TE Vwgh Erkenntnis 2013/11/14 2012/17/0043

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Veröffentlicht am 14.11.2013
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Index

L37039 Lustbarkeitsabgabe Vergnügungssteuer Wien;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);

Norm

ABGB §1091;
VergnügungssteuerG Wr 2005 §13 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Hofrat Dr. Köhler, die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner und Mag. Nussbaumer-Hinterauer sowie Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fries, über die Beschwerde des S M in Wien, vertreten durch Nemetz & Nemetz Rechtsanwalts-KG in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 29, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom 16. Dezember 2011, Zl. ABK - 115/11, betreffend Haftung für Vergnügungssteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit Haftungsbescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 16. Dezember 2009 wurde der Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als Verpächter eines Lokals gemäß § 13 Abs. 2 des Vergnügungssteuergesetzes 2005 - VGSG, LGBl. für Wien Nr. 56/2005, für die im Zeitraum Oktober 2005 bis Juli 2006 entstandenen Vergnügungssteuerrückstände (samt Nebenansprüchen) des ehemaligen Pächters G K in der Höhe von EUR 8.654,44 haftbar gemacht und zur Zahlung dieses Betrages herangezogen.

1.2. Begründend führte die erstinstanzliche Abgabenbehörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei im Zeitraum Juni 2005 bis September 2006 "Mieter" des Betriebes E gewesen. Ebendort seien im Zeitraum Oktober 2005 bis September 2006 Publikumstanzveranstaltungen durchgeführt worden. Bei diesen Veranstaltungen sei das Eintrittsgeld im Namen und auf Rechnung des G K (ab 21. Juli durch Y K), und die Entgelte aus dem Getränkeverkauf im Namen und auf Rechnung der A K KEG, vereinnahmt worden.

Gemäß § 13 Abs. 2 VGSG hafte der Verpächter neben dem "früheren Pächter" eingeschränkt für jene Steuerbeträge, die auf die Zeit seit dem Beginn des letzten vor der Beendigung der Betriebsführung durch den Pächter liegenden Kalenderjahres entfielen. Da die Abgaben in Höhe von EUR 8.654,44 nicht entrichtet worden seien, sei die gesetzliche Voraussetzung für die Haft- und Zahlungspflicht des Verpächters gegeben.

1.3. Der Beschwerdeführer erhob Berufung, in der er im Wesentlichen ausführte, ein Betrieb "E" sei ihm unbekannt. Er habe lediglich eine Halle an einer näher bezeichneten Adresse von Herrn M M gemietet. In der diesbezüglichen Vereinbarung sei auch ein Bauvertrag enthalten gewesen. Im Zeitpunkt der Anmietung sei in diesen Räumlichkeiten kein Unternehmen etabliert gewesen und er habe in der Folge dort keinerlei betriebliche Tätigkeit ausgeübt. Er habe zwar ursprünglich beabsichtigt, in den Räumlichkeiten eine Diskothek zu betreiben, habe aber in der Folge mangels einschlägiger Kenntnisse davon Abstand genommen, zumal er beruflich als Bauunternehmer tätig sei. Interessant für ihn sei vor allem die Durchführung von Bauarbeiten gewesen. Nach deren Abschluss habe er im Einvernehmen mit M M die Räumlichkeiten ab Oktober 2005 an G K "subuntervermietet". Dieser habe in der Folge dort einen Diskotheken-Betrieb eingerichtet. Es habe sich bei diesem Betrieb keinesfalls um einen Pachtbetrieb, sondern um eine originäre Betriebsführung des G K oder ihm nahestehender Personen gehandelt.

Der Beschwerdeführer legte eine zwischen ihm und M M abgeschlossene "Vereinbarung" vor, die einen "Untermietvertrag" und einen "Bauvertrag" enthielt. Die Punkte 1.4. und 1.17. dieses "Untermietvertrags" lauten (auszugsweise):

"4. Der Mietgegenstand darf ausschließlich zu Geschäftszwecken und zwar zum Betrieb eines Cafe-Tanzlokals verwendet werden. Jegliche anderweitige Verwendung des Bestandobjekts ist ausdrücklich untersagt. Der Untermieter erklärt ausdrücklich, zur Verwendung des Mietgegenstands zu Wohnzwecken auch nur teilweise keine Zustimmung zu erteilen. Jede Änderung des Verwendungszwecks bedarf der ausdrücklichen schriftlichen Zustimmung des Untervermieters.

17. Zusätzlich zu den jeweils bestehenden gesetzlichen Auflösungs- und Kündigungsgründen werden als wichtige und bedeutsame Gründe, welche den Untervermieter zur Kündigung des Mietvertrags gemäß § 30 Abs 2 Z 13 MRG berechtigen, angesehen, wenn

- der Untermieter den Mietgegenstand für einen anderen als den in Punkt 4. vereinbarten Zweck verwendet,

…"

Der Bauvertrag betraf den Auftrag, auf der Liegenschaft einen Zubau entsprechend dem dem Vertrag als integrierter Bestandteil angeschlossenen Bauplan zu errichten.

1.4. Mit Berufungsvorentscheidung vom 12. Mai 2011 wies der Magistrat der Stadt Wien die erhobene Berufung als unbegründet ab.

1.5. Begründend wurde dabei im Wesentlichen ausgeführt, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs liege eine Unternehmenspacht in der Regel dann vor, wenn tatsächlich ein lebendes Unternehmen (im weitesten Sinn) Gegenstand des Bestandvertrags sei, also eine organisierte Erwerbsgelegenheit mit allem, was zum "good will" gehöre, übergeben werde. Bei Gastronomieunternehmen, wie bei einer Diskothek, zähle hinsichtlich der tragenden Unternehmensgrundlagen die Lokal- und Geschäftseinrichtung. Durch den vom Beschwerdeführer durchgeführten Ausbau und das übergebene Inventar sei der "Pächter" in der Lage gewesen, in den vorhandenen Betriebsräumen einen entsprechenden Diskothekenbetrieb zu führen. Des Weiteren könne aus den Angaben der Berufung implizit geschlossen werden, dass eine Betriebspflicht vorgelegen sei. Somit sei eine Unternehmenspacht vorgelegen.

1.6. Der Beschwerdeführer stellte einen Vorlageantrag.

1.7. Die belangte Behörde führte ein Ermittlungsverfahren durch, im Zuge dessen der Bestandnehmer des Beschwerdeführers, der von der Behörde als Primärschuldner angesehene G K, am 19. September 2011 als Zeuge vernommen wurde.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab.

Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der als maßgeblich erachteten Rechtsvorschriften im Wesentlichen aus, nach der Aktenlage stehe unbestritten fest, dass zwischen dem Beschwerdeführer und dem Primärschuldner (G K), im Sommer 2005 ein mündlicher Bestandvertrag über das in W betriebene Geschäftslokal zum Zwecke des Betriebs einer Diskothek geschlossen worden sei. Das monatlich zu bezahlende Entgelt sei mit EUR 2.500,-- zuzüglich Umsatzsteuer festgesetzt worden.

Entscheidungswesentlich sei die Frage, ob das Bestandverhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und G K als Geschäftsraummiete oder Unternehmenspacht zu qualifizieren sei. G K sei eine organisierte Erwerbsgelegenheit und somit ein lebendiger Betrieb samt Inventar zur Betriebsführung überlassen worden. Wie der vorgelegten Inventarliste entnommen werden könne, seien zahlreiche Geräte für die Schank sowie die für den Diskothekenbetrieb essenziellen Licht- und Tonanlagen funktionsfähig und in einem sehr guten Zustand bereitgestellt worden. Es seien somit nicht nur leere Räumlichkeiten zur Nutzung zur Verfügung gestellt worden, sondern eine vollständig ausgestattete Diskothek mit den dafür erforderlichen technischen Anlagen sowie einem bewährten Geschäftskonzept. Daher sei es für den Bestandnehmer möglich gewesen, sofort und ohne das Erfordernis, ein eigenes Betriebskonzept zu erarbeiten und zu etablieren, einen Diskothekenbetrieb aufzunehmen bzw. den an diesem Standort bereits etablierten Betrieb fortzusetzen. Wie sich der Zeugenaussage des Primärschuldners entnehmen lasse, seien tatsächlich auch die Betriebsform einer Diskothek, der Lokalname und das Lokalkonzept unverändert beibehalten worden.

Nach der Rechtsprechung bestehe das wichtigste Abgrenzungskriterium in der Betriebspflicht. Dazu habe der Zeuge unmissverständlich ausgeführt, dass er zur Fortführung der Diskothek verpflichtet gewesen sei. Dies ergebe sich auch aus dem schriftlichen Bestandvertrag zwischen M M und dem Beschwerdeführer, worin unter Punkt 1.4. unmissverständlich festgelegt werde, dass die Räumlichkeiten ausschließlich zum Betrieb eines Cafe-Tanzlokals verwendet werden dürften und in Punkt 1.17. ausdrücklich die Nutzung des Lokals für einen anderen Zweck als Kündigungsgrund vereinbart worden sei. An der Betriebspflicht habe auch ein wesentliches Interesse des M M bestanden, weil dieser im Eingangsbereich des Tanzlokals einen Imbissstand betrieben habe.

Dass der Diskothekenbetrieb im Sommer 2005 für einen als kurz anzusehenden Zeitraum von wenigen Monaten (Juni 2005 bis September 2005) wegen baulicher Umgestaltungen vorübergehend unterbrochen gewesen sei, hindere nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs das Vorliegen eines lebenden Unternehmens nicht. Der Verwaltungsgerichtshof habe auch klargestellt, dass bei einer Betriebsunterbrechung von nur etwa drei Monaten ein Kundenstock nicht verloren gehe. Daher sei davon auszugehen, dass der Primärschuldner zu Beginn seiner betrieblichen Tätigkeit über einen nennenswerten Kundenstock an Lokalbesuchern habe zurückgreifen können. Wenn sich der Primärschuldner aus eigenem entscheide, in der Folge durch die Änderung der Musikrichtung ein anderes Publikum anzusprechen, vermöge dies nichts daran zu ändern, dass ihm ein lebendes Unternehmen mit einem beträchtlichen Kundenstock überlassen worden sei. Es liege somit an ihm, diesen vorhandenen Kundenstock zu übernehmen oder neue Kunden zu akquirieren. Im Hinblick auf die rechtliche Beurteilung werde aber davon ausgegangen, dass nicht nur die Räumlichkeiten, sondern das Unternehmen samt beträchtlichem Kundenstock in Bestand gegeben worden sei.

Wie sich aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ergebe, komme den Abgrenzungskriterien der Übernahme des Warenlagers und des Personals im Gastgewerbe eine bloß untergeordnete Rolle zu.

In diesem Zusammenhang sei auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. November 1998, Zl. 93/17/0273, hinzuweisen, worin dieser Folgendes festgehalten habe: "Überwiegen bei einer Gesamtbetrachtung eines Bestandverhältnisses jene Merkmale, die für eine Pacht sprechen (zB die Betriebspflicht), so sind schwächere Indizien, die isoliert betrachtet für eine bloße Geschäftsraummiete sprächen (beispielsweise der fixe, relativ geringe Bestandzins) nicht ausschlaggebend und bedürfen daher keiner näheren Würdigung durch die Abgabenbehörde."

In einer Gesamtabwägung aller Kriterien komme die belangte Behörde zum Ergebnis, dass insbesondere wegen der vereinbarten Betriebspflicht, der Weiterverwendung des Lokalnamens, des Lokalkonzepts, des Inventars und aufgrund des bei der Übergabe vorhandenen Kundenstocks die Merkmale für eine Unternehmenspacht überwögen und die Abgabenbehörde erster Instanz somit zu Recht vom Vorliegen einer Unternehmenspacht ausgegangen sei.

1.8. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen.

2.1. § 13 des Vergnügungssteuergesetzes 2005 - VGSG, LGBl. für Wien Nr. 56/2005, lautete (in der im Beschwerdefall noch anzuwendenden Stammfassung) auszugsweise:

"Steuerpflicht und Haftung

§ 13. (1) Steuerpflichtig ist der Unternehmer der Veranstaltung. Unternehmer der Veranstaltung im Sinne dieses Gesetzes ist jeder, in dessen Namen oder auf dessen Rechnung die Veranstaltung durchgeführt wird oder die Entgelte gefordert werden. Sind zwei oder mehrere Unternehmer (Mitunternehmer) vorhanden, so sind sie als Gesamtschuldner steuerpflichtig. In den Fällen des § 1 Abs. 1 Z 3 gelten auch der Inhaber des für das Halten des Apparates benützten Raumes oder Grundstückes und der Eigentümer des Apparates als Gesamtschuldner.

(2) Entsteht die Steuerpflicht in einem Pachtbetrieb, so haftet der Verpächter für die Steuerbeträge, die auf die Zeit seit dem Beginn des letzten vor der Beendigung der Betriebsführung durch den Pächter liegenden Kalenderjahres entfallen, bis zur Höhe des Pachtentgeltes, das für den Zeitraum, für den die Haftpflicht besteht, vereinbart wurde.

(3) ...

(4) Die abgabenrechtliche Geheimhaltungspflicht steht der Auskunftserteilung an den Verpächter über festgesetzte oder bezahlte Steuerbeträge nicht entgegen."

2.2.1. Nach § 1090 ABGB heißt der Vertrag, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, Bestandvertrag. Der Bestandvertrag wird, wenn sich die in Bestand gegebene Sache ohne weitere Bearbeitung gebrauchen lässt, nach § 1091 ABGB ein Mietvertrag, wenn sie aber nur durch Fleiß und Mühe benützt werden kann, ein Pachtvertrag genannt.

2.2.2. Aus der Aktenlage ist ersichtlich, dass in dem gegenständlichen Objekt bis 1. Juni 2005 von M M ein Tanzlokal betrieben wurde. Nach den Feststellungen des angefochtenen Bescheids schloss M M mit dem Beschwerdeführer eine als "Untermietvertrag" bezeichnete Vereinbarung (M M hatte das Lokal selbst nur "angemietet"). Von "Juni 2005 bis September 2005" (sohin für 4 Monate) war das Lokal nach den Feststellungen der belangten Behörde wegen baulicher Umgestaltungen geschlossen. Der im Beschwerdefall maßgebliche Vertrag ist der mündlich geschlossene Vertrag zwischen dem Beschwerdeführer und G K.

2.2.3. Eine Unternehmenspacht liegt in der Regel vor, wenn ein lebendes Unternehmen (im weitesten Sinn) Gegenstand des Bestandvertrages ist, also eine organisierte Erwerbsgelegenheit mit allem, was zum Begriff des "good will" gehört, übergeben wird. Neben den Räumen muss dem Bestandnehmer in der Regel auch das beigestellt werden, was wesentlich zum Betrieb des Unternehmens und dessen wirtschaftlichem Fortbestand gehört, also Betriebsmittel, Warenlager, Kundenstock und Gewerbeberechtigung. Das bedeutet aber nicht, dass im Einzelfall alle diese Merkmale gegeben sein müssten. Selbst das Fehlen einzelner dieser Betriebsgrundlagen lässt noch nicht darauf schließen, dass keine Unternehmenspacht vorliegt, wenn nur die übrigen Betriebsgrundlagen vom Bestandgeber bereitgestellt werden und das lebende Unternehmen als rechtliche und wirtschaftliche Einheit fortbesteht. Unerheblich ist die von den Parteien gewählte Bezeichnung des Bestandverhältnisses. Es kommt immer nur darauf an, welchen Umständen die größere wirtschaftliche Bedeutung zukommt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 26. Februar 1993, Zl. 91/17/0119, und vom 11. Dezember 2009, Zl. 2009/17/0224). Bei Gastronomieunternehmungen zählen das Gebäude und die Einrichtung, nicht jedoch das Warenlager und das Personal zu den wesentlichen Grundlagen des Unternehmens (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 9. August 2001, Zl. 2000/16/0349, und vom 29. April 1992, Zl. 91/17/0023).

Im Allgemeinen wird - wie auch die belangte Behörde erkannt hat - die Vereinbarung einer Betriebspflicht als wichtigstes Kriterium eines Pachtvertrages angesehen. Für eine Unternehmenspacht spricht unter anderem auch, wenn der Zins von der Höhe des Umsatzes abhängt. Die Überlassung einer Konzession ist kein notwendiges Erfordernis, wohl aber gleichfalls ein Indiz für die Annahme einer Pacht (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom 26. Februar 1993, Zl. 91/17/0119).

Auch ein stillgelegtes Unternehmen kann Gegenstand eines Pachtvertrages sein, wenn es sich nur um einen vorübergehenden Zustand handelt und einer jederzeitigen Wiederaufnahme des Betriebes nichts im Wege steht. Die Eigenschaft eines "lebenden Unternehmens" geht dann noch nicht verloren, wenn es sich nur um eine kurzfristige Betriebsunterbrechung handelt. Der Umstand, dass im verfahrensgegenständlichen Lokal vor Übernahme durch G K den Feststellungen der belangten Behörde zufolge 4 Monate kein Betrieb geführt wurde, würde daher für sich genommen noch nicht das Vorhandensein einer Unternehmenspacht verhindern.

2.2.4. Die Feststellungen und die Begründung der belangten Behörde lassen jedoch eine Beurteilung, ob nach den dargestellten Grundsätzen ein Pachtvertrag vorgelegen ist, nicht zu.

Die belangte Behörde hat ihre Auffassung unter anderem darauf gestützt, der Zeuge G K habe ausgeführt, dass er zur Fortführung des Tanzlokals verpflichtet gewesen sei. Sie schloss weiters aus den von ihr wiedergegebenen Teilen des "Untermietvertrags" zwischen M M und dem Beschwerdeführer bzw. der Vereinbarung zwischen dem Beschwerdeführer und G K, dass eine Betriebspflicht bestanden habe.

Diese Einschätzung findet aber keine Deckung in den von der belangten Behörde bezogenen Passagen des Vertrages bzw. Aussagen des G K. Der bloße Umstand, dass in einem Bestandvertrag die zulässige Verwendung des Bestandobjektes festgeschrieben wird, begründet noch keine Betriebspflicht. Die von der belangten Behörde genannten Vertragsbestimmungen sind allein schon im Hinblick auf allfällige baurechtliche Verwendungsbeschränkungen unter Umständen erforderlich (oder etwa aus zivilrechtlichen Verpflichtungen des Mieters gegenüber seinem Vermieter erklärbar). Dass zwischen M M und dem Beschwerdeführer eine Verwendung zu einem anderen Zweck als einem "Cafe-Tanzlokalbetrieb" als Kündigungsgrund vereinbart wurde, besagt nicht, dass eine Betriebspflicht für einen bestimmten Gewerbebetrieb bestanden hätte. Darüber hinaus ist im Beschwerdefall das Vertragsverhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und G K ausschlaggebend und wäre - selbst wenn für das Rechtsverhältnis zwischen M M und dem Beschwerdeführer eine Betriebspflicht angenommen werden könnte - die Überbindung einer solchen auf G K aufzuzeigen gewesen. Dazu sogleich unten, Punkt 2.2.5.

Zweifel am Vorliegen eines Pachtverhältnisses (im Verhältnis zwischen M M und dem Beschwerdeführer) ergeben sich auch aus der von der belangten Behörde übergangenen Bestimmung im Vertrag zwischen M M und dem Beschwerdeführer, derzufolge "jede Änderung des Verwendungszwecks" der "ausdrücklichen schriftlichen Zustimmung des Untervermieters" bedürfe.

2.2.5. Für eine Unternehmenspacht könnte im Beschwerdefall zwar in der Tat sprechen, dass G K nach den Feststellungen der belangten Behörde das dem Tanzlokal zugehörige Inventar vom Beschwerdeführer übernommen hat.

Gerade die von der belangten Behörde ihrer Auffassung zu Grunde gelegte Aussage des G K spricht jedoch ebenfalls nicht für das Vorliegen eines Pachtvertrags.

Die Aussage des Zeugen G K, auf die sich die belangte Behörde stützt, erfolgte derart, dass der Zeuge einen ihm vorgelegten Fragenkatalog ausfüllte und unterzeichnete.

Frage 1 dieses Fragenkatalogs und die Antwort des Zeugen lauteten:

"1) War Herr (G K) verpflichtet, den Betrieb einer Diskothek fortzuführen oder hätte er das Lokal auch für andere Zwecke (zB Wohnraum, Kaffeehaus) nützen dürfen?

Ja (von Herrn (S) und (P B))."

Der Zeuge hat somit eine Frage zu deren Beantwortung er eine von zwei Varianten wählen hätte sollen, mit "Ja" beantwortet. Aus einer solchen Antwort ist nicht ersichtlich, ob damit der erste oder der zweite Teil der Frage bejaht werden sollte. Es kann daher daraus nicht gefolgert werden, dass der Zeuge G K ausgesagt hätte, er sei zur Fortführung des Betriebs (des verfahrensgegenständlichen Tanzlokals) verpflichtet gewesen.

2.2.6. Zwar kann nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. November 1998, Zl. 93/17/0273) eine solche Betriebspflicht auch vorliegen, wenn sie nicht ausdrücklich bedungen ist. Sie kann sich vielmehr aus einzelnen Vertragspunkten implizit ergeben.

Die weiteren Antworten des Zeugen G K (die Musikrichtung wurde geändert, es gab keine Stammgäste, die sein Lokal nach der Übernahme weiter besucht hätten, er habe keine Lieferanten oder Angestellte vom Vorbetreiber übernommen) deuten in Verbindung mit der Aussage des Beschwerdeführers, es sei ihm nur um die Bautätigkeit gegangen, er habe keine betriebliche Tätigkeit in den Räumen ausgeübt, aber ebenfalls nicht auf die Übergabe eines lebenden Unternehmens hin.

Bei dieser Sachlage wäre die belangte Behörde verpflichtet gewesen, für das Rechtsverhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und G K weitere Vertragsbestimmungen oder Umstände zu nennen, die die Schlussfolgerung rechtfertigen könnten, dass in diesem Verhältnis nicht ein Lokal vermietet, sondern ein Betrieb verpachtet worden sei. So könnte etwa der von der belangten Behörde auch genannte Umstand, dass der Vertragspartner des Beschwerdeführers hinsichtlich des "Untermietvertrages" im Eingangsbereich des Lokals einen Imbissstand betrieben habe, für eine Betriebspflicht sprechen. Das insofern von der belangten Behörde unterstellte Interesse des M M wurde jedoch sachverhaltsmäßig nicht untermauert (insbesondere wurden keine Feststellungen zu den Betriebszeiten des Imbissstandes getroffen, sodass nicht beurteilt werden kann, ob der Geschäftsgang des Imbissstandes vom Betrieb der Diskothek abhängig gewesen wäre oder nicht). Eine Weitergabe des Bestandgegenstandes bedurfte zudem gemäß Punkt 13. des "Untermietvertrages" der schriftlichen Zustimmung des M M; ob eine solche vorlag und inwieweit in dieser die im Untermietvertrag enthaltenen Bestimmungen aufrechterhalten wurden, hat die belangte Behörde nicht festgestellt. Auch insofern ist der Schluss aus einer Beurteilung des Vertragsverhältnisses zwischen M M und dem Beschwerdeführer auf den Inhalt des Vertrags zwischen dem Beschwerdeführer und G K nicht zwingend.

Die belangte Behörde hat damit auch nicht andere Umstände des Einzelfalles, aus denen sich eine Betriebspflicht ergeben könnte, festgestellt (vgl. etwa die Rechtsprechung des OGH zu Bestandverträgen über Objekte auf Bahnhöfen oder Großhotels, etwa OGH 18. September 1991, 1 Ob 583/91, und aus jüngerer Zeit OGH 27. Februar 2013, 6 Ob 189/12f - RS0020334).

2.3. Da somit die Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer sei Verpächter eines Betriebes gewesen, in dem im maßgeblichen Abgabenzeitraum Vergnügungssteuerschulden angefallen sind, in den getroffenen Feststellungen bzw. der Begründung der belangten Behörde keine ausreichende Deckung findet, hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit einem Verfahrensmangel belastet, der auch wesentlich ist, weil sie bei seiner Unterlassung zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

2.4. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass die von der belangten Behörde dem Bescheid zugrunde gelegte Annahme, G K sei Primärschuldner der Vergnügungssteuer, die für die Veranstaltungen in dem in Bestand gegebenen Objekt zu entrichten war, gewesen, aus den Feststellungen der belangten Behörde nicht ohne weiteres nachzuvollziehen ist (und nach dem vorgelegten Akt tatsächlich die A K KEG als Schuldner angesehen wurde und auch die Geltendmachung der Haftung des G K für Abgabenschulden der A K KEG betrieben wurde).

Auch insoweit ist der angefochtene Bescheid nicht schlüssig begründet.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 und 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

2.5. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 14. November 2013

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2013:2012170043.X00

Im RIS seit

12.12.2013

Zuletzt aktualisiert am

04.04.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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