RS Vfgh 2013/12/12 B628/2013

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Veröffentlicht am 12.12.2013
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Index

40/01 Verwaltungsverfahrensgesetze außer Finanz- und Dienstrechtsverfahren

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
VStG §10, §11, §16, §53, §53d, §54b
StVG §3, §3a
FinStrG §175

Leitsatz

Abweisung einer Beschwerde gegen die Zurückweisung des Antrags auf Strafaufschub zum Zweck der Erbringung gemeinnütziger Leistungen im Sinne des Strafvollzugsgesetzes; Absehen von der Möglichkeit der Erbringung gemeinnütziger Leistungen anstelle des Vollzuges der Ersatzfreiheitsstrafe im verwaltungsbehördlichen Strafverfahren im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers

Rechtssatz

Keine Bedenken gegen die den Vollzug einer (Ersatz-)Freiheitsstrafe regelnden Bestimmungen des VStG.

Mit dem Erkenntnis VfSlg 19690/2012 (verfassungskonforme Auslegung des §175 Abs2 FinStrG; sinngemäße Anwendung der §§3 und 3a StVG betr die Möglichkeit der Erbringung gemeinnütziger Leistungen im finanzstrafbehördlichen Vollzugsverfahren) wurde einer unsachlichen Differenzierung im Bereich des Strafvollzuges betreffend (im Wesentlichen) gleichartige Deliktstypen begegnet, die sich, was die gerichtliche und die verwaltungsbehördliche Kompetenz anlangt, in weiten Bereichen nur durch die Höhe des strafbestimmenden Wertbetrages (§53 FinStrG) unterscheiden.

Unterschiedliche Sanktionensysteme in verschiedenen Verfahrensbereichen widersprechen - mögen diese auch miteinander eine gewisse Verwandtschaft aufweisen - für sich allein in der Regel noch nicht dem Gleichheitsgrundsatz (vgl VfSlg 15190/1998).

Da zwischen dem gerichtlichen Strafverfahren sowie dem (auch verwaltungsbehördlichen) Finanzstrafrecht einerseits und dem allgemeinen - auf eine Vielzahl von Materien bezogenen - Verwaltungsstrafrecht andererseits von vornherein wesentliche Unterschiede bestehen, sind - nicht zuletzt angesichts der notorisch hohen Zahl von allgemeinen Verwaltungsstrafverfahren auch aus Gründen der Verwaltungsökonomie - differenzierende Regelungen (hier: auf dem Gebiet des Strafvollzuges) sachlich gerechtfertigt (vgl VfSlg 8017/1977).

Anders als im gerichtlichen Strafrecht verfolgt der Gesetzgeber im Verwaltungsstrafrecht mit den Vorschriften der §§11 und 12 VStG erklärtermaßen das (legitime) rechtspolitische Ziel, die Verhängung von Freiheitsstrafen zu vermeiden.

Nach dem Willen des Gesetzgebers hat der Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe im Bereich des Verwaltungsstrafrechts (sieht man von Fällen des "Anschlussvollzuges" gemäß §53 Abs2 VStG ab) nur in Ausnahmefällen in einem gerichtlichen Gefangenenhaus zu erfolgen (vgl §53 Abs1, §53d Abs1 VStG); in der Regel gehen daher insoweit die Bestimmungen des VStG jenen des StVG vor. Dies ist mit Blick auf die relativ geringe Höhe der im VStG vorgesehenen maximalen (Ersatz-)Freiheitsstrafen sowie vor dem Hintergrund, dass das VStG weitergehende Erleichterungen als das StVG ermöglicht, nicht zu beanstanden.

Es liegt somit im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, die im StVG eingeräumte Möglichkeit der Erbringung gemeinnütziger Leistungen anstelle des Vollzuges der Ersatzfreiheitsstrafe auch im VStG vorzusehen oder in diesem Bereich nicht zu gewährleisten. Von diesem Spielraum hat der Gesetzgeber dahingehend Gebrauch gemacht, dass er die Bestimmungen der §§3 und 3a StVG im Verwaltungsstrafverfahren nicht für anwendbar erklärt hat. Dies begegnet aus den dargelegten Gründen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Verwaltungsstrafrecht, Verwaltungsstrafverfahren, Strafe (Verwaltungsstrafrecht), Ersatzfreiheitsstrafe, Strafvollzug, Geltungsbereich Anwendbarkeit, Finanzstrafrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2013:B628.2013

Zuletzt aktualisiert am

29.12.2014
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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