RS Vfgh 2013/10/3 B683/2013

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Veröffentlicht am 03.10.2013
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Index

10/10 Grundrechte, Datenschutz, Auskunftspflicht

Norm

B-VG Art83 Abs2
B-VG Art121 Abs4, Art127b
DSG 2000 §1 Abs5, §31 Abs2
RechnungshofG 1948 §12
ORF-G §31a

Leitsatz

Kein Entzug des gesetzlichen Richters durch Zurückweisung einer an die Datenschutzkommission gerichteten Beschwerde gegen den Rechnungshof wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung; Berichterstattungspflicht des Rechnungshofs über Einkommensdaten der Geschäftsführer des ORF an den Nationalrat; Erstellung und Übermittlung des Einkommensberichts für ein Organ der Gesetzgebung

Rechtssatz

Die Beschwerdeführerin hat zwar Recht, dass §1 Abs5 ("Akte der Gesetzgebung") und §31 Abs2 DSG 2000 ("gegen ein Organ im Dienste der Gesetzgebung") unterschiedliche Formulierungen für die Zuordnung eines Aktes zur Gesetzgebung (und damit der Unzulässigkeit des Rechtswegs bzw der Unzuständigkeit der DSK) verwenden. Daraus kann aber kein unterschiedlicher Bedeutungsgehalt abgeleitet werden. Beide Bestimmungen sind so zu verstehen, dass gegen Akte der Gesetzgebung im engeren Sinn und gegen Tätigkeiten von Organen im Dienste der Gesetzgebung ein Rechtsweg an die DSK (oder eine sonstige Behörde) ausgeschlossen ist (vgl VfSlg 19112/2010).

Gemäß Art121 Abs4 B-VG besteht eine Berichterstattungspflicht des Rechnungshofs über die Einkommensdaten der Geschäftsführer des ORF an den Nationalrat.

Es ist unzweifelhaft, dass der ORF auf Grund der Verfassungsbestimmung des §31a Abs2 ORF-G der Gebarungskontrolle des Rechnungshofs unterliegt. Die zweite Tatbestandsvoraussetzung des Art121 Abs4 B-VG ("Einrichtungen, ... für die eine Berichterstattungspflicht an den Nationalrat besteht") ist nicht so zu verstehen, dass der Gesetzgeber ausdrücklich zB für den Einkommensbericht betreffend den ORF eine Berichterstattungspflicht festlegen hätte müssen; dieser Tatbestand ist vielmehr als Abgrenzung zur Berichtspflicht des Rechnungshofs bei gesetzlichen beruflichen Vertretungen zu sehen, bei denen gemäß Art127b B-VG keine Berichtspflicht an den Nationalrat besteht. Die Ausnahmen vom "regulären" Prüfverfahren wurden unter Berücksichtigung der Autonomie und Unabhängigkeit der gesetzlichen beruflichen Vertretungen vom Staat im Hinblick auf die Prüfkriterien, das Berichtswesen und die Beschlüsse von Organen gemacht und lassen sich nicht auf andere Einrichtungen (also beispielweise auf eine mit Bundesgesetz eingerichtete Stiftung des öffentlichen Rechts wie den ORF) übertragen.

In Hinblick auf die einschlägigen verfassungsrechtlichen Bestimmungen hat die DSK somit zu Recht die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Rechnungshof wegen Berichterstattung der ihre Person betreffenden Einkommensdaten im veröffentlichten Einkommensbericht zurückgewiesen.

Auch unter Berücksichtigung der vorgebrachten Argumente zur Anwendbarkeit unionsrechtlicher Bestimmungen (vgl VfSlg 17065/2003, Urteil des EuGH vom 20.05.2003, Rs C-465/00, Rechnungshof gegen ORF) ergibt sich nichts anderes.

Da der Rechnungshof im konkreten Fall seine verfassungsmäßige, im Rahmen der Gebarungskontrolle bestehende Berichterstattungspflicht an den Nationalrat erfüllt hat (Art121 Abs4 B-VG iVm §31a ORF-G), hat er bei der Erstellung und Übermittlung des in Rede stehenden Einkommensberichtes an den Nationalrat als Organ des Nationalrates fungiert.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Datenschutz, Rechnungshof, Rundfunk, Nationalrat, Behördenzuständigkeit, berufliche Vertretungen, EU-Recht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2013:B683.2013

Zuletzt aktualisiert am

29.12.2014
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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