TE Vwgh Erkenntnis 2000/10/31 95/15/0136

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Veröffentlicht am 31.10.2000
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Index

33 Bewertungsrecht;

Norm

BewG 1955 §22 Abs1 Z1;
BewG 1955 §22 Abs2;
BewG 1955 §23;
BewG 1955 §52 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Sulyok, Dr. Fuchs und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde des A in B, vertreten durch Dr. Johannes Patzak, Rechtsanwalt in Wien I, Johannesgasse 16, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 18. Juli 1995, Zl. GA5 - 1081/1 - 1995, betreffend Einheitswertfeststellung auf den 1. Jänner 1989, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem Einheitswertbescheid zum 1. Jänner 1989 vom 28. September 1994 nahm das Finanzamt eine Nachfeststellung nach § 22 Abs. 1 BewG für ein unbebautes Grundstück mit einer Fläche von

251.636 m2 vor. Der Einheitswert errechnete sich ausgehend von einem Wert von 10 S je m2 mit einem Gesamtbetrag von 2,516.000 S. Laut Bescheidbegründung sei die Nachfeststellung erforderlich gewesen, weil eine wirtschaftliche Einheit gegründet worden sei.

Im Berufungsschriftsatz vom 13. Dezember 1994 beantragte der Berufungswerber der Einheitswertermittlung einen Wert je m2 von 4 S zu Grunde zu legen. Bei der gegenständlichen, neu gegründeten wirtschaftlichen Einheit handle es sich um eine Schottergrube. An dieser Stelle sei die Schaffung einer Mülldeponie zwar geplant, ob es wirklich dazu kommen werde, sei allerdings mehr als unsicher. Im laufenden Genehmigungsverfahren seien noch mehrere Genehmigungen ausständig, der politische Widerstand sei groß. Außerdem habe sich in der Zwischenzeit wegen vieler anderer eingereichter Mülldeponien die Rentabilität des geplanten Vorhabens sehr verschlechtert, sodass auch aus diesem Grund eine Realisierung des Projektes nicht sicher sei.

In einem ergänzenden Berufungsschriftsatz vom 15. Dezember 1994 "ergänzte bzw. berichtigte" der Beschwerdeführer die bisherige Berufung "und stellte den zusätzlichen Antrag, die gegenständliche Fläche ab 1. Jänner 1990 als Hutweide zu bewerten". Zur Begründung wurde ausgeführt, die so genannte Schottergrube sei innerhalb eines halben Jahres ausgebeutet gewesen. Es seien 800.000 m3 Schotter entnommen worden, die für den Autobahnbau verwendet worden seien. Seit diesem Zeitpunkt könne kein Schotter mehr entnommen werden. Von der Gemeinde werde derzeit beantragt, die Bewilligung zum Betrieb der Schottergrube zurückzuziehen. Im Zuge des laufenden Genehmigungsverfahrens für die Mülldeponie habe sich herausgestellt, das die Genehmigung zum Betrieb einer Mülldeponie auf dem Gelände der ehemaligen Schottergrube nicht erfolgen werde. Eine Genehmigung komme nur auf benachbarten Feldern in Frage. Der Einheitswert sei daher auf jeden Fall unrichtig. Es sei daher zum gegenwärtigen Zeitpunkt "noch unsicherer", ob es je zu dieser Mülldeponie kommen werde.

In einer Berufungsvorentscheidung vom 6. Februar 1995 wies das Finanzamt auf eine Begehung des Grundstückes durch die Forstreferenten hin. Diese hätten das Grundstück in einem Zustand angetroffen, der jegliche landwirtschaftliche Nutzung zum Stichtag ausschließe. Es handle sich um Abbauland und die Zuordnung zum Grundvermögen sei gerechtfertigt. Eine Hutweide würde jedenfalls eine Grünland-Bodendecke erfordern, die jedoch beim gegenständlichen Grundstück nicht gegeben sei. Aus Vergleichspreisen für ausgebeutete Schottengruben sei abzuleiten, das der angesetzte gemeine Wert von 10 S je m2 zum Hauptfeststellungszeitpunkt 1. Jänner 1973 ohnedies an der Untergrenze liege. Die bloße Behauptung, der m2-Preis müsse 4 S betragen, entbehre jeder Vergleichsgrundlage.

Im Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz vom 6. März 1995 teilte der Beschwerdeführer ergänzend zu den Berufungsausführungen vom 15. Dezember 1994 mit, dass die derzeit ausgebeutete Schottergrube wieder land- und forstwirtschaftlich zu nutzen sein werde. Eine andere Verwertung komme nicht mehr in Frage. Es werde dies auch bescheidmäßig festgestellt werden. Der entsprechende Bescheid (Rückwidmung) müsse in der nächsten Zeit erlassen werden. Das Areal der Schottergrube sei "daher vollkommen unverkäuflich und muss als Hutweide bewertet werden". Die Mülldeponie werde vielleicht auf einer anderen Fläche zu Stande kommen.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Sie nahm zunächst Bezug auf einen am 23. August 1988 mit der E. Abfallverwertungs GmbH abgeschlossenen Kaufvertrag, der jedoch wegen Nichteintritts aller Bedingungen noch nicht gültig geworden sei. Der für Deponieflächen vorgesehene Grundbesitz sei daher weiterhin dem Eigentümer (Beschwerdeführer) zuzurechnen. Im Zuge einer Begehung durch die Forstreferenten der belangten Behörde sei eine Flächenabgrenzung zwischen dem landwirtschaftlichen und dem forstwirtschaftlichen Vermögen sowie dem Grundvermögen des Beschwerdeführers durchgeführt worden. Von der Gesamtfläche unter EW-AZ 004-1-0916/5 im Ausmaß von 202,3721 ha fielen 25,1636 ha als Abbaugebiet ins Grundvermögen. Der vom Finanzamt im Bescheid gewählte Stichtag 1. Jänner 1989 folge auf das Datum des erwähnten Kaufvertrages vom 23. August 1988.

Gemäß § 52 Abs. 1 BewG zähle Grundbesitz, der weder zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen zähle, noch dem Betriebsvermögen zuzurechnen sei, zum Grundvermögen. Als Hutweide würden Dauergrünlandflächen bezeichnet, die nur geringe Ertragsfähigkeit hätten, landwirtschaftlich nicht bestellt werden könnten und nur eine gelegentliche Weidenutzung zuließen. Hutweide betreffe jenen Landbesitz, bei dem es keine andere Bewirtschaftungsmöglichkeit landwirtschaftlicher Art gebe, wie z.B. Böschungen zwischen Äckern oder Sumpfgebiete. Eine ausgebeutete Schottergrube sei keine Dauergrünlandfläche und daher keine landwirtschaftliche Nutzfläche. Für die Zuordnung zum Grundvermögen nach § 52 Abs. 1 BewG genüge der Nachweis, dass der Grundbesitz zum Stichtag keiner landwirtschaftlichen (bzw. forstwirtschaftlichen) Nutzung unterliege. Im Beschwerdefall sei das Grundstück nach Ausbeutung seines Schottervorkommens nur mehr Gegenstand eines Bewilligungsverfahrens für eine Sondermülldeponie, "ohne jedweder Bewirtschaftungsmöglichkeit, die irgendeiner der landwirtschaftlichen Kulturarten entspräche", gewesen. Zur Ableitung des m2-Preises werde im Übrigen auf die Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung verwiesen. Zur Information werde auch darauf aufmerksam gemacht, dass das Grundstück durch eine Rückwidmung allein noch nicht als land- oder forstwirtschaftlich genutzt beurteilt werden könnte. Erst durch eine Änderung in der tatsächlichen Nutzung, wie z.B. nach Rekulitivierungsarbeiten, wäre der Grundbesitz wieder als land- oder forstwirtschaftliches Vermögen einzustufen.

In der Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht verletzt, "eine Liegenschaft, die zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gehört, nicht als Grundvermögen bewertet zu erhalten".

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Für wirtschaftliche Einheiten, für die ein Einheitswert festzustellen ist, wird der Einheitswert nach § 22 Abs. 1 Z. 1 BewG nachträglich festgestellt (Nachfeststellung), wenn nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt die wirtschaftliche Einheit neu gegründet wird. Der Nachfeststellung werden gemäß § 22 Abs. 2 leg.cit. die Verhältnisse zugrunde gelegt, die auf den Beginn des Kalenderjahres ermittelt worden sind, das dem maßgebenden Ereignis folgt (Nachfeststellungszeitpunkt).

Bei Fortschreibungen und bei Nachfeststellungen der Einheitswerte für Grundbesitz sind gemäß § 23 BewG der tatsächliche Zustand des Grundbesitzes vom Fortschreibungszeitpunkt oder vom Nachfeststellungszeitpunkt und die Wertverhältnisse vom Hauptfeststellungszeitpunkt zugrunde zu legen.

Die belangte Behörde hat ausgehend von den tatsächlichen Verhältnissen zum Nachfeststellungszeitpunkt 1. Jänner 1989 die Neugründung einer wirtschaftlichen Einheit des Grundvermögens als gegeben erachtet. Die ausgearbeitete Schottergrube, die für den Betrieb einer Mülldeponie vorgesehen gewesen sei, diene nämlich im Sinn des § 30 Abs. 1 BewG nicht mehr einem landwirtschaftlichen Hauptzweck. Auch eine Nutzung als so genannte Hutweide sei bei Fehlen einer Grünlandfläche nicht möglich.

Dieser an sich schlüssigen Beurteilung hält die Beschwerde nur entgegen, der Beschwerdeführer habe ausdrücklich vorgebracht, dass die den Gegenstand der Beurteilung bildende ausgebeutete Schottergrube wieder land- und forstwirtschaftlich genutzt werde. Mit diesem Vorbringen lässt der Beschwerdeführer aber das im Bewertungsgesetz geltende Stichtagsprinzip außer Acht, dass auf zukünftige Nutzungsänderungen grundsätzlich nicht Bedacht nimmt und solche erst - worauf auch die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aufmerksam machte - nach Änderung der tatsächlichen Nutzung (zum darauf folgenden Fortschreibungs- bzw. Nachfeststellungszeitpunkt) berücksichtigt.

Verfehlt ist auch der Hinweis in der Beschwerde auf § 52 Abs. 2 BewG. In dieser Bestimmung ist eine Ausnahme vom erwähnten Stichtagsprinzip dahingehend normiert, dass land- und forstwirtschaftlich genutzte Grundstücksflächen dem Grundvermögen zuzurechnen sind, wenn anzunehmen ist, dass sie in absehbarer Zeit anderen als land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienen werden. Im Beschwerdefall war aber diese in der Beschwerde verneinte Absicht nicht zu prüfen, weil die belangte Behörde zum maßgebenden Nachfeststellungszeitpunkt 1. Jänner 1989 schon die land- oder forstwirtschaftliche Nutzung der in Rede stehenden Grundstücksfläche verneinen konnte. Warum die ausgebeutete Schottergrube entgegen den Ausführungen der belangten Behörde zum 1. Jänner 1989 einem land- oder forstwirtschaftlichen Hauptzweck gedient hätte, legt die Beschwerde nicht dar. Dass die belangte Behörde nicht "den Umständen des Einzelfalles" Rechnung getragen hätte oder zu Unrecht eine "typisierende Betrachtungsweise" verfolgt hätte, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416 /1994.

Wien, am 31. Oktober 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1995150136.X00

Im RIS seit

14.01.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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