TE Vwgh Erkenntnis 2013/11/14 2012/17/0528

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Veröffentlicht am 14.11.2013
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §13a;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner und Mag. Nussbaumer-Hinterauer, den Hofrat Mag. Straßegger und die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fries, über die Beschwerde des A W in R, vertreten durch Mag. Michael Steininger, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Schießstattring 35, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 22. Juni 2012, Zl. BMLFUW-LE.4.1.10/0249- I/7/2012, betreffend einheitliche Betriebsprämie 2009, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung einer einheitlichen Betriebsprämie für das Jahr 2009 abgewiesen (Spruchpunkt 1.). Mit dem hier im Beschwerdefall nicht gegenständlichen Spruchpunkt 2. wurde der Bescheid des Vorstandes für den Geschäftsbereich II der Agrarmarkt Austria vom 30. Dezember 2010 betreffend einheitliche Betriebsprämie 2010 gemäß § 19 MOG 2007 aufgehoben.

Begründend führte die belangte Behörde nach Darlegung des Verwaltungsgeschehens und der ihrer Ansicht heranzuziehenden Bestimmungen aus, dass beim Beschwerdeführer im Antragsjahr 2009 hinsichtlich der beantragten beihilfefähigen Flächen im Wege der Verwaltungskontrolle für die Feldstücke 3, 42, 60, 61 und 65 Übernutzungen festgestellt worden seien. Die Feldstücke 11 und 66 würden die gemäß § 4 Abs. 2 INVEKOS-Umsetzungs-Verordnung geforderte Mindestgröße von 0,1 ha nicht aufweisen. Bei der Vor-Ort-Kontrolle am 6. Oktober 2009 seien bei den Feldstücken 25, 32, 38, 41 und 75 Abweichungen festgestellt worden;

nichtlandwirtschaftliche Flächen seien bei den Feldstücken 1, 2, 18, 22, 24, 43, 46, 47, 48, 62, 67 und 68 festgestellt worden.

Die festgestellten Übernutzungen seien vom Beschwerdeführer nicht geklärt worden, sodass die betreffenden Feldstücke nicht als ermittelte Flächen hätten zugrunde gelegt werden können. Soweit der Beschwerdeführer durch Vorlage von Pachtverträgen die Berechtigung zur Nutzung habe belegen wollen, sei anzumerken, dass zum einen bei den Feldstücken 60, 61 und 65 die Übernutzung nicht geklärt worden und zum anderen die tatsächliche Nutzung ausschlaggebend sei. Zum Feldstück 75 sei ein Rechnungsbeleg bezüglich der Bebauung mit Mais vorgelegt worden. Dieser Beleg sei jedoch nicht ausreichend, da der Gesamtbetrag außer Verhältnis zur konkreten Anbaufläche stehe. Auch hinsichtlich der Flächennutzung auf den Feldstücken 24, 32 und 41 mangle es dem vorgelegten Beleg an Schlüssigkeit. Die festgestellte Flächenabweichung bestehe daher zu Recht.

Im Hinblick auf Art. 51 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 sei für das Antragsjahr 2009 keine Betriebsprämie zu gewähren und der Beschwerdeführer im Ausmaß des entsprechenden Differenzbetrages (EUR 4.099,89) noch ein weiteres Mal von der Prämiengewährung auszuschließen. Die Flächenabweichung betrage mehr als 50 %.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichte Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In seiner Beschwerde wendet sich der Beschwerdeführer einerseits gegen die Beurteilung der Übernutzung der Feldstücke 60, 61 und 65, weil die vorgelegten Pachtverträge die Nutzung durch ihn bestätigten. Andererseits wären die Feldstücke 25, 32 und 41 als "GLÖZ-A-Flächen" anzuerkennen gewesen.

Ausgehend von seinem Abänderungsantrag vom 29. Mai 2009 hätte die belangte Behörde auch auf die bei den Feldstücken 25, 39, 57 und 69 korrigierte Antragstellung auf eine Nutzung als "GLÖZ-A-Flächen" Bedacht zu nehmen gehabt; im Weiteren sieht er auch eine Unterlassung der Manuduktionspflicht durch die Behörde, wonach der Beschwerdeführer auch hinsichtlich dieser Feldstücke zu einer Antragstellung auf "GLÖZ-A-Flächen" hätte angeleitet werden müssen.

Des Weiteren erblickt er in der verhängten Flächensanktion hinsichtlich der Feldstücke 60, 61, 65 und 75 eine Unbilligkeit.

Gemäß § 60 AVG, der gemäß § 67 AVG auch für Berufungsbescheide gilt, sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens (§§ 37 ff AVG), die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Dies erfordert in einem ersten Schritt die eindeutige, eine Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichende und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugängliche konkrete Feststellung des der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalts, in einem zweiten Schritt die Angabe jener Gründe, welche die Behörde im Falle des Vorliegens widerstreitender Beweisergebnisse in Ausübung der freien Beweiswürdigung dazu bewogen haben, gerade jenen Sachverhalt festzustellen, und in einem dritte Schritt die Darstellung der rechtlichen Erwägungen, deren Ergebnisse zum Spruch des Bescheides geführt haben. Die genannte Zusammenfassung wird in Bezug auf die Beweiswürdigung kurz ausfallen können, wenn keine einander widersprechenden Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens vorliegen. Bei Widersprüchen zwischen den Behauptungen und Angaben der Verfahrenspartei und sonstigen Ermittlungsergebnissen bedarf es aber einer klaren und übersichtlichen Zusammenfassung der maßgeblichen, bei der Beweiswürdigung angestellten Erwägungen, damit der Verwaltungsgerichtshof die Entscheidung der Behörde auf ihre inhaltliche Rechtmäßigkeit überprüfen kann. Nicht oder unzureichend begründete Bescheide hindern den Verwaltungsgerichtshof, seiner Rechtskontrollaufgabe, wie sie in § 41 Abs. 1 VwGG zum Ausdruck kommt, insoweit zu entsprechen, als derartige Bescheide inhaltlich auch keine Überprüfung "auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhalts" zulassen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. November 2005, Zl. 2003/08/0116, mwN).

Angewendet auf den vorliegenden Fall hat die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides keine Feststellungen über die tatsächliche Nutzung getroffen und ist überdies auf das Vorbringen des Beschwerdeführers im verwaltungsbehördlichen Verfahren nicht bzw. unvollständig eingegangen und hat zu den damit aufgeworfenen Fragen gleichfalls keine Feststellungen getroffen.

Anlässlich der Vor-Ort-Kontrolle wurden die Feldstücke 60, 61 und 65 nicht erwähnt.

Der Beschwerdeführer wies bereits im Verwaltungsverfahren hinsichtlich dieser Feldstücke 60, 61 und 65 darauf hin, dass es für das Jahr 2009 Pachtverträge gäbe, diese legte er in weiterer Folge auch vor. Die belangte Behörde erwähnte die Vorlage der Pachtverträge zwar und konstatierte, dass damit die Übernutzung nicht geklärt werden könne und vielmehr die tatsächliche Nutzung ausschlaggebend sei. Dazu ist festzuhalten, dass sich die belangte Behörde mit dem Inhalt der Pachtverträge aber nicht auseinandersetzte, weil zu dem jeweils das konkrete Feldstück betreffenden Bestandvertrag keine Feststellungen getroffen wurden und selbst aus der Formulierung im angefochtenen Bescheid nicht ersichtlich ist, ob die belangte Behörde nun im konkreten Fall von einer tatsächlichen Nutzung (allenfalls welcher) ausgeht oder nicht. Es fehlt somit eine Sachverhaltsgrundlage, weil die belangte Behörde nicht darlegt, welche Schlüsse sie aus den Pachtverträgen im Hinblick auf eine tatsächliche Nutzung der Feldstücke zieht. Wenn in der Gegenschrift darauf Bezug genommen wird, dass die Pachtverträge im Jahr 2009 bereits gekündigt waren, ersetzt dieses Vorbringen Feststellungen im angefochtenen Bescheid nicht. Abgesehen davon, dass sich aus dem Verwaltungsakt ergibt, dass für diese genannten Feldstücke verschiedene Pachtverträge vorliegen (auch mit unterschiedlichen Laufzeiten bzw. mit unterschiedlicher "Aufkündigungskorrespondenz"), wären konkrete Feststellungen zu treffen gewesen. Wenn die Behörde davon ausgeht, dass eine Übernutzung nicht habe geklärt werden können, ist dies nachvollziehbar zu begründen.

Zutreffend zeigt der Beschwerdeführer auf, dass es die belangte Behörde unterließ, sich mit dem Vorbringen, dass die Nutzung der Feldstücke 25, 39, 57 und 69 von Körnermais auf "GLÖZ-A-Flächen" bereits am 29. Mai 2009 von Seiten des Beschwerdeführers geändert worden sei, im angefochtenen Bescheid auseinanderzusetzen. Dazu ist festzuhalten, dass eine Prüfung der Feldstücke 39, 57 und 69 im angefochtenen Bescheid überhaupt keinen Eingang gefunden hat, sodass sich auch die Frage stellt, ob diese Feldstücke bei der von der belangten Behörde angenommenen verhängten Flächensanktion auf Grund der Flächenabweichungen Berücksichtigung gefunden haben oder nicht. Ebenso unklar ist, ob es sich allenfalls um solche Flächen handelt, die die belangte Behörde als "geklärt" betrachtet hat. Nachdem schon im verwaltungsbehördlichen Verfahren auf diese Feldstücke und deren geänderte Nutzung hingewiesen wurde, ist ein abschließendes Eingehen auf diese Positionen notwendig.

Dem Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde hätte auch die Feldstücke 32 und 41 als "GLÖZ-A-Flächen" anzuerkennen gehabt, steht jedoch das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren herrschende Neuerungsverbot gemäß § 41 Abs. 1 VwGG entgegen, weil ein solches Vorbringen im Verwaltungsverfahren nicht erstattet worden ist.

Wenn der Beschwerdeführer zu den Feldstücken 32 und 41 ausführt, die Behörde hätte ihn anlässlich der Abänderung der ursprünglichen Angaben zum Feldstück 25 auch hinsichtlich der Feldstücke 32 und 41 auf eine Förderungswürdigkeit als "GLÖZ-A-Flächen" hinweisen müssen, ist er darauf zu verweisen, dass eine Manuduktionspflicht der Behörde dahingehend, Antragsteller auf eine zweckmäßige Antragstellung hinzuweisen (worauf das Beschwerdevorbringen hinsichtlich der Nichteinräumung der Möglichkeit einer Korrektur der Antragstellung hinauszulaufen scheint), nicht besteht. Es ist Sache des Landwirts, die Entscheidung darüber zu treffen, welche Grundflächen - mit welcher Bepflanzung - er in die Antragstellung miteinbezieht und welche nicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Juli 2011, Zl. 2007/17/0164).

Da dem angefochtenen Bescheid weder nachvollziehbare Feststellungen noch Erwägungen zur Beweiswürdigung in den zuvor genannten Punkten zu entnehmen sind, ist dem Verwaltungsgerichtshof eine Überprüfung der Entscheidung auf ihre inhaltliche Rechtmäßigkeit nicht möglich. Aus dem angefochtenen Bescheid ergibt sich somit nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit, welche Feldstücke der Beurteilung hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen der hier gegenständlichen einheitlichen Betriebsprämie zugrunde gelegt wurden oder nicht; insbesondere ist auch nicht ausreichend erkennbar, welche Feldstücke und mit welcher Begründung als unzureichend genutzt angesehen wurden. Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als mit einem wesentlichen Verfahrensmangel behaftet, sodass er schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war.

Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 14. November 2013

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2013:2012170528.X00

Im RIS seit

10.12.2013

Zuletzt aktualisiert am

04.04.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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