TE Vfgh Erkenntnis 2013/6/29 B287/2012

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Veröffentlicht am 29.06.2013
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Index

66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art83 Abs2
B-VG Art 133 Z4
EMRK Art6 Abs1 / Tribunal
EMRK Art13
ASVG §31 Abs2 Z1, Abs3, §351c ff, §351g, §351h, §351j
Verfahrensordnung zur Herausgabe des Erstattungskodex nach §351g ASVG §23, §24, §25
Richtlinie 89/105/EWG

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Nichtaufnahme der Arzneispezialität Lucentis in den gelben Bereich des Erstattungskodex nach erneuter Antragstellung infolge Neuzulassung für eine weitere Erkrankung; keine Bedenken gegen die Zulässigkeit eines sektorenübergreifenden Vergleichs für die Wirtschaftlichkeitsprüfung bei Fehlen von Vergleichspräparaten; vorgenommener Kosten/Nutzenvergleich nicht denkunmöglich; keine willkürliche Annahme der nicht ausreichenden Wirtschaftlichkeit des Präparats

Spruch

I.              Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

II.              Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1. Am 13. April 2007 stellte die beschwerdeführende Partei den Antrag auf Aufnahme von Lucentis (mit dem Wirkstoff Ranibizumab) in den gelben Bereich des Erstattungskodex zur Behandlung von Patienten mit "feuchter", altersabhängiger Makuladegeneration (AMD). Dieser Antrag wurde zuletzt im vierten Rechtsgang mit Entscheidung der Unabhängigen Heilmittelkommission vom 25. März 2010 abgewiesen; die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 29. Juni 2013, B938/10, abgewiesen.

2. Am 7. März 2011 stellte die beschwerdeführende Partei erneut einen Antrag auf Aufnahme von Lucentis 10mg/ml Injektionslösung in den elben Bereich des Erstattungskodex, und zwar nun zur "Behandlung einer Visusbeeinträchtigung infolge eines diabetischen Makulaödems (DMÖ)", für welche die Arzneispezialität seit 7. Jänner 2011 neu zugelassen sei, mit der Beschränkung, dass Lucentis nur von qualifizierten Ophthalmologen, mit Erfahrung in der Durchführung intravitrealer Injektionen appliziert werden dürfe. Diesem Antrag lag u.a. eine Fachinformation der Zulassungsbehörde bei, wonach bei einer Visusbeeinträchtigung infolge eines diabetischen Makulaödems die empfohlene Dosis 0,5 mg, verabreicht als intravitreale Einzelinjektion, betrage. Dies entspreche einem Injektionsvolumen von 0,05 ml. Die Behandlung erfolge monatlich und werde solange fortgesetzt, bis der maximale Visus erreicht sei. Dieser gelte als erreicht, wenn der Visus des Patienten unter Behandlung mit Lucentis bei drei aufeinander folgenden monatlichen Kontrollen stabil bleibe. Stelle sich über den Verlauf von drei Injektionen keine Verbesserung der Sehschärfe ein, sei eine Weiterbehandlung nicht zu empfehlen. Anschließend solle der Visus des Patienten monatlich kontrolliert werden. Die Behandlung werde wieder aufgenommen, wenn bei der Kontrolle ein Verlust der Sehschärfe infolge eines diabetischen Makulaödems festgestellt werde. Monatliche Injektionen sollten verabreicht werden, bis der Visus erneut bei drei aufeinander folgenden monatlichen Kontrollen stabil bleibe (dies setze zumindest zwei Injektionen voraus). Der Zeitintervall zwischen zwei Injektionen solle einen Monat nicht unterschreiten. Nach einer Laserphotokoagulation sollte Lucentis frühestens nach 30 Minuten appliziert werden. Die Injektion müsse unter aseptischen Bedingungen durchgeführt werden. Dies beinhaltet eine chirurgische Händedesinfektion, sterile Operationshandschuhe, ein steriles Abdecktuch sowie ein steriles Lidspekulum (oder ein vergleichbares Instrument) und es müsse bei Bedarf die Möglichkeit bestehen, eine sterile Parazentese (also die Herstellung einer Öffnung zur Senkung des Augenkammerdrucks für den Fall eines Anstiegs des Augeninnendrucks als Folge der Injektion) durchzuführen. Vor der Verabreichung solle eine gründliche Anamnese hinsichtlich möglicher Überempfindlichkeitsreaktionen erhoben werden. Vor der Injektion sei die Desinfektion der periokularen Haut, des Augenlids und der Augenoberfläche sowie eine adäquate Anästhesie und die Verabreichung eines topischen Breitbandantibiotikums erforderlich.

Ferner lagen dem Antrag weitere Unterlagen, wie Studien mit dem Titel "Restore und Resolve", sowie die Zusammenfassung des Europäischen Öffentlichen Beurteilungsberichtes der Zulassungsbehörde European Medicines Agency bei.

Mit Schreiben vom 24. Mai 2011 forderte der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger die beschwerdeführende Partei auf, eine Begründung für eine "divergierende Datendarstellung der RESOLVE-Studie" nachzureichen. Mit Schriftsatz vom 13. Juli 2011 kam die beschwerdeführende Partei dieser Aufforderung nach und erstattete zugleich ein degressives Preisanbot mit einem Höchstpreis im Ausmaß des EU-Durchschnittspreises von € 954,64 und degressiv sinkenden Preisen in Abhängigkeit vom Umsatz gegen Nachverrechnung.

Mit Schreiben vom 9. August 2011 teilte der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger der beschwerdeführenden Partei mit, dass die Möglichkeit einer vom Antrag abweichenden Entscheidung bestehe. Der Vorhalt bezog sich auf das Erfordernis einer Einbettung der Therapie in eine umfassende Diabetes-Vorsorge und auf eine Einschränkung des medizinisch-therapeutischen Nutzens anhand der Ergebnisse der vorgelegten Studien auf bloß eine Untergruppe der Patienten im Vergleich zu therapeutischen Alternativen (§24 Abs2 Z5 VO-EKO), während die Selbsteinstufung der beschwerdeführenden Partei von einem Nutzen für die Mehrzahl der in Betracht kommenden Patienten ausgehe (§24 Abs2 Z6 VO-EKO). Ferner stellte der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger in einem "sektorenübergreifenden Kostenvergleich" mit darauf folgender näherer Begründung den Fabriksabgabepreis von Lucentis in der Höhe von € 954,64 der Anwendung von Lucentis im Rahmen "eines umfassenden Leistungspaketes" (gemeint: in einer Krankenanstalt) gegenüber, wofür Kosten von € 362,– bei Tagespatienten und von € 737,– bei Patienten mit einer durchschnittlichen Aufenthaltsdauer von einer Nacht entstünden. Die Wirtschaftlichkeit sei daher nicht gegeben. Die beschwerdeführende Partei widersprach in einer Stellungnahme vom 23. Juli 2011 den Auffassungen des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger mit näherer Begründung.

Nach dem Protokoll der Befassung der Heilmittelevaluierungskommission vom 13. Oktober 2011 wurde der beantragte Innovationsgrad gemäß §23 Abs2 Z7 VO-EKO bestätigt, es wurde auch der Einschätzung der beschwerdeführende Partei im Sinne des §24 Abs2 Z6 VO-EKO gefolgt, wonach "die beantragte Arzneispezialität einen wesentlichen zusätzlichen therapeutischen Nutzen für die Mehrzahl der Patienten/Patientinnen, welche für die Behandlung mit dem beantragten Mittel in Frage kommen, im Vergleich zu therapeutischen Alternativen" habe. Hingegen wurde die beantragte Verwendung allein durch qualifizierte Ophtalmologen nicht akzeptiert. Es wurde vielmehr ein "interdisziplinäres Behandlungskonzept" gefordert, welches eine optimale Diabeteseinstellung gemäß "aktuellen Guidelines", nach Möglichkeit die Teilnahme an einem "Diabetes Disease Management Programm", sowie "Diagnose, Therapieauswahl, regelmäßige Kontrollen in geeigneten Zentren mit qualifizierter ophtalmologischer und diabetologischer Betreuung, inklusive Erfahrung in der Durchführung intravitrealer Injektionen" und die "Aufnahme in ein Register zur Erfassung der Langzeitwirksamkeit und -sicherheit der gewählten Behandlung" umfassen sollte. Grundlagen der pharmakoökonomischen Studie wurden in Zweifel gezogen, die Nichtberücksichtigung von schwerwiegenden "adverse events" (unerwünschter Ergebnisse), wie zB Erblindung, in den Studien kritisiert und es wurde die Prämisse in Zweifel gezogen, dass jeweils nur ein Auge behandelt wird und der beschwerdeführenden Partei die von ihr selbst vorgelegte Studie "NICE" vorgehalten, wonach in 35 % aller Fälle beide Augen behandelt werden müssten. Zur Frage der Wirtschaftlichkeit äußerte sich die Heilmittelevaluierungskommission ebenso wie zuvor der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger. Es wurde keine Aufnahme in den Erstattungskodex vorgeschlagen.

Mit "Entscheidung" genanntem Bescheid vom 17. Oktober 2011 wies der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger den Antrag der beschwerdeführenden Partei ab und verfügte die Streichung aus dem (zu ergänzen: roten Bereich des) Erstattungskodex. Die Begründung dieses Bescheides entspricht der Empfehlung der Heilmittelevaluierungskommission.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei Beschwerde an die Unabhängige Heilmittelkommission, welche diese Beschwerde mit dem angefochtenen Bescheid vom 26. Jänner 2012 abgewiesen hat.

Die Argumentationen des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger, wonach die Möglichkeit einer Kombinationsbehandlung mit Laserkoagulation bestehe und daher im Hinblick auf die Kosten für beide Therapieformen auch insoweit der Nachweis eines zusätzlichen therapeutischen Nutzens zu erbringen sei, sowie, dass das Ausreichen einer maximalen Behandlungsdauer von zwei Jahren ebenso fraglich sei wie die Dauer des Anhaltens eines Therapieerfolges, und dass Langzeitdaten zur Sicherheit benötigt würden, seien nachvollziehbar. Die belangte Behörde teilt auch die gesundheitsökonomische Auffassung des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger und verweist auf sein eingangs erwähntes, im früheren Verfahren ergangenes Vorerkenntnis. Das von der beschwerdeführenden Partei angebotene "Rabattmodell" entspreche nicht den Vorgaben des §25 VO-EKO.

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte sowie in Rechten wegen Anwendung verfassungswidriger Normen behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

4. Die Unabhängige Heilmittelkommission hat die Verwaltungsakten vorgelegt und von der Erstattung einer Gegenschrift abgesehen; der beteiligte Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger hat eine Äußerung vom 7. Mai 2012 erstattet.

II. Rechtslage

1. Die im Beschwerdefall in Betracht zu ziehenden Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes – ASVG, BGBl 189/1955, in der hier maßgeblichen Fassung, lauten auszugsweise:

§31 Abs2 Z1 und 3, Z12 ASVG gehört zu den Aufgaben des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger:

"(2) Dem Hauptverband obliegt

1. die Wahrnehmung der allgemeinen und gesamtwirtschaftlichen Interessen im Vollzugsbereich der Sozialversicherung,

[…]

(3) Zu den Aufgaben im Sinne des Abs2 Z1 gehören:

[…]

12. die Herausgabe eines Erstattungskodex der Sozialversicherung für die Abgabe von Arzneispezialitäten auf Rechnung eines Sozialversicherungsträgers im niedergelassen Bereich; in dieses Verzeichnis sind jene für Österreich zugelassenen, erstattungsfähigen und gesichert lieferbaren Arzneispezialitäten aufzunehmen, die nach den Erfahrungen im In- und Ausland und nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft eine therapeutische Wirkung und einen Nutzen für Patienten und Patientinnen im Sinne der Ziele der Krankenbehandlung (§133 Abs2) annehmen lassen. Die Arzneispezialitäten sind nach dem anatomisch-therapeutisch-chemischen Klassifikationssystem der Weltgesundheitsorganisation (ATC-Code) zu ordnen. Sie sind im Erstattungskodex jeweils einem der folgenden Bereiche zuzuordnen:

a) Roter Bereich (red box): Dieser Bereich beinhaltet zeitlich befristet jene Arzneispezialitäten, die erstmalig am österreichischen Markt lieferbar sind und für deren Aufnahme in den Erstattungskodex ein Antrag nach §351c Abs1 gestellt wurde. Sie unterliegen der ärztlichen Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes der Sozialversicherungsträger nach Maßgabe der Richtlinie nach §31 Abs5 Z13. Zur Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit darf einem Sozialversicherungsträger für eine Arzneispezialität dieses Bereiches der ermittelte EU-Durchschnittspreis verrechnet werden.

b) Gelber Bereich (yellow box): Dieser Bereich beinhaltet jene Arzneispezialitäten, die einen wesentlichen zusätzlichen therapeutischen Nutzen für Patienten und Patientinnen aufweisen und die aus medizinischen oder gesundheitsökonomischen Gründen nicht in den grünen Bereich aufgenommen werden. Arzneispezialitäten dieses Bereiches unterliegen der ärztlichen Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes der Sozialversicherungsträger nach Maßgabe der Richtlinie nach §31 Abs5 Z13. Bezieht sich die Aufnahme von Arzneispezialitäten in diesen Bereich auch auf bestimmte Verwendungen (zB Gruppen von Krankheiten, ärztliche Fachgruppen, Altersstufen von Patient(inn)en, Mengenbegrenzung oder Darreichungsform), kann die ärztliche Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes durch eine nachfolgende Kontrolle der Einhaltung der bestimmten Verwendung ersetzt werden. Zur Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit darf einem Sozialversicherungsträger für eine Arzneispezialität dieses Bereiches höchstens der ermittelte EU-Durchschnittspreis verrechnet werden.

c) Grüner Bereich (green box): Dieser Bereich beinhaltet jene Arzneispezialitäten, deren Abgabe ohne ärztliche Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes der Sozialversicherungsträger auf Grund ärztlicher Verschreibung medizinisch und gesundheitsökonomisch sinnvoll und vertretbar ist. Die Aufnahme von Arzneispezialitäten in diesem Bereich kann sich auch auf bestimmte Verwendungen (zB Gruppen von Krankheiten, ärztliche Fachgruppen, Altersstufen von Patient(inn)en oder Darreichungsform) beziehen.

d) Die Stoffe für magistrale Zubereitungen gelten als Teil des grünen Bereiches, es sei denn, sie werden auf Grund einer Empfehlung der Heilmittel-Evaluierungs-Kommission ausdrücklich im gelben Bereich angeführt.

Arzneispezialitäten und Stoffe für magistrale Zubereitungen können nur dann als Leistung der Krankenbehandlung auf Rechnung eines Sozialversicherungsträgers abgegeben werden, wenn sie im Erstattungskodex angeführt sind (§350). In begründeten Einzelfällen ist die Erstattungsfähigkeit auch dann gegeben, wenn die Arzneispezialität nicht im Erstattungskodex angeführt ist, aber die Behandlung aus zwingenden therapeutische Gründen notwendig ist und damit die Verschreibung in diesen Einzelfällen nicht mit Arzneispezialitäten aus dem Erstattungskodex durchgeführt werden kann. Diese unterliegen der ärztlichen Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes. Die nähere Organisation und das Verfahren zur Herausgabe des Erstattungskodex regelt der Hauptverband in der Verordnung nach §351g. Er hat dazu als beratendes Gremium eine Heilmittel-Evaluierungs-Kommission einzurichten."

§350 ASVG in der Fassung des Zahnärztereform-BegleitG, BGBl I Nr 155/2005, lautet:

"Abgabe von Heilmitteln

§350. (1) Heilmittel (§136) und Heilbehelfe (§137) usw. dürfen für Rechnung der Krankenversicherungsträger von Apothekern und Hausapotheken führenden Ärzten nur unter folgenden Voraussetzungen abgegeben werden:

1. Bestehen eines Vertragsverhältnisses mit dem Krankenversicherungsträger,

2. Verordnung

a) durch einen/eine Vertragsarzt/Vertragsärztin, Vertragszahnarzt/Vertragszahnärztin, Vertragsdentist/Vertragsdentistin (eine Vertrags-Gruppenpraxis) oder

b) durch einen ermächtigten/eine ermächtigte Arzt/Ärztin oder Zahnarzt/Zahnärztin, der/die bei einer Vertragskrankenanstalt beschäftigt ist, welche mit dem zuständigen Sozialversicherungsträger eine Vereinbarung über Verordnungen abgeschlossen hat,

- bei der Entlassung von PatientInnen aus der stationären Pflege oder

- während der Nachtstunden, an Wochenenden oder Feiertagen, wenn die Verordnung wegen Unaufschiebbarkeit der ärztlichen oder zahnärzlichen Handlung erforderlich ist, und

3. Verschreibbarkeit nach den Regeln des vom Hauptverband herausgegebenen Erstattungskodex (§31 Abs3 Z12) und nach den Richtlinien über die ökonomische Verschreibweise (§31 Abs5 Z13).

(2) Verschreibungen von Heilmitteln durch Wahlärzte/Wahlärztinnen, Wahlzahnärzte/Wahlzahnärztinnen, Wahldentisten/Wahldentistinnen oder Wahl-Gruppenpraxen (§131 Abs1) sind, wenn die Anspruchsberechtigung gegeben und die Verordnung nach den Richtlinien über die ökonomische Verschreibweise zugelassen ist, im Falle der Bestätigung durch den Versicherungsträger den von den Vertragsärzten/Vertragsärztinnen, Vertragszahnärzten/Vertragszahnärztinnen und Vertragsdentisten/Vertragsdentistinnen (Vertrags-Gruppenpraxen) ausgestellten Rezepten gleichzustellen.

(3) Bedarf eine Arzneispezialität oder ein Stoff für magistrale Zubereitungen, um auf Rechnung eines Sozialversicherungsträgers abgegeben werden zu können, der ärztlichen Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes der Sozialversicherungsträger, so ist diese Bewilligung unbeschadet des Bescheidrechtes des (der) Versicherten nach §367 vom/von der verordnenden Arzt/Ärztin oder Zahnarzt/Zahnärztin (Dentist/Dentistin) einzuholen. Die Einholung der Bewilligung darf nicht auf den Patienten (die Patientin) übertragen werden. Wird die Bewilligung von Arzneispezialitäten im gelben Bereich des Erstattungskodex durch die nachfolgende Kontrolle nach §31 Abs3 Z12 litb ersetzt, ist die Zulässigkeit der Verschreibung auf Kosten der Sozialversicherungsträger von der Durchführung einer Dokumentation (§31 Abs5 Z13) über Vorliegen und Einhaltung der bestimmten Verwendungen abhängig. Bei Verschreibungen ohne oder mit mangelhafter Dokumentation ist der Arzt/die Ärztin oder der Zahnarzt/die Zahnärztin (der Dentist/die Dentistin) nachweislich zu verwarnen; bei Wiederholung der Verletzung sind dem Sozialversicherungsträger die Kosten der Arzneispezialitäten vom/von der verschreibenden Arzt/Ärztin oder Zahnarzt/Zahnärztin (Dentist/Dentistin) zu ersetzen. Findet der Ersatz nicht statt oder nach wiederholtem Verstoß gegen die Dokumentationspflicht, kann dem Arzt/der Ärztin oder dem Zahnarzt/der Zahnärztin (dem Dentisten/der Dentistin) die ausnahmslose Bewilligungspflicht für Arzneispezialitäten des gelben Bereiches des Erstattungskodex befristet bis zur Dauer von drei Jahren auferlegt werden.

(4) Die Wahl der Apotheke nach Abs1 obliegt dem (der) Anspruchsberechtigten; die Zuweisung an eine bestimmte Apotheke ist unzulässig."

§351c – 351j ASVG in der jeweils hier maßgeblichen Fassung, zuletzt BGBl I 61/2010, lauten:

"Abschnitt V.

Aufnahme von Arzneispezialitäten in den Erstattungskodex

§351c. (1) Das vertriebsberechtigte Unternehmen beantragt beim Hauptverband die Aufnahme einer Arzneispezialität in den gelben oder den grünen Bereich des Erstattungskodex. Mit Einlangen des Antrages, mit dem zumindest die Zulassungsnummer und ein Preis bekannt gegeben wird und dem eine Bestätigung der Lieferfähigkeit und eine Bestätigung über die Dauer der Patentlaufzeit angeschlossen ist, wird die Arzneispezialität zeitlich befristet in den roten Bereich aufgenommen. Stellt der Hauptverband innerhalb von 90 Tagen (wird auch über den Preis entschieden, innerhalb von 180 Tagen) nach Einlangen des Antrages fest, dass die Arzneispezialität nicht in den gelben oder grünen Bereich des Erstattungskodex aufzunehmen ist, so ist sie aus dem roten Bereich des Erstattungskodex zu streichen. Der Hauptverband hat die Änderungen des Erstattungskodex monatlich im Internet kundzumachen.

(2) Der Hauptverband hat eine Liste jener Arzneimittelkategorien zu erstellen, die im Allgemeinen nicht zur Krankenbehandlung im Sinne des §133 Abs2 geeignet sind, da sie zB überwiegend

- zur Behandlung in Krankenanstalten,

- unter ständiger Beobachtung oder

- zur Prophylaxe

verwendbar sind. Diese Liste samt einer Begründung für die Anführung der Arzneimittelkategorien ist im Internet zu veröffentlichen.

(3) Zur Beurteilung eines Antrages nach Abs1, insbesondere inwieweit ein wesentlicher therapeutischer Nutzen für Patienten und Patientinnen oder eine wesentliche therapeutische Innovation vorliegt, sind vom Antragsteller pharmakologische, medizinisch-therapeutische und gesundheitsökonomische Unterlagen vorzulegen. Das vertriebsberechtigte Unternehmen ist verpflichtet, bei der Antragstellung auf Aufnahme in den Erstattungskodex mitzuteilen, wann der Patentschutz der in der jeweiligen Arzneispezialität enthaltenen Wirkstoffe in Österreich endet. Die näheren Bestimmungen über das Verfahren zur Aufnahme in den Erstattungskodex und über den Umfang, die Qualität und den Zeitpunkt der Vorlage von Unterlagen, werden in der Verfahrensordnung (§351g) geregelt. Abs1 letzter Satz ist anzuwenden.

(4) Bei Arzneispezialitäten, die vornehmlich der Behandlung von Akutkrankheiten dienen, ist nur jene Packungsgröße aufzunehmen, deren Inhalt für die Behandlung des Regelfalles ausreicht. Bei Arzneispezialitäten, die der Behandlung von chronischen Krankheiten dienen, ist eine Packungsgröße zur Anbehandlung oder Erprobung (Kleinpackung) und eine zweite Packungsgröße für die medikamentöse Versorgung für die Dauer eines Monates aufzunehmen.

(5) Der Hauptverband ist berechtigt, das Verfahren über die Aufnahme einer Arzneispezialität in den Erstattungskodex von sich aus unter sinngemäßer Anwendung der Voraussetzungen und Prüfmaßstäbe nach Abs1 bis 4 und 7 bis 9 sowie nach §31 Abs3 Z12 einzuleiten. Das vertriebsberechtigte Unternehmen ist davon zu verständigen.

(6) Die Preiskommission (§9 Abs3 des Preisgesetzes 1992, BGBl Nr 145/1992) ermittelt für Zwecke der Preisfestsetzung einer Arzneispezialität im Rahmen des roten und gelben Bereiches des Erstattungskodex aus den Preisen in Mitgliedstaaten der Europäischen Union den EU-Durchschnittspreis. Dieser Preis ist von der Preiskommission auf Basis der Meldungen der vertriebsberechtigten Unternehmen unter Beiziehung der Gesundheit Österreich GmbH zu ermitteln. Die Preiskommission hat den jeweils ermittelten Preis dem Hauptverband mitzuteilen. Das Bundesministerium für Gesundheit und Frauen hat die Vorgehensweise der Preiskommission für die Preisermittlung im Internet zu veröffentlichen.

(7) Sonderbestimmungen für den roten Bereich (red box) des Erstattungskodex:

1. Der Preis der Arzneispezialität darf den EU-Durchschnittspreis nicht überschreiten.

2. So lange ein EU-Durchschnittspreis nicht festgestellt werden kann, ist vorläufig der vom vertriebsberechtigten Unternehmen gemeldete Preis heranzuziehen. Die Preiskommission hat spätestens alle sechs Monate eine Preisevaluierung durchzuführen. Wird dabei festgestellt, dass der vorläufige österreichische Erstattungspreis über dem ermittelten EU-Durchschnittspreis liegt, so hat das vertriebsberechtigte Unternehmen den Differenzbetrag innerhalb von sechs Monaten ab begründeter Aufforderung an die Sozialversicherungsträger zurückzuzahlen.

(8) Sonderbestimmungen für den gelben Bereich (yellow box) des Erstattungskodex: Eine Arzneispezialität kann in den gelben Bereich aufgenommen werden, wenn die Heilmittel-Evaluierungs-Kommission (§351g) eine wesentliche therapeutische Innovation festgestellt hat.

(9) Sonderbestimmungen für den grünen Bereich (green box) des Erstattungskodex:

1. Eine Arzneispezialität wird dann in den grünen Bereich aufgenommen, wenn die Heilmittel-Evaluierungs-Kommission in ihrer Empfehlung eine gleiche oder ähnliche therapeutische Wirkung im Vergleich zu bereits im grünen Bereich vorhandenen Arzneispezialitäten festgestellt hat, und ein ausreichend großer Preisunterschied zu diesen Produkten vereinbart werden kann.

2. Wird für die beantragte Arzneispezialität ein höherer Preis, als der für die in diesem Bereich angeführten Vergleichspräparate geltende Preis angestrebt, so muss die Heilmittel-Evaluierungs-Kommission in ihrer Empfehlung einen therapeutischen Mehrwert im Vergleich zu Arzneispezialitäten im grünen Bereich feststellen.

(10) […]

Entscheidung des Hauptverbandes

§351d. (1) Der Hauptverband hat über den Antrag auf Aufnahme in den gelben oder grünen Bereich des Erstattungskodex innerhalb von 90 Tagen (wird auch über den Preis entschieden, innerhalb von 180 Tagen) ab Antragstellung auf Grundlage der Empfehlung der Heilmittel-Evaluierungs-Kommission zu entscheiden. Der Fristenlauf wird gehemmt, wenn die vom vertriebsberechtigten Unternehmen vorzulegenden Unterlagen (zB Studien, Gutachten usw.) nicht, nicht vollständig oder nicht in der aktuellen Fassung vorgelegt werden. Bei der Entscheidung über die Aufnahme in den Erstattungskodex sind für alle Arzneispezialitäten dieselben Prüfmaßstäbe anzulegen.

(2) Der Hauptverband hat seine Entscheidung nur dann zu begründen, wenn dem Antrag nicht stattgegeben wird. Der Antragsteller ist über die Möglichkeit der Beschwerde an die Unabhängige Heilmittelkommission sowie über die Rechtsmittelfristen nach §351i Abs3 zu belehren.

(3) Ist ein Verfahren abgeschlossen, so ist der Hauptverband zur Entscheidung über einen neuerlichen Antrag hinsichtlich ein und [derselben] Arzneispezialität erst dann verpflichtet, wenn das vertriebsberechtigte Unternehmen dem Hauptverband das Vorliegen wesentlicher neuer Erkenntnisse nachweist.

Änderung der Verschreibbarkeit, Preiserhöhung

§351e. (1) Das vertriebsberechtigte Unternehmen kann die Änderung der Verschreibbarkeit seiner im gelben und grünen Bereich des Erstattungskodex angeführten Arzneispezialität (entweder allgemein oder nur für bestimmte Verwendungen) beantragen. Der Hauptverband entscheidet über den Antrag (einschließlich des Preises) innerhalb von 180 Tagen.

(2) Das vertriebsberechtigte Unternehmen kann die Erhöhung des Preises seiner im Erstattungskodex angeführten Arzneispezialität beantragen. §351d Abs1 ist so anzuwenden, dass der Hauptverband bereits innerhalb von 90 Tagen zu entscheiden hat. Bei einer außergewöhnlich hohen Zahl von Anträgen kann diese Frist ein einziges Mal um 60 Tage verlängert werden; die Verlängerung ist dem vertriebsberechtigten Unternehmen vor Ablauf der 90-Tage-Frist mitzuteilen.

[…]

Verordnungsermächtigung, Werbeverbot

§351g. (1) Die nähere Organisation zur Aufnahme einer Arzneispezialität und das Verfahren zur Herausgabe des Erstattungskodex regelt der Hauptverband durch Verordnung, die der Genehmigung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen bedarf. Vor Genehmigung hat eine Anhörung der Wirtschaftskammer Österreich zu erfolgen. Diese Verfahrensordnung hat insbesondere Zahl, Qualität und Form der vorzulegenden Unterlagen festzulegen und Regeln darüber zu enthalten, in welchen Fällen weiterführende Studien notwendig sind. Die Verordnung ist vom Hauptverband im Internet kundzumachen.

(2) In der Verordnung nach Abs1 wird das Verfahren der Heilmittel-Evaluierungs-Kommission geregelt. Dieser Kommission sind alle Anträge auf Aufnahme (einschließlich aller Änderungen) einer Arzneispezialität in den Erstattungskodex vorzulegen. Diese Kommission ist auch anzuhören, wenn der Hauptverband von sich aus eine Veränderung im Erstattungskodex beabsichtigt. Die Kommission hat dem Hauptverband insbesondere zu empfehlen,

1. ob und für welche Indikationen und Gruppen von Patienten und Patientinnen ein wesentlicher zusätzlicher therapeutischer Nutzen einer Arzneispezialität vorliegt und wie dieser ökonomisch bewertet werden kann, damit die Arzneispezialität in den gelben Bereich aufgenommen werden oder dort verbleiben kann,

2. ob und welcher therapeutische Mehrwert (Zusatznutzen für Patienten und Patientinnen) einer Arzneispezialität vorliegt und wie dieser ökonomisch bewertet werden kann, damit die Arzneispezialität in den grünen Bereich aufgenommen werden oder dort verbleiben kann,

3. ob im Sinne einer sicheren und wirtschaftlichen Versorgung der Patienten und Patientinnen ein Vergabeverfahren für Wirkstoffe oder Wirkstoffgruppen eingeleitet werden sollte, um günstigere Bedingungen für die Heilmittelerstattung zu erreichen (zB wenn das Preisband zu breit oder keine Nachfolge durch ein Generikum möglich ist) und

4. bei welchen medizinischen Bedürfnissen und epidemiologischen Notwendigkeiten die ärztliche Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes der Sozialversicherungsträger angewendet werden sollte.

Die Empfehlungen der Heilmittel-Evaluierungs-Kommission haben den Kriterien der Wissenschaft, der Transparenz und der gesundheitsökonomischen Bewertungen zu entsprechen.

(3) Der Heilmittel-Evaluierungs-Kommission gehören zehn Vertreter der Sozialversicherung, drei unabhängige Vertreter der Wissenschaft aus einschlägigen Fachrichtungen (Pharmakologen und Mediziner von Universitätsinstituten), je zwei Vertreter der Wirtschaftskammer Österreich, der Bundesarbeitskammer und der Österreichischen Ärztekammer sowie ein Vertreter der Österreichischen Apothekerkammer an. Weiters gehört der Heilmittel-Evaluierungs-Kommission eine Vertreterin/ein Vertreter der Bundesländer an, mit der/dem Empfehlungen, ob neue Arzneispezialitäten intra- und/oder extramural verabreicht werden können, abzustimmen sind, ohne dass sich die Mehrheitsverhältnisse in der Kommission dadurch ändern.

[…]

Einrichtung und Zusammensetzung der
Unabhängigen Heilmittelkommission

§351h. (1) Zur Überprüfung der Entscheidungen des Hauptverbandes über die Aufnahme von Arzneispezialitäten in den Erstattungskodex ist beim Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen eine Unabhängige Heilmittelkommission einzurichten.

(2) Die Unabhängige Heilmittelkommission besteht aus einem Richter (einer Richterin) des Obersten Gerichtshofes oder eines Oberlandesgerichtes als Vorsitzendem (als Vorsitzender) und sieben BeisitzerInnen. Die Mitglieder werden jeweils für eine Amtsdauer von fünf Jahren bestellt. Sacverhalte, die ein Naheverhältnis zur Sozial- oder Privatversicherung oder zu Pharmaunternehmen begründen könnten, sind vor der Bestellung sowie nach ihrem Eintreten gegenüber dem Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen und den nach Abs3 vorschlagsberechtigten Stellen offen zu legen. Wer befangen ist, hat sich im konkreten Verfahren jeglicher Tätigkeit zu enthalten.

(3) Der (die) Vorsitzende der Unabhängigen Heilmittelkommission wird vom Bundesminister für Justiz bestellt. Als Beisitzer(innen) gehören der Unabhängigen Heilmittelkommission jeweils ein(e) von den nachfolgenden Organisationen vorgeschlagene(r) Vertreter(in) an:

1. Österreichische Pharmakologische Gesellschaft,

2. Österreichische Ärztekammer,

3. Österreichische Apothekerkammer,

4. Wirtschaftskammer Österreich,

5. Gesundheit Österreich GmbH,

6. Bundesarbeitskammer,

7. Hauptverband.

Die Beisitzer(innen) sowie jeweils ein(e) Stellvertreter(in) werden von der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen bestellt und haben über die erforderlichen Zeitressourcen zur Ausübung ihres Amtes zu verfügen.

(4) Für den (die) Vorsitzende(n) und die BeisitzerInnen sind gleichzeitig mit ihrer Bestellung und auf dieselbe Weise Stellvertreter(innen) zu bestellen. Der (die) jeweilige Stellvertreter(in) hat das Mitglied der Unabhängigen Heilmittelkommission, zu dessen Vertretung er (sie) bestellt wurde, zu vertreten, wenn dieses an der Ausübung seiner Funktion in der Unabhängigen Heilmittelkommission verhindert ist.

(5) Die Mitglieder der Unabhängigen Heilmittelkommission und ihre Stellvertreter(innen) sind in Ausübung ihres Amtes unabhängig und weisungsfrei; sie sind zur Amtsverschwiegenheit verpflichtet. Entscheidungen der Unabhängigen Heilmittelkommission unterliegen weder der Aufhebung noch der Änderung im Verwaltungsweg. Der Bundesminister für Gesundheit hat das Recht, sich über alle Gegenstände der Geschäftsführung zu unterrichten.

(6) Ein Mitglied der Unabhängigen Heilmittelkommission ist vom bestellenden Bundesminister seines Amtes zu entheben, wenn die Bestellungsvoraussetzungen nach Abs2 nicht mehr vorliegen oder wenn das Mitglied

1. dies beantragt oder

2. seine Pflichten nicht erfüllt oder nicht in der Lage ist, seine Pflichten zu erfüllen.

Aufgaben der Unabhängigen Heilmittelkommission

§351i. (1) Die Unabhängige Heilmittelkommission entscheidet

1. über Beschwerden des Antragstellers,

a) dessen Antrag auf Aufnahme einer Arzneispezialität in den gelben oder grünen Bereich des Erstattungskodex (teilweise) abgelehnt wurde oder

b) über dessen Antrag nicht fristgerecht (§351d Abs1) entschieden wurde;

2. über Beschwerden des vertriebsberechtigten Unternehmens, dessen Arzneispezialität aus dem Erstattungskodex gestrichen werden soll.

(2) Die Unabhängige Heilmittelkommission entscheidet auch über Beschwerden des vertriebsberechtigten Unternehmens gegen Entscheidungen des Hauptverbandes, mit denen Forderungen nach einer Änderung der Verschreibbarkeit oder nach einer Preiserhöhung von Arzneispezialitäten abgelehnt wurden, oder wenn über diese Forderungen nicht fristgerecht (§351d Abs1) entschieden wurde.

(3) Beschwerden nach den Abs1 und 2 sind binnen 30 Tagen nach Zustellung der Entscheidung des Hauptverbandes bei der Unabhängigen Heilmittelkommission einzubringen. Gleichzeitig sind die Beschwerden dem Hauptverband zur Kenntnis zu bringen. Die Beschwerden haben aufschiebende Wirkung; Beschwerden gegen die Streichung einer Arzneispezialität nach §351c Abs10 Z1 aus dem grünen Bereich des Erstattungskodex haben aufschiebende Wirkung im Ausmaß von 90 Tagen ab Einbringung der Beschwerde. Beschwerden gegen die Streichung einer Arzneispezialität auf Grund mangelnder Erstattungsfähigkeit (§351c Abs2 und 4) haben keine aufschiebende Wirkung. Sie können sich nur auf Sachverhalte und Umstände beziehen, die zum Zeitpunkt der Entscheidung des Hauptverbandes vom vertriebsberechtigten Unternehmen oder vom Hauptverband bereits eingebracht worden sind. Die Unabhängige Heilmittelkommission darf sich bei ihrer Entscheidungsfindung nicht auf Sachverhalte und Umstände stützen, die nach der Entscheidung des Hauptverbandes vom vertriebsberechtigten Unternehmen oder vom Hauptverband eingebracht werden. Allfällige Fragen patentrechtlicher Art sind nicht Gegenstand des Verfahrens vor der Unabhängigen Heilmittelkommission.

(4) Die Unabhängige Heilmittelkommission hat die Entscheidung des Hauptverbandes, mit der

1. der Antrag auf Aufnahme in den gelben oder grünen Bereich des Erstattungskodex (teilweise) abgelehnt wurde oder

2. eine Arzneispezialität aus dem Erstattungskodex gestrichen werden soll oder

3. die Verschreibbarkeit einer Arzneispezialität geändert werden soll,

aufzuheben, wenn der Hauptverband im Verfahren sein Ermessen überschritten oder nicht nachvollziehbar ausgeübt hat; dabei sind alle in der Beschwerde vorgebrachten Argumente zu würdigen. Der Hauptverband hat sodann innerhalb von 120 Tagen nach Zustellung der Aufhebungsentscheidung neu zu entscheiden, widrigenfalls der Antrag als angenommen gilt oder die Arzneispezialität wieder in den Erstattungskodex aufzunehmen ist oder die Einschränkung der Verschreibbarkeit aufzuheben ist. Für die Zeit der Einholung eines Gutachtens eines/einer unabhängigen Experten/Expertin auf Betreiben des antragstellenden vertriebsberechtigten Unternehmens nach Maßgabe der Verordnung nach §351g wird der Lauf der Frist von 120 Tagen gehemmt. Wird jedoch eine Entscheidung des Hauptverbandes auf Grund mangelnder Erstattungsfähigkeit (§351c Abs2 und 4) einer Arzneispezialität nach §351c Abs1 aufgehoben, beginnt mit dem Tag der Zustellung der Aufhebungsentscheidung an den Hauptverband die Frist nach §351c Abs1 neu zu laufen. Der Hauptverband ist bei seiner neuerlichen Entscheidung an die in der Aufhebungsentscheidung geäußerte Auffassung der Unabhängigen Heilmittelkommission gebunden.

(5) Die Unabhängige Heilmittelkommission entscheidet auf Antrag selbst über die Aufnahme einer Arzneispezialität in den Erstattungskodex, wenn der Hauptverband nicht fristgerecht entschieden hat. Die Unabhängige Heilmittelkommission hat innerhalb von 180 Tagen nach Einlangen dieses Antrages zu entscheiden, widrigenfalls der Antrag als angenommen gilt.

(6) Die Unabhängige Heilmittelkommission ist beschlussfähig, wenn der (die) Vorsitzende und mindestens vier andere Mitglieder anwesend sind. Sie trifft ihre Entscheidungen mit einfacher Stimmenmehrheit. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des (der) Vorsitzenden oder seines (ihres) Stellvertreters (ihrer/seiner Stellvertreterin) den Ausschlag.

Sitzungen der Unabhängigen Heilmittelkommission

§351j. (1) Die Unabhängige Heilmittelkommission wird vom (von der) Vorsitzenden, der (die) auch die Sitzungen zu leiten hat, nach Bedarf einberufen. Über jede Sitzung ist ein Protokoll zu führen.

(2) Die Tagesordnung und die Sitzungsunterlagen sind den Mitgliedern spätestens 30 Tage vor der Sitzung zu übermitteln.

(3) Die Bürogeschäfte der Unabhängigen Heilmittelkommission sind vom Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen zu führen.

(4) Die Sitzungen der Unabhängigen Heilmittelkommission sind öffentlich. Bei der Behandlung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen kann der (die) Vorsitzende die Öffentlichkeit ausschließen.

(5) Die Unabhängige Heilmittelkommission gibt sich eine Geschäftsordnung, in der die Organisation so zu regeln ist, dass sie den Anforderungen des Art6 der Europäischen Menschenrechtskonvention entspricht. Sie bedarf der Genehmigung des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen und ist vom Hauptverband im Internet zu veröffentlichen. Auf das Verfahren vor der Unabhängigen Heilmittelkommission sind die Vorschriften des AVG anzuwenden, soweit in diesem Abschnitt nichts anderes bestimmt wird.

(6) bis (7) […]"

2. Die einschlägigen Bestimmungen des IV. Abschnitts der vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger erlassenen Verfahrensordnung zur Herausgabe des Erstattungskodex nach §351g ASVG (VO-EKO), Verlautbarung 47/2004, lauten:

"Aufnahme in den Erstattungskodex

Einleitung des Verfahrens zur Aufnahme in den Erstattungskodex

§17. Das Verfahren zur Aufnahme in den Erstattungskodex wird entweder vom Hauptverband gemäß §351c Abs5 ASVG oder auf Antrag des vertriebsberechtigten Unternehmens eingeleitet. Die Bestimmungen dieses Abschnitts mit Ausnahme der Bestimmungen über Gutachten gemäß §26 Abs2 und 3 gelten sinngemäß für Verfahren, die durch den Hauptverband eingeleitet werden.

Antrag auf Aufnahme in den Erstattungskodex

§18. Das antragstellende Unternehmen hat pro in Österreich zugelassener und gesichert lieferbarer Arzneispezialität (pro Zulassungsnummer) dem Hauptverband einen vollständigen Antrag gemäß dem Stammdatenblatt, dem pharmakologischen, dem medizinisch-therapeutischen und dem gesundheitsökonomischen Unterlagenverzeichnis der Anlage zur Aufnahme in den Gelben oder Grünen Bereich des Erstattungskodex zu stellen.

Unterlagen und Stellungnahmen

§19. (1) Alle zur Entscheidung über den Antrag notwendigen Unterlagen sind unter einem mit dem Antrag gemäß §18 vorzulegen, soweit im Folgendem nichts anderes bestimmt ist.

(2) Während des laufenden Verfahrens sind weitere Unterlagen und Stellungnahmen nur auf Verlangen des Hauptverbandes zu übermitteln. Werden diese Unterlagen und Stellungnahmen vom antragstellenden Unternehmen nicht binnen offener Frist beigebracht, werden sie im laufenden Verfahren und für die Entscheidung nicht berücksichtigt.

(3) Entgegen den Bestimmungen der Abs1 und 2 vom antragstellenden Unternehmen übermittelte Unterlagen sind im Verfahren und für die Entscheidung nur dann zu berücksichtigen, wenn diese

1. zum Zeitpunkt der Antragsstellung nicht vorlagen,

2. wesentliche neue Erkenntnisse beinhalten,

3. den Erfordernissen der §§22 Abs3 und 4 sowie 24 Abs4 entsprechen,

4. unverzüglich nach Vorliegen übermittelt werden,

5. spätestens sechzehn Tage vor der ersten Behandlung des Antrages in der Sitzung der HEK dem Hauptverband übermittelt werden.

Aufnahme in den Roten Bereich

§20. (1) Der Hauptverband prüft unverzüglich nach Eingang den Antrag auf formale Vollständigkeit der Stammdaten. Sind die Stammdaten unvollständig, fordert der Hauptverband das antragstellende Unternehmen auf, binnen 14 Tagen die ausständigen Informationen beizubringen. Falls das antragstellende Unternehmen dieser Aufforderung nicht oder nicht rechtzeitig nachkommt, ist der Antrag zurückzuweisen.

(2) Die beantragte Arzneispezialität wird mit dem Zeitpunkt des Vorliegens der vollständigen Stammdaten in den Roten Bereich des Erstattungskodex aufgenommen.

(3) Der Hauptverband prüft nach Vorliegen der vollständigen Stammdaten, ob die beantragte Arzneispezialität gemäß §351c Abs2 und 4 ASVG von der Erstattung ausgeschlossen ist. Kommt der Hauptverband zu dem vorläufigen Ergebnis, dass die Möglichkeit besteht, dass die beantragte Arzneispezialität von der Erstattung ausgeschlossen ist, ist dies dem antragstellenden Unternehmen schriftlich samt Begründung mitzuteilen. Das antragstellende Unternehmen kann innerhalb von 14 Tagen schriftlich Stellung nehmen. Die Stellungnahme hat sich auf die Begründung des vorläufigen Ergebnisses des Hauptverbandes zu beziehen. Alle Teile der Stellungnahme, die sich nicht auf die Begründung des vorläufigen Ergebnisses des Hauptverbandes beziehen, sind unbeachtlich. Das vorläufige Ergebnis und die allfällige Stellungnahme des antragstellenden Unternehmens sind der HEK vorzulegen. Die HEK empfiehlt unter Berücksichtigung der allfälligen Stellungnahme des antragstellenden Unternehmens, ob die beantragte Arzneispezialität von der Erstattung ausgeschlossen ist oder nicht. Ist die beantragte Arzneispezialität nicht erstattungsfähig, lehnt der Hauptverband auf Empfehlung der HEK den Antrag innerhalb von 90 Tagen ab Aufnahme der Arzneispezialität in den Roten Bereich des Erstattungskodex ab; die Arzneispezialität ist aus dem Erstattungskodex zu streichen.

(4) Der Hauptverband kann für Arzneispezialitäten, die einer Kategorie gemäß §351c Abs2 angehören, die Erstattungsfähigkeit feststellen, wenn sich aus den Unterlagen ergibt, dass die Arzneispezialität zur Krankenbehandlung gemäß §133 Abs2 ASVG geeignet ist.

(5) Sind die Angaben zur Begründung des Antrages im Hinblick auf die Beurteilung der Erstattungsfähigkeit unzureichend, so werden die Fristen gemäß Abs3 sowie gemäß §27 Abs1 gehemmt. Der Hauptverband teilt dem antragstellenden Unternehmen unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Diese zusätzlichen Einzelangaben hat das antragstellende Unternehmen binnen 30 Tagen beizubringen.

(6) Der Hauptverband hat seine ablehnende Entscheidung zu begründen. Das antragstellende Unternehmen ist über die Möglichkeit der Beschwerde an die Unabhängige Heilmittelkommission sowie über die Rechtsmittelfrist nach §351i Abs3 ASVG zu belehren. Nach §351c Abs1 ASVG hat eine solche Beschwerde keine aufschiebende Wirkung.

Aufnahme in den Gelben oder Grünen Bereich

§21. (1) Der Hauptverband prüft nach Feststellung der Erstattungsfähigkeit den Antrag auf formale Vollständigkeit, sowie ob die gesetzlichen und die in dieser Verfahrensordnung festgelegten Voraussetzungen für die Aufnahme in den Gelben oder in den Grünen Bereich gegeben sind.

(2) Ist der Antrag unvollständig, fordert der Hauptverband das antragstellende Unternehmen auf, binnen 14 Tagen die ausständigen Informationen beizubringen. Falls das antragstellende Unternehmen dieser Aufforderung nicht oder nicht rechtzeitig nachkommt, ist der Antrag zurückzuweisen und die Arzneispezialität aus dem Erstattungskodex zu streichen. Die Arzneispezialität ist nicht aus dem Erstattungskodex zu streichen, falls die Arzneispezialität zum Zeitpunkt der Antragsstellung bereits im Gelben oder Grünen Bereich des Erstattungskodex angeführt ist.

(3) Sind die Angaben zur Begründung des Antrages im Hinblick auf die Aufnahme in den Gelben oder Grünen Bereich des Erstattungskodex unzureichend, so werden die Fristen gemäß §27 Abs1 gehemmt. Der Hauptverband teilt dem antragstellenden Unternehmen unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Diese zusätzlichen Einzelangaben hat das antragstellende Unternehmen binnen 30 Tagen beizubringen.

Grundsätzliche Vorgangsweisen und Ziele der pharmakologischen,

medizinisch-therapeutischen und gesundheitsökonomischen Evaluation

§22. (1) Ziel der Evaluation ist die Beurteilung des Antrages aus pharmakologischer, medizinisch-therapeutischer und gesundheitsökonomischer Sicht. Dazu sind vom antragstellenden Unternehmen diesbezügliche Unterlagen im Antrag gemäß der Anlage vorzulegen, dabei hat das antragstellende Unternehmen insbesondere einen pharmakologisch, medizinisch-therapeutisch und gesundheitsökonomisch untermauerten Vergleich der beantragten Arzneispezialität mit den verfügbaren therapeutischen Alternativen vorzulegen. Bei diesem Vergleich ist von der häufigsten Indikation, der medizinisch zweckmäßigsten Dosierung und der hauptsächlich betroffenen Gruppen von Patienten/Patientinnen auszugehen.

(2) Die Unterlagen gemäß Abs1 haben alle für die Entscheidung über die Aufnahme bedeutsamen Informationen aus pharmakologischer, medizinisch-therapeutischer und gesundheitsökonomischer Sicht, die dem aktuellen Stand der Wissenschaft entsprechen, zu enthalten. Unterlagen, welche nicht dem aktuellen Stand der Wissenschaft entsprechen, werden für das laufende Verfahren und für die Entscheidung nicht herangezogen.

(3) Für das laufende Verfahren und für die Entscheidung werden nur folgende publizierte Daten herangezogen, soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt ist:

1. Artikel aus Peer-Reviewed-Journals,

2. Bewertungen unabhängiger Institutionen und Behörden.

(4) Gutachten nach §26 Abs2 und 3 sowie nicht publizierte Studien (z.B. Zulassungsstudien) werden nur dann berücksichtigt, wenn seitens des antragstellenden Unternehmens dem Hauptverband das Recht eingeräumt wird, diese Unterlagen gegenüber Dritten zu verwenden. Punkte, die vom antragstellenden Unternehmen ausdrücklich als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse bezeichnet werden, sind von der Verwendung gegenüber Dritten ausgenommen.

Pharmakologische Evaluation

§23. (1) Ziel der pharmakologischen Evaluation ist:

1. Die Zuordnung und Bewertung der beantragten Arzneispezialität aus pharmakologischer Sicht im Kontext der verfügbaren therapeutischen Alternativen,

2. Die Festlegung der im Erstattungskodex angeführten vergleichbaren Arzneispezialität mit der gleichen oder praktisch gleichen Darreichungsform, soweit zweckmäßig auf Basis der vierten Ebene des ATC-Codes, und deren Dosierung als Grundlage für die medizinisch therapeutische Evaluation.

(2) Der Innovationsgrad der beantragten Arzneispezialität ist dabei wie folgt festzulegen:

1. Die beantragte Arzneispezialität hat den gleichen Wirkstoff, die gleiche Wirkstoffstärke und die gleiche oder praktisch gleiche Darreichungsform wie bereits eine oder mehrere im Erstattungskodex angeführte Arzneispezialitäten (wirkstoffgleiches Nachfolgeprodukt).

2. Die beantragte Arzneispezialität hat den gleichen Wirkstoff, die gleiche oder praktisch gleiche Darreichungsform wie bereits eine oder mehrere im Erstattungskodex angeführte Arzneispezialitäten, jedoch eine neue Wirkstoffstärke.

3. Die beantragte Arzneispezialität hat eine neue Kombination von Wirkstoffen, die bereits im Erstattungskodex angeführt sind.

4. Bei der beantragten Arzneispezialität handelt es sich um eine neue Darreichungsform eines im Erstattungskodex angeführten Wirkstoffes oder einer im Erstattungskodex angeführten Wirkstoffkombination.

5. Die beantragte Arzneispezialität hat einen neuen Wirkstoff einer im Erstattungskodex angeführten Wirkstoffgruppe mit einheitlich definiertem Wirkprinzip.

6. Die beantragte Arzneispezialität hat einen neuen Wirkstoff mit einem neuen Wirkprinzip zur Behandlung einer Erkrankung, zu deren Behandlung bereits Arzneispezialitäten im Erstattungskodex angeführt sind.

7. Mit der beantragten Arzneispezialität ist die erstmalige medikamentöse Behandlung einer Erkrankung möglich, welche bisher nichtmedikamentös behandelt wurde.

8. Mit der beantragten Arzneispezialität ist die erstmalige Behandlung einer Erkrankung möglich.

Medizinisch-therapeutische Evaluation

§24. (1) Ziel der medizinisch-therapeutischen Evaluation ist:

1. Die Festlegung und Quantifizierung der Gruppen von Patienten/Patientinnen, die für die Behandlung mit der beantragten Arzneispezialität in Frage kommt,

2. Die Festlegung und Quantifizierung des Nutzens für Patienten/Patientinnen durch die Behandlung mit der beantragten Arzneispezialität im Vergleich zu den therapeutischen Alternativen (§23 Abs1),

3. Die Überprüfung und Festlegung der Validität der medizinisch-therapeutischen Angaben bei vorgelegten pharmakoökonomischen Studien.

(2) Die beantragte Arzneispezialität ist dabei im Rahmen einer Gesamtbetrachtung einer der folgenden Gruppen zuzuordnen:

1. Die beantragte Arzneispezialität hat keinen zusätzlichen therapeutischen Nutzen für Patienten/Patientinnen im Vergleich zu den im Rahmen der pharmakologischen Evaluation festgelegten Arzneispezialitäten (§23 Abs1), weil es sich um ein wirkstoffgleiches Nachfolgeprodukt gemäß §23 Abs2 Z1 handelt.

2. Die beantragte Arzneispezialität ist eine weitere Therapieoption mit gleichem oder ähnlichem therapeutischen Nutzen für Patienten/Patientinnen im Vergleich zu den im Rahmen der pharmakologischen Evaluation festgelegten Arzneispezialitäten (§23 Abs1).

3. Die beantragte Arzneispezialität hat einen zusätzlichen therapeutischen Nutzen für eine Untergruppe von Patienten/Patientinnen, welche für die Behandlung mit dem beantragten Mittel in Frage kommen, im Vergleich zu therapeutischen Alternativen (§23 Abs1).

4. Die beantragte Arzneispezialität hat einen zusätzlichen therapeutischen Nutzen für die Mehrzahl der Patienten/Patientinnen, welche für die Behandlung mit dem beantragten Mittel in Frage kommen, im Vergleich zu therapeutischen Alternativen (§23 Abs1).

5. Die beantragte Arzneispezialität hat einen wesentlichen zusätzlichen therapeutischen Nutzen für eine Untergruppe von Patienten/Patientinnen, welche für die Behandlung mit dem beantragten Mittel in Frage kommen, im Vergleich zu therapeutischen Alternativen (§23 Abs1).

6. Die beantragte Arzneispezialität hat einen wesentlichen zusätzlichen therapeutischen Nutzen für die Mehrzahl der Patienten/Patientinnen, welche für die Behandlung mit dem beantragten Mittel in Frage kommen, im Vergleich zu therapeutischen Alternativen (§23 Abs1).

(3) Bei der medizinisch-therapeutischen Evaluation ist auf die interne und externe Validität der Evidenz, welche den therapeutischen Nutzen für Patienten/ Patientinnen belegen soll, Bedacht zu nehmen. Die Validität der Evidenz misst sich an nachstehender Rangfolge:

1. Prospektive, randomisierte, kontrollierte klinische Studien mit maskierter Ergebnisbeurteilung in einer repräsentativen Population, großes Datenmaterial oder Metaanalysen solcher Studien,

2. Systematische Reviews (z.B. Cochrane-Review) mit Metaanalysen von zahlreichen Studien mit großen Patientenzahlen/Patientinnenzahlen, Evidenz von klar definierten Endpunkten, die eindeutige Aussagen für jene Population ergeben, für die die Empfehlungen gegeben werden,

3. Randomisierte kontrollierte Studien (RCTs), kleineres Datenmaterial (weniger oder kleinere RCTs oder Ergebnisse nicht beständig oder Studienpopulation entspricht nicht der Zielpopulation der Empfehlungen),

4. Nicht randomisierte oder nicht kontrollierte Studien – Beobachtungsstudien,

5. Konsensus-Urteil eines Fachgremiums (z.B. Guidelines), basierend auf klinischer Erfahrung (bei insuffizienter klinischer Literatur),

6. Stellungnahmen einzelner Experten/Expertinnen.

(4) Hinsichtlich der klinischen Studien ist vom antragstellenden Unternehmen anzugeben, ob es sich um eine Schlüsselstudie (z.B. 'pivotal-study' – maximal drei Studien können so bezeichnet werden) handelt; ansonsten ist die Vorlage einer die einzelnen Studien bewertenden Übersichtsarbeit sowie einer nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft durchgeführten Metaanalyse erforderlich.

Gesundheitsökonomische Evaluation

§25. (1) Ziel der gesundheitsökonomischen Evaluation ist die Beurteilung der beantragten Arzneispezialität im Hinblick auf eine ökonomische Krankenbehandlung im Kontext der verfügbaren therapeutischen Alternativen. Diese Evaluation basiert auf dem Ergebnis der medizinischtherapeutischen Evaluation (§24). Dabei ist zu berücksichtigen, ob das Kosten-/Nutzenverhältnis der beantragten Arzneispezialität in Österreich gesundheitsökonomisch nachvollziehbar und vertretbar ist. Bei der Evaluation des Kosten-/Nutzenverhältnisses sind die direkten Kosten der Pflichtleistungen der Sozialversicherungsträger der Krankenbehandlung (Ärztliche Hilfe, Heilmittel, Heilbehelfe), der Anstaltspflege (auf Basis der LKF-Punkte) sowie der medizinischen Maßnahmen der Rehabilitation auf Basis der tatsächlich verrechneten Preise anzusetzen, allfällige Kostenbeteiligungen der Patienten/Patientinnen (insbesondere Selbstbehalte, Rezeptgebühr oder Behandlungsbeitrag) sind außer Ansatz zu lassen.

(2) Für die Aufnahme in den Grünen Bereich des Erstattungskodex ist wie folgt von der Wirtschaftlichkeit auszugehen:

1. Bei der Fallgruppe nach §24 Abs2 Z1 ist von der Wirtschaftlichkeit auszugehen, wenn die Voraussetzungen nach §351c Abs10 Z1 ASVG iVm §609 Abs20 ASVG gegeben sind. Maßgeblich für die Feststellung der Reihenfolge ist der Zeitpunkt der Aufnahme in den Grünen Bereich; dabei sind die Anträge nach Möglichkeit in der Reihenfolge ihrer Vollständigkeit zu erledigen.

a) Die Wirtschaftlichkeit des ersten wirkstoffgleichen Nach

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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