TE Vwgh Erkenntnis 2013/11/14 2010/17/0045

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Veröffentlicht am 14.11.2013
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Index

24/01 Strafgesetzbuch;
34 Monopole;

Norm

GSpG 1989 §52 Abs1 Z5 idF 2008/I/126;
GSpG 1989 §52 Abs1;
GSpG 1989 §52 Abs2;
GSpG 1989 §53;
StGB §168;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Hofrat Dr. Köhler und Hofrätin Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fries, über die Beschwerde des WZ in I, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats des Landes Vorarlberg vom 8. Februar 2010, Zl. UVS-1-155/E3-2009, betreffend Beschlagnahme nach § 53 Abs. 1 GSpG, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1.1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 10. Februar 2009 wurde gemäß § 39 Abs. 1 VStG die Beschlagnahme eines näher genannten Internetterminals samt Bildschirm, welche im Eigentum des Beschwerdeführers standen und in einem Imbisslokal in Bregenz betriebsbereit aufgestellt gewesen waren, zur Sicherung des Verfalls angeordnet.

1.2. Aufgrund der Berufung des Beschwerdeführers erging der nunmehr angefochtene Bescheid, mit dem die belangte Behörde die Berufung nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit der Maßgabe als unbegründet abwies, dass als Rechtsgrundlage für die Beschlagnahme § 53 GSpG angeführt wurde.

Nach Darstellung des Verfahrensganges und der ihrer Ansicht nach anwendbaren Bestimmungen des Glücksspielgesetzes, BGBl. Nr. 620/1989 (in der Folge: GSpG), führte die belangte Behörde begründend aus, dass sie zur Auffassung gelangt sei, die Voraussetzungen für die Anordnung der Beschlagnahme des Internetterminals sowie des Bildschirms seien vorgelegen. Insbesondere vertrat die belangte Behörde die Auffassung, dass auf Grund der festgestellten Einsätze und des möglichen Gewinns pro Spiel nicht ein Spielapparat im Sinn des Vorarlberger Spielapparategesetzes, sondern ein Glücksspielautomat im Sinne des GSpG vorliege. Die Beschlagnahme sei daher auf die speziellere Norm des § 53 Abs. 1 GSpG zu stützen gewesen. Das Internetterminal und der zugehörige Bildschirm seien zur Durchführung von Spielen bestimmt, der Spieler könne damit einen vermögenswerten Gewinn oder Verlust erzielen. Es sei auch davon auszugehen, dass es sich um einen Glücksspielautomaten handle, welcher die Entscheidung über Gewinn oder Verlust selbsttätig herbeiführen könne. Von einer zentralseitigen Herbeiführung der Entscheidung im Sinne des Glücksspielgesetzes könne nicht gesprochen werden, da es "immer nur um ein konkretes, bei einem einzelnen Apparat ablaufendes Spiel" gehe. Das Terminal samt Bildschirm sei in einem öffentlich zugänglichen Imbissstand betrieben worden. Für die Aufstellung oder den Betrieb sei keine Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz oder dem Spielapparategesetz vorgelegen. Daher sei vom Verdacht auszugehen, dass mit diesem Gerät fortgesetzt gegen § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG verstoßen worden sei.

1.3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

1.4. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Im Beschwerdefall ist das Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989, in der Fassung durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 126/2008 anzuwenden.

§§ 52 und 53 GSpG lauteten in dieser Fassung auszugsweise:

§ 52. (1) Es begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen,

1. …

5. wer Glücksspielapparate oder Glücksspielautomaten, die dem Glücksspielmonopol unterliegen, außerhalb einer Spielbank betreibt (Veranstalter) oder zugänglich macht (Inhaber);

(2) Gegenstände, mit deren Hilfe in das Glücksspielmonopol eingegriffen wurde, sind gemäß § 54 einzuziehen.

§ 53. (1) Die Behörde kann die Beschlagnahme der Glücksspielapparate, Glücksspielautomaten, der sonstigen Eingriffsgegenstände und der technischen Hilfsmittel anordnen, und zwar sowohl wenn der Verfall als auch wenn die Einziehung vorgesehen ist, wenn

1. der Verdacht besteht, dass

a) mit Glücksspielapparaten, Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 verstoßen wird, oder

b) durch die Verwendung technischer Hilfsmittel gegen § 52 Abs. 1 Z 7 verstoßen wird oder

2. fortgesetzt oder wiederholt mit Glücksspielapparaten, Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen gemäß

Z 1 lit. a gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 verstoßen wird oder

3. fortgesetzt oder wiederholt durch die Verwendung technischer Hilfsmittel gegen § 52 Abs. 1 Z 7 verstoßen wird.

(2) Die Organe der öffentlichen Aufsicht können die in Abs. 1 genannten Gegenstände auch aus eigener Macht vorläufig in Beschlag nehmen, um unverzüglich sicherzustellen, dass die Verwaltungsübertretungen gemäß einer oder mehrerer Bestimmungen des § 52 Abs. 1 nicht fortgesetzt begangen oder wiederholt werden. Sie haben darüber außer im Falle des § 52 Abs. 1 Z 7 dem Betroffenen sofort eine Bescheinigung auszustellen oder, wenn ein solcher am Aufstellungsort nicht anwesend ist, dort zu hinterlassen und der Behörde die Anzeige zu erstatten. In der Bescheinigung sind der Eigentümer der Gegenstände, der Veranstalter und der Inhaber aufzufordern, sich binnen vier Wochen bei der Behörde zu melden; außerdem ist auf die Möglichkeit einer selbständigen Beschlagnahme (Abs. 3) hinzuweisen. Tritt bei dieser Amtshandlung der Eigentümer der Gegenstände, der Veranstalter oder der Inhaber auf, so sind ihm die Gründe der Beschlagnahme bekanntzugeben.

(3) Die Behörde hat in den Fällen des Abs. 2 unverzüglich das Verfahren zur Erlassung des Beschlagnahmebescheides einzuleiten und Ermittlungen zur Feststellung von Identität und Aufenthalt des Eigentümers der Gegenstände, des Veranstalters und des Inhabers zu führen. Soweit nach der vorläufigen Beschlagnahme keine dieser Personen binnen vier Wochen ermittelt werden kann oder sich keine von diesen binnen vier Wochen meldet oder die genannten Personen zwar bekannt, aber unbekannten Aufenthaltes sind, so kann auf die Beschlagnahme selbständig erkannt werden, wenn im übrigen die Voraussetzungen dafür vorliegen. Die Zustellung des Bescheides kann in einem solchen Fall durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen."

2.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat schon zu § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG in der oben angeführten Fassung ausgesprochen, dass eine verfassungskonforme Auslegung unter Berücksichtigung des Art. 4 Abs. 1 des 7. ZPMRK die Annahme einer unechten Idealkonkurrenz in der Erscheinungsform der stillschweigenden Subsidiarität des § 52 Abs. 1 Z. 5 GSpG gegenüber § 168 Abs. 1 StGB gebiete (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. März 1999, Zl. 98/17/0134).

2.3. Der Verwaltungsgerichtshof hat weiters zur Zulässigkeit einer Beschlagnahme nach § 53 GSpG in der nunmehr geltenden Fassung im Erkenntnis vom 7. Oktober 2013, Zl. 2012/17/0507, ausgesprochen, dass diese im Hinblick auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 13. Juni 2012, G 4/12) dann nicht zulässig sei, wenn feststehe, dass auf Grund der möglichen Einsätze eine Strafbarkeit nach § 168 StGB vorliege. Der Verwaltungsgerichtshof hat im genannten Erkenntnis festgestellt, dass die belangte Behörde - offenkundig ausgehend von einer vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilten Rechtsauffassung - der ihr obliegenden Verpflichtung zur Feststellung des zur Beurteilung des Vorliegens der Gerichtszuständigkeit notwendigen Sachverhalts nicht nachgekommen sei.

2.4. Die in diesem Erkenntnis dargelegten Entscheidungsgründe, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, sind auch auf die hier anwendbare Rechtslage nach dem GSpG in der Fassung vor den Novellen des Jahres 2010 zu übertragen, zumal auch nach dieser Rechtslage die Strafbarkeit gemäß § 52 Abs. 1 GSpG hinter jene nach § 168 Abs. 1 StGB zurücktrat und zudem § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG den Betrieb von Glücksspielapparaten oder Glücksspielautomaten erfasste und § 52 Abs. 2 letzter Satz GSpG in der Fassung BGBl. I Nr. 54/2010 bzw. BGBl. I Nr. 73/2010 noch nicht in Kraft stand. Die Unzulässigkeit einer verwaltungsbehördlichen Beschlagnahme zu einem Zeitpunkt, in dem die gerichtliche Strafbarkeit nach dem festgestellten Sachverhalt ersichtlich ist, ist für die hier anwendbare Rechtslage daher in gleicher Weise anzunehmen wie für die geltende Rechtslage.

2.5. Die belangte Behörde hat im vorliegenden Fall keine dezidierten Feststellungen über die mögliche Einsatzhöhe getroffen (in der Bescheidbegründung aber einleitend unter anderem die Aussage des Vertreters des Beschwerdeführers wieder gegeben, der zufolge bei einem Spiel Einsätze bis zu EUR 100,-- möglich gewesen seien).

Die belangte Behörde hat daher auch den vorliegenden Bescheid mit einem sekundären Verfahrensmangel belastet.

2.6. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

2.7. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil neben den Pauschalsätzen der Verordnung ein Kostenersatz aus dem Titel der Umsatzsteuer nicht zusteht.

Wien, am 14. November 2013

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2013:2010170045.X00

Im RIS seit

11.12.2013

Zuletzt aktualisiert am

03.04.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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