TE Vfgh Erkenntnis 2013/10/2 A2/2012

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Veröffentlicht am 02.10.2013
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)

Norm

B-VG Art137 / sonstige Klagen
ABGB §1416

Leitsatz

Abweisung einer Klage auf Rückzahlung einer angeblich trotz Vollstreckungsverjährung eingetriebenen Geldstrafe; Verwendung von Zahlungen im Zweifel zunächst zur Tilgung der älteren Schuld

Spruch

I.              Die Klage wird abgewiesen.

II.              Der Kläger ist schuldig, dem Bund zuhanden der Finanzprokuratur die mit € 297,92 bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt und Klagebegehren

1. In der auf Art137 B-VG gestützten, gegen den Bund gerichteten Klage begehrt der Kläger die Zahlung von € 1.675,– samt 4% Zinsen seit 1. Jänner 2012 sowie den Ersatz der Kosten des verfassungsgerichtlichen Verfahrens.

2. Zum Sachverhalt bringt der Kläger Folgendes vor: Die Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf war mit der Vollstreckung der gegen ihn mit rechtskräftigem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 15. Dezember 2008 (GZ390-69-2011, BNS2-S-08 24841 A) bzw. mit rechtskräftiger Strafverfügung vom 10. November 2008 (GZ390-70-2011, BNS2-S-0833705) verhängten Geldstrafen beauftragt. Der Kläger habe mit Überweisung vom 21. September 2011 zur GZ390-70-2011 eine Teilzahlung in Höhe von € 1.500,– auf die Strafe von € 3.175,– geleistet. Am 4. November 2011 habe er zur GZ390-69-2011 eine Teilzahlung in Höhe von € 2.000,– auf die Strafe von € 3.400,– geleistet. Am 7. Dezember 2011 habe der Kläger eine weitere Teilzahlung in Höhe von € 1.400,– zur GZ390-69-2011 geleistet.

2.1. Am 12. Dezember 2011 sei er von der zuständigen Sachbearbeiterin telefonisch aufgefordert worden, den ausstehenden Restbetrag in Höhe von € 1.675,– zu bezahlen. Der Kläger habe angegeben, die Geldstrafe zur GZ390-69-2011 seiner Ansicht nach durch die Zahlungen vom 4. November 2011 und vom 7. Dezember 2011 getilgt zu haben. Im Hinblick auf die Geldstrafe zur GZ390-70-2011 sei am 29. November 2011 Vollstreckungsverjährung eingetreten. Das Gespräch sei beendet worden, nachdem die Sachbearbeiterin der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf erklärt hatte, sie könne Widmungen von Zahlungen abändern.

2.2. Ebenfalls am 12. Dezember 2011 seien Exekutivbeamte beim Kläger erschienen, um ihn zum Antritt der Ersatzfreiheitsstrafe aufzufordern. Um dem Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe zu entgehen, habe der Kläger letztlich eine Zahlung in Höhe von € 2.000,– geleistet.

2.3. Mit Schreiben vom 17. Dezember 2011 habe der Kläger die Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf aufgefordert, diesen Betrag an ihn zurückzuzahlen. Dies sei aber nicht geschehen.

2.4. Die Zahlung des Klägers in Höhe von € 2.000,– vom 4. November 2011 zur Tilgung der Geldstrafe zur GZ390-69-2011 sei von der zuständigen Sachbearbeiterin nicht widmungsgemäß verbucht worden. Im Verfahren zur GZ390-70-2011 sei am 29. November 2011 Vollstreckungsverjährung eingetreten. Der Rechtstitel für die Zahlung vom 12. Dezember 2011 sei damit "weggefallen/außer Kraft getreten". Die beklagte Partei sei daher zu Unrecht bereichert und zur Rückzahlung verpflichtet.

2.5. Mit Schriftsatz vom 27. Jänner 2012 schränkte der Kläger sein Klagebegehren von zunächst € 2.000,– s.A. auf den Betrag von € 1.675,– s.A. ein.

3. Die beklagte Partei erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung des Klagebegehrens beantragt. Das Klagebegehren werde dem Grunde und der Höhe nach bestritten.

3.1. Zum Sachverhalt führt die beklagte Partei insbesondere aus, in einem Telefongespräch am 22. September 2011 habe der Kläger mit der zuständigen Sachbearbeiterin vereinbart, vor Ablauf der Verjährungsfrist sämtliche Beträge einzubezahlen. Er habe zugesagt, bis November monatlich € 1.500,– zu bezahlen und im Dezember den Restbetrag von € 2.075,–. Die Überweisung vom 4. November 2011 habe den Verwendungszweck "390-69-2011 und tel. Fr. Hofer" gehabt. Da sich der Kläger damit auf das vorangegangene Telefonat bezogen habe, sei die zuständige Sachbearbeiterin davon ausgegangen, dass der Betrag zunächst auf jene Geldstrafe gebucht werden sollte, bei der die Vollstreckungsverjährung früher eintritt.

3.2. Rechtlich werde auf das Urteil des Verfassungsgerichtshofes vom 28. November 1988, A1/88, verwiesen, wonach bezahlte Beträge bei undeutlicher Widmung zur Tilgung älterer Verpflichtungen verwendet werden dürfen.

4. Der Kläger hat eine Replik erstattet, in der er auf die Einvernahme der zuständigen Sachbearbeiterin vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Burgenland verweist. In dieser Einvernahme habe sie angegeben, sich nicht erinnern zu können, dass darüber gesprochen worden sei, zuerst die ältesten Strafen zu tilgen.

II. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit der Klage

Gemäß Art137 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über vermögensrechtliche Ansprüche gegen den Bund, ein Land, eine Gemeinde oder einen Gemeindeverband, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind.

Ein solcher Anspruch wird mit der vorliegenden Klage geltend gemacht. Da im Verfahren auch sonst kein Prozesshindernis hervorgekommen ist, erweist sich die Klage insgesamt als zulässig.

2. In der Sache

2.1. Die Klage ist nicht begründet.

2.2. Auf Grund des Vorbringens der Parteien und der vorgelegten Unterlagen geht der Verfassungsgerichtshof von folgendem maßgeblichen Sachverhalt aus:

2.2.1. Gegen den Kläger wurden mit rechtskräftigem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 15. Dezember 2008 (GZ390-69-2011, BNS2-S-08 24841 A) bzw. mit rechtskräftiger Strafverfügung vom 10. November 2008 (GZ390-70-2011, BNS2-S-0833705) Geldstrafen verhängt. Im Verfahren zur GZ390-69-2011, BNS2-S-08 24841 A, ist am 15. Dezember 2011 Vollstreckungsverjährung eingetreten, in jenem zur GZ390-70-2011, BNS2-S-0833705, am 29. November 2011. Der Kläger leistete zur GZ390-69-2011 am 7. Dezember 2011 eine Teilzahlung in Höhe von € 1.400,–. Zur GZ390-70-2011 leistete er am 21. September 2011 eine Zahlung in Höhe von € 1.500,–. Am 4. November 2011 leistete er eine Teilzahlung in Höhe von € 2.000,–, die von der Behörde zur Tilgung der zu GZ390-70-2011 bestehenden Schuld verwendet wurde. Am 12. Dezember 2011 wurde der Kläger zum Antritt der Ersatzfreiheitsstrafe aufgefordert, woraufhin er eine weitere Zahlung in Höhe von € 2.000,– leistete. Dieser Betrag wurde zur Tilgung der noch offenen Schuld verwendet. Die Überzahlung von € 325,– wurde dem Kläger am 30. Dezember 2011 zurücküberwiesen.

2.3. Der Kläger behauptet, in seinem Telefonat am 22. September 2011 mit der zuständigen Sachbearbeiterin sei nicht über die Widmung der Zahlungen gesprochen worden. Sie habe daher seiner Auffassung nach zu Unrecht die Zahlung vom 4. November 2011 umgewidmet, weshalb am 12. Dezember 2011 zur GZ390-69-2011 noch ein Restbetrag offen gewesen sei. Im Verfahren zur GZ390-70-2011 sei aber bereits am 29. November 2011 Vollstreckungsverjährung eingetreten.

2.3.1. Bei der Überweisung des Betrages von € 2.000,– trug der Kläger zwar – wie sich auch aus den vorgelegten Unterlagen ergibt – im Feld "Verwendungszweck" den Vermerk "390-69-2011 und tel. Fr. Hofer" ein. Es ist ihm aber nicht gelungen, den Nachweis zu erbringen, dass es in seinem Telefonat mit der zuständigen Sachbearbeiterin ausschließlich um die von ihm bezeichnete Forderung ging. Der Kläger hat es daher mit diesen Angaben unterlassen, mit hinlänglicher Deutlichkeit zu deklarieren, für welche der noch offenen Geldstrafen die Zahlung zu verwenden ist. Wenn, wie im vorliegenden Fall, Zweifel über die Widmung einer Zahlung bestehen, hat die Behörde nach §1416 ABGB vorzugehen, wonach im Zweifel Zahlungen zunächst zur Tilgung der älteren Schuld zu verwenden sind (vgl. VfSlg 11.877/1988). Die Geldstrafe zur GZ390-70-2011 war daher am 12. Dezember 2011 vollständig getilgt. Offen war hingegen noch die Geldstrafe zur GZ390-69-2011, bei der erst am 15. Dezember 2011 Vollstreckungsverjährung eingetreten ist.

III. Ergebnis

1. Die Klage ist daher abzuweisen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

3. Dem obsiegenden Bund sind die von der Finanzprokuratur verzeichneten Kosten gemäß §41 iVm §35 Abs1 VfGG und §41 Abs2 ZPO zuzusprechen.

Schlagworte

VfGH / Klagen, Zivilrecht, Geldstrafe, Vollstreckungsverjährung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2013:A2.2012

Zuletzt aktualisiert am

13.11.2013
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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