TE Vwgh Erkenntnis 2000/11/3 98/02/0266

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Veröffentlicht am 03.11.2000
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

AVG §56;
B-VG Art49 Abs1;
StVO 1960 §103 Abs2c;
StVO 1960 §29b Abs4;
StVO 1960 §29b;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Zeller, über die Beschwerde des SH in W, vertreten durch Dr. Martina Schweiger-Apfelthaler, Rechtsanwalt in Wien IV, Graf Starhemberg-Gasse 39/12, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 4. Juni 1998, Zl. MA 65 - BH/10/97, betreffend Ungültigerklärung eines Ausweises nach § 29b Abs. 4 StVO und Verpflichtung zur Ablieferung dieses Ausweises, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich des Spruchpunktes 1 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt (Land) Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien

- Magistratsabteilung 46 - vom 27. Dezember 1995 wurde der mit Geschäftszahl näher bezeichnete und dem Beschwerdeführer ausgestellte Ausweis für dauernd stark gehbehinderte Personen gemäß § 29b StVO für ungültig erklärt, da der Beschwerdeführer nicht mehr dieser Personengruppe angehöre. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 15. Jänner 1996 Berufung.

Mit Bescheid derselben Behörde vom 20. Mai 1996 wurde der mit Geschäftszahl näher bezeichnete Ausweis des Beschwerdeführers für dauernd gehbehinderte Personen für ungültig erklärt. Mit Schriftsatz vom 31. Mai 1996 stellte der Beschwerdeführer hiezu ein "Ansuchen um Terminaufschub für eine Berufung". Schließlich erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom "15. Mai 1999" (gemeint wohl: 15. Mai 1997) Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 4. Juni 1998 gab die belangte Behörde unter Spruchpunkt 1 der Berufung vom 15. Jänner 1996 gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid vom 27. Dezember 1995 mit der Maßgabe, dass im Spruch die Wortfolge "Da Sie dieser Personengruppe nicht mehr angehören" zu entfallen habe und als zweiter Absatz einzufügen sei:

"Dieser Ausweis ist gemäß § 29b Abs. 4 letzter Satz StVO 1960 unverzüglich nach Zustellung des Berufungsbescheides bei der Behörde (d.i. die Magistratsabteilung 46) abzuliefern". Ferner wurde der (erstinstanzliche) Bescheid vom 20. Mai 1996 gemäß § 68 Abs. 4 AVG als nichtig erklärt (Spruchpunkt 2) und die Berufung vom "15. Mai 1999 (richtig wohl 1997)" gemäß § 66 Abs. 4 in Verbindung mit § 63 Abs. 3 AVG als verspätet zurückgewiesen (Spruchpunkt 3).

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird u.a. zu Spruchpunkt 1 näher dargelegt, weshalb die belangte Behörde vom nachträglichen Wegfall der Voraussetzungen für die Ausstellung eines Ausweises nach § 29b Abs. 4 StVO in Bezug auf den Beschwerdeführer ausgeht.

Mit der vorliegenden Beschwerde wendet sich der Beschwerdeführer erkennbar nur gegen Spruchpunkt 1 des angefochtenen Bescheides, zumal der zweite erstinstanzliche Bescheid vom 20. Mai 1996 von der belangten Behörde von Amts wegen aus dem Rechtsbestand beseitigt wurde (siehe Spruchpunkt 2 des angefochtenen Bescheides). Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Auf Grund der fehlerhaften Kundmachung des Inkrafttretens der 20. StVO-Novelle, BGBl. I Nr. 92/1998 (vgl. § 103 Abs. 2c StVO in der genannten Fassung) ist unter Anwendung des Art. 49 Abs. 1 zweiter Satz B-VG vom Inkrafttreten der u.a. geänderten Bestimmung des § 29b StVO in der Fassung dieser Novelle am 22. Juli 1998 (vgl. in diesem Zusammenhang auch das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 2000, Zl. 2000/02/0004) auszugehen. Da der angefochtene Bescheid dem Beschwerdeführer gemäß seinen eigenen Angaben bereits am 22. Juni 1998 zugestellt wurde, war § 29b StVO noch in der Fassung vor der 20. StVO-Novelle auf den Beschwerdefall anzuwenden.

Gemäß § 29b Abs. 4 letzter Satz StVO in der Fassung der 18. StVO-Novelle, BGBl. Nr. 522/1993, ist der Ausweis bei Wegfall der dauernd starken Gehbehinderung vom Antragsteller der ausstellenden Behörde unverzüglich abzuliefern.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 10. Juli 1998, Zl. 96/02/0546, zu § 29b Abs. 4 letzter Satz StVO in der vorzitierten Fassung näher ausgeführt hat, ist dem Gesetz weder zu entnehmen, dass es etwa im Rahmen eines behördlichen Verfahrens zulässig wäre, den Ausweis nach § 29b Abs. 4 StVO "als ungültig" zu erklären, noch enthält das Gesetz eine Ermächtigung zur Erlassung eines Leistungsbescheides bei Wegfall der für die Ausstellung eines solchen Ausweises maßgebenden Voraussetzungen.

Trotz Spruchänderung (siehe Spruchpunkt 1 des angefochtenen Bescheides) hielt die belangte Behörde die "Ungültigerklärung" des näher genannten Ausweises des Beschwerdeführers des erstinstanzlichen Bescheides vom 27. Dezember 1995 aufrecht und ordnete eine Leistung, nämlich die unverzügliche Ablieferung dieses Ausweises nach Zustellung des angefochtenen Bescheides an. Der angefochtene Bescheid war daher hinsichtlich seines Spruchpunktes 1 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne dass auf die vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang vorgebrachten Beschwerdegründe näher einzugehen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren betreffend "USt." war abzuweisen, weil die Umsatzsteuer bereits im pauschalierten Schriftsatzaufwand enthalten ist.

Wien, am 3. November 2000

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive Bescheide

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1998020266.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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