TE Vwgh Erkenntnis 2000/11/15 96/08/0373

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Veröffentlicht am 15.11.2000
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §12 Abs3 litf;
AlVG 1977 §12 Abs4 idF 1993/817;
AlVG 1977 §12 Abs4 idF 1994/314;
AlVG 1977 §12 Abs4 idF 1996/201;
AlVG 1977 §12 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der B in W, vertreten durch Dr. Gerald Hausar, Rechtsanwalt in Wien I, Kärntnerring 2/10-11, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 23. Oktober 1996, Zl. Abt. 12/1218/56, betreffend Widerruf und Rückforderung von Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 13.220,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die 1967 geborene Beschwerdeführerin bezog aufgrund eines am 5. März 1991 gestellten Antrages ab dem 3. März 1991 Karenzurlaubsgeld. Im Antrag gab sie an, sie besuche eine Lehranstalt (Hochschule, Fachschule u.dgl.), und zwar "Juridicum fallweise". Der von ihr vorgelegten (berichtigten) Arbeitsbescheinigung zufolge stand sie seit dem 2. Jänner 1990 in einem Dienstverhältnis als "Kanzlistin" in einer Rechtsanwaltskanzlei. Die Dauer des Karenzurlaubes war mit 2. März 1991 bis 21. Dezember 1992 angegeben. Die Bezüge waren der Beschwerdeführerin bis zum 10. November 1990 ausbezahlt worden. Zuletzt hatte sie bis zum 2. März 1991 Wochengeld bezogen.

Im Anschluss an den Bezug des Karenzurlaubsgeldes beantragte und bezog die Beschwerdeführerin für die Zeit ab dem 22. Dezember 1992 - zunächst bis zum 31. August 1993 - Sondernotstandshilfe. Die Frage nach dem Besuch einer Lehranstalt (Hochschule, Fachschule u.dgl.) verneinte sie nun.

Auch ab dem 1. September 1993 bezog die Beschwerdeführerin - bis zum 21. Dezember 1993 - Sondernotstandshilfe. Die Angaben in ihrem diesbezüglichen Antrag vom 15. August 1993 entsprachen denjenigen im ersten Antrag auf Sondernotstandshilfe.

Am 10. Jänner 1994 beantragte die Beschwerdeführerin - erstmals - Notstandshilfe, wobei sie die Frage nach dem Besuch einer Lehranstalt (Hochschule, Fachschule u.dgl.) im Antragsformular neuerlich verneinte. Aufgrund dieses und eines weiteren, am 19. Dezember 1994 gestellten und im Wesentlichen inhaltsgleichen Antrages bezog die Beschwerdeführerin vom 10. Jänner 1994 bis zum 7. Jänner 1996 (mit einer krankheitsbedingten Unterbrechung im Oktober 1995) Notstandshilfe.

In ihrem Antrag auf Notstandshilfe vom 8. Jänner 1996 gab die Beschwerdeführerin an, sie besuche eine Lehranstalt (Hochschule, Fachschule u.dgl.), und zwar die "WU". Zwei von ihr unterfertigten Formblättern vom 29. Jänner 1996 ("Besuch einer Ausbildung") und 30. Jänner 1996 ("Besuch einer Lehranstalt/eines Kurses") zufolge studierte sie seit dem "Wintersemester 1992" an der "Uni Wien" (Formblatt vom 30. Jänner 1996) bzw. seit 1992 an der "WU Wien" (Formblatt vom 29. Jänner 1996) als ordentlicher Hörer Betriebswirtschaft, wobei die Beschwerdeführerin in beiden Formblättern angab, sie habe diese Ausbildung bereits während ihres letzten Dienstverhältnisses besucht und dieses nicht zwecks Fortsetzung der Ausbildung freiwillig gelöst. Aus dem Formblatt vom 29. Jänner 1996 ging hervor, dass sich der Besuch von Ausbildungsveranstaltungen auf zwei Abende in der Woche beschränkte. Der von der Beschwerdeführerin vorgelegten Inskriptionsbestätigung nach war sie im Wintersemester 1995/96 (mit einer Matrikelnummer von 1992) an der Wirtschaftsuniversität Wien als ordentlicher Hörer der Studienrichtung Betriebswirtschaft inskribiert.

Mit Bescheid vom 15. Februar 1996 widerrief das Arbeitsmarktservice Versicherungsdienste Wien die der Beschwerdeführerin zuerkannte Notstandshilfe für die Zeiträume vom 10. Jänner 1994 bis zum 19. Oktober 1995 und vom 26. Oktober 1995 bis zum 7. Jänner 1996 und verpflichtete die Beschwerdeführerin zur Rückzahlung der in diesen Zeiträumen empfangenen Notstandshilfe im Gesamtbetrag von S 161.393,--. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Ermittlungsverfahren habe Folgendes ergeben:

"Sie haben nicht gemeldet, dass Sie seit d. Wintersemester 92 an der Uni Wien inskribiert sind. Durch die Neubeurteilung Ihres Leistungsanspruches wurde festgestellt, dass für den o.a. Zeitraum kein Anspruch auf Notstandshilfe bestand."

In ihren gemeinsam eingebrachten Berufungen gegen diesen Bescheid und einen weiteren Bescheid, mit dem der Antrag auf Notstandshilfe vom 8. Jänner 1996 abgewiesen worden war, führte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus, sie sei aus näher dargestellten Gründen zur Rückzahlung nicht in der Lage, und sie sei stets arbeitsfähig und -willig gewesen. Vorlesungen habe sie nur in minimaler Stundenzahl an bestimmten Abenden besucht, tagsüber aber laufend Bewerbungsgespräche geführt und alle Betreuungsvereinbarungen mit dem Arbeitsmarktservice eingehalten. Ihre Ausbildung sei in diesem Zusammenhang von keinerlei Bedeutung gewesen. Die Beschwerdeführerin sei zwar inskribiert gewesen, habe das Betriebswirtschaftsstudium aber "nicht ernsthaft betrieben".

In einer vor der belangten Behörde am 8. März 1996 mit ihr aufgenommenen Niederschrift gab die Beschwerdeführerin u.a. an, sie habe "den Beginn" ihres Studiums ihrer Beraterin beim Arbeitsmarktservice bekannt gegeben und auch Zeugnisse vorgezeigt. Da die Beschwerdeführerin dem Studium wegen ihres Kindes aber erst ab 18 Uhr nachgegangen sei, habe die Beraterin gemeint, das Studium habe keinen Einfluss auf die Arbeitslosigkeit, und die Beschwerdeführerin habe es "auch im Antrag nicht angegeben". Sie hätte jederzeit eine Arbeit angenommen. Weiters gab die Beschwerdeführerin an, sie habe "am 29.9.92 immatrikuliert und inskribiert". Ihr Dienstverhältnis (betreffend ihre Tätigkeit in der Rechtsanwaltskanzlei) sei am 21. Oktober 1992 einvernehmlich gelöst worden, weil die Beschwerdeführerin wegen ihres Sohnes nicht mehr in der Lage gewesen sei, 40 Wochenstunden zu arbeiten, und die Vereinbarung einer Teilzeitarbeit nicht möglich gewesen sei. Das Studium habe darauf keinen Einfluss gehabt. Hiezu legte die Beschwerdeführerin ein "Zeugnis" vom 21. Oktober 1992 vor, wonach das Dienstverhältnis der Beschwerdeführerin von dieser "wegen familiärer Verhältnisse mit Schreiben vom 21. Oktober 1992 durch Austritt beendet" worden sei.

Mit Schreiben vom 3. April 1996 nahm die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Angestellte Wien über Aufforderung der belangten Behörde zu den Angaben der Beschwerdeführerin dahingehend Stellung, dass die von der Beschwerdeführerin namentlich genannte Betreuerin erst seit April 1995 mit der Beschwerdeführerin in Kontakt gestanden sei. Es sei daher nicht möglich gewesen, festzustellen, ob die Beschwerdeführerin den Beginn ihres Studiums 1992 bekannt gegeben habe. Das Studium sei anlässlich der Antragstellung im Jänner 1996 in Erfahrung gebracht worden. Nach Ansicht der regionalen Geschäftsstelle sei "anzunehmen", dass die Beschwerdeführerin den Studienbeginn ihrer damaligen Betreuerin mitgeteilt habe, wobei dies nach der damaligen Rechtslage keinen Einfluss auf die Leistung gehabt habe. Eintragungen darüber, dass die Beschwerdeführerin über diesbezügliche Rechtsänderungen in der Folge belehrt worden sei, lägen nicht vor.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid vom 15. Februar 1996 keine Folge. Die belangte Behörde führte im Wesentlichen aus, es könne nicht mehr festgestellt werden, ob die Beschwerdeführerin den Beginn ihres Studiums im Jahre 1992 gemeldet habe und über spätere Rechtsänderungen informiert worden sei. Sie habe im Anschluss an das Karenzurlaubsgeld seit Dezember 1992 zunächst Sondernotstandshilfe und dann Notstandshilfe bezogen und im Wintersemester 1992/93 ihr Studium an der Wirtschaftsuniversität Wien begonnen, das sie in den Leistungsanträgen aber nicht angeführt habe. Das Studium sei erst bei der Antragstellung im Jänner 1996 bekannt geworden. Der Widerruf der Leistung gründe sich darauf, dass die Beschwerdeführerin das Studium erst nach dem Ende ihres Dienstverhältnisses begonnen habe und die Zulassung einer Ausnahme gemäß § 12 Abs. 4 AlVG in der seit dem 1. Jänner 1994 geltenden Fassung daher nicht möglich sei. Zur Rückzahlung sei die Beschwerdeführerin verpflichtet, weil "laut Aktenlage eine nachweisliche Meldung des Studiums nicht ersichtlich" sei und die Beschwerdeführerin in den Leistungsanträgen immer angeführt habe, dass sie keine Lehranstalt besuche.

Dagegen richtet sich die vorliegende - durch einen Nachtrag ergänzte - Beschwerde, in der darauf verwiesen wird, dass die Beschwerdeführerin ihr Studium schon 1987 begonnen habe. Dass sie (1992) eine neue Matrikelnummer bekommen habe, wird in der Beschwerde auf eine (seit August 1991 aktenkundige) Namensänderung zurückgeführt. Weiters wird wiederholt, dass die Beschwerdeführerin das Dienstverhältnis am 21. Oktober 1992 nicht zu Studienzwecken gelöst und das Studium "bei Antragstellung" - gemeint: mündlich - bekannt gegeben habe. Wenn sie es im Antragsformular nicht angeführt habe, so nur deshalb, weil ihr mitgeteilt worden sei, dass das Studium "in ihrem Fall außer Betracht bleibe". Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften wird geltend gemacht, die Beschwerdeführerin hätte aufgrund ihrer Angaben zum Beginn ihres Studiums näher befragt und angeleitet und über die Voraussetzungen des § 12 Abs. 4 AlVG aufgeklärt werden müssen. Bei Beachtung der Verfahrensvorschriften durch die belangte Behörde hätte sich ergeben, dass die Voraussetzungen des § 12 Abs. 4 AlVG erfüllt gewesen seien.

Der Beschwerde und dem Ergänzungsschriftsatz sind Unterlagen angeschlossen, nach denen die Beschwerdeführerin auch 1989 (in den Zeiträumen vom 20. Februar bis zum 21. März und vom 10. April bis zum 31. Dezember 1989) Versicherungszeiten aufweise, sie an der Wirtschaftsuniversität Wien vom "Wintersemester 1987" bis zum Wintersemester 1988/89 Betriebswirtschaft studiert habe und - beginnend mit 12. Oktober 1989 - im Wintersemester 1989/90 und vom Wintersemester 1990/91 bis zum Wintersemester 1991/92 an der Universität Wien dem Studium der Rechtswissenschaften nachgegangen sei.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die Abweisung der Beschwerde beantragt und u.a. geltend gemacht wird, die Beschwerdeführerin habe im Verwaltungsverfahren selbst angegeben, seit dem "Wintersemester 1992" zu studieren.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Im Erkenntnis vom 7. März 1996, G 72/95 u.a., hat der Verfassungsgerichtshof den vom Verwaltungsgerichtshof in mehreren Beschwerdefällen gestellten Antrag, die auch im vorliegenden Fall anzuwendenden Bestimmungen des § 12 Abs. 3 lit. f und Abs. 4 AlVG als verfassungswidrig aufzuheben, abgewiesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im Erkenntnis vom 22. Oktober 1996, Zl. 96/08/0125, - unter Einbeziehung der Überlegungen des Verfassungsgerichtshofes, aufgrund derer dieser die verfassungsrechtlichen Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes nicht geteilt hat - ausführlich mit der Interpretation des § 12 Abs. 3 lit. f AlVG in der Stammfassung und des § 12 Abs. 4 AlVG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 817/1993 (die der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 314/1994 im maßgebenden Zusammenhang vollkommen gleicht) befasst und ist dabei - soweit es im Beschwerdefall von Bedeutung ist - zum Ergebnis gelangt, dass bezogen auf einen dem "Studium" im Sinne des § 12 Abs. 4 AlVG obliegenden Arbeitslosen für die Dauer seines Studiums die (nicht im Ermessen der Behörde stehende) Zulassung einer Ausnahme (von der in § 12 Abs. 3 lit. f AlVG vorgesehenen Verneinung der Anspruchsvoraussetzung der Arbeitslosigkeit) gemäß § 12 Abs. 4 AlVG die Parallelität von Studium und arbeitslosenversicherungspflichtiger Beschäftigung in mehr als 18 Wochen grundsätzlich im letzten Jahr vor Eintritt der Arbeitslosigkeit voraussetzt. Nach diesem Erkenntnis, auf dessen nähere Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, genügt unter dem hier maßgebenden Gesichtspunkt des in der Vergangenheit erbrachten Erweises einer objektiven Vereinbarkeit zwischen Studium und arbeitslosenversicherungspflichtiger Beschäftigung auch ein Werkstudium während mehrerer, im Wesentlichen ununterbrochener arbeitslosenversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse bzw. Studien, wobei das letzte parallel zum Studium ausgeübte Beschäftigungsverhältnis grundsätzlich unmittelbar der Arbeitslosigkeit vorangegangen sein muss und vom Arbeitslosen nicht zwecks Fortsetzung des Studiums freiwillig gelöst worden sein darf.

Unter dem Eintritt der Arbeitslosigkeit ist nach dem Erkenntnis vom 17. Dezember 1996, Zl. 96/08/0134, im Regelfall der Tag zu verstehen, der dem Tag der Beendigung des letzten arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses folgt, das für die Erfüllung der Anwartschaft für die betroffenen Leistungen der Arbeitslosenversicherung von Bedeutung ist.

Im vorliegenden Fall ist unter dem Eintritt der Arbeitslosigkeit im hier maßgebenden Zusammenhang (und ungeachtet der nach den Angaben der Beschwerdeführerin erst später erfolgten Auflösung des Dienstverhältnisses) der Beginn des Bezuges von Karenzurlaubsgeld am 3. März 1991 zu verstehen. In den 52 Wochen davor war die Beschwerdeführerin - auch unter Abzug der in diesen Zeitraum fallenden Hauptferien im Sommer 1990 - mehr als 18 Wochen lang in einem arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden. Traf es daher zu, dass die Beschwerdeführerin seit 12. Oktober 1989, zumindest aber seit dem Wintersemester 1990/91 als Jusstudentin an der Universität Wien inskribiert war (das Studienbuchblatt für das Sommersemester 1990 fehlt in den von ihr vorgelegten Unterlagen), so bestünde kein Zweifel daran, dass sie - bezogen auf die ihr für die nunmehrigen Widerrufszeiträume zuerkannte Notstandshilfe - hinsichtlich der erforderlichen Parallelität von Beschäftigung und Studium die Voraussetzungen des § 12 Abs. 4 AlVG in den hier zeitraumbezogen anzuwendenden Fassungen der Novellen BGBl. Nr. 817/1993 und Nr. 314/1994 erfüllte. Auf die Intensität ihres damaligen Jusstudiums käme es dabei ebenso wenig an, wie es in Bezug auf den (grundsätzlichen) Ausschluss von der Anspruchsvoraussetzung der Arbeitslosigkeit gemäß § 12 Abs. 3 lit. f AlVG darauf ankäme, inwieweit die Beschwerdeführerin während der Widerrufszeiträume durch ihr Studium der Betriebswirtschaft in Anspruch genommen war (vgl. zur Gleichbehandlung der Voraussetzung eines Studiums in beiden Anwendungszusammenhängen - bezogen auf die Nützlichkeit bzw. Schädlichkeit auch einer bloßen Immatrikulation - etwa das schon zur Rechtslage nach der Novelle BGBl. Nr. 201/1996 ergangene Erkenntnis vom 23. Juni 1998, Zl. 98/08/0042).

Im Antrag auf Karenzurlaubsgeld - für dessen Bezug § 12 Abs. 3 lit. f AlVG ebenso wenig von Bedeutung ist wie (nach dem hg. Erkenntnis vom 18. März 1997, Zl. 96/08/0151) für den Bezug der Sondernotstandshilfe - hatte die Beschwerdeführerin ihr damaliges Jusstudium ausdrücklich angegeben, und sie hatte auch in den Formblättern vom 29. Jänner 1996 und vom 30. Jänner 1996 behauptet, die Ausbildung schon während ihres letzten Dienstverhältnisses besucht zu haben. Diese zuletzt erwähnten Angaben hatten sich - formularmäßig - auf das im Jänner 1996 aktuelle Studium der Beschwerdeführerin ("die oben angeführte" bzw. "die unter Punkt 1. angeführte" Ausbildung) bezogen, wären bei diesem Verständnis aber offenbar sinnwidrig gewesen.

Trotz dieses Widerspruches, der aktenkundigen Angabe eines 1991 ausgeübten Jusstudiums und des im vorliegenden Fall stets unzweifelhaften Umstandes, dass die Beschwerdeführerin nach ihrer Beschäftigung in der Rechtsanwaltskanzlei in keinem arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis mehr gestanden war, haben die Behörden des Verwaltungsverfahrens es im Verfahren über den Widerruf und die Rückforderung der der Beschwerdeführerin gewährten Notstandshilfe aber unterlassen, der Frage eines dem Studium der Betriebswirtschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien, von dem die Beschwerdeführerin angab, es 1992 begonnen zu haben, vorausgegangenen anderen Studiums (sei es auch an einer anderen Universität und in einer anderen Studienrichtung) nachzugehen. Die Beschwerdeführerin wurde - soweit sich dies im Besonderen der Niederschrift vom 8. März 1996 entnehmen lässt - nicht gefragt, ob sie in den 52 Wochen vor dem 3. März 1991 auch schon einem Studium nachgegangen war. Als maßgeblich wurde offenbar nur angesehen, wann ihr Studium der Betriebswirtschaft begonnen habe. Dementsprechend hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid auch nur Feststellungen über das Studium getroffen, das während der Widerrufszeiträume der Arbeitslosigkeit der Beschwerdeführerin (grundsätzlich) entgegenstand ("Ihr Studium an der Wirtschaftsuniversität Wien" bzw. "Ihr Studium"), und die Feststellung, die Beschwerdeführerin sei in dem erwähnten rechtlich relevanten Beobachtungszeitraum keinem Studium nachgegangen, nicht für erforderlich gehalten.

Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes kommt darin - auch unabhängig vom aktenkundigen Hinweis auf ein Jusstudium und von der ausdrücklichen Behauptung der Parallelität - die Rechtsansicht zum Ausdruck, der Arbeitslose müsse demselben Studium, das gemäß § 12 Abs. 3 lit. f AlVG seiner Arbeitslosigkeit - hier: bezogen auf die Widerrufszeiträume - (grundsätzlich) entgegenstehe, schon vorher im Sinne des § 12 Abs. 4 AlVG parallel zu seiner Beschäftigung nachgegangen sein, um die Voraussetzungen für die Zulassung einer Ausnahme zu erfüllen. Diese Ansicht steht im Widerspruch zur Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. zuletzt die schon zur Rechtslage nach der Novelle BGBl. Nr. 201/1996 ergangenen Erkenntnisse vom 23. Juni 1998, Zl. 98/08/0042, und vom 16. März 1999, Zl. 97/08/0011).

Zur Verdeutlichung ist hinzuzufügen, dass der Gesichtspunkt des Fehlens wesentlicher Unterbrechungen zwischen den Beschäftigungszeiten bzw. Studien nur während des Beobachtungszeitraumes für die Beurteilung der erforderlichen Parallelität von Beschäftigung und Studium eine Rolle spielt. Ob dieser Gesichtspunkt - wie in den zuletzt erwähnten Erkenntnissen in jeweils nicht tragender Weise zum Ausdruck gebracht wurde - für die Erfüllung der Voraussetzungen des § 12 Abs. 4 AlVG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 201/1996 überhaupt noch eine Rolle spielt, braucht aus Anlass des vorliegenden Falles nicht entschieden zu werden. In diesem Zusammenhang ist aber zu erwähnen, dass sich das Abstellen auf eine "im Wesentlichen ununterbrochene Beschäftigung" (aus der im hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 1996, Zl. 96/08/0125, entsprechende Schlüsse auf das Studium gezogen wurden) aus der verfassungskonformen Interpretation des in der Einzahl formulierten Tatbestandsmerkmals "während des Dienstverhältnisses" in der Fassung des § 12 Abs. 4 AlVG vor der erwähnten Novelle ergab und mit der Novelle von dieser Formulierung bei der Beschäftigung (anders als beim Studium) abgegangen wurde. Auf das Fehlen wesentlicher Unterbrechungen scheint es nach der nunmehrigen Fassung der Bestimmung (zumindest bei der Beschäftigung) also auch während des Beobachtungszeitraumes nicht mehr anzukommen, so wie etwa auch das zuvor im Gesetz verankerte Erfordernis, die Parallelität von Beschäftigung und Studium müsse während des dem Eintritt der Arbeitslosigkeit "unmittelbar vorangegangenen" Dienstverhältnis bestanden haben, nicht mehr Bestandteil der Regelung ist.

Dadurch, dass die belangte Behörde nur auf den Beginn des während der Widerrufszeiträume aktuellen Studiums der Beschwerdeführerin abstellte, hat sie ihren Bescheid insoweit, als damit der Widerruf der Leistung bestätigt wurde, und infolge dessen - wegen der Abhängigkeit der Rückforderung von Widerruf - auch im Übrigen mit einem Feststellungsmangel belastet, dem eine vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilte Rechtsansicht zugrunde liegt.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 15. November 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1996080373.X00

Im RIS seit

18.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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