TE Vwgh Erkenntnis 2013/6/28 2010/02/0235

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.06.2013
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

AVG §45 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §99;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Senatspräsidentin Dr. Riedinger sowie den Hofrat Mag. Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Farcas, über die Beschwerde der V in F, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 11. August 2010, Zlen. uvs-2010/22/2041-4 und 2042-4, betreffend Übertretung der StVO 1960 (weitere Partei: Tiroler Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Beschwerdeführerin im hier interessierenden Spruchpunkt I. für schuldig erachtet, sie habe am 9. März 2010 um 0.04 Uhr in F. ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt. Der Test am geeichten Alkomaten habe einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,93 mg/l ergeben. Sie habe dadurch § 5 Abs. 1 iVm § 99 StVO 1960 verletzt, weshalb über sie eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.800,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 18 Tage) verhängt wurde.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides gab die belangte Behörde den Inhalt der Berufung wieder und stellte fest, dass die Beschwerdeführerin am 9. März 2010 im Zuge einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle durch die Sektorstreife F. nach dem Konsum von alkoholischen Getränken befragt worden sei. Die Beschwerdeführerin habe angegeben, drei gespritzte Wein und zwei Schnäpse unbekannter Art konsumiert zu haben. Auf Grund dieser Angaben sei sie aufgefordert worden, sich zur lediglich ca. 50 m entfernt gelegenen PI F. zur Durchführung eines Alkotests zu begeben. Die Sektorstreife F. habe kein Vortestgerät mitgeführt und so sei die Beschwerdeführerin vom Meldungsleger befragt worden, ob sie zur Durchführung eines "freiwilligen Vortests" mit dem Alkomaten bereit sei. Dies wurde von der Beschwerdeführerin bejaht. Dieser "Vortest" habe um 0.10 Uhr einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,95 mg/l ergeben. Auf Grund dieses Ergebnisses sei die Beschwerdeführerin vom Meldungsleger zur Durchführung des "regulären" Alkotests aufgefordert worden. Nach Einhaltung einer 15 minütigen Wartezeit sei der Alkomattest, nachdem auf Grund von Druckerproblemen eine neue Papierrolle eingelegt worden sei, um 0.27 Uhr durchgeführt worden. Die Beschwerdeführerin habe beide Blasversuche auf Anhieb durchgeführt und keine Probleme gehabt. Das Ergebnis der Alkomatmessung (Alkoholgehalt der Atemluft von 0,93 mg/l) habe sowohl von den beiden Polizeibeamten als auch von der Beschwerdeführerin vom Display des Alkomaten abgelesen werden können. Beim nachfolgenden Ausdruck sei es erneut zu Druckerproblemen gekommen, zumal lediglich ein zunächst unbedruckter und dann mehrfach überdruckter Papierstreifen zum Vorschein gekommen sei. Auch alle weiteren Versuche der Polizeibeamten, einen Ausdruck über die durchgeführte Messung zu erlangen, seien fehlgeschlagen. Erst nachdem das Druckerpapier richtig eingelegt worden sei, habe der Alkomat wieder einwandfrei funktioniert. Auf Grund der zu großen Zeitspanne sei jedoch ein Ausdruck des Messergebnisses nicht mehr möglich gewesen.

Beweiswürdigend führte die belangte Behörde aus, der gegenständliche Alkomat sei geeicht und vor dem Alkotest vom 9. März 2010 am 20. Oktober 2009 und danach am 20. April 2010 einer geräteinternen Überprüfung gemäß der Eichzulassung unterzogen und in beiden Fällen für in Ordnung befunden worden. Der Meldungsleger habe angegeben, dass es mit diesem Gerät weder zuvor noch danach irgendwelche Anwendungsprobleme gegeben habe. Das Gerät habe nach Aussage des Meldungslegers nach Durchführung der beiden Blasversuche wie üblich gearbeitet und er habe, wie auch der andere Polizeibeamte und die Beschwerdeführerin, am Display das Ergebnis von 0,93 mg/l ablesen können. Erst im Anschluss daran sei es zu den Druckerproblemen gekommen. Aus der Gebrauchsanweisung des Gerätes sei zu entnehmen, dass ein Ausdruck des Messprotokolls erst mit der Anzeige am Display "relevanter Messwert" beginne, somit der Ausdruck des Messprotokolls erst im Anschluss an die geräteinternen Messvorgänge erfolge. Mit der Anzeige am Display sei sohin der Alkotest als abgeschlossen anzusehen. Nach Angaben des Herstellers könne bei falschem Einlegen der Papierrolle ein unbedruckter Streifen erzeugt werden, wobei auf dem Display lediglich das Endergebnis der Messung erscheine. Dass der Meldungsleger das Ergebnis des Alkomattests auf dem Display des Alkomaten nicht richtig abgelesen habe, werde selbst von der Beschwerdeführerin nicht behauptet. Für die belangte Behörde bestehe keine Veranlassung, die Richtigkeit dieser Angaben in Zweifel zu ziehen. Zur falsch eingestellten Zeit sei auszuführen, dass dadurch das Ergebnis der Alkomatmessung nicht beeinflusst worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In erster Linie rügt die Beschwerde die Beweiswürdigung der belangten Behörde dahin, dass trotz des Fehlens eines Messprotokolls von der festgestellten Alkoholisierung der Beschwerdeführerin ausgegangen worden sei.

Dem ist entgegen zu halten, dass der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 45 Abs. 2 AVG) nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht bedeutet, dass der in der Begründung des Bescheides niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Die Bestimmung des § 45 Abs. 2 AVG hat nur zur Folge, dass die Würdigung der Beweise keinen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Dies schließt aber eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, also nicht den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut widersprechen. Unter Beachtung dieser Grundsätze hat der Verwaltungsgerichtshof auch zu prüfen, ob die Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung alle in Betracht kommenden Umstände vollständig berücksichtigt hat. Hingegen ist der Verwaltungsgerichtshof nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung der belangten Behörde, die einer Überprüfung unter den genannten Gesichtspunkten standhält, auf ihre Richtigkeit hin zu beurteilen, d. h. sie mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Ablauf der Ereignisse bzw. ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 2008, Zl. 2007/02/0360, mwN).

Vor diesem Hintergrund kann keine Rede davon sein, dass die belangte Behörde die Feststellungen über die Alkoholisierung der Beschwerdeführerin auf Grund einer unschlüssigen Beweiswürdigung getroffen hat. Abgesehen davon, dass es zur Feststellung einer Alkoholisierung mittels Alkomaten keines Messstreifens bedarf (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 2013, Zl. 2013/02/0085, mwN), bestreitet die Beschwerdeführerin nicht, alkoholisiert gewesen zu sein; sie bestreitet auch nicht, dass der Meldungsleger den in Rede stehenden Alkoholgehalt vom Display des Alkomaten abgelesen hat. Weshalb es in einem solchen Fall der Aussage des zweiten Polizeibeamten bedurft hätte, ist nicht nachvollziehbar, sodass die belangte Behörde zutreffend von dessen Einvernahme Abstand genommen hat.

Eine unzulässige Verwertung der im Beschwerdefall erzielten Messergebnisse liegt entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin auch nicht deshalb vor, weil der später verwendete Alkomat zunächst als "Vortestgerät" verwendet wurde. Dass der Alkomat aus diesem Grund bei den der Bestrafung zu Grunde gelegten Messungen nicht ordnungsgemäß in Funktion gewesen wäre, wird nicht behauptet.

Nach den Feststellungen des angefochtenen Bescheides hat der Alkomat ungeachtet der Druckerprobleme einwandfrei funktioniert, weshalb die Beamten auch nicht verhalten waren, einen anderen Alkomaten zu verwenden.

Es ist auch nicht zu sehen, dass die unrichtige Zeiteinstellung auf dem Alkomaten eine Veränderung des Messergebnisses gebracht hätte. Insgesamt handelt es sich sohin bei den wiederholt geäußerten "erheblichen Zweifel" der Beschwerdeführerin an der technischen Funktionstüchtigkeit des verwendeten Alkomaten, um allgemein gehaltene Vermutungen, die daran nichts zu ändern vermögen, dass auf Grund der bestehenden Rechtslage grundsätzlich von der Tauglichkeit solcher Geräte auszugehen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. April 2012, Zl. 2009/02/0373, mwN).

Die Beschwerde war als unbegründet gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 28. Juni 2013

Schlagworte

freie BeweiswürdigungFeststellung der Alkoholbeeinträchtigung Alkomat

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2013:2010020235.X00

Im RIS seit

18.07.2013

Zuletzt aktualisiert am

19.08.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten