TE Vfgh Erkenntnis 2007/10/11 A3/07

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Veröffentlicht am 11.10.2007
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Index

58 Berg- und Energierecht
58/02 Energierecht

Norm

B-VG Art137 / Liquidierungsklage
AVG §68 Abs2
ElWOG §69 Abs6 idF BGBl I 106/2006
Energie-RegulierungsbehördenG §13, §16a Abs3
Stranded Costs-VO II, BGBl II 354/2001 idF BGBl II 311/2005 §10 Abs1
VfGG §41
ZPO §41 Abs2

Leitsatz

Stattgabe der - zulässigen - Klage eines Netzbetreibers gegen denBund auf Rückzahlung bereits erbrachter Stranded Costs-Beiträge;Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zur Entscheidung über dieLiquidation eines - infolge bescheidmäßiger Neufestsetzung derBeiträge - erworbenen Rückforderungsanspruches; Zuspruch vonVerzugszinsen und Kosten

Spruch

Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) ist schuldig, der klagenden Partei den Betrag von € 132.415,81 samt 4 % Zinsen seit dem 1. September 2006 sowie die mit € 2.196,72 bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Der Verfassungsgerichtshof geht von folgendem Sachverhalt aus, der unbestritten und durch öffentliche Urkunden belegt ist:

1. Mit einem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 26. Februar 2003 schrieb die Energie-Control Kommission der klagenden Partei gemäß §10 Abs1 der Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Aufbringung und Gewährung von Beihilfen zur Abdeckung von Erlösminderungen, die infolge der Marktöffnung entstanden sind und im Zusammenhang mit der Errichtung und dem Betrieb des Kraftwerkes Voitsberg 3 stehen, BGBl. II 254/2001 (in der Folge: Stranded Costs-Verordnung II), für den Zeitraum von 19. Februar 1999 bis 30. September 2001 Stranded Costs-Beiräge in der Höhe von € 132.415,81 vor, wobei die vom verpflichteten Unternehmen in diesem Zeitraum an alle Endverbraucher abgegebene Strommenge zugrunde gelegt wurde.

Die beklagte Partei bezahlte den genannten Betrag "im Dezember 2003" an die Energie-Control GmbH. Ihre gegen den oben genannten Bescheid gerichtete Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art144 B-VG wies dieser mit seinem Beschluss VfSlg. 17.436/2005 als unzulässig zurück.

Mit seinem Erkenntnis VfSlg. 17.210/2004 hatte der Verfassungsgerichtshof aus Anlass der Bescheidbeschwerde eines anderen Netzbetreibers §10 Abs1 Stranded Costs-Verordnung II als gesetzwidrig aufgehoben. Gemäß dieser Bestimmung hätten die Netzbetreiber - unabhängig davon, ob sie selbst oder ihre Kunden "zugelassene Kunden" iSd §44 ElWOG in der Stammfassung waren oder nicht - Beiträge an die Energie-Control GmbH entrichten müssen, die sich aus ihrer Stromabgabe an alle Endverbraucher im maßgeblichen Zeitraum ergaben. §69 Abs1 ElWOG ermächtigt aber nur dazu, durch Verordnung zu bestimmen, welche Beiträge "zugelassene Kunden" zur Abgeltung von "Stranded Costs" zu leisten haben.

Mit der Verordnung BGBl. II 311/2005 erließ der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit §10 Abs1 Stranded Costs-Verordnung II mit folgenden Wortlaut neu:

"Die Verpflichtung der Netzbetreiber zur Abführung der Beiträge, die von den Endverbrauchern und Netzbetreibern, nach Maßgabe ihrer Qualifikation als zugelassene Kunden im Sinne des §44 Abs1 und 2 ElWOG, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 143/1998, zwischen dem 19. Februar 1999 und dem 30. September 2001 gemäß §69 Abs6 ElWOG, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 143/1998, in Verbindung mit §9 Abs1 der Verordnung BGBl. II Nr. 52/1999 zu leisten waren, bleibt durch die vorliegende Verordnung unberührt. Insoweit diese Beiträge zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieser Verordnung noch nicht oder nicht vollständig abgeführt worden sind, hat die Energie-Control GmbH den Netzbetreibern, an deren Netz zugelassene Kunden im Sinne des §44 Abs1 ElWOG, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 143/1998, angeschlossen waren oder die selbst zugelassene Kunden im Sinne des §44 Abs2 ElWOG, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 143/1998, waren, die Beträge in jenem Ausmaß zur Abführung mit Bescheid vorzuschreiben, das sich aus der gemäß §8 Abs2 oder 3 der Verordnung BGBl. II Nr. 52/1999 gebildeten Bemessungsgrundlage und dem in den Kundmachungen des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten BGBl. II Nr. 53/1999 und BGBl. II Nr. 103/2000 sowie der Kundmachung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit BGBl. II Nr. 430/2000 festgelegten Betrag von 0,042 Cent/kWh (0,574 g/kWh) ergibt. Endverbraucher und Netzbetreiber gemäß §44 Abs1 und 2 ElWOG, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 143/1998, sind nur für jenen Zeitraum zur Leistung der Beiträge verpflichtet, in dem sie als zugelassene Kunden qualifiziert waren. Netzbetreiber, die nicht zugelassene Kunden im Sinne des §44 Abs2 ElWOG, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 143/1998, waren, sind nur zur Abführung jener Beiträge zu verpflichten, die sie von den an ihr Netz angeschlossenen Endverbrauchern gemäß §44 Abs1 ElWOG, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 143/1998, erhalten haben."

Mit Bescheid vom 18. Jänner 2006 änderte die Energie-Control Kommission den Spruch ihres oben erwähnten, an die klagende Partei gerichteten Bescheides vom 26. Februar 2003 gemäß §68 Abs2 AVG wie folgt ab:

"Gemäß §10 Abs1 der [Stranded Costs-Verordnung II], in der Fassung BGBl II Nr 311/2005, hat die [klagende Partei] für den Zeitraum vom 19.2.1999 bis 30.9.2001 auf Grund der festgestellten Abgabe an zugelassene Kunden einen Betrag in der Höhe von € 0 abzuführen."

In der Begründung führt die Energie-Control Kommission u.a. aus:

"Der amtswegig zu behebende Bescheid stützte sich auf eine Verordnungsbestimmung, die vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben wurde. Der Verfassungsgerichthof hat jedoch den [an die klagende Partei gerichteten, auf diese Bestimmung gestützten] Bescheid aus Gründen, die nicht in der Sphäre der Behörde liegen, nicht aufgehoben.

...

§10 Abs1 Stranded Costs-Verordnung in der Fassung BGBl II Nr 311/2005 sieht vor, dass Netzbetreiber, die keine zugelassenen Kunden waren, zur Zahlung verpflichtet sind, wenn und soweit sie zugelassene Kunden an ihr Netz angeschlossen hatten. Die betroffene Partei teilte der Behörde am 20.2.2002 mit, dass keine zugelassenen Kunden an ihr Netz angeschlossen waren. Weiters war die betroffene Partei auch nicht selbst zugelassener Kunde im Sinne des §44 Abs1 und 2 ElWOG. Daher war spruchgemäß zu entscheiden."

II. 1. Die klagende Partei begehrt gemäß Art137 B-VG die Erlassung folgenden "Urteiles" gegen den Bund:

"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei den Betrag von € 132.415,81, samt 4 % Zinsen seit 01.09.2006, sowie die [näher verzeichneten] Kosten dieses Rechtsstreites binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen."

Sie führt aus, sie habe mit Schreiben vom 17. August 2006 erstmals schriftlich die Energie-Control GmbH zur umgehenden Rückzahlung des Klagsbetrages aufgefordert. Eine weitere schriftliche Aufforderung sei durch Schreiben vom 4. Oktober 2006 erfolgt. Daher sei der Klagsbetrag spätestens mit 1. September 2006 zur Zahlung fällig.

Zur "Passivlegitimation" des Bundes führt die klagende Partei aus, nach den gesetzlichen Grundlagen, insbesondere der Art und Weise der Organisation der Energie-Control GmbH sowie ihrer Aufgabenstellung sei offenkundig, dass diese Gesellschaft öffentliche Aufgaben besorge, wobei der Bund jener Rechtsträger sei, für den die Aufgabenbesorgung erfolge. In einem solchen Fall sei die Passivlegitimation einer Gebietskörperschaft selbst dann gegeben, wenn Sondervermögen bei einem anderen Rechtsträger gebildet wird, dieser aber darüber nicht verfügungsberechtigt ist

(VfSlg. 14.372/1995, 15.459/1999). Die beklagte Partei habe innerhalb der von der klagenden Partei gesetzten Frist keine Zahlung geleistet.

Die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofs nach Art137 B-VG liege vor, weil weder die ordentlichen Gerichte zuständig seien, da der Rückforderungsanspruch der klagenden Partei im öffentlichen Recht wurzle, noch ein Verwaltungsweg vorgesehen sei.

Die beklagte Partei sei zur Rückzahlung des Klagsbetrages an die Klägerin verpflichtet, da der Rechtstitel, auf den sich die beklagte Partei bzw. in deren Auftrag die Energie-Control GmbH stütze, mit dem Bescheid der Energie-Control Kommission vom 18. Jänner 2006 weggefallen sei. Die beklagte Partei sei daher zu Unrecht bereichert und demnach zur Rückzahlung verpflichtet.

2. Die beklagte Partei erstattete eine Gegenschrift, in der sie zur Frage der Zulässigkeit der Klage ausführt:

"Die Zuständigkeit des VfGH ist gemäß Art137 B-VG nur für solche vermögensrechtlichen Ansprüche u.a. gegen den Bund gegeben, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind. Diese negative Voraussetzung ist beim gegenständlichen Anspruch nicht erfüllt: Zur Austragung eines derartigen Anspruches ist das Verfahren vor den Regulierungsbehörden nach den Bestimmungen des Energie-Regulierungsbehördengesetzes (E-RBG) BGBl. I Nr. 148/2002 idgF eingerichtet. Die klagende Partei hätte einen bescheidmäßigen Ausspruch der Regulierungsbehörde, sei es in Form einer Feststellung der Verpflichtung des Bundes zur Rückzahlung oder in Form eines Leistungsbefehles an den Bund, zu erwirken und gegebenenfalls die Sache gem. §16 Abs3a leg.cit. beim ordentlichen Gericht anhängig zu machen gehabt."

Zur "Aktivlegitimation" führt der Bund aus:

"Richtig ist zwar, dass die klagende Partei Stranded Costs-Beiträge in Höhe von € 132.415,81 an die E-Control GmbH geleistet hat. Diese Beiträge waren gemäß der damaligen Rechtslage auf Basis der von der klagenden Partei an die an ihr Netz angeschlossenen Endverbraucher, die nicht zugelassene Kunden im Sinne des ElWOG waren, gelieferten Strommengen berechnet. Nicht vorgebracht wird jedoch, ob die klagende Partei diese Beiträge aus eigenem Vermögen bezahlt oder zuvor ihrerseits von den Endverbrauchern eingehoben hat. Die Aktivlegitimation ist daher zumindest vorsichtsweise zu bestreiten: Die klagende Partei kann nicht die Rückzahlung von Stranded Costs-Beiträgen fordern, die sie gar nicht aus eigenem Vermögen geleistet hat, und wären in einem solchen Fall alleine die jeweiligen Endverbraucher zur Rückforderung berechtigt."

Weiters führt der Bund aus, er bestreite das Klagebegehren dem Grunde nach sowie hinsichtlich der Zinsenlaufzeit der Höhe nach. Der Klagsbetrag selbst werde der Höhe nach außer Streit gestellt.

Die Energie-Control GmbH habe die beanspruchte Rückzahlung deshalb nicht veranlassen können, weil die geleisteten Zahlungen bereits an die begünstigten Unternehmen weitergeleitet worden seien und diese der Rückzahlung nicht zugestimmt hätten. Nach wie vor liege eine Zustimmung sämtlicher Begünstigter nicht vor.

Zum "Zinsenbegehren" führt der Bund aus, der im Schreiben vom 17. August 2006 an die Energie-Control GmbH geltend gemachte Erstattungsanspruch habe sich nicht an ihn als beklagte Partei gerichtet. Da es sich um einen Bereicherungsanspruch handle, liege Verzug erst dann vor, wenn innerhalb der in einem die Zahlung vom Bereicherten begehrenden Schreiben gesetzten angemessenen Frist eine Leistung nicht erfolgt; das gelte ungeachtet des Umstandes, dass die Verpflichtung zur Rückzahlung mit der Behebung des Titelbescheides entstehe. Sollte das in der Klage erwähnte weitere Schreiben vom 4. Oktober 2006 an die Beklagte ergangen sein, käme eine Fälligkeit nach Ablauf einer angemessenen Frist ab Einlangen des Schreibens in Betracht, sonst würde der Zinsenlauf erst mit Zustellung der Klage beginnen.

Im Hinblick darauf, dass sich der Bund im Falle einer Stattgabe der Klage gemäß §69 Abs6 ElWOG gegenüber den iSd §2 der Stranded Costs-Verordnung II begünstigten Unternehmen regressieren müsste, verkündete der Bund den Streit der Verbund Austrian Thermal Power GmbH & Co KG, der Verbund Austrian Hydro Power AG, der Steirischen Wasserkraft- und Elektrizitäts AG, der STEWEAG STEG GmbH, der KELAG - Kärntner Elektrizitäts AG sowie der TIWAG - Tiroler Wasserkraft AG. Die genannten Unternehmen haben sich im Verfahren jedoch nicht geäußert.

III. Der Verfassungsgerichtshof hat zur Zulässigkeit der Klage erwogen:

Gemäß Art137 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über vermögensrechtliche Ansprüche an den Bund, die Länder, die Bezirke, die Gemeinden und Gemeindeverbände, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind.

Mit der vorliegenden Klage wird ein vermögensrechtlicher Anspruch gegen den Bund geltend gemacht. Der Bund bestreitet seine passive Klagslegitimation nicht (vgl. im Übrigen die diesbezüglichen, auf den vorliegenden Fall übertragbaren Ausführungen im Erkenntnis VfSlg. 17.662/2005, ebenfalls betreffend Mittel, die die Energie-Control GmbH treuhändig verwaltet).

Im Erkenntnis vom 27. September 2007, B1992/06, hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass weder §69 ElWOG noch §13 E-RBG Regelungen enthalten, die die Energie-Control GmbH zur Entscheidung über Ansprüche auf Rückforderung bezahlter Stranded Costs-Beiträge zuständig machen. Auch aus §10 Abs1 der Stranded Costs-Verordnung II idF BGBl. II 311/2005, die eine bescheidmäßige Vorschreibung der Stranded Costs-Beiträge durch die Energie-Control GmbH vorsieht, kann keine Zuständigkeit zur Entscheidung über Rückforderungsansprüche entnommen werden.

Im Gegensatz zum Sachverhalt, der dem Beschluss des Verfassungsgerichtshofs vom 11. Oktober 2007, A19/06, zugrunde lag, ist hier auch kein weiterer Bescheid notwendig, um alle Voraussetzungen eines nach Art137 geltend zu machenden Anspruches zu schaffen:

Mit dem - rechtskräftigen - Bescheid der Energie-Control Kommission vom 18. Jänner 2006 wurde - in Anwendung des §10 Abs1 Stranded Costs-Verordnung II in der Fassung BGBl. II 311/2005 - die ursprüngliche Verpflichtung zur Leistung von Stranded Costs-Beiträgen in der Höhe von € 132.415,81 auf € 0 herabgesetzt. Da die klagende Partei Stranded Costs-Beiträge in der Höhe von € 132.415,81 geleistet hat, hat sie mit der bescheidmäßigen Neufestsetzung der Stranded Costs-Beiträge in der Höhe von € 0 einen Rückerstattungsanspruch erworben (vgl. zur Begründetheit dieses Anspruchs unten IV.).

Wie sich aus der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs zur Liquidation bescheidmäßig zuerkannter Ansprüche insbesondere aus öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen (VfSlg. 8243/1978, 12.312/1990, 13.221/1992) ergibt, schließt der Umstand, dass über den Bestand des Anspruchs durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu entscheiden war, die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes für Klagen auf Rückzahlung einer Leistung nicht aus, deren Rechtsgrund durch den Bescheid, mit dem die Beiträge neu festgesetzt wurden, weggefallen ist.

Auch die Gerichte sind dafür nicht zuständig. Der durch Bescheid zuerkannte Anspruch wurzelt offenkundig im öffentlichen Recht und ist keine bürgerliche Rechtssache im Sinne des §1 JN; auch keine andere Vorschrift eröffnet hiefür den ordentlichen Rechtsweg.

Das Vorbringen der beklagten Partei, der geltend gemachte Anspruch sei zunächst vor den Regulierungsbehörden nach den Bestimmungen des Energie-Regulierungsbehördengesetzes (E-RBG) auszutragen, woraufhin nach §16 Abs3a leg.cit. die ordentlichen Gerichte anzurufen seien, ist nicht nachvollziehbar. Ganz offenkundig liegt hier keiner der in §16 Abs3a leg.cit. verwiesenen Tatbestände von Streitschlichtungen durch die Energie-Control Kommission vor.

Der Verfassungsgerichtshof ist daher zur Entscheidung über die Liquidation des Anspruches zuständig.

IV. Der Verfassungsgerichtshof hat in der Sache erwogen:

1. Mit der nunmehr vorliegenden rechtskräftigen Feststellung, dass von der klagenden Partei keine Stranded Costs-Beiträge für den maßgeblichen Zeitraum zu entrichten waren, ist der stattgefundenen Vermögensverschiebung die rechtliche Deckung entzogen. Die klagende Partei leitet daraus zu Recht einen Rückzahlungsanspruch gegenüber dem Bund ab (vgl. zB VfSlg. 8542/1979, 14.420/1996). Die Rückzahlung des Differenzbetrages zwischen der ursprünglichen und der abgeänderten Festsetzung der Verpflichtung der klagenden Partei zur Zahlung von Stranded Costs-Beiträgen ist unbestrittener Maßen bisher unterblieben.

Dem Einwand der beklagten Partei, die klagende Partei bringe nicht vor, ob sie diese Beiträge aus eigenem Vermögen bezahlt oder zuvor ihrerseits von den Endverbrauchern eingehoben hat - in einem solchen Fall wären alleine die jeweiligen Endverbraucher zur Rückforderung berechtigt - ist nicht zu folgen. Mit dieser Argumentation wird das Rechtsverhältnis zwischen der klagenden Partei als Netzbetreiber und deren Kunden angesprochen, das jedoch nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist.

Der Klage war daher hinsichtlich des Betrages der geleisteten Stranded Costs-Beiträge (€ 132.415,81) stattzugeben.

2. Zu den Verzugszinsen:

Wenn das Gesetz - wie hier - nichts Gegenteiliges bestimmt, sind nach der ständigen, mit dem Erkenntnis VfSlg. 28/1919 beginnenden Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes auch bei öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen Verzugszinsen zu entrichten, allerdings erst ab dem Zeitpunkt des Verzuges (vgl. VfSlg. 16.858/2003).

Im Schreiben der klagenden Partei vom 17. August 2006, mit dem sie die Energie-Control GmbH zur umgehenden Rückzahlung des Klagsbetrages aufgefordert hat, hat die klagende Partei keine Leistungsfrist gesetzt.

Die beklagte Partei ist nicht im Recht, wenn sie ausführt, aufgrund dieses Schreibens habe schon deshalb kein Verzug eintreten können, da es nicht an die beklagte Partei, sondern an die Energie-Control GmbH gerichtet war. Denn die Energie-Control GmbH ist - aus dem Blickwinkel des Art137 B-VG - als eine Erscheinungsform des Bundes iSd stRsp des Verfassungsgerichtshofes zu betrachten (vgl. VfSlg. 17.662/2005), weshalb die an sie gerichtete Zahlungsaufforderung als an den Bund gerichtet zu werten ist.

Für den Fall des Fehlens einer Fristsetzung vertritt die beklagte Partei selbst den Standpunkt, die Fälligkeit könnte nach Ablauf einer angemessenen Frist ab Einlangen des Schreibens eintreten. Der Verfassungsgerichtshof nimmt daher wie die klagende Partei die Fälligkeit des Klagsbetrages und den Verzug der beklagten Partei mit 1. September 2006 an (vgl. zB VfSlg. 11.064/1986).

Das Zinsenbegehren bestand daher ab diesem Tag zu Recht.

3. Die dem Kläger gebührenden Kosten waren gemäß §41 iVm §35 Abs1 VfGG und §41 Abs2 ZPO nach dem RATG, BGBl. 189/1969 idgF, auszumessen. In den zugesprochenen Kosten sind die Eingabengebühr in Höhe von € 180,00 sowie Umsatzsteuer in Höhe von € 336,12 enthalten.

4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

VfGH / Klagen, Energierecht, Elektrizitätswesen, Abänderung undBehebung von amtswegen, VfGH / Kosten, VfGH / Zinsen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2007:A3.2007

Zuletzt aktualisiert am

30.01.2009
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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