TE AsylGH Erkenntnis 2013/09/16 D10 306062-3/2013

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Veröffentlicht am 16.09.2013
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Spruch

D10 306062-3/2013/3E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter MMag. Elie ROSEN als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX, StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 6. Mai 2013, Zl. 13 03.867-EAST-WEST, zu Recht erkannt:

 

Der Beschwerde wird gemäß § 41 Abs. 3 iVm § 34 Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.

Text

Entscheidungsgründe:

 

I. Sachverhalt und Verfahrensgang

 

Die minderjährige Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Russischen Föderation, gelangte gemeinsam mit ihren Eltern unter Umgehung der Grenzkontrollen auf österreichisches Bundesgebiet und stellte durch ihre Mutter als gesetzliche Vertreterin - ebenso wie ihre Eltern - am 9. April 2005 einen Antrag auf Gewährung von Asyl.

 

Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme durch die belangte Behörde am 12. April 2005 gab der Vater der Beschwerdeführerin im Wesentlichen an, er habe in den Jahren XXXX die Grundschule besucht und sei von XXXX beschäftigt gewesen. Sein Reisepass sei ihm bei der Einreise in die Republik Polen, wo er bereits um Asyl angesucht habe, abgenommen und nicht wieder ausgehändigt worden. Befragt, weshalb er ausgerechnet nach Österreich habe reisen wollen, gab der Vater der Beschwerdeführerin an, "in der Schule etwas Deutsch gelernt" zu haben.

 

Zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates befragt, führte der Vater der Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus, er sei am 20. April 2003 von russischen Soldaten abgeholt, in eine Grube geworfen, geschlagen, misshandelt und gedemütigt worden. Überdies sei ihm vorgeworfen worden, sich an Kampfhandlungen beteiligt zu haben. Am 2. Mai 2003 sei er von seinen Angehörigen gegen Zahlung von USD 6.000,-- freigekauft worden. Am 22. November 2004 seien maskierte russische Soldaten in das Haus gestürmt, hätten seine Frau angeschrien und in den Bauch sowie den Rücken getreten. Er selbst sei zu diesem Zeitpunkt bei den Nachbarn gewesen. Befragt, ob er an den Kriegen in irgendeiner Art beteiligt gewesen sei, führte der Vater der Beschwerdeführerin aus, er habe nie an Kampfhandlungen teilgenommen. Bis zum Jahr XXXX sei er bei der XXXX tätig gewesen und habe im ersten Tschetschenienkrieg die Kämpfer mit Lebensmittel und Kleidung versorgt.

 

Gelegentlich ihrer niederschriftlichen Einvernahme durch die belangte Behörde am 12. April 2005 brachte die Mutter der Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, sie habe in den Jahren XXXX die Grundschule besucht. Ihr Reisepass sei ihr bei der Einreise in die Republik Polen, wo sie bereits um Asyl angesucht habe, abgenommen und nicht wieder ausgehändigt worden. Den Herkunftsstaat habe sie verlassen, da ihr Ehemann am 20. April 2003 von russischen Soldaten festgenommen, misshandelt und erst gegen Lösegeldzahlung von USD 6.000,-- freigelassen worden sei. Am 22. November 2004 seien zudem maskierte russische Soldaten in das Haus gestürmt und hätten nach ihrem Mann gesucht, der sich zu diesem Zeitpunkt bei den Nachbarn aufgehalten habe. Sie selbst sei in den Bauch und den Rücken getreten worden. Seit damals hätten sie aus Angst vor einer neuerlichen Anhaltung nicht mehr zu Hause übernachtet. Sie sei mit der gemeinsamen Tochter bei ihren Eltern gewesen, ihr Ehemann habe sich bei Verwandten aufgehalten.

 

Die Eltern der Beschwerdeführerin brachten zudem zur Vorlage:

 

Heiratsurkunde der Russischen Föderation, ausgestellt vom XXXX, wonach XXXX, Staatsbürgerschaft: Russland, Nationalität:

Tschetschene, Geburtsdatum: XXXX, Geburtsort: XXXX, Bezirk: XXXX, und XXXX, Nationalität: Tschetschenin, Geburtsdatum: XXXX,

Geburtsort: XXXX, Bezirk: XXXX, am XXXX die Ehe geschlossen haben.

Familiennamen nach der Eheschließung: Mann: XXXX, Frau: XXXX.

 

Führerschein der Klassen B, C, D und E XXXX, ausgestellt am XXXX, gültig bis XXXX, lautend auf XXXX, geboren am XXXX.

 

Inlandspass der Russischen Föderation, ausgestellt von der XXXX der Tschetschenischen Republik, XXXX, ausgestellt am XXXX, lautend auf XXXX, geboren am XXXX in der XXXX. Darin vermerkt: Anmeldestempel:

Tschetschenische Republik, XXXX; Heiratsstempel: XXXX der Tschetschenischen Republik. Am XXXX wurde die Eheschließung mit der Bürgerin XXXX unter der XXXX registriert. Familienname nach der Eheschließung: XXXX.

 

Inlandspass der Russischen Föderation, ausgestellt von der XXXX der Tschetschenischen Republik, XXXX, ausgestellt am XXXX, lautend auf

XXXX, geboren am XXXX in der XXXX. Darin vermerkt: Anmeldestempel:

Tschetschenische Republik, XXXX, angemeldet XXXX, am XXXX;

Heiratsstempel: XXXX der Tschetschenischen Republik. Am XXXX wurde die Eheschließung mit dem Bürger XXXX unter der Nummer XXXX registriert. Familienname nach der Eheschließung: XXXX.

 

Geburtsurkunde des XXXX der Tschetschenischen Republik XXXX vom XXXX über die am XXXX in XXXX erfolgte Geburt der XXXX; Vater: XXXX, Nationalität: Tschetschene; Mutter: XXXX, Nationalität:

Tschetschenin.

 

Im Rahmen der ärztlichen Untersuchung des Vaters der Beschwerdeführerin im Zulassungsverfahren am 14. April 2005 diagnostizierte die untersuchende Ärztin klassische Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung. Die krankheitswertige psychische Störung hindere den Vater der Beschwerdeführerin jedoch mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht, seine Interessen im Verfahren wahrzunehmen. Im Falle der Überstellung in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union bestehe zudem mit überwiegender Wahrscheinlichkeit die Gefahr eines Dauerschadens oder von Spätfolgen. Auch bestehe im Falle der Überstellung in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union mit überwiegender Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer Retraumatisierung. Weiters wurde Psychotherapie sowie bei Anhalten der Beschwerden eine antidepressive Medikation empfohlen.

 

Im Rahmen der ärztlichen Untersuchung der Mutter der Beschwerdeführerin im Zulassungsverfahren am 14. April 2005 wurde bei dieser keine krankheitswertige psychische Störung diagnostiziert.

 

Mit Schreiben vom 30. Mai 2005 (Datum des Posteinganges) teilte die Bezirkshauptmannschaft XXXX mit, dass die Polizei der Tschechischen Republik der Übernahme der Beschwerdeführerin und ihrer Eltern nicht zugestimmt habe.

 

In der Folge erteilten die Eltern der Beschwerdeführerin die ausdrückliche Zustimmung zur Anforderung der ihnen in der Republik Polen abgenommenen Auslandsreisepässe.

 

Mit Schreiben vom 4. Jänner 2006 übermittelte die Republik Polen die Eltern der Beschwerdeführerin betreffende Daten. Daraus geht hervor, dass die Eltern der Beschwerdeführerin aufgrund der Kriegshandlungen in ihrem Herkunftsstaat in der Republik Polen um Asyl ansuchten. Zudem wurde der Bescheid des Leiters des Amtes für Repatriierungs- und Ausländerangelegenheiten der Republik Polen vom XXXX übermittelt, worin die Einstellung des Verfahrens der Beschwerdeführerin und ihrer Eltern verfügt wurde.

 

Am XXXX wurde der (ältere) Bruder der Beschwerdeführerin in XXXX, Oberösterreich, geboren und wurde diesem der Name XXXX beigegeben. In der Geburtsurkunde (XXXX, ausgestellt am XXXX) wurde der Name des Vaters mit XXXX, jener der Mutter mit XXXX angeführt. Der Vater der Beschwerdeführerin stellte für den vorbezeichneten Bruder am 17. März 2006 einen Antrag auf internationalen Schutz ("gem. § 10 AsylG 2003 einen Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.").

 

Gelegentlich seiner niederschriftlichen Einvernahme durch die belangte Behörde am 23. Mai 2006 brachte der Vater der Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, seine im Herkunftsstaat lebende Mutter und seine Brüder würden nach seinem Aufenthaltsort befragt. Auf die Frage, wo er sich die letzten zehn Jahre aufgehalten habe, gab er an, er sei stets in XXXX gewesen. Nach dem Jahr 2004 habe er sich jedoch bei Verwandten oder Bekannten in Tschetschenien versteckt; seine Frau habe sich bei ihren Eltern aufgehalten. Zudem verneinte er die Frage nach Problemen mit den Behörden seines Herkunftsstaates. Er vermute überdies, dass offiziell nicht nach ihm gefahndet werde. Er habe nicht aktiv an bewaffneten Auseinandersetzungen teilgenommen und sich auch politisch nicht betätigt, da ihm dazu "die Ausbildung" fehle. Die Frage, ob er aufgrund seines Religionsbekenntnisses oder seiner Volksgruppenzugehörigkeit irgendwelche Probleme gehabt habe, verneinte der Vater der Beschwerdeführerin, führte jedoch aus, die Volksgruppe sei der Grund aller Probleme.

 

Zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates gab der Vater der Beschwerdeführerin im Wesentlichen an, "XXXX, beschäftigt gewesen zu sein. Während des zweiten Tschetschenienkrieges sei er von den Russen nicht in Ruhe gelassen und verfolgt worden. In der Folge sei er am 20. April 2003 von maskierten Russen in Militäruniformen mitgenommen worden. Nachdem seine Verwandten USD 6.000,-- Lösegeld gezahlt hätten, sei er am 2. Mai 2003 wieder freigelassen worden. Danach habe er drei Tage in einem Krankenhaus verbringen müssen.

 

"So ungefähr" am 22. November 2004 seien "sie" neuerlich gekommen, als er bei den Nachbarn gewesen sei. "Die maskierten Leute" hätten das Haus gestürmt, seine Frau geschlagen und nach ihm gefragt. Seit er inhaftiert worden sei, habe er "ein bisschen Probleme mit dem Gedächtnis". Er leide aber an keinen Krankheiten.

 

Befragt, inwieweit eine Ausweisung in sein Privat- und Familienleben eingreifen würde, gab der Vater der Beschwerdeführerin an, ein Cousin seiner Frau sei anerkannter Flüchtling in Österreich und lebe mit seiner Familie in XXXX. Er habe sie bereits zwei Mal besucht und sie stünden in telefonischem Kontakt. Andere Anknüpfungspunkte in Österreich habe er nicht.

 

Bei ihrer niederschriftlichen Einvernahme durch die belangte Behörde am 23. Mai 2006 brachte die Mutter der Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, sie habe den Herkunftsstaat wegen ihres Mannes verlassen. Überdies verneinte sie die Frage nach Problemen mit den Behörden ihres Heimatlandes ebenso wie die Frage, ob offizielle behördliche Verfolgungsmaßnahmen wie Aufenthaltsermittlung, Haftbefehl oder Strafanzeige gegen sie gesetzt worden seien. Sie habe auch nicht an bewaffneten Auseinandersetzungen teilgenommen oder sich politisch betätigt. Weiters verneinte sie die Frage nach Problemen aufgrund ihres Religionsbekenntnisses bzw. ihrer Volksgruppenzugehörigkeit und gab nach Aufforderung zur Schilderung ihrer Fluchtgründe an, sie sei wegen ihres Mannes weggefahren und habe mit diesem "einfach ruhig leben" wollen. Nach ihren Rückkehrbefürchtungen befragt, führte die Mutter der

Beschwerdeführerin aus, sie habe "eigentlich ... nichts zu

befürchten", könnte aber nicht ohne ihren Mann dort leben. Befragt, inwieweit eine Ausweisung in ihr Privat- und Familienleben eingreifen würde, gab sie an, ihr Cousin wohne in XXXX.

 

Am 6. Juni 2006 (Datum des Posteinganges) erstatteten die Eltern der Beschwerdeführerin eine (allgemein gehaltene) Stellungnahme zu den vom Bundesasylamt übergebenen Länderberichten.

 

Mit Schreiben vom 13. Juni 2006 teilte das Bezirkspolizeikommando XXXX mit, dass sich bei den zur Untersuchung vorgelegten Dokumenten (Inlandspässe, Heirats- und Geburtsurkunde) keine Hinweise auf das Vorliegen einer Verfälschung ergeben hätten.

 

Gelegentlich seiner niederschriftlichen Einvernahme durch die belangte Behörde am 14. September 2006 brachte der Vater der Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, bei dem Vorfall im April 2003 sei ihm sein Pullover über den Kopf gezogen worden. Er sei dann in eine "runde Grube" geworfen worden, wobei er sich eine Verletzung am Fuß zugezogen habe. In weiterer Folge sei er in ein leeres Gebäude gebracht und "mit dem Griff einer Art Minenschaufel geschlagen" worden. Ihm sei überdies gesagt worden, dass er "Waffen abgeben" solle. Zudem sei ihm die Beteiligung am ersten Tschetschenienkrieg vorgeworfen worden. Am 2. Mai 2003 sei er schließlich von seinen Verwandten freigekauft worden und habe sich im Anschluss daran drei oder vier Tage in einem Krankenhaus befunden. Am zweiten Tag seien zwei Polizisten, ein Russe und ein Tschetschene, erschienen und hätten sich erkundigt, wie die Verletzungen zustande gekommen seien.

 

Er sei hierher gekommen, um mit seiner Frau und seinen Kindern zusammen bleiben zu können. Am 21. August 2006 seien Russen in ihr Haus eingedrungen, um seinen Bruder abzuholen. Da dieser Widerstand geleistet habe, sei ihm in den Bauch geschossen worden. Die "Leute vom FSB" seien der Meinung gewesen, dass sein Bruder gestorben sei. Da sie nunmehr davon Kenntnis erlangt hätten, dass dies nicht zutreffe, werde nach ihm gesucht. Sodann verneinte der Vater der Beschwerdeführerin die Frage nach weiteren Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates und führte aus, man habe ihn in Tschetschenien "nicht leben lassen" und "einen Sündenbock gesucht". Überdies verneinte er die Frage nach eigenen Fluchtgründen seiner Ehefrau und seiner Kinder und gab an, diese seien wegen ihm hier.

 

Bei ihrer niederschriftlichen Einvernahme durch die belangte Behörde am 14. September 2006 brachte die Mutter der Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, ihr Mann sei am 20. April 2003 "einfach mitgenommen" worden. Weiters seien am 22. November 2004, als sich ihr Mann bei den Nachbarn aufgehalten habe, Soldaten in ihr Haus eingedrungen und hätten sie auf den Bauch und den Rücken geschlagen und nach dem Aufenthaltsort ihres Mannes gefragt. In weiterer Folge verneinte sie die Frage nach darüber hinausgehenden Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates ("Nein, nur wegen meines Mannes."). Was sie bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat konkret erwarten würde, wisse sie nicht.

 

Mit Bescheid vom 21. September 2006 wies die belangte Behörde den Asylantrag der Beschwerdeführerin gemäß § 7 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 (AsylG) idgF, ab (Spruchpunkt I.), erklärte deren Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 AsylG iVm § 50 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) für zulässig (Spruchpunkt II.) und wies die Beschwerdeführerin gemäß § 8 Abs. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation aus (Spruchpunkt III.).

 

In seinem Schreiben vom 14. Dezember 2006 (Datum des Posteinganges) führte der Vater der Beschwerdeführerin aus, dass am 22. August 2006 auf seinen im Herkunftsstaat lebenden Bruder geschossen und seine Mutter "verprügelt" worden sei.

 

In Erledigung der gegen den Bescheid vom 21. September 2006 erhobenen Berufung behob der Unabhängige Bundesasylsenat mit Bescheid vom 15. November 2007, GZ. 306.062-C1/3E-XV/52/06, den Bescheid des Bundesasylamtes und verwies die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurück.

 

Gelegentlich seiner niederschriftlichen Einvernahme durch die belangte Behörde am 29. Jänner 2008 führte der Vater der Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus, er leide an keiner schweren Krankheit und nehme keine Medikamente ein. Am 20. April 2003 sei er mitgenommen und in eine Grube geworfen worden. Nach etwa drei Tagen sei er in "eine Art Garage" gebracht und schlussendlich am 2. Mai 2003 freigekauft worden. Während seiner Anhaltung sei er auch geschlagen worden. Zudem sei von ihm verlangt worden, dass er alle im Dorf lebenden Rebellen verrate und seine Waffen abgebe. Weiters sei ihm unterstellt worden, dass er mit den Rebellen gekämpft habe. Im November 2004 seien sie ein zweites Mal gekommen, während er sich bei den Nachbarn aufgehalten habe, seien in das Haus eingedrungen und hätten seine Frau geschlagen.

 

Bei ihrer niederschriftlichen Einvernahme durch die belangte Behörde am 29. Jänner 2008 gab die Mutter der Beschwerdeführerin im Wesentlichen an, am 20. April 2003 seien maskierte Soldaten in ihr Haus eingedrungen und hätten ihren Mann mitgenommen. Wohin er gebracht worden sei, wisse sie jedoch nicht. Sie selbst sei bei diesem Vorfall keinen Übergriffen ausgesetzt gewesen. Im November 2004 seien neuerlich Soldaten in das Haus gekommen, als ihr Mann bei den Nachbarn gewesen sei. Dabei sei sie nach dem Aufenthaltsort ihres Mannes gefragt, beschimpft und auf den Bauch sowie den Rücken geschlagen worden.

 

In der Folge legten die Eltern der Beschwerdeführerin ein Konvolut an (allgemeinen) russischen Texten vor. In dem beigefügten Schreiben wiesen sie darauf hin, dass es "bis heute Fakten der Entführung, des Verschwindens, der Ermordung von Menschen und der Verletzung ihrer Rechte und Freiheiten in der Tschetschenischen Republik" gebe und "seitens der örtlichen und föderalen Mächte" eine Bedrohung bestehe.

 

Am XXXX wurde der (jüngere) Bruder der Beschwerdeführerin in XXXX, Oberösterreich, geboren und wurde diesem der Name XXXX beigegeben. In der Geburtsurkunde (XXXX, ausgestellt am XXXX) wurde der Name des Vaters mit XXXX, jener der Mutter mit XXXX angeführt. Der Vater der Beschwerdeführerin stellte für den vorbezeichneten Bruder am 21. März 2008 einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Mit Schreiben vom 7. April 2008 (Datum des Posteinganges) gab der Vater der Beschwerdeführerin bekannt, dass sein (jüngerer) Sohn keine eigenen "Asylgründe" habe und der Grund der Antragstellung in der Familienzusammengehörigkeit liege.

 

Mit Schreiben vom 30. April 2008 übermittelten die polnischen Behörden insbesondere folgende Dokumente:

 

Kopie des Auslandsreisepasses der Russischen Föderation XXXX, ausgestellt von der XXXX, gültig bis XXXX, lautend auf XXXX, geboren am XXXX.

 

Kopie des Auslandsreisepasses der Russischen Föderation XXXX, ausgestellt von der XXXX, gültig bis XXXX, lautend auf XXXX, geboren am XXXX. Darin eingetragen: XXXX, geboren am XXXX.

 

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 6. Mai 2008 wies die belangte Behörde den Asylantrag der Beschwerdeführerin gemäß § 7 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 (AsylG) idgF, ab (Spruchpunkt I.), erklärte deren Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 AsylG iVm § 50 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) für zulässig (Spruchpunkt II.) und wies die Beschwerdeführerin gemäß § 8 Abs. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation aus (Spruchpunkt III.).

 

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass eine Verfolgung der minderjährigen Beschwerdeführerin nicht habe festgestellt werden können. Zudem würden unter Berücksichtigung aller bekannten Tatsachen keine Umstände existieren, die einer Ausweisung der Beschwerdeführerin aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich in die Russische Föderation entgegenstünden. Das Vorbringen der gesetzlichen Vertreter der minderjährigen Beschwerdeführerin erachtete das Bundesasylamt weder als nachvollziehbar noch als glaubwürdig. Die geltend gemachte Bedrohungssituation entspreche offensichtlich nicht den Tatsachen.

 

Abweisende Bescheide ergingen am selben Tag auch in den Verfahren der Eltern und der minderjährigen Brüder der Beschwerdeführerin.

 

In der gegen den Bescheid des Bundesasylamtes am 26. Mai 2008 (Datum des Posteinganges) erhobenen (als Berufung bezeichneten) Beschwerde monierte die Beschwerdeführerin - durch ihre gesetzlichen Vertreter - inhaltliche Rechtswidrigkeit, Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie unrichtige und fehlende Sachverhaltsfeststellungen und trat der Argumentation des Bundesasylamtes umfassend entgegen.

 

Mit Schreiben vom 18. Mai 2009 (Datum des Posteinganges) wies der Vater der Beschwerdeführerin darauf hin, dass seit der Antragstellung nunmehr vier Jahre vergangen seien, was sich negativ auf die Gesundheit und das Leben seiner Familie auswirke.

 

Mit Schreiben vom 29. September 2011 (Datum des Posteinganges) betonten die Eltern der Beschwerdeführerin die mittlerweile erfolgte Integration und brachten folgende Unterlagen zur Vorlage:

 

Bestätigung der Leiterin des Kindergartens XXXX vom 9. September 2011, dass XXXX, geboren am XXXX, und XXXX, geboren am XXXX, regelmäßig den genannten Kindergarten besuchen und gut in die Gruppe sowie den gesamten Kindergartenbetrieb integriert sind. Auch seitens der Eltern sei positives Bemühen um Integration und Eingliederung gegeben. Die sprachliche Verständigung sei noch schwierig, XXXX verstünden nur wenig deutsch; die Mutter der beiden werde im Herbst einen Deutschkurs besuchen.

 

Schreiben der Volksschule XXXX vom 12. September 2011, wonach XXXX, geboren am XXXX, seit September 2010 die genannte Volksschule besuche. Die Schuleingangsphase sei für das Kind nicht ganz einfach gewesen. Bedingt durch Verständnisschwierigkeiten sei im zweiten Semester eine Rückstellung in die Vorschulstufe erfolgt und gleichzeitig die Sprachförderung intensiviert worden. So habe XXXX die Rückstände gut aufholen und viel dazulernen können. Derzeit besuche sie die erste Klasse und verfüge nunmehr über ausreichende Deutschkenntnisse.

 

Teilnahmebestätigung am Deutschkurs der XXXX von 19. Oktober 2010 bis 14. April 2011 für XXXX.

 

Teilnahmebestätigung am Deutschkurs der XXXX von 24. Februar 2009 bis 26. Mai 2009 für XXXX.

 

Bestätigung des gültigen Rahmenvertrages derXXXX vom 22. März 2011, wonach XXXX, geboren am XXXX, mit der genannten Firma einen Rahmenvertrag für das Aufstellen von Österreich-Zeitungstaschen abgeschlossen habe. Für diese Tätigkeit erhalte XXXX als selbständiger Unternehmer jährlich einen Betrag von circa EUR 5.200,--, sofern er den Verpflichtungen des Rahmenvertrages nachkomme. Zudem werde auf die Zufriedenheit mit der erbrachten Leistung des XXXX hingewiesen. Es werde auch nicht beabsichtigt, den Vertrag zu kündigen.

 

Bestätigung XXXX, Klinische und Gesundheitspsychologin, Notfallpsychologin, vom 19. September 2011, wonach XXXX, geboren am XXXX, aufgrund von Depressions- und Angstsymptomen seit Jänner 2010 psychologische Beratung in Anspruch nehme.

 

Stellungnahme XXXX vom 26. Juli 2011, wonach er die Familie XXXX als freundliche und hilfsbereite Familie kennen gelernt habe, die auch mit den anderen Bewohnern aus Tschetschenien, Georgien, Kirgisistan, der Mongolei und der Ukraine gut auskomme.

 

Undatiertes Empfehlungsschreiben des XXXX.

 

Ausgefülltes Formular "Erklärung der Neugründung (§ 4 Neugründungs-Förderungsgesetz - NeuFöG)" vom 12. Jänner 2011.

 

Teilnahmebestätigung am Deutschkurs der XXXX von 22. Oktober 2009 bis 28. Jänner 2010 für XXXX.

 

Teilnahmebestätigung am Deutschkurs der XXXX von 22. Oktober 2009 bis 28. Jänner 2010 für XXXXV.

 

Rechnung 11/2008 von XXXX an die XXXX vom 10. Dezember 2008 für die Montage bzw. Demontage von Selbstbedienungsgeräten.

 

Rechnung 12/2008 von XXXX an die XXXX vom 7. Jänner 2009 für die Montage bzw. Demontage von Selbstbedienungsgeräten.

 

Rechnung 1/2009 von XXXX an die XXXX vom 18. Februar 2009 für die Montage bzw. Demontage von Selbstbedienungsgeräten.

 

Rechnung 2/2009 von XXXX an die XXXX vom 12. März 2009 für die Montage bzw. Demontage von Selbstbedienungsgeräten.

 

Rechnung 3/2009 von XXXX an die XXXX vom 17. April 2009 für die Montage bzw. Demontage von Selbstbedienungsgeräten.

 

In der seitens des Asylgerichtshofes am 3. Oktober 2011 abgehaltenen öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung wurden die Fluchtgründe der Beschwerdeführerin und ihrer Familie - in Anwesenheit der gewillkürten Vertreterin - umfassend erörtert.

 

Nach kurzer Unterbrechung der Verhandlung erklärte die Beschwerdeführerin - durch ihren gesetzlichen Vertreter - sodann, ihre Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides zurückzuziehen. Auch die Beschwerden der Eltern und der Brüder der Beschwerdeführerin wurden hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. der sie betreffenden abweisenden erstinstanzlichen Bescheide zurückgezogen.

 

Befragt, ob er in Österreich bislang eine Berufstätigkeit oder ehrenamtliche Tätigkeiten ausgeübt habe, gab der Vater der Beschwerdeführerin an, er habe auf selbständiger Basis XXXX durchgeführt und im Jänner dieses Jahres bei der Wirtschaftskammer die Neugründung eines Unternehmens in Angriff genommen. In diesem Zusammenhang bestehe mit der Firma XXXX in XXXX ein Rahmenvertrag für das XXXX. Er beabsichtige, auch in Zukunft im XXXX tätig zu sein. Darüber hinaus stünde ihm der unselbständige Arbeitsmarkt im Falle eines Aufenthaltstitels offen. Zudem habe er bereits einen Deutschkurs besucht.

 

Befragt, welche Staatsform in Österreich bestehe und wer österreichisches Staatsoberhaupt sei, gab der Vater der Beschwerdeführerin an, es bestünde Demokratie. Neben dem Kanzler gebe es Heinz Fischer, den Bundespräsidenten. Die Hauptstadt von Oberösterreich heiße Linz; an Bundesländern könne er Salzburg, Tirol, Kärnten, Oberösterreich und Wien nennen. In weiterer Folge verneinte er die Frage nach einer Mitgliedschaft in Organisationen, Vereinen oder dergleichen ebenso wie die Frage, ob er in Österreich strafrechtlich verurteilt worden sei.

 

Die Mutter der Beschwerdeführerin führte insbesondere aus, sie habe bereits Deutschkurse absolviert. Ihre Kinder würden die Volksschule bzw. den Kindergarten in XXXX besuchen. Sie sei zwar nicht Mitglied in Vereinen, habe aber Kontakt zu den Eltern der Mitschüler ihrer Kinder. Auch nehme sie an den entsprechenden Feiern teil. Überdies verneinte sie die Frage, ob sie in Österreich oder einem anderen europäischen Land jemals strafrechtlich verurteilt worden sei.

 

In der Folge trug der vorsitzende Richter den Eltern der Beschwerdeführerin die Vorlage integrationsbezeugender Dokumente binnen einer Frist von sechs Wochen auf und hielt sie dazu an, umgehend und von sich aus Dokumente oder Bestätigungen (z.B. über etwaige nach der Verhandlung eintretende schwere Erkrankungen oder über eine etwaige Integrationsvertiefung, wie z.B. Arbeit, Ausbildung, Sprachkurse) vorzulegen. Zudem wurden die Eltern der Beschwerdeführerin ausdrücklich in Kenntnis gesetzt, dass die Entscheidung des erkennenden Senates ohne solche Bestätigungen auf Basis der mündlichen Beschwerdeverhandlung, der darin angesprochenen nachzureichenden Beweismittel und auf Basis der sonstigen Aktenlage erfolgen werde.

 

Mit Schreiben vom 8. November 2011 erklärte die gewillkürte Vertreterin der Beschwerdeführerin die Auflösung der Vollmacht mit sofortiger Wirkung. Über die am 9. November 2011 stattfindende Beschwerdeverhandlung seien die Beschwerdeführerin und ihre Familie in Kenntnis.

 

In der seitens des Asylgerichtshofes am 9. November 2011 abgehaltenen öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung wies der vorsitzende Richter darauf hin, dass er den Eltern der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung vom 3. Oktober 2011 die Vorlage integrationsbezeugender Dokumente binnen einer Frist von sechs Wochen aufgetragen habe. Daraufhin brachten die Eltern der Beschwerdeführerin folgende Unterlagen zur Vorlage:

 

Empfehlungsschreiben des XXXX vom 8. November 2011.

 

Undatiertes Empfehlungsschreiben des XXXX.

 

Teilnahmebestätigung am Deutschkurs der XXXX von 11. Oktober 2011 bis 9. Februar 2012 für XXXX.

 

Informationsblatt des Integrationsfonds über die Abhaltung einer Lernhilfe für Kinder mit Migrationshintergrund an der XXXX. Die tatsächliche Anmeldung der Beschwerdeführerin ist aus dieser allerdings nichts zu erschließen.

 

In weiterer Folge wies der vorsitzende Richter darauf hin, dass weder die Anmeldung der Beschwerdeführerin aus dem Informationsblatt des Integrationsfonds noch deren tatsächliche Inanspruchnahme der Lernhilfe hervorgehe. Die Mutter der Beschwerdeführerin gab an, über eine Einzahlungsbestätigung der Kursgebühr sowie eine Besuchsbestätigung zu verfügen. Der vorsitzende Richter wies sodann auf die Möglichkeit hin, die ins Treffen geführten Bescheinigungsmittel bis zum Ablauf der in der vorhergehenden Verhandlung hierfür eingeräumten sechswöchigen Frist vorzulegen.

 

Zum Vorhandensein einer Einstellungszusage bzw. eines dahingehenden Vorvertrages befragt, führte der Vater der Beschwerdeführerin aus, er habe sich bei der Firma XXXX, Deutschland, als Kfz-Mechaniker beworben. Es sei ihm jedoch mitgeteilt worden, dass die Bewerbung erst bei Vorlage einer Beschäftigungsbewilligung in Erwägung gezogen werden könne. Er könne aber die Visitenkarte des Direktors vorlegen.

 

Daraufhin stellte der vorsitzende Richter fest, dass auf den Namen XXXX, eine Geschäftsniederlassung in Hongkong hervorgehe. Auf der Rückseite der Visitenkarte sei eine Adresse in XXXX handschriftlich festgehalten. Aus dem Webauftritt unter XXXX sei ersichtlich, dass die Firma in Hongkong (Hauptzentrale), Shanghai sowie Beijing Niederlassungen unterhalte. Nachdem die Niederlassung in Beijing als mit Mitte 2009 zu eröffnend angeführt sei, dürfe es sich um keine Webseite aktuellen Inhalts handeln. Die Firma beschäftige sich laut dem Webauftritt unter XXXX insbesondere mit dem Verkauf von hawaiianischem Meereswasser.

 

Nach Hinweis durch den vorsitzenden Richter, wonach sich aus dem Webauftritt der ins Treffen geführten Firma als Betätigungsfeld insbesondere der Vertrieb von Meereswasser ergebe, und befragt, inwieweit damit seine Bewerbung als Kfz-Mechaniker in Zusammenhang stehe, gab der Vater der Beschwerdeführerin an, er habe sich dort beworben und ihm sei gesagt worden, dass es sich um eine deutsche Firma handle und in Österreich eine Filiale bestehe.

 

Nach Durchführung einer Abfrage des von der Firma Herold unter www.herold.at betriebenen Telefonbuches, woraus weder eine auf den Namen besagter Firma lautende Eintragung ersichtlich, noch die in der Visitenkarte angeführte Mobilnummer registriert sei, führte der Vater der Beschwerdeführerin aus, er habe sich bei einer Kfz-Servicefirma in XXXX, deren Namen ihm unbekannt sei, beworben; dort habe er die Visitenkarte erhalten.

 

Nach Vorhalt, wonach keine Niederlassung der ins Treffen geführten Firma in Österreich registriert sei, diese auch nicht im österreichischen Telefonbuch "Herold" aufscheine und überdies die auf der Visitenkarte angeführte österreichische Mobilnummer im Telefonbuch nicht registriert sei, woraus nicht gefolgert werden könne, dass es sich um ein Unternehmen mit einer seriösen Niederlassung handle, und zudem kein Geschäftsfeld im "Kfz-Mechaniker-Gewerbe" ersichtlich sei, wies der vorsitzende Richter zudem darauf hin, dass für den erkennenden Senat ein unter der aufschiebenden Wirkung einer beizubringenden Beschäftigungsbewilligung abgeschlossener Vorvertrag über die Begründung eines Arbeitsverhältnisses zu berücksichtigen wäre. Zudem forderte er den Vater der Beschwerdeführerin neuerlich dazu auf, eine Einstellungszusage eines in Österreich niedergelassenen Unternehmens bzw. einen Vorvertrag der vorgenannten Art bis zum 14. November 2011 vorzulegen. Daraufhin gaben die Eltern der Beschwerdeführerin an, mangels Arbeitsbewilligung über "keine Einstellungszusage" zu verfügen. Überdies verneinten die Eltern der Beschwerdeführerin die Frage nach einer absolvierten Deutschkursprüfung des Niveaus A2. Zudem gaben sie an, weder in Österreich noch in einem anderen europäischen Land jemals strafrechtlich verurteilt worden zu sein.

 

In weiterer Folge trug der vorsitzende Richter dem Vater der Beschwerdeführerin auf, den im Schreiben der FXXXX vom 22. März 2011 genannten Rahmenvertrag sowie die ihn und seine Ehefrau betreffenden Kontoauszüge von Jänner bis Oktober 2011 binnen einer Frist von einer Woche zur Vorlage zu bringen. Auch hielt er die Eltern der Beschwerdeführerin an, umgehend und von sich aus Dokumente oder Bestätigungen, z.B. über etwaige nach der Verhandlung eintretende schwere Erkrankungen oder über eine etwaige Integrationsvertiefung, z. B. Arbeit, Ausbildung, Sprachkurse, vorzulegen. Weiters wurden die Eltern der Beschwerdeführerin ausdrücklich in Kenntnis gesetzt, dass die Entscheidung des erkennenden Senates ohne solche Bestätigungen auf Basis der mündlichen Beschwerdeverhandlung, der darin angesprochenen nachzureichenden Beweismittel und auf Basis der sonstigen Aktenlage erfolgen werde.

 

Mit Schreiben vom 21. November 2011 brachte der Vater der Beschwerdeführerin folgende Unterlagen zur Vorlage:

 

Die bereits vorgelegte Bestätigung des gültigen Rahmenvertrages der XXXX vom 22. März 2011.

 

Kontoauszugsübersicht der XXXX vom 16. November 2011 hinsichtlich des XXXX für den Zeitraum Jänner bis September 2011.

 

Mit Schreiben vom 25. November 2011 brachte der Vater der Beschwerdeführerin zur Vorlage:

 

Einzelbeauftragung der XXXX vom 6. Februar 2011, wonach XXXX im Rahmen und auf Basis des Rahmenfrachtvertrages vom 6. Februar 2011 den Einzelauftrag übernehme, die "SB WE WL 01" ab 6. Februar 2011 auf unbestimmte Zeit durchzuführen. Für diese Tour werde ein Entgelt von EUR 95,-- vereinbart.

 

Mit hg. Erkenntnis vom 30. Januar 2012, GZ. D10 306062-2/2008/13E, wurde die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des im Erstverfahren angefochtenen Bescheides des Bundesasylamtes gemäß § 10 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen. Gleichlautende Erkenntnisse ergingen auch in den Verfahren der Eltern sowie der Geschwister der beschwerdeführenden Partei.

 

Begründend führte der erkennende Senat in den insgesamt aus, dass für die Familie im Verfahren keinerlei familiäre Bindungen in Österreich erkennbar gewesen seien. Auch ein der einschlägigen Rechtsprechung entsprechendes Abhängigkeitsverhältnis zu dem in Österreich lebenden Cousin der Mutter der beschwerdeführenden Partei bestehe nicht, sodass im Einklang mit den zeitgleichen Ausweisungen der übrigen Kernfamilienmitglieder kein Eingriff in das Familienleben vorliege.

 

Die beschwerdeführende Partei und ihre Eltern befänden sich seit April 2005 auf österreichischem Bundesgebiet. Sie hätte spätestens seit der im zweiten Rechtsgang erlassenen erstinstanzlichen Abweisung ihres Antrages auf Gewährung von Asyl im März 2008 ihren zukünftigen Aufenthalt in Österreich als nicht gesichert erachten müssen und nicht darauf vertrauen können, in Österreich dauerhaft bleiben zu können. Dies gelte auch im Hinblick auf den Aufenthalt der Eltern und Geschwister, die ebenfalls lediglich aufgrund von Asylanträge bzw. Anträgen auf internationalen Schutz zum Aufenthalt in Österreich vorläufig berechtigt gewesen und nunmehr auch von einer Ausweisung in die Russische Föderation betroffen seien.

 

Es seien aber auch keine Umstände erkennbar, die auf eine während des Aufenthaltes der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet erfolgte außergewöhnliche Integration derselben schließen ließen. Die Eltern der Beschwerdeführerin seien zwar unbescholten, doch vermöge nach der verwaltungsgerichtlichen Judikatur eine strafrechtliche Unbescholtenheit allein die persönlichen Interessen eines Fremden am Verbleib in Österreich nicht entscheidend zu verstärken. Die Eltern seien zudem nicht Mitglied in Organisationen und Vereinen und verfügte auch nicht über einen großen Freundeskreis. Es könne auch nicht gesagt werden, dass die den größten Teil ihres Lebens in Tschetschenien aufhältig gewesenen Eltern der Beschwerdeführerin, die dort zudem noch über nahe Verwandte verfügten, ihrem Kulturkreis völlig entrückt wären. Diese seien auch am österreichischen Arbeitsmarkt nicht integriert sondern würden lediglich Leistungen aus der Grundversorgung in Anspruch nehmen. Die Eltern verfügten weder über eine Einstellungszusage noch einen dahingehenden Vorvertrag. Auch nach entsprechender Aufforderung des erkennenden Senates hätten die Eltern keine weiteren integrationsbezeugenden Dokumente vorzulegen vermocht. Der mittlerweile eingetretene Erwerb von (Grund)Kenntnissen der deutschen Sprache sei insofern zu relativieren, die Unsicherheit der Aufenthaltsberechtigung bewusst sein musste. Auch mangels fundierter Deutschkenntnisse seien im Verfahren keine ausreichenden Anhaltspunkte hervorgekommen die auf ein besonders intensives Privatleben bzw. ein besonders hohes Maß an Integrationsverfestigung schließen ließen.

 

Das vorzitierte hg. Erkenntnis wurde der Beschwerdeführerin durch Hinterlegung am 8. Februar 2012 zugestellt. Ein außerordentliches Rechtsmittel wurde hiergegen nicht erhoben.

 

Mit Telefax vom 23. Februar 2012 (Verwaltungsakt der belangten Behörde, Aktenseite 197) teilte die belangte Behörde dem deutschen Bundesamt für Migration zum dortigen Ansuchen auf Rückübernahme des Vaters der Beschwerdeführerin mit, dass diesem Ersuchen gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. e der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates (Dublin II-VO) zugestimmt werde. Am 13. März 2012 wurde der Vater der Beschwerdeführerin in weiterer Folge von Deutschland nach Österreich überstellt und in Schubhaft genommen, aus welcher er aber bereits am 14. März 2012 wieder entlassen wurde.

 

Der Verwaltungsakte der belangten Behörde ist zu ferner entnehmen, dass hinsichtlich der Mutter der Beschwerdeführerin seitens der französischen Fremdenbehörden ein (nicht dem Akt einliegendes) Ansuchen auf Rückübernahme gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. e der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates (Dublin II-VO) gestellt worden ist. Mit Schreiben der Grundsatz- und Dublinabteilung des Bundesasylamtes vom 2. Mai 2012 wurde den französischen Behörden diesbezüglich mitgeteilt, dass dem Ansuchen (noch) nicht entsprochen werden könne, weil sich das Ansuchen lediglich auf die Mutter der Beschwerdeführerin beziehe, einem (weiteren und nicht dem Verwaltungsakt einliegenden) Rücknahmeersuchen der deutschen Fremdenbehörden vom 21. Februar 2012 aber zu entnehmen sei, dass diese ursprünglich von ihren Kindern begleitet worden ist. Nachdem sich diesbezüglich auch keine EURODAC Treffer fänden, werde um Aufklärung hinsichtlich des Verbleibes der Kinder ersucht. (Verwaltungsakt der belangten Behörde im Erstverfahren der Mutter, Aktenseite 537)

 

Mit Schreiben vom 12. Juni 2012 teilte das Bezirkspolizeikommando XXXX der belangten Behörde mit, dass dem dortigen (dem Verwaltungsakt wiederum nicht einliegenden) Auftrag entsprechend, die Aufenthaltsberechtigungskarten der Beschwerdeführerin und ihrer Eltern eingezogen worden seien. Sämtliche nationalen Dokumente wären (nach Auskunft der Betroffenen) in den letzten sieben Jahren verloren gegangen. Gegen die (rechtsfreundlich vertretenen) Eltern der Beschwerdeführerin sei wegen Übertretung des Fremdenpolizeigesetzes Anzeige erhoben worden. (Verwaltungsakt der belangten Behörde im Erstverfahren der Mutter, Aktenseite 557ff)

 

Mit Schreiben vom 25. Juni 2012 teilte die Grundsatz- und Dublinabteilung des Bundesasylamtes den französischen Fremdenbehörden mit, dass einer Rückübernahme des Vaters der Beschwerdeführerin und der gemeinsamen Kindern (sic!) in Übereinstimmung mit Art. 16 Abs. 1 lit. e der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates (Dublin II-VO) zugestimmt werde. (Verwaltungsakt Seite 249) Erst mit Schreiben vom 19. Dezember 2012 teilten die französischen Fremdenbehörden hierauf der belangten Behörde mit, dass die Überstellung des Vaters nicht möglich sei, da dieser untergetaucht sei. (Verwaltungsakt der Mutter Seite 193)

 

Mit Schreiben vom 27. Juli 2012 (sic!) teilte die Grundsatz- und Dublinabteilung des Bundesasylamtes den französischen Behörden (nach offenbar neuerlich vorangegangenem, dem Verwaltungsakt wieder nicht einliegenden Schriftwechsel) mit, dass im Interesse der ganzen Familie eine Rückübernahme der Mutter der Beschwerdeführerin zugestimmt werde, obwohl das maßgebliche Schreiben der französischen Behörden erst nach Ablauf der vorgesehenen dreiwöchigen Frist bei den österreichischen Stellen eingelangt sei. Im Interesse der Familie der Beschwerdeführerin müsse aber darauf bestanden werden, dass die gesamte Familie gemeinsam überstellt werde (Verwaltungsakt der belangten Behörde im Erstverfahren der Mutter, Aktenseite 573). Hinweise auf den Zeitpunkt bzw. die Umstände einer tatsächlichen Überstellung der Mutter der Beschwerdeführerin (und der übrigen Familienmitglieder) sind der dem Asylgerichtshof vorgelegten Verwaltungsakte nicht zu entnehmen.

 

Mit Schreiben vom 27. September 2012 teilte das XXXX der belangten Behörde mit, dass der Vater der Beschwerdeführerin von XXXX unter der XXXX sei.

 

Offensichtlich am 26. März 2013 stellte die Mutter der Beschwerdeführerin den gegenständlichen, zweiten Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz, wobei nähere Angaben zu Art und Ort der Antragstellung der vorgelegten Akte wiederum nicht zu entnehmen sind.

 

Bei ihrer niederschriftlichen Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes der XXXX am 27. März 2013 gab die Mutter der Beschwerdeführerin nach Bekanntgabe eines von ihr beauftragten berufsmäßigen Parteienvertreters zunächst an, sie und ihre Familie hätten Österreich zwar seit Zustellung des hg. Erkenntnisses vom 30. Januar 2012, GZ. D10 306060-2/2008/13E, verlassen, in den Herkunftsstaat zurückgekehrt seien sie aber nicht. Sie habe vielmehr in der französischen Republik für sich und ihre Kinder einen Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz gestellt. Ihr Mann sei nämlich, als sie (Anmerkung: die gesamte Familie) 2012 ("letztes Jahr") in Deutschland gewesen seien, dort aufgrund eines gegen ihn erlassenen Haftbefehles festgenommen worden. Nachdem sie in Österreich bereits einen negativen "Bescheid" erhalten hätten, sei sie mit ihren Kindern daraufhin nach Frankreich gegangen und hätte dort um Asyl angesucht. Ihr Mann hingegen sei in XXXX, Deutschland, verblieben. In Frankreich selbst habe sie sich für etwa zwei Monate aufgehalten, sei danach aber wieder nach Österreich zurückgereist, weil ihr Ehegatte in der Zwischenzeit von Deutschland nach Österreich überstellt worden sei und ihr die französischen Behörden zudem zu verstehen gegeben hätten, dass sie auf Grundlage des in Österreich abgeschlossenen Asylverfahrens auch dort keine Aussicht auf einen "positiven Bescheid" hätten.

 

Zu den Gründen für die neuerlich erfolgte Stellung eines Antrages auf Gewährung von internationalem Schutz führte die Mutter der Beschwerdeführerin aus, sie könne auf keinen Fall in den Herkunftsstaat zurückkehren, weil sowohl ihr Gatte als auch sie selbst in Tschetschenien von den russischen bzw. tschetschenischen Behörden gesucht würden. Sie habe noch immer Angst um das eigene Leben sowie um jenes ihrer Kinder und ihres Ehemannes, weil ihr Gatte in Russland "wegen Raubmordes gesucht" werde. Österreich weigere sich allerdings ihren Gatten an Russland auszuliefern, weshalb die russischen Behörden ihrer sowie ihrer Kinder habhaft werden wollten ("Da die Russen meinen Gatten nicht bekommen, möchten sie mich und meine Kinder). Im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat würde sie dort verhaftet werden. Die Änderung ihrer Situation bzw. Fluchtgründe sei ihr bekannt, seitdem ihr Gatte im September 2012 in die XXXX überstellt worden sei.

 

Befragt, warum sie dann erst jetzt einen (neuerlichen) Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz stelle, erwiderte die Mutter der Beschwerdeführerin, dies sei deswegen der Fall, weil ihr "Antrag für Bleiberecht mit Visum bei der Fremdenpolizei abgelehnt" worden sei.

 

Über Befragen, für wann ihr ein vorgesehener Abschiebetermin bekannt gegeben worden sei, erklärte die Mutter der Beschwerdeführerin, die Fremdenpolizei XXXX habe ihr im Januar (2013) anheim gestellt, entweder freiwillig in den Herkunftsstaat zurückzukehren oder aber andernfalls polizeilich abgeschoben zu werden. Einen fixen Termin habe es allerdings noch nicht gegeben. Gestern (d.h.: am 26. März 2013) hätte sie bei der Fremdenpolizei einen neuerlichen Termin gehabt, jedoch habe ihr ihr Rechtsanwalt XXXX geraten, dort (einfach) nicht zu erscheinen, sondern bei der Asylbehörde einen neuerlichen Asylantrag einzubringen (sic!). Ihren Inlandsreisepass sowie die Geburtsurkunde der Beschwerdeführerin. habe allerdings die Fremdenpolizei sichergestellt.

 

Befragt, warum ihr Ehegatte auf Grundlage des im Verwaltungsakt einliegenden Auszuges aus dem Zentralen Melderegister unter einem konkret benannten (und von dem im Erstverfahren abweichenden) anderen Namen und anderem Geburtsdatum registriert sei, führte die Mutter der Beschwerdeführerin aus, sowohl der genannte Name als auch das andere Geburtsdatum seien ihr gänzlich unbekannt. Seitdem sie ihren Mann kenne, habe dieser stets nur den im Erstverfahren angegebenen Namen und das dort genannte Geburtsdatum geführt. Sie habe auch eine Heiratsurkunde, die dies belege. Ihr Gatte befinde sich in der XXXX, weil er in Russland wegen Raubmordes gesucht werde. Ihre in Tschetschenien verbliebene Mutter habe von den tschetschenischen Behörden an ihre Person adressierte Ladungen aufbewahrt und könnte sie diese "schicken lassen".

 

Bei ihrer am selben Tage erfolgten niederschriftlichen Einvernahme durch Organwalter der belangten Behörde führte die Mutter der Beschwerdeführerin ergänzend aus, sie sowie ihre Kinder seien vollkommen gesund und würden derzeit keinerlei Medikamente nehmen. Sämtliche Angaben gelegentlich der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes entsprächen der Wahrheit. Sie habe lediglich verschwiegen, dass sie (im Herkunftsstaat) studiert habe. Einen neuerlichen Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz stelle sie, weil es für sie und ihre Kinder "zu Hause gefährlich" sei. Sogar ihre Verwandten würden "zu Hause" wegen ihr "Probleme" haben. Ihre Fluchtgründe habe sie bereits im ersten Asylverfahren, welches falsch entschieden worden sei (sic!), vollständig geschildert. An neuen Gründen sei anzuführen, dass sich ihr Mann in Haft befinde ("Mein Mann sitzt im Gefängnis."), worüber die russischen Behörden, denen sogar die Geburtsdaten ihrer in Österreich geborenen Kinder bekannt seien und die ihre Personalien hierher übermittelt hätten, Bescheid wüssten. Warum sich ihr Mann in Haft befinde, wisse ("verstehe") sie selbst nicht. Dieser sei 2012 festgenommen worden. Ihrem Vernehmen nach verlange die Russische Föderation seine Auslieferung und würden die österreichischen Behörden auf "irgendein Beweismittel" warten. Im Januar 2013 habe es eine Verhandlung gegeben und wolle die Republik Österreich ihren Mann, "da es nicht genug Beweise" gebe, aber nunmehr nicht an die Russische Föderation ausliefern, sondern "eine (Anm.: sic!) Sache" in Österreich behandeln.

 

Zu den von ihr gelegentlich der Erstbefragung erwähnten Ladungen brachte die Mutter der Beschwerdeführerin drei Faxseiten, zwei Ladungen und ein laut Angaben der Mutter der Beschwerdeführerin von deren Mutter stammendes handschriftliches Schreiben zur Vorlage, wobei bei den Ladungskopien die angebrachte Stampiglie nur unvollständig abgebildet wurde und auch die Unterschriften des ausstellenden Organwalters nicht zu entnehmen sind. Aus dem im Kopf des Telefaxes angebrachten Sendeaufdruck ergibt sich allerdings, dass die Faxsendung ursprünglich aus fünf Seiten bestanden haben muss. Nach den anderen, nicht zur Vorlage gebrachten Seiten der Sendung befragt, erklärte die Mutter der Beschwerdeführerin, sie habe nur die vorgelegten drei Seiten von ihren Verwandten in Tschetschenien übermittelt bekommen. Von wem genau, vermöge sie allerdings nicht anzugeben. Die Ladungen habe ihre Mutter erhalten, obwohl sie selbst an der Adresse ihres Ehegatten gemeldet sei. Wie ihrer Mutter die Ladungen zugestellt worden seien wisse sie ebenso nicht, wie sie auch keine Angaben zu der Anzahl der insgesamt zugestellten Ladungen machen könne. Sie habe nur die vorgelegten Faxkopien erhalten.

 

Der seitens der belangten Behörde veranlassten Übersetzung der vorgelegten (Fax)kopien zweier ausgefüllter Ladungsformulare ist zu entnehmen, dass die Mutter der Beschwerdeführerin mit diesen zum Erscheinen bei der Abteilung "XXXX" am XXXX aufgefordert wird. Der Gegenstand der Ladung sowie eine allfällige Parteistellung der Mutter der Beschwerdeführerin sind den vorgelegten "Dokumenten" nicht zu entnehmen.

 

Das angeblich von der Großmutter der Beschwerdeführerin stammende Schreiben ist aufgrund seiner Formulierung offensichtlich zur Vorlage bei den Asylbehörden bestimmt. Hierin wird lediglich ausgeführt, dass die Mutter der Beschwerdeführerin zur Polizei vorgeladen worden sei und "zumindest für einige Zeit nicht nach Hause" kommen solle.

 

Nach den Originalen der vorgelegten Ladungskopien befragt, gab die Mutter der Beschwerdeführerin an, diese befänden sich "zu Hause". Über Vorhalt, warum sie die Schriftstücke nicht schon eher zur Vorlage gebracht habe, erwiderte diese lediglich: "Ich wusste nicht. Ich hatte auch Angst." .

 

Zu Ihrer derzeitigen Situation in Österreich führte die die Mutter der Beschwerdeführerin aus, sie und ihre Kinder hätten "bis jetzt" 480,00 ¿ von einer konkret benannten karitativen Organisation erhalten. Einer Beschäftigung gehe sie mangels Arbeitserlaubnis ("Dokumente") nicht nach. Die zwei älteren Kinder besuchten die Schule, das jüngste gehe in den Kindergarten.

 

Befragt, warum ihr Mann - anders als sie selbst und die Kinder - keinen Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz eingebracht habe, erklärte die die Mutter der Beschwerdeführerin, dies sei vielleicht auf den Umstand zurückzuführen, dass er sich in Haft befände ("Vielleicht weil er im Gefängnis sitzt.").

 

Ein von der die Mutter der Beschwerdeführerin laut Protokoll vorgelegte und zum Akt genommene Ausgabe der Tageszeitung "Österreich" vom 11 November 2012, welche auf Seite 21 einen unter dem Titel "Hilfe! Mein Mann ist doch kein Mörder" publizierten Artikel beinhalten soll, ist dem Verwaltungsakt nicht einliegend.

 

Mit Schreiben vom 2. April 2013 teilte die belangte Behörde der die Mutter der Beschwerdeführerin mit, dass beabsichtigt sei den gegenständlichen Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

 

Bei der zur Wahrung des Parteiengehörs vorgenommenen erneuten Einvernahme durch das Bundesasylamt am 10. April 2013 erklärte die die Mutter der Beschwerdeführerin nach vorangegangenem Gespräch mit einem Rechtsberater, dass ihre bei der Ersteinvernahme gemachten Angaben der Wahrheit entsprächen und sie keinerlei Ergänzungen bzw. Berichtigungen vorzunehmen habe. Auch an medizinischen Unterlagen habe sie nichts beizubringen.

 

Nach den Originalen der mittels Telefax übermittelten und gelegentlich der Einvernahme am 27. März 2013 vorgelegten Schriftstücke befragt, gab die die Mutter der Beschwerdeführerin lediglich an, bislang keinen Kontakt zu Verwandten im Herkunftsstaat mehr gehabt zu haben. Wann sie die Originale anfordern werde, wisse sie nicht. Momentan habe sie keinerlei Kontakt.

 

Zur beabsichtigen Zurückweisung des gegenständlichen Antrages auf Gewährung von internationalem Schutz und dieser allfällig entgegenstehenden Gründen erklärte die Mutter der Beschwerdeführerin, sie wisse nicht, was sie sagen solle. Eine Rückkehr wäre gefährlich, man würde sie im Herkunftsstaat "ins Gefängnis" "schicken". Ihr drohe dort Folter. Sie habe Angst und mache sich Sorgen. Ihr Mann sei nicht an die Russische Föderation ausgeliefert worden. Im Falle einer Rückkehr werde man sie "nicht in Ruhe leben lassen".

 

Die anwesende Rechtsberaterin beantragte ohne jedwedes weitere Vorbringen die Zulassung des Verfahrens "aufgrund neuer Tatsachen und Beweise".

 

Mit dem nunmehr angefochtenen und der Beschwerdeführerin am 8. Mai 2013 zugestellten Bescheid der belangten Behörde vom 6. Mai 2013 wurde der gegenständliche (zweite) Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG 1991 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I. ) und die Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen (Spruchpunkt II.). Gleichlautende Bescheide ergingen am selben Tage auch in den Verfahren der Mutter sowie Geschwister der Beschwerdeführerin.

 

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass infolge der vor dem Asylgerichtshof erfolgten Zurückziehung der Beschwerde gegen Spruchpunkte I. und II. des do. Bescheides vom 6. Mai 2008 dieser Bescheid, sofern er der Beschwerdeführerin die Gewährung von Asyl versagt und deren Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Russische Föderation für zulässig erklärt habe, am 3. Oktober 2011 in Rechtskraft erwachsen sei. Die Beschwerdeführerin habe sich seit Ihrer ersten Antragstellung nicht (sic!) durchgehend in Österreich aufgehalten, ein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt habe nicht festgestellt werden können und habe sich auch die Lage im Herkunftsstaat nicht geändert, sodass keine Umstände zu Tage getreten seien, welche der Ausweisung der Beschwerdeführerin aus dem Bundesgebiet entgegenstünden.

 

Zum Vorliegen neuer Fluchtgründe habe die Mutter der Beschwerdeführerin nach Angabe, dass sie im Erstverfahren bereits alles geschildert habe, lediglich ausgeführt, dass sich ihr Ehemann in Haft befinde. Der letzte Vorfall im Herkunftsstaat habe sich nach dem Vorbringen der die Mutter der Beschwerdeführerin im Jahre 2004 vor der Stellung des ersten Asylantrages ereignet. Bezüglich der in (Telefax)kopie vorgelegten Dokumente sei festzustellen, dass die die Mutter der Beschwerdeführerin Originale nicht vorzulegen vermocht bzw. gar nicht (erst) angefordert habe.

 

Im Zusammenhang mit der Tatsache dass Kopien nicht auf ihre Echtheit überprüft werden könnten, sei zudem auch festzustellen, dass laut Bericht der Österreichischen Botschaft in Moskau vom Juli 2006 von staatlichen Behörden der Russischen Föderation ausgestellte Dokumente nicht selten einen unrichtigem Inhalt aufwiesen bzw. gefälscht würden und Personenstandsurkunden sowie Dokumente (auch Haftbefehle) durchwegs gekauft werden könnten. Auch seien die Ladungen nicht vollständig übermittelt worden. So sei auf diesen weder der Rundstempel vollständig abgebildet worden, noch ein Ausstellungsdatum bzw. die Unterschrift des ausstellenden Organwalters zu entnehmen.

 

Nachdem die Mutter der Beschwerdeführerin den Herkunftsstaat bereits am 28. März 2005 verlassen habe, sei zudem auch schwer nachvollziehbar, warum diese nach über siebeneinhalb Jahren noch im September bzw. Oktober 2012 vorgeladen werden hätte sollen. Behörden hätten sich innerhalb dieses langen Zeitraumes nicht nur durch Nachfrage sondern auch durch Nachschau davon überzeugen können, dass sich die Mutter im Ausland aufhalte. Auffallend sei ungeachtet der Zustellung auch, dass die auf den Namen der Mutter der Beschwerdeführerin lautenden "Ladungen" nicht die (aufrechte) Meldeadresse, sondern die angebliche Adresse der Großmutter der Beschwerdeführerin aufwiesen. Auch habe die Mutter der Beschwerdeführerin die fünfseitige Telefaxsendung nicht vollständig vorgelegt und diese erst vier Tage vor ihrer Ersteinvernahme im Asylverfahren erhalten, obwohl sie selbst angegeben habe, zuletzt vier Monate davor Kontakt zu Verwandten im Herkunftsstaat gehabt zu haben. Das angebliche Schreiben der Großmutter der Beschwerdeführerin selbst wäre abgesehen von der Tatsache, dass der tatsächliche Verfasser nicht festgestellte werden könne, als Gefälligkeitsschreiben zu werten. Hinzu komme der Umstand, dass die Mutter der Beschwerdeführerin nicht einmal jene Person bzw. Personen zu benennen vermochte, die ihr die in Rede stehenden Dokumente übermittelt haben. Auch dem Schreiben der Großmutter sei jedenfalls kein neuer Fluchtgrund zu entnehmen.

 

Würde die Mutter der Beschwerdeführerin zudem von den russischen Behörden tatsächlich gesucht werden, so wäre von diesen die beschleunigte Ausstellung eines (angeforderten) Heimreisezertifikates zu erwarten gewesen.

 

Die belangte Behörde führt hiernach wenig nachvollziehbar aus, die

Identität des Vaters der Beschwerdeführerin sei laut Mitteilung des

XXXX abweichend von den Angaben im Erstverfahren festgestellt

worden. Der Mutter der Beschwerdeführerin seien diese (neuen)

Personalien aber angeblich gänzlich unbekannt, weil Ihr Ehemann die

auf der Heiratsurkunde vermerkte (im Vorverfahren angegebene)

Nationale führe ("Weiters ist auszuführen, dass laut Mitteilung des

Bundeskriminalamtes vom 24. 09. 2012 , ..... , die Identität ihres

Gatten mit G.A., ...., festgestellt wurd

Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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