TE Vwgh Erkenntnis 2013/10/14 2013/12/0023

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Veröffentlicht am 14.10.2013
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Index

E3L E05200500;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
65/01 Allgemeines Pensionsrecht;

Norm

31976L0207 Gleichbehandlungs-RL Beschäftigung Berufsbildung;
ABGB §863;
PG 1965 §2 Abs1;
PG 1965 §32 Abs1;
PG 1965 §39 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführersin Mag. Farcas, über die Beschwerde der Dr. K in W, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Finanzen vom 26. Juni 2012, Zl. BMF- 111301/0007-II/5/2012, betreffend Feststellung

i. A. Emeritierungsbezug, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Entschließung des Bundespräsidenten vom 17. Juni 1996 war die Beschwerdeführerin mit Wirksamkeit vom 1. Juli d.J. zur außerordentlichen Universitätsprofessorin an der Universität X ernannt worden.

Unbestritten ist, dass sie am 20. März 1996 einen notariell beglaubigten "Verzicht auf Pensionsversorgung" des Inhaltes abgegeben hatte, dass sie im Hinblick auf ihre Ernennung zur außerordentlichen Universitätsprofessorin unwiderruflich vor Entstehung der Anwartschaft gemäß § 2 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965 auf die Pensionsversorgung verzichte.

Mit dem - in Rechtskraft erwachsenen - Bescheid vom 12. Juni 2007 verfügte das Amt der Universität X gemäß § 163 Abs. 2 BDG 1979, dass mit Zustimmung der Beschwerdeführerin an die Stelle deren Übertrittes in den Ruhestand die Emeritierung gemäß § 163 Abs. 5 BDG 1979 trete. Die dauerhafte Entbindung von der Erfüllung ihrer Dienstpflichten, insbesondere der Lehrverpflichtung, werde mit Ablauf des Studienjahres erfolgen, in dem sie das 68. Lebensjahr vollenden, also mit Ablauf des 30. September 2011.

In ihrem "Antrag auf bescheidmäßige Absprache" vom 29. August 2011 brachte die - rechtsfreundlich vertretene - Beschwerdeführerin vor, sie habe zwar die eingangs wiedergegebene Verzichtserklärung abgegeben, eine Annahme durch die Dienstbehörde liege jedoch nicht vor. Die Verzichtserklärung sei auch deshalb nicht richtig und gesetzeskonform, weil sie in keiner Weise auf die Frage der Kranken- und Unfallversicherung nach der Emeritierung eingehe. Sie beantrage daher, bescheidmäßig festzustellen, dass ihr ab ihrer Emeritierung die nach dem Pensionsgesetzes 1965 zustehende Pensionsversorgung bzw. der Ruhe- oder Versorgungsgenuss gebühre, sowie, dass ihre Kranken- und Unfallversicherung über die "BVA" erfolge.

Mit Bescheid vom 2. Dezember 2011 stellte die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter fest, dass die Beschwerdeführerin gemäß § 2 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965 keinen Anspruch auf einen Ruhebezug "bzw." Emeritierungsbezug nach dem Pensionsgesetz 1965 habe. Für den Verzicht auf Pensionsversorgung nach dem Pensionsgesetz 1965, der vor dem Dienstantritt bzw. der Ernennung erklärt werde, gälten die Formvorschriften des § 32 leg. cit. nicht, weil im Zeitpunkt der Abgabe der Verzichtserklärung noch keine Anwartschaft auf eine Pensionsversorgung bestanden habe. Selbst wenn man annähme, dass für die Rechtswirksamkeit der Verzichtserklärung die Formvorschriften des § 32 Abs. 1 leg. cit. heranzuziehen seien, könne die Annahme der Verzichtserklärung entweder ausdrücklich oder auch konkludent erfolgen, weil § 32 Abs. 1 leg. cit. für die Annahme einer Verzichtserklärung keine Formerfordernisse vorsehe. Da die Verzichtserklärung der Beschwerdeführerin von der Behörde zu den Akten genommen worden sei, ihr dies auch schriftlich mitgeteilt worden sei, sei jedenfalls auch eine ausdrückliche Annahme erfolgt. Ein Zusammenhang zwischen einer Verzichtserklärung und der gesetzlichen Pflichtversicherung bestehe nicht. Die Krankenversicherungspflicht und auch deren Zuständigkeit ergebe sich unmittelbar aus den anzuwendenden Normen.

In ihrer Berufung brachte die Beschwerdeführerin zusammengefasst vor, die Formvorschriften des § 32 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965 gälten auch für die Verzichtserklärung vor der Ernennung, sodass die Wirksamkeit in jedem Fall von der Annahme durch die Dienstbehörde abhängig sei. Die bloße Kenntnisnahme des Verzichts durch die Behörde genüge nicht. Es sei vielmehr erforderlich, dass die Behörde erkläre, dass sie den Verzicht annehme. Für die Annahme von Konkludenz, also Schlüssigkeit eines Verhaltens, sei nach der Judikatur zu § 863 ABGB ein strenger Maßstab anzulegen. Der Umstand allein, ein Schriftstück bzw. eine Erklärung zu den Akten zu nehmen, entspreche nicht diesem strengen Maßstab.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dieser Berufung nicht statt und bestätigte den Bescheid vom 5. Dezember 2011.

Nach einleitender Darstellung des Verfahrensganges erwog sie im Rahmen der Begründung ihres Bescheides:

"Im Vorfeld Ihrer mit Wirksamkeit vom 1. Juli 1996 erfolgten Ernennung zur außerordentlichen Universitätsprofessorin an der Universität X wurde seitens des (damaligen) Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst mit Ihnen eine umfangreiche Korrespondenz geführt.

Unter Bezugnahme auf ein von Ihnen an den (damaligen) Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst gerichtetes Schreiben, in welchem Sie Ihre Position darlegten, wurden Sie mit Schreiben des mit der weiteren Veranlassung in Ihrer Angelegenheit betrauten Organwalters des in Rede stehenden Bundesministeriums vom 5. Dezember 1995 … über den zu diesem Zeitpunkt gegebenen Verfahrensstand in Kenntnis gesetzt. Hierbei wurde - nach den Bereich der Ermittlung und Festsetzung des Vorrückungsstichtages betreffenden Mitteilungen - Folgendes ausgeführt:

'Ich erlaube mir, Sie überdies nochmals darauf aufmerksam zu machen, daß Sie bis zur Pensionierung als österreichische Beamtin auch als solche kranken- und sozialversichert sind - die Verzichtserklärung hätte erst im Ruhestand Bedeutung.

Es ist daher im Pensionsfalle - ob Sie nun den Ruf annehmen oder nicht - 'lediglich' eine ASVG-Pension möglich - eine vorhergehende Beamtenstellung kann jedoch auf deren Höhe Auswirkungen haben.

Ferner beziehen Sie sich in Ihrem Schreiben auf einen Verlust der Beamtenpension: Auch hier dürfte ein Mißverständnis vorliegen:

Sollten Sie nämlich den Ruf nicht annehmen, steht in Ihrem Falle auch keine Beamtenpension zu - um als die von Ihnen erwähnten S 10.000,- als Pension beziehen zu können, müßten Sie auch in jenem Falle eine Zusatzversicherung abschließen.

Überdies ist zu bedenken, daß Forschungsaufträge vom FWF - auch, wenn es sich um zweifellos wissenschaftlich hochwertige Leistungen handelt, nicht unbegrenzt finanziert werden bzw. ein- und dieselbe Person nicht auf Dauer unterstützt werden kann wenn es auch in Abfolge um unterschiedliche Projektaufträge geht. Ihr derzeit hohes Einkommen aus dem FWF wird daher mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht bis zur Erreichung des Pensionsalters weiterbestehen.

Eine Berufung als Außerordentliche Universitätsprofessorin bietet daher zusammenfassend nicht nur eine wesentlich bessere Einbindung in das universitäre Geschehen als Ihre Tätigkeit als Lektorin und Forschungsbeauftragte, sondern auch eine soziale Absicherung.

Die Zeit Ihrer Tätigkeit beim FWF wird jedoch möglicherweise (je nach Einschätzung des BKA) in der Berechnung des Vorrückungsstichtages und sohin Ihrer Gehaltsstufe Berücksichtigung finden können. Dafür werde ich mich jedenfalls in Ihrem Interesse einsetzen.

Ich hoffe daher, daß es trotz der gegebenen Umstände des Pensionsverzichtes möglich sein wird, Sie als qualifizierte und - der Ausschreibung bestens entsprechende - Wissenschafterin für die gegenständliche Planstelle zu gewinnen, woran ich im Sinne der Aufgaben des Gesamtinstitutes und der Studierenden sehr interessiert wäre.

……'

Mit an Sie gerichtetem Schreiben desselben Organwalters des Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst vom 7. März 1996 … dem ein weiteres Schreiben vom 8. Jänner 1996 … vorangegangen war, wurde - nach (neuerlich) den Bereich der Ermittlung und Festsetzung des Vorrückungsstichtages betreffenden Darlegungen - Folgendes ausgeführt:

'Eine konkrete Berechnung kann daher erst vorgenommen werden, wenn - nach erfolgter Verzichtserklärung und abgeschlossenem Ernennungsverfahren der Dienst angetreten wurde und mittels Bescheides der Vorrückungsstichtag festgesetzt wird. Im Rahmen dieses Verfahrens wird an das Bundeskanzleramt zwecks Zustimmung zur Anrechnung der gemäß § 12 Abs. 3 Gehaltsgesetz 1956 anrechenbaren Zeiten der Vorrückungsstichtag festgesetzt werden, auf Grund dessen eine Gehaltseinstufung erfolgen kann.

Das Bundeskanzleramt ist erst bereit, das Ernennungsverfahren durchzuführen, wenn die erwähnte Verzichtserklärung auf Pensionsanwartschaften abgegeben wurde, weshalb mit einer verbindlichen Vorab-Erklärung hinsichtlich der Anrechnung nicht gerechnet werden kann.

Auch die Vorab - Auskunft des Bundeskanzleramtes ist lediglich ein Entgegenkommen, um eine Orientierung vor der Rufannahme zu ermöglichen.

Ich erlaube mir, Sie abschließend darauf hinzuweisen, daß Sie im Falle der Nichtannahme des Rufes ebenfalls keine Beamtenpension beanspruchen könnten, sollten Sie sich nach einer allfälligen Rufannahme und Feststellung Ihrer Gehaltseinstufung mit selbiger nicht einverstanden zeigen, steht es Ihnen immer noch frei, aus dem Dienststand wieder auszuscheiden.

Es tut mir leid, daß die Abgabe einer Vorab - Bestätigung über Ihre Gehaltseinstufung mit verbindlicher Wirkung nicht abgegeben werden kann. Ich muß mich jedoch an den gesetzlichen Vorgaben orientieren, weshalb auch die Möglichkeiten des Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst in Ihrem Falle begrenzt sind.

Ich darf Sie ersuchen, mir Ihre Entscheidung bis spätestens 15. April 1996 mitzuteilen bzw. die Verzichtserklärung bis zu diesem Termin zuzusenden, es würde mich jedoch freuen, sollten Sie sich - trotz der Ihnen widrig erscheinenden Umstände - zu einer Annahme des Rufes entschließen können.

……'

In der Folge gaben Sie im Hinblick auf Ihre in Aussicht genommenen Ernennung zur außerordentlichen Universitätsprofessorin am 20. März 1996 eine notariell beglaubigte Verzichtserklärung (Erklärung des Verzichts auf Pensionsversorgung), folgenden Inhaltes ab:

'Verzicht auf Pensionsversorgung

Mit meiner nachstehenden Unterschrift verzichte ich im Hinblick auf meine Ernennung zum Außerordentlichen Universitätsprofessor/ zur Außerordentlichen Universitätsprofessorin unwiderruflich vor Entstehung der Anwartschaft gemäß § 2 Abs. 1 Pensionsgesetz, BGBl. Nr. 340/1965, in der geltenden Fassung, auf die Pensionsversorgung.

Rechtliche Auswirkungen der Verzichtserklärung:

Ich nehme zur Kenntnis, daß aufgrund meines Verzichtes das Entstehen pensionsrechtlicher Anwartschaften aus dem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis für wen auch immer ausgeschlossen wird. Auch allfällige Angehörige (Ehegatte, Ehegattin, Witwer, Witwe, Waisen etc.) und sonstige Personen können demnach aufgrund des genannten öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses keine Ansprüche nach dem Pensionsgesetz 1965 und nach § 163 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 besitzen und geltend machen.

Schließlich nehme ich zur Kenntnis daß ich auf Grund meines Verzichtes ab der Ernennung zum Außerordentlichen Universitätsprofessor/ zur Außerordentlichen Universitätsprofessorin der Pflichtversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 189/1955, in der geltenden Fassung, unterliegen werde. Allfällige Anwartschaften und Ansprüche nach dem ASVG werden durch diesen Verzicht nicht berührt.

Der Verzicht ist mit Einlangen beim Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst bindend. Die Rechtswirksamkeit des Verzichtes ist die Voraussetzung dafür, daß meine Ernennung vom Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst beantragt wird.

Wien, am 20.3.1996'

Mit Entschließung des Bundespräsidenten vom 17. Juni 1996 … wurden Sie mit Wirksamkeit vom 1. Juli 1996 zur außerordentlichen Universitätsprofessorin an der Universität X ernannt.

Im bezughabenden Ernennungsdekret des (damaligen) Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Kunst vom 20. Juni 1996 … wurde Ihnen - nach der Intimierung der erfolgten Ernennung - neben anderem Folgendes mitgeteilt:

'Die von Ihnen am 20. März 1996 gemäß § 32 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340, unterfertigte und notariell beglaubigte Verzichtserklärung gegenüber der Republik Österreich auf den Anspruch auf Ruhegenuß wird zur Kenntnis genommen.

Es wird festgestellt, dass Sie der Unfall- und Pensionsversicherung (Teilversicherung) nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) sowie für die Dauer Ihrer aktiven Tätigkeit der Krankenversicherung nach dem Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz (B-KUVG) unterliegen'."

Nach weiteren Ausführungen zum Verfahrensgang führte sie schließlich in rechtlicher Hinsicht aus:

"Gemäß § 2 Abs. 1 PG 1965 erwirbt der Beamte mit dem Tag des Dienstantrittes Anwartschaft auf Pensionsversorgung für sich und seine Angehörigen, es sei denn, dass er vorher auf die Pensionsversorgung verzichtet hat.

Der Verzicht auf die Anwartschaft auf Pensionsversorgung oder auf den Anspruch auf Ruhe- oder Versorgungsgenuss ist nur wirksam, wenn er schriftlich erklärt worden ist. Sind Personen vorhanden, für die der Beamte Anwartschaft auf Pensionsversorgung erworben hat, so ist zur Wirksamkeit des Verzichtes ferner erforderlich, dass diese Personen über die Rechtsfolgen des Verzichtes schriftlich belehrt worden sind und nach der Belehrung schriftlich erklärt haben, dass sie mit dem Verzicht einverstanden sind. Die Echtheit der Unterschrift auf der Erklärung muss gerichtlich oder notariell beglaubigt sein. Die Wirksamkeit des Verzichtes ist in jedem Fall von der Annahme durch die Dienstbehörde abhängig (§ 32 Abs. 1 PG 1965).

Im gegenständlichen Fall ist ausschließlich strittig, ob die im § 32 Abs. 1 letzter Satz PG 1965 für die Wirksamkeit des Verzichtes auf die Anwartschaft auf Pensionsversorgung relevante Annahme (des Verzichtes) durch die Dienstbehörde vorgelegen ist. Auf Grund des voranstehend dargelegten Sachverhaltes steht unzweifelhaft fest, dass seitens des (damaligen) Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst im Rahmen der mit Ihnen im Vorfeld Ihrer Ernennung zur außerordentlichen Universitätsprofessorin an der Universität X geführten umfangreichen Korrespondenz die Abgabe einer Verzichtserklärung auf die Anwartschaft auf Pensionsvorsorge zur unabdingbaren Voraussetzung für eine Berufung als außerordentliche Universitätsprofessorin erhoben wurde.

In diesem Zusammenhang ist u.a. darauf zu verweisen, dass in dem an Sie gerichteten -oben zitierten - Schreiben des Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst vom 7. März 1996 … ausdrücklich festgehalten wurde, dass das Bundeskanzleramt erst bereit sei, Ihr Ernennungsverfahren durchzuführen, wenn die Verzichtserklärung auf Pensionsanwartschaften abgegeben worden sei. Im letzten Absatz dieses Schreibens wurden Sie um Mitteilung Ihrer Entscheidung bzw. um Zusendung der Verzichtserklärung bis spätestens 15. April 1996 ersucht.

Wie bereits ausgeführt, wurde von Ihnen daraufhin die notariell beglaubigte Verzichtserklärung vom 20. März 1996 abgegeben und Sie in weiterer Folge mit Entschließung des Bundespräsidenten vom 17. Juni 1996 … mit Wirksamkeit vom 1. Juli 1996 zur außerordentlichen Universitätsprofessorin an der Universität X ernannt.

Im Ernennungsdekret des (damaligen) Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Kunst vom 20. Juni 1996 …, mit dem Sie von der Entschließung des Bundespräsidenten unterrichtet wurden, wurde Ihnen die Kenntnisnahme der von Ihnen am 20. März 1996 gemäß § 32 Abs. 1 PG 1965 unterfertigten und notariell beglaubigten Verzichtserklärung gegenüber der Republik Österreich auf den Anspruch auf Ruhegenuss mitgeteilt.

§ 32 Abs. 1 letzter Satz PG 1965 bestimmt, dass die Wirksamkeit des Verzichtes in jedem Fall von der Annahme durch die Dienstbehörde abhängig ist.

Im vorliegenden Fall liegt (abgesehen von der auf dem Ernennungsdekret vom 20. Juni 1996 enthaltenen Mitteilung über die Kenntnisnahme der von Ihnen abgegebenen Verzichtserklärung) keine ausdrückliche schriftliche Erklärung der Dienstbehörde vor, dass diese den Verzicht annehme bzw. angenommen habe. Da die in Rede stehende Vorschrift aber keine Formerfordernisse für die Erklärungsannahme aufstellt, worauf bereits in dem von der Pensionsbehörde erster Instanz angeführten VwGH Erkenntnis vom 23. November 1972, Zl. 719/72, hingewiesen wurde, ist eine konkludente Annahme der Verzichtserklärung nicht ausgeschlossen und deren allfälliges Vorliegen zu prüfen.

Im Zuge der Prüfung des allfälligen Vorliegens einer konkludenten Annahme Ihres Verzichtes (Ihrer Verzichtserklärung vom 20. März 1996) durch die Dienstbehörde kommt nach Ansicht des Bundesministeriums für Finanzen dem Umstand, dass im Vorfeld Ihrer Ernennung zur außerordentlichen Universitätsprofessorin seitens des (damaligen) Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst mehrfach auf das Erfordernis der Abgabe einer Verzichtserklärung auf Pensionsversorgung als unabdingbare Voraussetzung für Ihre Berufung hingewiesen wurde, wesentliche Bedeutung zu.

Was sonst als die Ihrer Ernennung in zeitlicher Hinsicht vorgelagerte Annahme Ihrer Verzichtserklärung durch die Dienstbehörde kann - unter Bedachtnahme auf den vorerwähnten Umstand des im Hinblick auf diese Ernennung stetigen behördlichen Abverlangens einer Verzichtserklärung - aus dem 'Verhalten' Ihrer Dienstbehörde im Zusammenhang mit dem Zustandekommen Ihrer Ernennung geschlossen werden?

Auch bei Anlegung des nach der Judikatur zu § 863 ABGB gebotenen strengen Maßstabes bleibt nach Ansicht der Berufungsbehörde kein vernünftiger Grund übrig, daran zu zweifeln, dass der Rechtsfolgewille Ihrer Dienstbehörde auf die Wirksamkeit Ihres Verzichtes gerichtet war.

Aufgrund der vorstehenden Erwägungen ist von einer konkludenten Annahme Ihres Verzichtes durch die Dienstbehörde und der dadurch nach Maßgabe des letzten Satzes der Vorschrift des § 32 Absatz 1 PG 1965 gegebenen Wirksamkeit des Verzichtes auszugehen.

In Anbetracht der Erfüllung der in dieser Vorschrift geregelten 'Tatbestandsvoraussetzungen' erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit den die Frage der Anwendbarkeit der Formvorschriften des § 32 PG 1965 betreffenden Berufungsausführungen.

Aus den angeführten Gründen konnte Ihrer Berufung nicht stattgegeben werden."

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung dieser Beschwerde mit Beschluss vom 23. November 2011, B 1001/12, mit folgender, auszugsweise wiedergegebener Begründung ablehnte:

"Die vorliegende Beschwerde rügt die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz. Nach den Beschwerdebehauptungen wäre diese Rechtsverletzung aber zum erheblichen Teil nur die Folge einer - allenfalls grob - unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen sowie insbesondere der Frage, ob von der belangten Behörde innerstaatliche einfachgesetzliche Normen oder unionsrechtliche Normen anzuwenden waren, insoweit nicht anzustellen (VfSlg. 14.886/1997).

Soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berührt, als die Verfassungswidrigkeit der Wortfolge 'es sei denn, daß er vorher auf die Pensionsversorgung verzichtet hat' in § 2 Abs. 1 Pensionsgesetz 1965 - PG 1965, BGBl. 340 idF BGBl. I 35/2012, und des § 32 Abs. 1 PG 1965 behauptet wird, lässt ihr Vorbringen die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat."

Auf Antrag der Beschwerdeführerin trat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde mit einem weiteren Beschluss vom 11. Februar 2013 dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

In der an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten, über Auftrag ergänzten Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf "Ruhebezug/ Emeritierungsbezug nach den Bestimmungen des PG 1965" verletzt; sie begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerdeführerin sieht die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides - wie schon im Verwaltungsverfahren und auch im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof - zunächst darin, dass in der einstigen Kenntnisnahme der Verzichtserklärung der Beschwerdeführerin eine konkludente Annahme nicht in Betracht komme und damit vom Fehlen jeglicher Verzichtserklärung auszugehen sei.

Nach § 2 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340 - PG 1965, erwirbt der Beamte mit dem Tag des Dienstantrittes Anwartschaft auf Pensionsversorgung für sich und seine Angehörigen, es sei denn, dass er vorher auf die Pensionsversorgung verzichtet hat.

Nach § 32 Abs. 1 leg. cit. ist der Verzicht auf die Anwartschaft auf Pensionsversorgung oder auf den Anspruch auf Ruhe- oder Versorgungsgenuss nur wirksam, wenn er schriftlich erklärt worden ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 23. November 1972, Zl. 719/72, ausgeführt hat, stellt § 32 Abs. 1 PG 1965 keine Formerfordernisse für die Erklärungsannahme auf. Beschwerdefallbezogen führte der Verwaltungsgerichtshof damals aus, schon damit, dass eine Verwaltungsbehörde eine Verzichtserklärung zu ihren Akten nehme, habe sie deren Annahme konkludent dargetan.

Die Beschwerde zieht die Feststellungen der belangten Behörde über die im Vorfeld der Ernennung der Beschwerdeführerin zur außerordentlichen Universitätsprofessorin geführte Korrespondenz sowie über den Inhalt der wechselseitigen Erklärungen nicht in Zweifel.

Vor dem Hintergrund dessen, insbesondere auch der im Vorfeld explizit erörterten Frage der "Beamtenpension" und eines "Pensionsverzichts" musste unter Zugrundelegung der auch im Bereich des Pensionsgesetzes 1965 zur Auslegung von Erklärungen maßgeblichen Auslegungsregeln des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. April 1991, Zl. 90/12/0264) ein redlicher Erklärungsempfänger aus der Sicht der Beschwerdeführerin die im Ernennungsdekret vom 20. Juni 1996 u. a. enthaltene Wendung, dass die Verzichtserklärung der Beschwerdeführerin vom 20. März 1996 "zur Kenntnis genommen" werde, als Erklärung namens des Bundes mit dem Rechtsfolgewillen verstehen, dass die Verzichtserklärung angenommen und damit rechtswirksam sein soll.

Soweit schließlich die an den Verwaltungsgerichtshof gerichtete Beschwerde auch auf das vor dem Verfassungsgerichtshof erstattete Vorbringen verweist, wonach die Regelung über die Verzichtsmöglichkeit (auch) unionsrechtswidrig sei, weil sie in ihrer praktischen Anwendung im besonders hohen Maße für die Frauen nachteilig sei, damit eine mittelbare geschlechtsspezifische Diskriminierung bewirke und das Unionsrecht nicht nur ein Verbot der geschlechtsspezifischen Diskriminierung, sondern auch ein Verbot der altersspezifischen Diskriminierung vorsehe, vermag sich der Verwaltungsgerichtshof einer solchen Sicht der Dinge nicht anzuschließen:

Die Bestimmung des § 2 Abs. 1 PG 1965 stellt von ihrem Wortlaut her nicht auf das Geschlecht der Beamtin ab, sodass ihr kein unmittelbar diskriminierender Regelungsgehalt unterstellt werden kann.

Nach Art. 2 Abs. 2 zweiter Anstrich der im Beschwerdefall maßgebenden Richtlinie des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zuganges zur Beschäftigung, zur Berufsausbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen, 76/207/EWG, bezeichnet der Ausdruck "mittelbare Diskriminierung" im Sinne dieser Richtlinie, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen, die dem Geschlecht angehören, in besonderer Weise gegenüber Personen des betreffenden Geschlechts benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

Um die Frage einer mittelbaren Diskriminierung von Frauen durch die Bestimmung des § 2 Abs. 1 PG 1965 zu relevieren, wäre es aber an der Beschwerdeführerin gelegen, schon im Verwaltungsverfahren zumindest ansatzweise jene Tatsachenbehauptungen aufzustellen, dass und auf welche besondere Weise die in Rede stehende Bestimmung gegenüber Personen weiblichen Geschlechts benachteiligend sein könnte. Dies hat die Beschwerdeführerin dort unterlassen.

Ausgehend von den nicht zu beanstandenden Ergebnissen des Verwaltungsverfahrens vermag daher der Verwaltungsgerichtshof daher eine verpönte (mittelbare) Diskriminierung der Beschwerdeführerin wegen ihres Geschlechts nicht zu erkennen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 14. Oktober 2013

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2013:2013120023.X00

Im RIS seit

12.11.2013

Zuletzt aktualisiert am

12.12.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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