, Zl. 2012/17/0249, hat sich der Verwaltungsgerichtshof der in dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 13. Juni 2013, B 422/2013, dargelegten Rechtsansicht zur Auslegung der Subsidiaritätsklausel des § 52 Abs. 2 erster Satz GSpG angeschlossen, dass bei einer verfassungskonformen, das Verbot der Doppelbestrafung gemäß Art. 4 Abs. 1 7. ZPEMRK berücksichtigenden Auslegung darauf abzustellen sei, ob derjenige, der eine Ausspielung etwa mit einem Glücksspielapparat oder Glücksspielautomaten bzw. mit einem darauf installierten Programm veranstalte, organisiere oder unternehmerisch zugänglich mache, dabei Einsätze von höchstens EUR 10,-- oder mehr als EUR 10,-- ermögliche. Für die Beurteilung, ob eine Gerichtszuständigkeit gemäß § 168 StGB oder die Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden gemäß § 52 Abs. 1 GSpG bestehe, hat die Verwaltungsstrafbehörde demnach stets zu ermitteln, welcher mögliche Höchsteinsatz an einem Glücksspielautomat habe geleistet werden können bzw. ob Serienspiele hätten veranlasst werden können.

2.3. Mit Erkenntnis vom 7. Oktober 2013, Zlen. 2013/17/0210 und 0211, hat der Verwaltungsgerichtshof zu "Serienspielen" näher ausgeführt, dass zur Abgrenzung der gerichtlichen von der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit Feststellungen zu treffen seien, ob die Rahmenbedingungen einen Spieler dazu verleiteten, dass die Summe der von ihm im Verlaufe einer ganzen Spielveranstaltung eingesetzten Vermögenswerte nicht mehr gering sei bzw. ob Spieler vorsätzlich zu "Serienspielen" veranlasst werden sollten (mit Hinweis auf die Urteile des OGH vom 14. Dezember 1982, 9 Os 137, 138/82, vom 20. April 1983, 11 Os 39, 40/83 und vom 3. Oktober 2002, 12 Os 49, 50/02).

2.4. Zunächst ist festzuhalten, dass die belangte Behörde zutreffend im Sinne der hg. Rechtsprechung nach der Einstellung des gerichtlichen Strafverfahrens - aus der Einstellung ergibt sich nicht, dass die Staatsanwaltschaft vom Vorliegen eines gerichtlich strafbaren Tatbestandes ausgegangen wäre - selbstständig die Frage, ob ein vom Gericht zu ahndender Tatbestand vorgelegen sei, beurteilte (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 30. August 2013, Zl. 2012/17/0533).

Im beschwerdegegenständlichen Fall hat sie dargelegt, dass bei den angeführten, in kurzen Abständen durchgeführten, Einzelspielen Gewinne in Höhe von zumindest dem Hundertfachen des jeweiligen Einsatzes in Aussicht gestellt und vom Beschwerdeführer ein Anreiz für das Spielen von "Serienspielen" mit gewinnsüchtiger Absicht geboten wurden. Diesen Feststellungen tritt die Amtsbeschwerde nicht entgegen, sondern bezieht sich zur Begründung ihres Standpunktes lediglich auf eine vom Verwaltungsgerichtshof nicht mehr geteilte Rechtsansicht. Ausgehend von ihren unbestrittenen Feststellungen zu möglichen "Serienspielen" hat die belangte Behörde zu Recht der Berufung der mitbeteiligten Partei stattgegeben und die Einstellung des gegen sie geführten Verwaltungsstrafverfahrens verfügt.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der (auf "Altfälle" gemäß § 3 Z 1 der VwGH - Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, weiter anzuwendenden) VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 24. Februar 2014

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2014:2013170174.X00

Im RIS seit

18.03.2014

Zuletzt aktualisiert am

27.06.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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