TE Vwgh Erkenntnis 2013/11/7 2012/06/0035

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Veröffentlicht am 07.11.2013
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Index

L37151 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Burgenland;
L82001 Bauordnung Burgenland;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §63 Abs3;
BauG Bgld 1997 §16;
BauG Bgld 1997 §26 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und die Hofrätinnen Dr. Bayjones sowie Mag. Merl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde des K R in T, vertreten durch Mag. Martin Reihs, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Kellermanngasse 5/12, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 12. Dezember 2011, Zl. 5-BB-100-689/1-6, betreffend Zurückweisung einer Berufung gegen einen Beseitigungsauftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Burgenland hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 1. März 2011 wurde dem Beschwerdeführer aufgetragen, den inmitten des Weinbaugebietes der Gemeinde G. auf einem näher bezeichneten Grundstück errichteten, nicht bewilligten Unterstand im Ausmaß von 14 x 6,5 x 4 m gemäß § 26 Abs. 2 Burgenländisches Baugesetz 1997 (Bgld BauG) zu beseitigen und dadurch den rechtmäßigen Zustand wiederherzustellen. Bei dem gegenständlichen Bau handle es sich nicht um einen Folientunnel, weil das Metallgerüst mit Wellplastik und nicht mit einer Folie verkleidet sei. Er diene auch nicht dem Zweck der pflanzlichen Produktion im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes. Für den gegenständlichen Unterstand sei nie um eine baubehördliche Bewilligung angesucht worden, obwohl es sich um ein Bauvorhaben im Sinn des § 2 Abs. 4 Bgld. BauG handle.

Mit Schreiben vom 27. August 2011 (bei der Behörde eingelangt am 29. August 2011) erhob der Beschwerdeführer Berufung mit folgendem Wortlaut:

"Betrifft: ND-02-03-344-3

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit erhebe ich binnen offener Frist das Rechtsmittel der Berufung gegen den oben bezeichneten Bescheid und stelle den Antrag, diesen wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Die Errichtung des mobilen Folientunnels wurde von mir mit Fax vom 16.09.2006 an die Gemeinde G(…) gemäß § 16 Burgenländisches Baugesetz angezeigt. Überdies wurden zu dieser Frage bereits Verfahren vor der BH E(…) mit den Zahlen 100-2/931/1- 2007 und 100-2/930/1-2007 durchgeführt. Auf deren dort von mir vorgebrachte Argumente sei hiermit verwiesen.

Für Rückfragen und weitere Auskünfte stehe ich Ihnen gerne

zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

(der Beschwerdeführer)"

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 12. Dezember 2011 wies die belangte Behörde die als rechtzeitig beurteilte Berufung des Beschwerdeführers mangels eines ausreichend begründeten Berufungsantrages als unzulässig zurück. Begründend führte sie aus, der bloße Hinweis auf das bisherige Vorbringen einer Partei im erstinstanzlichen Verfahren stelle keinen ausreichenden Berufungsgrund dar (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 8. März 1989, Zl. 88/01/0341). Der Beschwerdeführer habe ohne nähere Begründung lediglich auf seine Argumente in zwei Verfahren vor der Bezirkshauptmannschaft E. aus dem Jahr 2007 verwiesen. Der allfällige Verweis in der Berufung auf in früheren Verfahren vorgebrachte Argumente stelle für die erkennende Behörde angesichts der zitierten Judikatur keinen ausreichend begründeten Berufungsantrag dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 16 Burgenländisches Baugesetz (Bgld BauG), LGBl. Nr. 10/1998, in der gemäß § 35 Abs. 8 leg. cit., LGBl. Nr. 11/2013, anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 7/2010, lautet:

"§ 16

Geringfügige Bauvorhaben

(1) Maßnahmen zur Erhaltung, Instandsetzung oder Verbesserung von Bauten und Bauteilen sowie sonstige Bauvorhaben, an denen keine baupolizeilichen Interessen (§ 3) bestehen, bedürfen keines Bauverfahrens, sind aber der Baubehörde spätestens 14 Tage vor Baubeginn schriftlich mitzuteilen.

(2) Die Baubehörde hat in Zweifelsfällen schriftlich festzustellen, ob ein geringfügiges Bauvorhaben vorliegt oder ein Bauverfahren durchzuführen ist. Diese Feststellung hat auf Verlangen einer Partei (§ 21) in Bescheidform zu ergehen."

Die Erlassung eines Beseitigungsauftrages gemäß § 26 Abs. 2 Bgld BauG setzt voraus, dass ein bewilligungspflichtiges oder anzeigepflichtiges Bauvorhaben ohne Baubewilligung bzw. Baufreigabe ausgeführt wurde oder wesentlich von dieser abweicht und der Bauträger nicht während der von der Behörde gesetzten Frist von vier Wochen nachträglich um eine Baubewilligung ansuchte bzw. eine Bauanzeige erstattete oder ihm die Baubewilligung oder Baufreigabe nicht erteilt wurde.

Gemäß § 63 Abs. 3 AVG hat die Berufung den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet, und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind an die Begründung der Berufung - insbesondere bei einer rechtsunkundigen, unvertretenen Partei - keine allzu strengen Anforderungen zu stellen. Es genügt, wenn die Berufungsschrift erkennen lässt, aus welchen Erwägungen die Partei die Entscheidung der Behörde bekämpft (vgl. die bei Hengstschläger - Leeb, AVG, Rz 83 zu § 63 AVG zitierte hg. Judikatur).

Diesbezüglich bringt die Beschwerde vor, die belangte Behörde übersehe, dass der Beschwerdeführer in der Berufung ausdrücklich ausgeführt habe, er habe das Bauvorhaben - die Errichtung eines mobilen Folientunnels - mit Fax vom 16. September 2006 an die Gemeinde G. gemäß § 16 Bgld. BauG "angezeigt"; somit sei die Berufung sehr wohl begründet gewesen. Darauf sei die belangte Behörde überhaupt nicht eingegangen.

Dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg, weil der Beschwerdeführer damit erkennbar geltend macht, dass das Vorhaben weder bewilligungspflichtig noch anzeigepflichtig sei, sondern ein geringfügiges Bauvorhaben darstelle. Er hat somit ein bedeutsames Tatbestandselement geltend gemacht, bei dessen Zutreffen ein Beseitigungsauftrag nicht rechtmäßig wäre. Unabhängig davon, ob es sich dabei um ein taugliches (zum Erfolg verhelfendes) Vorbringen handelt, liegt auf Grund dieses Vorbringens jedenfalls ein begründeter Berufungsantrag vor (vgl. dazu die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, E 169 und E 171 zu § 63 AVG wiedergegebene hg. Judikatur).

Die Zurückweisung der Berufung durch die belangte Behörde mangels eines ausreichend begründeten Berufungsantrages erfolgte somit zu Unrecht. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§47 VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 7. November 2013

Schlagworte

Verfahrensbestimmungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2013:2012060035.X00

Im RIS seit

05.12.2013

Zuletzt aktualisiert am

15.01.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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