TE Vwgh Erkenntnis 2000/11/9 2000/16/0348

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Veröffentlicht am 09.11.2000
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
32/07 Stempelgebühren Rechtsgebühren Stempelmarken;

Norm

ABGB §1380;
GebG 1957 §17 Abs1;
GebG 1957 §17 Abs2;
GebG 1957 §33 TP20 Abs1 Z2 litb;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der J KG in S, vertreten durch Dr. Arnold, Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft in Wien I, Wipplingerstraße 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 9. November 1999, GZ RV 142/1-9/1997, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Kommanditgesellschaft und G B, früher Kommanditistin der Beschwerdeführerin, schlossen am 16. März 1995 einen "Abfindungsvertrag" mit folgendem Inhalt:

"ABFINDUNGSVERTRAG

vom 16.3.1995

abgeschlossen zwischen der im Firmenbuch des Landesgerichtes Wels zu FN 26004 t eingetragenen Kommanditgesellschaft J KG mit dem Sitz in S, einerseits und Frau G B, geb. 18.6.1937, andererseits, unter Betritt der Gesellschafter K Gesellschaft m.b.H., Kommerzialrat J K geb., J K geb., R H und I K:

Präambel

Frau G B hat ihre frühere Kommanditbeteiligung an der J KG unter Einhaltung der einjährigen Kündigungsfrist zum 31.1.1994 aufgekündigt und ist mit diesem Stichtag ebenso wie Herr E K aus der J KG ausgeschieden. Das Ausscheiden sowohl des Herrn E K als auch der Frau G B wurde mit Stichtag 15.4.1994 im Firmenbuch des Landesgerichtes Wels eingetragen.

Zwischen der Gesellschaft und der ausgeschiedenen Gesellschafterin haben im vergangenen Jahr Verhandlungen stattgefunden, um sämtliche in den letzten sieben Jahren aufgeworfenen Streitpunkte, berührend alle in Streit gezogenen Rechtsverhältnisse und Ansprüche, umfassend und abschließend zu bereinigen, sodass mit Wirkung der Unterfertigung dieser Abfindungsvereinbarung alle Rechtsbeziehungen von Frau G B zur Gesellschaft J KG und deren verbleibenden Gesellschaftern J K geb. , Dipl. Ing. J K geb. , K G.m.b.H. und R H, aber auch zu den Gesellschaftern der K G.m.b.H., das sind Kommerzialrat Dipl. Ing. J K geb. , J K geb. und I K, durch diese Vereinbarung abschließend geregelt sind.

I.

Abfindungs- bzw. Abschichtungsguthaben

Das Abschichtungsguthaben der ausgeschiedenen Gesellschafterin Frau G B besteht einvernehmlich aus dem Betrag S 51.651.657,--

Der pauschale Abfindungsbetrag enthält die Abfindung für den Kommanditanteil, das Verrechnungskonto I, das Verrechnungskonto II und insbesondere auch für alle offenen und stillen Reserven (z.B. IFB, Exportforderungen usw.), unabhängig davon, ob diese anlässlich des Ausscheidens aus der Gesellschaft aufzulösen sind oder nicht.

II.

Fälligkeit

Auf das so definierte Abfindungsguthaben wurde bislang am 30.4.1994 ein Teilbetrag von S 2.651.657,--

geleistet. Der restliche Abfindungsbetrag von S 49.000.000,-- wird zur Gänze am 2.5.1995 zur Zahlung fällig und ist an diesem Tag der ausgeschiedenen Gesellschafterin G B per Sparbuch, angelegt bei der Oberbank Linz, Hauptplatz, lautend auf diesen Betrag zu übergeben

Die verbleibenden Gesellschafter haften für die termingerechte Bezahlung des Abschichtungsguthabens.

III.

Liquidation der K G.m.b.H

Frau G B verpflichtet sich, alle zur Liquidation der K G.m.b.H. mit dem Sitz in L erforderlichen Willenserklärungen (einschließlich Registereingaben) abzugeben. Gleichzeitig mit Unterfertigung dieser Vereinbarung wird von ihr ein Gesellschafterbeschluss unterfertigt, welcher ihr Einverständnis mit der Liquidation, Bestellung des bisherigen Geschäftsführers zum Liquidator, Einleitung eines Amtslöschungsverfahrens usw. erklärt. Insoweit in Zukunft weiteres Erklärungen für eine Liquidation erforderlich sind, wird sie diese abgeben. Die J-Werke bzw. deren Gesellschafter treffen in diesem Zusammenhang keinerlei Zahlungsverpflichtungen.

IV.

Bilanzgenehmigung, Geschäftsführerentlastung

Frau G B genehmigt sämtliche Jahresabschlüsse der J-Werke und verbundener Gesellschaften bis einschließlich des Jahresabschlusses zum 31.1.1994 und erteilt der Geschäftsführung die Entlastung bis zu diesem Tage.

V.

Keine weiteren Rechte

Am dem 31.1.1994 bestehen somit für die ausgeschiedene Gesellschafterin Frau G B mit Ausnahme der in diesem Vertrag festgelegten Leistungen und Rechte keinerlei weiteren Ansprüche gegenüber der Gesellschaft bzw. den übrigen Gesellschaftern aus dem Titel des Gesellschaftsverhältnisses sowie aller anderen Rechtstitel. Ebenso bestehen keine wie immer gearteten Ansprüche von Frau G B gegenüber den Gesellschaftern der K

Gesellschaft m.b.H.. Sie anerkennt die gegenwärtigen Beteilungsverhältnisse an der K Gesellschaft m.b.H.:

     Frau I K         50 %    S 500.000,--   Stammeinlage

     KR DI J K geb.   25 %    S 250.000,--   Stammeinlage

     DI J K geb.      25 %    S 250.000,--   Stammeinlage

     VI.

Rechtsbeziehungen zu Herrn E K

Diese Abfindungsvereinbarung gilt ohne Rücksicht auf die Vereinbarung mit dem zweiten ausscheidenden Gesellschafter, Herrn E K. Die ausgeschiedene Gesellschafterin verpflichtet sich die Bedingungen ihres Ausscheidens allgemein, insbesondere gegenüber dem zweiten ausgeschiedenen Gesellschafter, Herrn E K, geheim zu halten. Insbesondere betrifft dies die Höhe ihres Abfindungsguthabens und die Auszahlungsbedingungen und sonstige Konditionen.

VII.

Steuerklausel

Die persönlichen Steuern auf dem Abfindungsbetrag laut Punkt I. dieses Vertrages und die Personensteuern aus der früheren Beteiligung bis 31.1.1994 gehen zu Lasten oder Gunsten von Frau G B.

Im Falle von künftigen Betriebsprüfungen bei der Firma J KG für Zeiträume bis 31.1.1994 halten die verbleibenden Gesellschafter Frau G B hinsichtlich allfälliger durch die Betriebsprüfung veranlasste Nachzahlungen an Gewerbesteuer, Umsatzsteuer und Einkommenssteuer (aus laufenden Geschäftsgebarung - nicht aus einem allenfalls durch die Betriebsprüfung veränderten Veräußerungsgewinn -) schad- und klaglos. Allfällige durch die Betriebsprüfung bewirkte Veränderung des Verrechungskontos II von G B verändert nicht ihren in Punkt I. vereinbarten Ausscheidungsanspruch.

VIII.

Allgemeine Vertragspunkte

8.1 Diese Abfindungsvereinbarung wurde von beiden Seiten nach Einholung umfangreicher eigener Gutachten, insbesondere über Bewertungen usw. und Verhandlungen darüber, abgeschlossen. Das abgeschlossene Ergebnis beruht sodann auf einer Gesamtbereinigung, unabhängig von den Bewertungsansätzen. Beide Vertragsteile verzichten auf eine allfällige Anfechtung dieser Vereinbarung aus dem Grunde des Irrtums oder Wegfalls der Geschäftsgrundlage, insbesondere wegen zu hoher oder zu niedriger Bewertungsgrundsätze.

8.2 Diese Vereinbarung wird auch für die jeweiligen Erben und Rechtsnachfolger abgeschlossen und geht auf diese über.

8.3 Soweit in dieser Vereinbarung nicht anderes geregelt, gelten die gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen und die Schiedsvereinbarungen nach wie vor weiter; subsidiär die gesetzlichen Bestimmungen des österreichischen Rechts. Im Haftungsfalle besteht Frau G B nach den gesetzlichen Bestimmungen bei Vorliegen der Voraussetzungen ein Regressanspruch gegen die verbleibenden Gesellschafter.

8.4 Die Abfindungsvereinbarung wird erst mit Unterfertigung durch alle Vertragsteile rechtswirksam. Allfällige Abänderungen oder Ergänzungen bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Schriftform. Mündliche Nebenabreden bestehen nicht.

8.5 Die Vertragserrichtungskosten für die Errichtung dieser Abfindungsvereinbarung, Anzeige beim Finanzamt durch Herrn Dr. Werner Steinacher, Rechtsanwalt, Jahnstraße 11, 5020 Salzburg, im alleinigen Auftrag der J KG gehen zu Lasten des Unternehmens. Die Rechts- und sonstigen Beratungskosten der Frau G B trägt diese selbst.

8.6 Allfällige Rechtsgeschäftsgebühren/Verkehrssteuern, die durch den Abschluss dieser Vereinbarung ausgelöst werden, sind von der Gesellschaft zu tragen."

Mit Bescheid vom 20. September 1995 schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Linz der Beschwerdeführerin gemäß § 33 TP 20 Abs 1 Z 2 GebG eine Rechtsgebühr von einer Bemessungsgrundlage von S 51,651.657,-- vor.

In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde ausgeführt, es sei zwar richtig, dass - wie in der Präambel des Abfindungsvertrages ausgeführt sei - "sämtliche in den letzten sieben Jahren aufgeworfenen Streitpunkte ... durch diese Vereinbarung abschließend geregelt sind." Diese jahrelang geführten Streitigkeiten, die durch die Errichtung der "K GmbH" mit dem Sitz in Linz weiter eskaliert seien, hätten in weiterer Folge zur Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses durch die Kommanditistin G B mit Wirkung zum 31. Jänner 1994 geführt. Die Streitbeilegung durch die Vereinbarung vom 16. März 1995 habe sich insbesondere auf die Liquidation der K GmbH und auf die Bilanzgenehmigung und die Geschäftsführerentlastung bezogen. Die genannte GmbH sei im Zeitpunkt der Errichtung des Abfindungsvertrages im gleichteiligen Eigentum von G B und dem ebenfalls aus der beschwerdeführenden KG ausgeschiedenen Gesellschafter E K gestanden. Diese GmbH sollte nach den Vorstellungen der G B, des E K und des am 9. Dezember 1988 verstorbenen Seniorgesellschafters J K als weitere Komplementär-GmbH in die KG eintreten. Dieses Vorhaben sei von den verbliebenen Gesellschaftern Dipl. Ing. J K und J K jun. mit Nachdruck abgelehnt worden und habe einen wesentlichen Streitpunkt gebildet. Mit der Vereinbarung vom 16. März 1995 hätten G B und E K der bisher verweigerten Genehmigung der Jahresabschlüsse und der Entlastung der Geschäftsführung zugestimmt. Nicht streitig sei allerdings die Höhe des mit S 51,651.657,-- festgestellten Ausscheidungsguthabens der G B. Diese Regelung erfülle daher nicht den Tatbestand einer Vergleichsgebühr.

Nach einer die Berufung als unbegründet abweisende Berufungsvorentscheidung wurde der Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz gestellt. Darin wurde insbesondere ausgeführt, zwischen der Beschwerdeführerin und G B habe es keinen Streit gegeben. Richtig sei jedoch, dass es zwischen den Gesellschaftern Streitigkeiten gegeben habe. Strittig seien nach Punkt III. des Abfindungsvertrages die Liquidation der K GmbH und nach Punkt IV. des Vertrages die Genehmigung der Bilanz und die Geschäftsführerentlastung zum 31. Jänner 1994 gewesen. Nicht strittig sei die Höhe der Abfertigungsansprüche gewesen. Bei dem Vertrag vom 16. März 1995 habe es sich um zwei Rechtsvorgänge, nämlich um einen Abfindungsvertrag zwischen der beschwerdeführenden KG und der ausgeschiedenen Gesellschafterin G B und um einen Vergleich zwischen den dem Vertrag beigetretenen Gesellschaftern und G B gehandelt. Im Punkt VIII des Vertrages sei wohl von einer "Gesamtbereinigung" die Rede. Der Text der Urkunde sage aber nicht konkret aus, welche strittigen oder zweifelhaften Rechte unter beiderseitigem Nachgeben bereinigt worden seien. Wegen einer offensichtlichen Undeutlichkeit der Urkunde sei der Gegenbeweis im Sinne des § 17 Abs. 2 GebG zulässig.

Nach einem Aktenvermerk der belangten Behörde brachte der steuerliche Vertreter der Beschwerdeführerin bei einer persönlichen Vorsprache am 19. März 1998 vor, die Formulierung in der Präambel des Abfindungsvertrages vom 16. März 1995, wonach zwischen der Gesellschaft und der ausgeschiedenen Gesellschafterin Verhandlungen stattgefunden hätten, sei missverständlich. Tatsächlich hätten die Streitigkeiten zwischen G B und E K einerseits und Dipl. Ing. J K (geb.), J K (geb.), I K und H anderseits bestanden. Die von G B und E K gegründete K GmbH hätte die Geschäftsführung der KG übernehmen sollen, weil die Unternehmenspolitik und die Ertragssituation der KG nicht den Vorstellungen der G B und des E K entsprochen hätten. Diesbezüglich sei auch ein schiedsgerichtliches Verfahren wegen der Ablöse der K GmbH als Geschäftsführerin geführt worden. Die Schiedsklage sei allerdings abgewiesen worden.

Über Aufforderung der belangten Behörde wurde in der Folge ein Schiedsspruch vom 15. Oktober 1992 vorgelegt. Mit diesem Spruch wurde das Schiedsklagebegehren des E K, der G B und der K GmbH gegen Dipl. Ing. J K. J K (1955) und die K GmbH insbesondere auf Feststellung, dass die K GmbH zum 31. Jänner 1989 als Gesellschafter und geschäftsführender Komplementär der KG ausgeschieden sei, abgewiesen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde von der belangten Behörde auf die Präambel des Abfindungsvertrages verwiesen, wonach zwischen der Gesellschaft und der ausgeschiedenen Gesellschafterin Verhandlungen stattgefunden hätten, um sämtliche aufgeworfenen Streitpunkte umfassend und abschließend zu bereinigen, sodass durch diese Vereinbarung alle Rechtsbeziehungen von G B zur KG abschließend geregelt seien. Punkt VIII spreche ebenfalls von einer Gesamtbereinigung. Die Anwendung von § 17 Abs 2 GebG sei ausgeschlossen, weil ein undeutlicher Urkundeninhalt nicht gegeben sei.

Die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wurde vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 6. März 2000, B 64/00, abgelehnt. Nach der Begründung dieses Beschlusses ließ das Beschwerdevorbringen angesichts der Maßgeblichkeit des Urkundeninhaltes, der besonderen Rechtsnatur des Vergleichs und der Möglichkeit der Parteien, den Vergleichsrahmen abzustecken, die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe. Nach Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin vor diesem Gerichtshof in ihrem Recht auf Gebührenfreiheit des Abfindungsvertrages verletzt.

Der Bundesminister für Finanzen legte die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift und die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 33 TP 20 Abs. 1 Z. 2 lit. b GebG 1957 unterliegen außergerichtliche Vergleiche einer Rechtsgebühr in Höhe von 2 v.H. vom Gesamtwert der von jeder Partei übernommenen Leistungen.

Gemäß § 17 Abs. 1 erster Satz GebG ist für die Festsetzung der Gebühr der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend. Gemäß Abs. 2 leg. cit. wird, wenn aus der Urkunde die Art oder Beschaffenheit eines Rechtsgeschäftes oder andere für die Festsetzung der Gebühr bedeutsame Umstände nicht deutlich zu entnehmen sind, bis zum Gegenbeweis der Tatbestand vermutet, der die Gebührenschuld begründet oder die höhere Gebühr zur Folge hat.

Da das Gebührengesetz 1957 keine Begriffsbestimmung des Vergleiches enthält, ist das Rechtsgeschäft nach § 1380 ABGB zu beurteilen. Danach heißt ein Neuerungsvertrag, durch welchen streitige oder zweifelhafte Rechte dergestalt bestimmt werden, dass jede Partei sich wechselseitig etwas zu geben, zu tun oder zu unterlassen verbindet, Vergleich (vgl z.B das hg Erkenntnis vom 25. November 1999, Zl 99/16/0021). Ein Vergleich ist somit die unter beiderseitigem Nachgeben einverständliche neue Festlegung strittiger oder zweifelhafter Rechte (vgl z.B. das hg Erkenntnis vom 18. November 1993, Zl 93/16/0014). Ein Vergleich bereinigt sohin ein strittiges oder zweifelhaftes Rechtsverhältnis.

Im Beschwerdefall ist aus dem Vorbringen im Verwaltungsverfahren, insbesondere aber auch aus dem der belangten Behörde vorgelegten Schiedsspruch vom 15. Oktober 1992 und der äußerst umfangreichen Begründung dieses Schiedsspruchs ersichtlich, dass zwischen verschiedenen Gesellschaftergruppen der beschwerdeführenden Kommanditgesellschaft viele Jahre hindurch entscheidende Meinungsverschiedenheiten über die Führung der in Rede stehenden Unternehmensgruppe bestanden haben. Diese tiefgreifenden Differenzen gipfelten in dem - durch den Schiedsspruch vereitelten - Versuch der in der Folge ausgeschiedenen Gesellschafter G B und E K, die Komplementär-GmbH durch eine andere - mit einem ähnlichen Firmenwortlaut bei einem anderen Firmenbuchgericht eingetragene - GmbH zu ersetzen. Mit dem vorliegenden "Abfindungsvertrag" vom 16. März 1995 fanden die Auseinandersetzungen um die Führung und Beteiligung an dem Unternehmen ihr Ende. Dabei ist der belangten Behörde zunächst zuzugestehen, dass die in dem Abfindungsvertrag getroffenen Vereinbarungen eindeutig und nicht weiter auslegbar sind. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist nicht zu erkennen, dass der Urkundeninhalt undeutlich ist, sodass eine Anwendung des § 17 Abs. 2 GebG nicht in Betracht kommt.

Der Abfindungsvertrag wurde zunächst zwischen der beschwerdeführenden Kommanditgesellschaft einerseits und der vormaligen Gesellschafterin G B abgeschlossen. In der Präambel des Vertrages wird dazu ausgeführt, zwischen der Gesellschaft und der ausgeschiedenen Gesellschafterin hätten Verhandlungen stattgefunden, um sämtliche aufgeworfenen Streitpunkte ... umfassend und abschließend zu bereinigen. Schon daraus ist aber ersichtlich, dass die bereits im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Einwendungen, zwischen der Beschwerdeführerin und G B habe es keinen Streit gegeben, ins Leere gehen. Es können nämlich nicht nur bereits bestehende strittige vertragliche Rechtsverhältnisse vergleichsweise geregelt werden, sondern auch solche Rechte, die dem Grunde oder der Höhe nach zweifelhaft sind. Sowohl aus der Präambel als auch den Punkten I und VII des Vertrages - aus denen erkennbar ist, dass es sich beim Vergleichsbetrag um eine pauschale Abgeltung der Ansprüche der Gesellschafterin insbesondere ohne Auflösung der stillen Reserven und ohne Bedachtnahme auf Veränderungen des Betriebsvermögens durch allfällige Maßnahmen von Prüfungsorganen der Abgabenbehörde gehandelt hat - ist sowohl die Zweifelhaftigkeit der Ansprüche als auch die Bereinigungswirkung der Vereinbarung ersichtlich.

Mit ihrer Argumentation übersieht die Beschwerdeführerin überdies, dass sich im vorliegenden Vertragswerk auch diejenigen Gesellschafter, die sich mit G B in jahrelangen Rechtsstreitigkeiten befunden haben, zu Leistungen, nämlich für den Fall der nicht termingerechten Leistungen durch die Beschwerdeführerin, zur Haftung für das vereinbarte "Abschichtungsguthaben", verpflichtet haben. Aus Punkt VIII geht dabei ohne jeden Zweifel hervor, dass die Bereinigung auch sämtliche Rechtsbeziehungen zu den einzelnen Gesellschaftern der Kommanditgesellschaft als einer Gesamthand ihrer Gesellschafter umfasst.

Soweit in der Beschwerde überdies vorgebracht wird, G B habe keine Verpflichtung eingegangen, so wird übersehen, dass die Leistung der Gesellschafterin in ihrem Ausscheiden aus der Gesellschaft bestanden hat. Außerdem hat sie sich im Vertrag zur Liquidation der K GmbH sowie zur Genehmigung der Bilanzen und zur Entlastung der Geschäftsführung verpflichtet.

Insoweit in der (Ur-)Beschwerde die Auffassung vertreten wird, eine Vergleichsgebühr sei allenfalls nur von einem Betrag im Bereich eines Bewertungsspielraumes des Abschichtungsguthabens zu erheben, ist dem zu entgegnen, dass die Gebühr nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes vom Gesamtwert der von jeder Partei übernommenen Leistungen zu bemessen ist. Somit ist die Gebühr entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin vom gesamten "Abfindungsbetrag" in Höhe von S 51,651.657,-- zu bemessen. Überdies hat der Verfassungsgerichtshof im oben angeführten Ablehnungsbeschluss auf die Möglichkeit der Parteien, den Vergleichsrahmen abzustecken, hingewiesen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 9. November 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000160348.X00

Im RIS seit

26.02.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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