TE Vwgh Erkenntnis 2000/11/3 98/02/0329

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Veröffentlicht am 03.11.2000
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §103 Abs2;
VStG §31 Abs1;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Zeller, über die Beschwerde des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr (nunmehr: Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie) in Wien I, Radetzkystraße 2, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 29. Mai 1998, Zl. UVS-03/P/07/01773/98, betreffend Übertretung des KFG (mitbeteiligte Partei: GM, W), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Die Bundespolizeidirektion Wien, Strafamt - Außenstelle, richtete mit Schriftsatz vom 14. Juli 1997 an den Mitbeteiligten eine Lenkererhebung nach § 103 Abs. 2 KFG, in der dieser als Zulassungsbesitzer eines dem Kennzeichen nach näher bestimmten Kraftfahrzeugs aufgefordert wurde, der Behörde binnen zwei Wochen nach Zustellung Auskunft darüber zu erteilen, wer dieses Kraftfahrzeug an einem näher genannten Ort in Wien abgestellt habe, sodass es dort am 6. Mai 1997 um 23.53 Uhr gestanden sei. Diese behördliche Lenkererhebung blieb vom Mitbeteiligten unbeantwortet, weshalb die Behörde am 1. Dezember 1997 an ihn folgende Strafverfügung richtete:

"Tatort: 1., ... (Straßenbezeichnung und Hausnummer)

Tatzeit: 6.5.1997, 23.53 Uhr

Kennzeichen: W-......Lenkererhebung: 14.7.1997

Strafnorm: § 134 Abs. 1 KFG

Delikt: § 103 Abs. 2 KFG

Geldstrafe: S .....

Gesamtbetrag: S ..... Ersatzfreiheitsstrafe: ...

Mit dem unter Lenkererhebung angeführten Datum wurden Sie von der Behörde als Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges mit dem angeführten Kennzeichen aufgefordert, binnen zwei Wochen nach Zustellung bekannt zu geben, wer das Kraftfahrzeug zuletzt vor der Tatzeit in Wien am Tatort abgestellt hat. Dies haben Sie jedoch unterlassen.

Sie haben dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 134 Abs. 1 iVm § 103 Abs. 2 KFG 1967 begangen. Gemäß § 134 Abs. 1 KFG 1967 wird über Sie die oben bezeichnete Geldstrafe verhängt. Im Nichteinbringungsfall tritt an deren Stelle die oben bezeichnete Ersatzfreiheitsstrafe."

Gegen diese Strafverfügung erhob der Mitbeteiligte rechtzeitig Einspruch. Mit Straferkenntnis vom 28. Jänner 1998 wurde der Mitbeteiligte für schuldig befunden, er habe es als Zulassungsbesitzer eines dem Kennzeichen nach näher bestimmten Kraftfahrzeugs unterlassen, der Behörde auf ihr schriftliches Verlangen vom 14. Juli 1997, zugestellt am 28. Juli 1997, innerhalb der Frist von 2 Wochen Auskunft zu erteilen, wer dieses Kraftfahrzeug an einem näher genannten Ort in Wien abgestellt habe, sodass es dort am 6. Mai 1997, 23.53 Uhr, gestanden sei. Er habe dadurch § 103 Abs. 2 KFG verletzt, weshalb über ihn gemäß § 134 KFG eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.

Gegen diesen Bescheid erhob der Mitbeteiligte Berufung. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 29. Mai 1998 gab die belangte Behörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG der Berufung Folge, behob das Straferkenntnis vom 28. Jänner 1998 und stellte das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG ein.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde u.a. aus, die Tatanlastung in der Strafverfügung vom 1. Dezember 1997 sei insofern verfehlt, als sich der dort angegebene Tatort sowie die Tatzeit auf das "Grunddelikt" beziehen würden und bezüglich der maßgeblichen Tatzeit im Zusammenhang mit dem Vorwurf einer Übertretung des § 103 Abs. 2 KFG nur das Datum der Lenkererhebung angeführt sei, nicht jedoch das Datum der Zustellung der Lenkererhebung, ab dem die dem Mitbeteiligten seinerzeit zur Verfügung stehende Frist von zwei Wochen zu laufen begonnen habe, innerhalb derer er gehalten gewesen sei, die behördliche Lenkererhebung zu beantworten. Laut dem aktenkundigen Zustellausweis sei die Lenkererhebung am 28. Juli 1997 beim Zustellpostamt 1010 Wien hinterlegt worden, die Abholfrist habe am 29. Juli 1997 zu laufen begonnen.

Erst im Spruch des Straferkenntnisses vom 28. Jänner 1998 werde die Tatzeit bezüglich der Nichterteilung der Lenkerauskunft dann hinreichend konkretisiert. Das Straferkenntnis habe die Sphäre der Behörde aber laut Datum des Poststempels erst am 19. Februar 1998 verlassen, somit zu einem Zeitpunkt, zu dem die sechsmonatige Verfolgungsverjährungsfrist bezüglich der verfahrensgegenständlichen Übertretung des § 103 Abs. 2 KFG bereits abgelaufen gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf § 123 Abs. 1 letzter Satz KFG gestützte Beschwerde des beschwerdeführenden Bundesministers, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die beschwerdeführende Partei wendet ein, die belangte Behörde habe im Hinblick auf die erfolgte Einstellung des Verfahrens wegen eingetretener Verfolgungsverjährung die Rechtslage verkannt. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs bilde das Datum der Zustellung der schriftlichen Aufforderung nach § 103 Abs. 2 KFG kein wesentliches Sachverhaltelement einer Übertretung dieser Bestimmung. Diesem Datum komme daher die Bedeutung eines Sachverhaltselementes im Sinne des § 44a Z. 1 VStG nicht zu.

Die Beschwerde ist berechtigt:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bildet das Datum der Zustellung der schriftlichen Aufforderung nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 kein wesentliches Sachverhaltselement einer Übertretung dieser Bestimmung. Auch wenn dem Datum der Zustellung der Aufforderung im Sinne des § 103 Abs. 2 leg. cit. insofern rechtliche Bedeutung zukommt, als mit diesem Datum die darin genannte Frist zu laufen beginnt, vermag dies nichts daran zu ändern, dass diesem Datum die Bedeutung eines Sachverhaltselementes im Sinne des § 44a Z. 1 VStG nicht zukommt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 14. Juni 1995, Zl. 95/03/0102, m.w.N.).

Trotz des - überflüssigerweise - im Einleitungsteil der Strafverfügung vom 1. Dezember 1997 enthaltenen Hinweises auf Tatort und Tatzeit des der Lenkeranfrage zu Grunde liegenden Deliktes wurde im anschließenden Textteil der Strafverfügung unmissverständlich klargelegt, dass der Mitbeteiligte wegen Unterlassung einer entsprechenden Lenkerauskunft nach § 103 Abs. 2 KFG verfolgt wird. Insbesondere verweist die Behörde auf das "unter Lenkerhebung angeführte Datum", womit auch hinreichend konkretisiert wurde, welche Anfrage gemeint ist. Durch Erlassung dieser Strafverfügung wurde jedoch - entgegen der Auffassung der belangten Behörde - fristgerecht eine entsprechende Verfolgungshandlung gesetzt, weshalb sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig erweist und daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Wien, am 3. November 2000

Schlagworte

"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1998020329.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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