TE Vfgh Erkenntnis 1998/3/12 G366/97, G367/97, G406/97, G409/97, G410/97, G418/97, G422/97, G432/97,

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Veröffentlicht am 12.03.1998
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Index

L7 Wirtschaftsrecht
L7071 Spielapparate

Norm

B-VG Art97 Abs2
B-VG Art140 Abs1 / Präjudizialität
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsgegenstand
B-VG Art140 Abs3 zweiter Satz
B-VG Art140 Abs4
B-VG Art140 Abs7 zweiter Satz
Oö SpielapparateG

Leitsatz

Verfassungswidrigkeit des gesamten Oö SpielapparateG wegen Kundmachung ohne neuerliche Beschlußfassung durch den Landtag trotz Verweigerung der Zustimmung der Bundesregierung zur Mitwirkung von Bundesorganen an der Vollziehung

Spruch

I.Die zu G366/97, G409/97 und G418/97 gestellten Hauptanträge werden insoweit zurückgewiesen, als sie sich nicht gegen die Bestimmung des §13 Abs1 Z1 des Landesgesetzes vom 1. Juli 1992 über das Aufstellen und den Betrieb von Spielapparaten (O.ö. Spielapparategesetz), LGBl. für Oberösterreich Nr. 55/1992, richten.

Der zu G474/97 gestellte Hauptantrag wird insoweit zurückgewiesen, als er sich nicht gegen die Bestimmung des §13 Abs1 Z2 des Landesgesetzes vom 1. Juli 1992 über das Aufstellen und den Betrieb von Spielapparaten (O.ö. Spielapparategesetz), LGBl. für Oberösterreich Nr. 55/1992, richtet.

Die zu G367/97, G410/97, G422/97, G432/97, G433/97, G434/97, G469/97 und G473/97 gestellten Hauptanträge werden insoweit zurückgewiesen, als sie sich nicht gegen die Bestimmung des §13 Abs1 Z4 des Landesgesetzes vom 1. Juli 1992 über das Aufstellen und den Betrieb von Spielapparaten (O.ö. Spielapparategesetz), LGBl. für Oberösterreich Nr. 55/1992, richten.

Der zu G406/97 gestellte Hauptantrag wird insoweit zurückgewiesen, als er sich nicht gegen die Bestimmungen des §13 Abs1 Z1 und 4 des Landesgesetzes vom 1. Juli 1992 über das Aufstellen und den Betrieb von Spielapparaten (O.ö. Spielapparategesetz), LGBl. für Oberösterreich Nr. 55/1992, richtet.

II.Das Landesgesetz vom 1. Juli 1992 über das Aufstellen und den Betrieb von Spielapparaten (O.ö. Spielapparategesetz), LGBl. für Oberösterreich Nr. 55/1992 idF LGBl. für Oberösterreich Nr. 68/1993, war verfassungswidrig.

Das verfassungswidrige Gesetz ist auch in den beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zu den Zlen. VwSen-300165/3/WEI/Bk, VwSen-300153/5/WEI/Bk und VwSen-300208/3/Weg/Ri anhängigen Verfahren nicht mehr anzuwenden.

Der Landeshauptmann von Oberösterreich ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Landesgesetzblatt für Oberösterreich verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I.1.1. Aus Anlaß bei ihm anhängiger Berufungen hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (im folgenden kurz UVS) beschlossen, Anträge gemäß Art140 Abs1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof zu richten.

In den beim Verfassungsgerichtshof zu G366/97, G367/97, G406/97, G409/97, G410/97, G418/97, G422/97, G432/97, G433/97, G434/97, G469/97, G473/97 und G474/97 protokollierten Verfahren stellt der UVS jeweils gleiche Hauptanträge sowie drei wortgleiche Eventualanträge, der Verfassungsgerichtshof möge erkennen,

"l. daß das Landesgesetz vom 1. Juli 1992 über das Aufstellen und den Betrieb von Spielapparaten (O.ö. Spielapparategesetz), LGBl. Nr. 55/1992, verfassungswidrig war;

in eventu

2. daß das Landesgesetz vom 1. Juli 1992 über das Aufstellen und den Betrieb von Spielapparaten (O.ö. Spielapparategesetz), LGBl. Nr. 55/1992, als verfassungswidrig aufgehoben wird;

in eventu

3. daß das Landesgesetz vom 1. Juli 1992 über das Aufstellen und den Betrieb von Spielapparaten (O.ö. Spielapparategesetz), LGBl. Nr. 55/1992, sowie die Ziffer 5 des oberösterreichischen Landesgesetzes vom 10. April 1997, LGBl. Nr. 63/1997, als verfassungswidrig aufgehoben werden;

in eventu

4. daß das Landesgesetz vom 1. Juli 1992 über das Aufstellen und den Betrieb von Spielapparaten (O.ö. Spielapparategesetz) in der durch Ziffer 5 des oberösterreichischen Landesgesetzes LGBl. Nr. 63/1997 geänderten Fassung als verfassungswidrig aufgehoben wird".

Weiters beantragt der UVS (jeweils Punkt 5. seiner Anträge) in eventu, daß in den Verfahren zu G366/97, G409/97 und G418/97 §13 Abs1 Z1, in dem Verfahren zu G474/97 §13 Abs1 Z2, in den Verfahren zu G367/97, G410/97, G422/97, G432/97, G433/97, G434/97, G469/97 und G473/97 §13 Abs1 Z4 sowie in dem Verfahren zu G406/97 §13 Abs1 Z1 und §13 Abs1 Z4 des Landesgesetzes vom 1. Juli 1992 über das Aufstellen und den Betrieb von Spielapparaten (O.ö. Spielapparategesetz) in der durch die Ziffer 5 des oberösterreichischen Landesgesetzes LGBl. Nr. 63/1997 geänderten Fassung als verfassungswidrig aufgehoben werden.

In Punkt 6. seiner Anträge begehrt der UVS schließlich in eventu, daß das Landesgesetz vom 1. Juli 1992 über das Aufstellen und den Betrieb von Spielapparaten (O.ö. Spielapparategesetz), LGBl. Nr. 55/1992, sowie in den Verfahren zu G366/97, G409/97 und G418/97 §13 Abs1 Z1, in dem Verfahren zu G474/97 §13 Abs1 Z2, in den Verfahren zu G367/97, G410/97, G422/97, G432/97, G433/97, G434/97, G469/97 und G473/97 §13 Abs1 Z4 sowie in dem Verfahren zu G406/97 §13 Abs1 Z1 und §13 Abs1 Z4 des Landesgesetzes vom 1. Juli 1992 über das Aufstellen und den Betrieb von Spielapparaten (O.ö. Spielapparategesetz) in der neubeschlossenen Fassung der Ziffer 5 des oberösterreichischen Landesgesetzes LGBl. Nr. 63/1997 als verfassungswidrig aufgehoben werden.

1.2. In den den zu G366/97, G367/97, G406/97, G409/97, G410/97, G432/97, G433/97, G434/97, G469/97, G473/97 und G474/97 protokollierten Verfahren zugrundeliegenden Anlaßfällen wurden die Berufungswerber vor dem UVS wegen Verwaltungsübertretungen nach dem O.ö. Spielapparategesetz (LGBl. 55/1992 idF LGBl. 68/1993) belangt. Die Anlaßfälle der beim Verfassungsgerichtshof zu G418/97 und zu G422/97 protokollierten Verfahren betreffen jeweils die Beschlagnahme eines nach dem O.ö. Spielapparategesetz, LGBl. 55/1992 idF LGBl. 68/1993, bewilligungspflichtigen Spielapparates.

1.3. Beim Verfassungsgerichtshof sind ferner weitere Gesetzesprüfungsanträge des UVS anhängig, mit denen in den Hauptanträgen jeweils begehrt wird, der Verfassungsgerichtshof möge feststellen, daß das O.ö. Spielapparategesetz, LGBl. 55/1992, verfassungswidrig war. Diese Anträge konnten jedoch wegen des fortgeschrittenen Prozeßgeschehens nicht mehr in das vorliegende Verfahren einbezogen werden (vgl. aber die Ausdehnung der Anlaßfallwirkung im Spruch laut II., zweiter Absatz). Im einzelnen handelt es sich um die zu G27/98, G28/98 und G45/98 protokollierten, aus Anlaß der bei ihm zu den Zlen. VwSen-300165/3/WEI/Bk, VwSen-300153/5/WEI/Bk und VwSen-300208/3/Weg/Ri anhängigen Verfahren gestellten Anträge des UVS.

1.4. Die Oberösterreichische Landesregierung hat Äußerungen erstattet, in denen sie die Zurückweisung der Eventualanträge, in eventu für den Fall der Aufhebung des Gesetzes die Setzung einer Frist von 18 Monaten für das Außerkrafttreten beantragt.

2.1. Der antragstellende UVS legt seine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des O.ö. Spielapparategesetzes - in allen Anträgen wortgleich - wie folgt dar:

"Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 28. September 1996, G50/96 et al., wurde u.a. ausgesprochen, daß das Tiroler Gesetz vom 3. Juli 1991 (LGBl. für Tirol Nr. 74/1991), mit dem das Tiroler Grundverkehrsgesetz 1983 geändert wird, verfassungswidrig war; den Regelungen dieses Gesetzes wurde nämlich durch Inkrafttreten des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1993 (LGBl. für Tirol 82/1993) materiell derogiert. Der Verfassungsgerichtshof hat im Ergebnis angenommen, daß die Kundmachung des Tiroler Gesetzes vom 3. Juli 1991 der landesverfassungsrechtlichen Bestimmung des Art38 Abs7 TLO 1989 widersprach. Diese Vorschrift ordnet für Fälle, in denen eine Zustimmung der Bundesregierung iSd Art97 Abs2 B-VG erforderlich ist, an, daß ein Gesetzesbeschluß nur kundgemacht werden darf, wenn die Zustimmung erteilt wurde oder als erteilt gilt. Wurde die Zustimmung versagt, darf der Gesetzesbeschluß ohne neuerliche Beschlußfassung durch den Landtag nicht kundgemacht werden.

Die wesentlichen rechtlichen Vorgaben für dieses Ergebnis folgen bereits aus der Bundesverfassung. Der Verfassungsgerichtshof hat in Anlehnung an den Verfassungsdienst des Bundeskanzleramts und an Jabloner, Die Mitwirkung der Bundesregierung an der Landesgesetzgebung, 1989, 234 ff., insb. 237, die Ansicht vertreten, daß die Gesetzesprärogative des Landtages unterlaufen wird, wenn die Bundesregierung ihre Zustimmung zur Mitwirkung von Bundesorganen an der Landesvollziehung verweigert hat und in der Folge ein dementsprechend reduzierter Gesetzestext ohne Ermächtigung durch den neuerlich befaßten Landtag vom Landeshauptmann publiziert wird. Dies führt zur verfassungswidrigen Konsequenz, daß die Entscheidung, ob ein Gesetzesbeschluß auch ohne die geplante, aber durch die Zustimmungsverweigerung der Bundesregierung nicht mögliche Mitwirkung von Bundesorganen Gesetz werden soll oder nicht, an den Landeshauptmann verlagert wird. Nach Art95 Abs1 B-VG wird aber (vgl. auch Art16 Abs1 Satz 1 O.ö. Landesverfassungsgesetz 1991) die Gesetzgebung der Länder vom Landtag ausgeübt. Die Publikation eines Textes durch den Landeshauptmann, der mit dem (ursprünglich) beschlossenen Gesetzestext nicht übereinstimmt, ohne entsprechende Ermächtigung des Landtages widerspricht deshalb dem Kerngehalt des Art97 Abs2 B-VG. Diese Auffassung hat der Verfassungsgerichtshof in zwei weiteren Erkenntnissen bekräftigt (vgl. Erk. v. 28. 11. 1996, G195/96 et al., und Erk. v. 10. 12. 1996, G84/96 et al.).

Mit dem am 11. Juni 1997 ausgegebenen und versendeten Landesgesetz LGBl. Nr. 63/1997, das den Titel 'Landesgesetz vom 10. April 1997, mit dem die O.ö. Fischereigesetz-Novelle 1990, das O.ö. Abfallwirtschaftsgesetz 1990, das O.ö. Behindertengesetz 1991, das O.ö. Bodenschutzgesetz 1991 und das O.ö. Spielapparategesetz neuerlich beschlossen werden' trägt, wurde im Landesgesetzblatt für Oberösterreich kundgemacht, daß die schon im Titel erwähnten und in der Folge in fünf Ziffern näher bezeichneten Landesgesetze in der jeweils angeführten kundgemachten Fassung in Geltung stehen. In den Materialien zu diesem Gesetz (vgl. AB Blg. 989/1997 zum kurzschriftlichen Bericht des o.ö. LT, 24. GP) wird unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 28. September 1996, G50/96-24 et al., ausgeführt, daß der Verfassungsgerichtshof implizit die in fast allen Bundesländern für den Fall der Verweigerung der Zustimmung der Bundesregierung zur Mitwirkung von Bundesorganen geübte und bislang unbeanstandet gebliebene Praxis für verfassungswidrig erklärt hätte. Solche Landesgesetze wären nämlich ohne neuerliche Befassung des Landtages in der Weise kundgemacht worden, daß die Verlautbarung der von der verweigerten Mitwirkung betroffenen Bestimmungen unterblieb. Im Sinne der Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes wäre der Landtag neuerlich zu befassen gewesen, um sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob das Gesetz ohne die Mitwirkungsbestimmungen unverändert oder mit Änderungen beschlossen werden soll. Dieser Mangel der verfassungswidrigen Kundmachung würde auch bei den oben angeführten Landesgesetzen, bei denen der vom Verfassungsgerichtshof geforderte Weg nicht eingehalten wurde, zur gänzlichen Aufhebung führen. Um dieser Gefahr zu begegnen, sollten diese Gesetze ehestmöglich ohne inhaltliche Änderung neu beschlossen werden."

2.2. Der UVS vertritt die Auffassung, daß die "zweifelhafte Fassung" des oberösterreichischen Landesgesetzes LGBl. 63/1997 mehrere Auslegungsvarianten hinsichtlich ihrer Bedeutung zulasse, und führt zur Begründung der Anträge näher aus:

"LGBl. Nr. 63/1997 bedeutet einen neuen Gesetzesbeschluß mit ersetzender Wirkung ex nunc:

Man kann den vorliegenden Gesetzesbeschluß so verstehen, daß er ex nunc die angeführten Gesetze mit dem Inhalt der bisher geltenden Fassungen, soweit diese nicht ohnehin überholt erscheinen (vgl. Inkrafttretens- und Übergangsbestimmungen), neuerlich bei gleichzeitiger Außerkraftsetzung der bisher geltenden Gesetze in Kraft setzen will. Dafür spräche Punkt I.2. des Berichtes des Ausschusses für Verfassung und Verwaltung (vgl. AB Blg. 989/1997 zum kurzschriftlichen Bericht des o.ö. LT,

24. GP), wo davon die Rede ist, die Zeitspanne, in der eine Totalaufhebung der Landesgesetze droht, möglichst kurz zu halten. Diesfalls hat das Gesetz LGBl. Nr. 63/1997 für den Anlaßfall die Bedeutung einer Derogation, das O.ö. Spielapparategesetz, LGBl. Nr. 55/1992 idF LGBl. Nr. 68/1993, wurde damit aufgehoben und durch ein gleichlautendes neues Gesetz mit Inkrafttreten am 12. Juni 1997 ersetzt. Demgemäß begehrt der O.ö. Verwaltungssenat in der Hauptsache gemäß Art89 Abs3 iVm Art140 Abs3 Satz 2 und Abs4 B-VG die Entscheidung, daß die invalide Urfassung zur Gänze verfassungswidrig war. Ein Hindernis iSd Art140 Abs3 Satz 3 liegt nicht vor (Hauptantrag zu Punkt 1.).

... Keine Sanierung durch die O.ö. Spielapparategesetznovelle LGBl. Nr. 68/1993

Durch die 1. O.ö. Spielapparategesetznovelle LGBl. Nr. 68/1993 wurden lediglich die Bestimmungen des §1 Abs3 (Ausnahmen vom Anwendungsbereich des O.ö. Spielapparategesetzes) und des §3 Abs1 Z2 leg. cit. (verbotene aggressionsfördernde oder grob menschenunwürdige Spielapparate) neu gefaßt. Das Problem des verfassungswidrigen Zustandekommens der Kundmachung der Fassung LGBl. Nr. 55/1992 war nicht Gegenstand dieser Novelle. Der Mangel wurde dementsprechend vom oberösterreichischen Landtag auch nicht saniert. Davon ging offenbar mit Rücksicht auf die Regierungsvorlage zu LGBl. Nr. 63/1997 (Blg. 966/1997 zum kurzschriftlichen Bericht des o.ö. LT, 24. GP) auch die oberösterreichische Landesregierung aus. Die Novelle LGBl. Nr. 68/1993 kam ohne Kundmachungsmangel zustande und ist auch sonst nicht präjudiziell, weshalb insofern keine Antragstellung erfolgt.

... LGBl. Nr. 63/1997 bedeutet einen neuen Gesetzesbeschluß mit Wirkung ex tunc, wobei verschiedene Rückwirkungsfälle denkbar sind:

Für den Fall, daß aufgrund des zweifelhaften Wortlauts des Landesgesetzes LGBl. Nr. 63/1997 das ... dargestellte Ergebnis durch verfassungskonforme Interpretation nicht erzielbar ist, erhebt sich die Frage, ob dem vorliegenden feststellenden Gesetzesbeschluß des oberösterreichischen Landtages auch rückwirkende Kraft beizumessen ist. Eine solche Deutung erscheint nach dem Ausschußbericht nicht von vornherein ausgeschlossen (vgl. dazu mißverständlich AB Blg. 989/1997 zum kurzschriftlichen Bericht des o.ö. LT, 24. GP, B. Besonderer Teil). Die nunmehrige Feststellung, daß die aufgelisteten Landesgesetze in der jeweils angeführten kundgemachten Fassung in Geltung stehen, kann sprachlich auch als umfassende konstitutive Klarstellung für die Vergangenheit, Gegenwart und die Zukunft verstanden werden. Damit könnte auch eine rückwirkende Sanierung der verfassungswidrigen Kundmachung bzw. des verfassungswidrigen Zustandekommens des ursprünglichen Gesetzesbeschlusses gemeint sein. Bei dieser Deutung wäre das oberösterreichische Gesetz LGBl. Nr. 63/1997 verfassungswidrig, weil durch einfaches Landesgesetz der vorangegangene Mangel der verfassungswidrigen Kundmachung nicht rückwirkend saniert werden und damit die Prüfungsbefugnis des Verfassungsgerichtshofes (vgl. Art140 Abs3 B-VG) ausgeschaltet werden darf.

Die rückwirkende Kraft des Landesgesetzes LGBl. Nr. 63/1997 kann aber auch rein inhaltlich in bezug auf die verwiesenen Altfassungen des O.ö. Spielapparategesetzes verstanden werden. Möglicherweise wollte man mit dem neuen Gesetzesbeschluß rückwirkend und derogatorisch klarstellen, daß die vom Landeshauptmann ursprünglich kundgemachten Fassungen ohne die Mitwirkungsbestimmungen ein für allemal gelten sollen. Oder es könnte auch eine rückwirkende Inkraftsetzung des Inhaltes, daß ein gleichartiger Neubestand neben dem invaliden Altbestand gelten soll, den Sinn haben, das O.ö. Spielapparategesetz unabhängig von der Frage des ursprünglichen Mangels des verfassungswidrigen Zustandekommens auch für die Vergangenheit schlechthin anwendbar zu machen. Nach dem Ausschußbericht sollten die ohnehin in Geltung stehenden Landesgesetze ohne inhaltliche Änderung in der jeweiligen Fassung neuerlich beschlossen werden (vgl. AB Blg. 989/1997 zum kurzschriftlichen Bericht des o.ö. LT, 24. GP, Punkt B). Dem Ausschuß für Verfassung und Verwaltung war wohl bewußt, daß diese neubeschlossenen Landesgesetze in der angeführten Fassung ohnehin bereits geltendes Recht sind. Eine ausdrückliche Anordnung des Landesgesetzgebers, daß dieser neue verfassungskonform zustandegekommene Gesetzesbeschluß nur ex nunc wirken und die alten Gesetzesbeschlüsse außer Kraft setzen soll, fehlt aber.

Die Anordnung einer rückwirkenden Geltung in den seinerzeit kundgemachten Fassungen erschiene zumindest verfassungswidrig, soweit davon präjudizielle Strafvorschriften betroffen sind. Die verfassungsrechtlichen Bedenken ergeben sich dann aus der Verfassungsnorm des Art7 Abs1 EMRK, die ein ausdrückliches Rückwirkungsverbot in bezug auf Strafnormen enthält und auch den Grundsatz 'nullum crimen sine lege' impliziert (vgl. dazu mwN Frowein/Peukert, EMRK-Kommentar, 2. A, 1996, Rz 2 zu Art7 MRK; VfSlg. 11776/1988). Bei Frowein/Peukert, EMRK-Kommentar, 2. A, 1996, Rz 3 zu Art7, ist nachzulesen, daß ein Strafgesetz, das für nichtig erklärt wurde, nicht rückwirkend ersetzt werden kann. Eine ähnliche und vergleichbare Situation liegt wohl vor, wenn ein verfassungswidrig kundgemachtes Gesetz im Hinblick auf die zu erwartende Aufhebung bzw. Feststellung durch den Verfassungsgerichtshof, daß es verfassungswidrig war, mit der Wirkung ex tunc - sei es durch Schaffung eines rückwirkenden inhaltsgleichen Neubestandes oder durch rückwirkendes inhaltsgleiches Ersetzen des Altbestandes - saniert werden soll, daß es dennoch auf die Anlaßfälle des verfassungsgerichtlichen Verfahrens und alle früheren Sachverhalte weiterhin anzuwenden ist. In einem solchen Fall erwiese sich auch eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes, wonach der Altbestand desselben Gesetzes verfassungswidrig kundgemacht wurde, als obsolet. Damit wäre im Ergebnis der Sinn seiner verfassungsrechtlichen Prüfungsbefugnis in Frage gestellt.

... LGBl. Nr. 63/1997 bedeutet bloß eine Feststellung des Istzustandes:

Die Beschlußfassung des oberösterreichischen Landesgesetzes LGBl. Nr. 63/1997 enthält im Widerspruch zur Titulierung und zur Darstellung in den Materialien nicht ausdrücklich einen neuen Gesetzesbeschluß bezüglich der bisher kundgemachten Fassungen, sondern die nach ihrem Wortlaut eher nur deklarative Feststellung, daß die in fünf Ziffern aufgezählten und näher bezeichneten Landesgesetze in der jeweils angeführten Fassung in Geltung stehen. Fraglich und zweifelhaft könnte daher sein, ob dieser am 11. Juni 1997 im Landesgesetzblatt für Oberösterreich kundgemachten Feststellung überhaupt die Wirkung eines neuen Gesetzesbeschlusses beigemessen werden darf, der die vorangegangenen Fassungen dieser Landesgesetze ersetzt. Denn daß diese Landesgesetze trotz des Mangels einer verfassungswidrigen Kundmachung in Geltung standen und noch stehen, solange sie nicht vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben werden, steht außer Frage. Eine gehörige Kundmachung iSd Art89 Abs1 B-VG in dem nach Art32 Abs1 O.ö. Landesverfassungsgesetz 1991 vorgesehenen Publikationsorgan 'Landesgesetzblatt' hatte der Landeshauptmann seinerzeit vorgenommen, weshalb Gerichte und der unabhängige Verwaltungssenat, denen eine Gültigkeitsprüfung nicht zusteht, diese Gesetze auch zu beachten haben.

Der O.ö. Verwaltungssenat geht eher nicht von einer bloß deklarativen Feststellung durch das Landesgesetz LGBl. Nr. 63/1997 aus, weil der Titel dieses Gesetzes und die Materialien von einem neuen Gesetzesbeschluß bezüglich ausdrücklich angeführter Fassungen sprechen. Diese Betrachtung folgt auch im Hinblick auf den allgemeinen Grundsatz, daß eine Norm im Zweifel nicht als überflüssig angesehen werden darf.

...

Für den Fall der Verneinung der derogatorischen Kraft des LGBl. Nr. 63/1997 und der Annahme einer deklaratorischen Wirkung ex nunc ist ein Aufhebungsantrag bezüglich der unveränderten Urfassung zu stellen (Eventualantrag zu Punkt 2.).

Hat LGBl. Nr. 63/1997 nur die Bedeutung einer rückwirkenden Sanierung des verfassungswidrigen Zustandekommens der inhaltlich unveränderten Urfassung des O.ö. Spielapparategesetzes, so ist

ein Aufhebungsantrag hinsichtlich der Urfassung und zusätzlich

ein Aufhebungsantrag hinsichtlich der verfassungswidrigen Ziffer 5 des LGBl. Nr. 63/1997 zu stellen (Eventualantrag zu Punkt 3.). Theoretisch denkbar wäre auch die umfassende Rückwirkung (sowohl in inhaltlicher Hinsicht als auch hinsichtlich der verfassungswidrigen Kundmachung) mit derogatorischer Kraft. Dafür wird ein allgemeiner Aufhebungsantrag der Urfassung in der durch Ziffer 5 des LGBl. Nr. 63/1997 geänderten Fassung vorgesehen, zumal wohl der Kundmachungsfehler durchschlägt (Eventualantrag zu Punkt 4.).

Im Zusammenhang mit den rein inhaltsbezogenen Rückwirkungsfällen ist für den Fall der Annahme eines inhaltsgleichen rückwirkenden Ersetzens ein bloßer Aufhebungsantrag der im gegenständlichen Anlaßfall konkret anzuwendenden Strafbestimmung des O.ö. Spielapparategesetzes in der rückwirkenden Fassung des LGBl. Nr. 63/1997 zu stellen, weil nur diese Rückwirkung verfassungswidrig erscheint (Eventualantrag zu Punkt 5.). Deutet man die Anordnung der Ziffer 5 des Landesgesetzes LGBl. Nr. 63/1997 als Inkraftsetzung eines inhaltsgleichen Neubestandes mit rückwirkendem Inhalt, der sicherheitshalber neben dem Altbestand der Urfassung des O.ö. Spielapparatgesetzes Geltung haben soll, so ist ein Antrag auf Aufhebung der rückwirkenden Strafnorm dieses Neubestandes und zusätzlich ein Aufhebungsantrag hinsichtlich des weiterhin geltenden invaliden Altbestandes zu stellen (Eventualantrag zu Punkt 6.)."

3.1. Die Oberösterreichische Landesregierung tritt in ihren Äußerungen den verfassungsrechtlichen Bedenken des UVS nicht entgegen. Sie führt dazu aus:

"Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 28. September 1996, G50/96-24 u.a., wurde ausgesprochen, daß das (Tiroler) Gesetz vom 3. Juli 1991, mit dem das Grundverkehrsgesetz 1983 geändert wird, LGBl. für Tirol Nr. 74/1991, verfassungswidrig war. Die dort als verfassungswidrig beurteilte Vorgangsweise des Landes Tirol betreffend den Weg der Landesgesetzgebung im Fall der Verweigerung der Zustimmung der Bundesregierung zur Mitwirkung von Bundesorganen bei der Vollziehung von Landesgesetzen ist mit jener vergleichbar, die bei der Erlassung des (oö.) Landesgesetzes vom 1. Juli 1992 über das Aufstellen und den Betrieb von Spielapparaten (O. ö. Spielapparategesetz), LGBl. Nr. 55/1992, gewählt wurde. Auch hier wurde die vom Verfassungsgerichtshof geforderte neuerliche Befassung des Landtages nach Verweigerung der Zustimmung nicht vorgenommen, sondern der Gesetzesbeschluß - unter Weglassung der Mitwirkungsbestimmungen - vom Landeshauptmann kundgemacht. Das Vorbringen des oberösterreichischen unabhängigen Verwaltungssenates bleibt daher, soweit es diesen Sachverhalt betrifft, unbestritten.

Dem unabhängigen Verwaltungssenat ist auch bezüglich der Tatsache beizupflichten, daß eine 'Sanierung' durch die O.ö. Spielapparategesetz-Novelle, LGBl. Nr. 68/1993, nicht erfolgte.

In Anbetracht der genannten Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, insbesondere in Verbindung mit der - durchaus vergleichbaren - Rechtslage in Oberösterreich, wird davon abgesehen, den Bedenken des unabhängigen Verwaltungssenates gegen das Landesgesetz vom 1. Juli 1992 (O.ö. Spielapparategesetz), LGBl. Nr. 55/1992, welche sich nur auf die im oben angeführten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes aufgezeigte formellrechtliche Grundlage stützen, entgegenzutreten.

Im übrigen stand, wie vom unabhängigen Verwaltungssenat treffend bemerkt, dem Landesgesetzgeber genau die oben genannte Problematik vor Augen, als er das Landesgesetz vom 10. April 1997, LGBl. Nr. 63/1997, erließ, mit welchem (unter anderen) das O.ö. Spielapparategesetz neuerlich beschlossen wurde."

3.2. Hinsichtlich der Zulässigkeit der Eventualbegehren vertritt die Oberösterreichische Landesregierung folgende Auffassung:

"Insoweit vom antragstellenden unabhängigen Verwaltungssenat allerdings Bezug genommen wird auf das Landesgesetz vom 10. April 1997, LGBl. Nr. 63/1997, und dessen Prüfung (wenn in einem Teil der Eventualbegehren auch nur implizit bzw. in Verbindung mit dem Landesgesetz vom 1. Juli 1992, LGBl. Nr. 55/1992) verlangt wird, mangelt es nach Ansicht der Oö. Landesregierung bereits an der Präjudizialität der genannten Bestimmungen.

Vom unabhängigen Verwaltungssenat ist als Berufungsbehörde in Strafsachen nämlich grundsätzlich das Recht anzuwenden, das zum Zeitpunkt der Tat in Geltung stand bzw. welches dem Bescheid erster Instanz zugrunde zu legen war (im Fall des §1 Abs2 VStG). Die Tatzeit in den gegenständlichen Strafverfahren lag aber durchgängig vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Landesgesetzes LGBl. Nr. 63/1997 (das war der 12. Juni 1997), weshalb eine Anwendung durch den unabhängigen Verwaltungssenat in den zugrunde liegenden Verfahren wohl von vornherein ausgeschlossen wird.

Der unabhängige Verwaltungssenat Oberösterreich vermeint in seinen Eventualbegehren diese Anwendung dadurch zu begründen, dem Gesetz LGBl. Nr. 63/1997 rückwirkenden Charakter beizumessen. Dieser Auffassung, die im übrigen auch vom unabhängigen Verwaltungssenat nur eventualiter vertreten wird, kann nicht gefolgt werden. Eine Rückwirkung ist stets ausdrücklich zu normieren (argum. 'wenn nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist' in Art49 Abs1 B-VG, siehe etwa auch VfSlg. 9419 und 12943, wo eine ausdrückliche Normierung durch den Gesetzgeber gefordert wird; in diesem Sinne auch Walter/Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechtes8, Rz 494) und darf bei einer Auslegung im Zweifel jedenfalls nicht beigemessen werden, dies umso mehr, als eine Rückwirkung das gegenständliche Gesetz wohl mit Verfassungswidrigkeit belasten würde, beinhaltet das Gesetz doch Strafbestimmungen (Art7 Abs1 MRK enthält das in Verfassungsrang stehende Verbot rückwirkender Strafbestimmungen). Im Sinne verfassungskonformer Interpretation darf einem einfachen Gesetz aber ein verfassungswidriger Inhalt nicht unterstellt werden (etwa VfSlg. 11466 u.v.m.).

Von seiten der Landesregierung wird aber die vom unabhängigen Verwaltungssenat als 'zweifelhafte Fassung' bezeichnete Mehrdeutigkeit nicht erblickt. Bereits der Titel 'Landesgesetz, mit dem die O.ö. Fischereigesetz-Novelle 1990, das O.ö. Abfallwirtschaftsgesetz 1990, das O.ö. Behindertengesetz 1991, das O.ö. Bodenschutzgesetz 1991 und das O.ö. Spielapparategesetz neuerlich beschlossen werden' lautet insoweit unmißverständlich und bedeutet, daß eben die genannten Gesetze neuerlich beschlossen werden. Genau dies findet sich auch explizit in den Erläuterungen (Ausschußbericht, Beilage 989/1997 zum kurzschriftlichen Bericht des o.ö. Landtages, XXIV. GP), wenn es heißt 'sollen die genannten Gesetze in ihrer jeweils geltenden Fassung, ohne inhaltliche Abänderung, ehestmöglich neu beschlossen werden' (Seite 2).

In diesem Zusammenhang ist auch der Einleitungssatz im Landesgesetz zu beurteilen: Die in der Aufzählung angeführten Gesetze stehen ab dem Inkrafttretenszeitpunkt (eine Rückwirkung ist, wie oben dargelegt, nicht normiert) in der jeweils angeführten kundgemachten Fassung in Geltung. Es wurden mit LGBl. Nr. 67/1997 zwar inhaltlich (zu den in der Aufzählung angeführten Gesetzen) gleichlautende neue Gesetze beschlossen; sie unterscheiden sich aber von der bisher geltenden sowohl in materieller Hinsicht durch den - nunmehr offenbaren - Willen des Gesetzgebers, die Gesetzesbestimmungen in dieser Form auch ohne Mitwirkung von Bundesorganen in Kraft zu setzen, als auch in formellrechtlicher Betrachtungsweise, handelt es sich doch um formell neue Gesetze mit neuem Inkrafttretensdatum. Die wohl bereits auf den ersten Blick (durch die jeweiligen Titel) erkennbare Übereinstimmung zwischen Inhalt bzw. Umfang (gemeint in formeller Hinsicht betreffend den Regelungsumfang) der 'früheren' Gesetze und neu beschlossenem Gesetz (bzw. beschlossenen Gesetzen) erlaubt es auch unproblematisch, das Ausmaß der - aus formeller Sicht zu beurteilenden - Derogation festzustellen, weshalb eine explizite Außerkrafttretensregelung unterblieb (lex posterior derogat legi priori).

Zum Vorbringen des unabhängigen Verwaltungssenates, der Gesetzesbeschluß habe bloß deklarative Bedeutung, kann auf die vom unabhängigen Verwaltungssenat selbst vorgebrachte Argumentation verwiesen werden, die gegen eine solche Annahme spricht. Sowohl Titel und Diktion des Gesetzes als auch die Materialien zum Gesetz sprechen von einem neuen Gesetzesbeschluß; der Hinweis auf den allgemeinen Grundsatz, daß eine Norm im Zweifel nicht als überflüssig angesehen werden darf, soll nur der Vollständigkeit halber wiederholt werden, da ein solcher Zweifel aufgrund des Gesetzeswortlautes im Zusammenhang mit den aus den Materialien ersichtlichen Beweggründen nach Ansicht der Landesregierung von vornherein nicht besteht."

Die Oberösterreichische Landesregierung beantragt, die Eventualanträge des Unabhängigen Verwaltungssenates als unzulässig zurückzuweisen. Im Falle der Aufhebung des in Prüfung stehenden Gesetzes möge der Verfassungsgerichtshof eine Frist von 18 Monaten für das Außerkrafttreten festsetzen.

II.Der Verfassungsgerichtshof hat in den - in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm §35 VerfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen - Gesetzesprüfungsverfahren erwogen:

1. Zur Zulässigkeit:

1.1. Gemäß Art140 Abs1 iVm 129a Abs3 und 89 Abs2 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen unter anderem auf Antrag eines unabhängigen Verwaltungssenates, wenn dieser gegen die Anwendung solcher Normen aus dem Grunde der Verfassungswidrigkeit Bedenken hat. Der Verfassungsgerichtshof hat hiebei die ihm unterbreitete Auffassung zur Präjudizialitätsfrage nach ständiger Rechtsprechung auf ihre Denkmöglichkeit zu untersuchen (zB VfSlg. 13424/1993). Nur wenn dabei die Unrichtigkeit des Standpunktes des unabhängigen Verwaltungssenates offen zutage tritt, ist der Antrag unzulässig.

1.2. Der UVS begehrt in seinen Hauptanträgen, der Verfassungsgerichtshof möge erkennen, daß das O.ö. Spielapparategesetz, LGBl. 55/1992, verfassungswidrig war. Der UVS wendet sich also in seinen Hauptanträgen gegen das O.ö. Spielapparategesetz seinem ganzen Inhalt nach. Wie der UVS in seinem Prüfungsantrag selbst ausführt, hat er bei der Überprüfung der bei ihm angefochtenen Straferkenntnisse nicht das Gesetz zur Gänze, sondern lediglich einzelne Bestimmungen des O.ö. Spielapparategesetzes, LGBl. 55/1992 idF LGBl. 68/1993, anzuwenden. Aus den Darlegungen des UVS zur Präjudizialität geht - gerade noch hinreichend erkennbar - hervor, daß er insbesondere die jeweilige(n) Strafbestimmung(en) anzuwenden hat, und zwar je nach Lage des Falles insbesondere die Verwaltungsstrafbestimmungen des §13 Abs1 Z l (G366/97, G406/97, G409/97, G418/97), Z2 (G474/97) und Z4 (G367/97, G406/97, G410/97, G422/97, G432/97, G433/97, G434/97, G469/97, G473/97). Da sohin - nach Auffassung des UVS - nur diese Teile des O.ö. Spielapparategesetzes für die Entscheidung des UVS jedenfalls präjudiziell sind, sind die Gesetzesprüfungsanträge, soweit sie sich über diese präjudiziellen Bestimmungen hinaus gegen das O.ö. Spielapparategesetz wenden, im Sinne des Art140 Abs1 B-VG unzulässig. Die Anträge waren insoweit zurückzuweisen (vgl. zB VfSlg. 12869/1991 und 14512/1996). Die Voraussetzungen des Art139 Abs3 bzw. des Art140 Abs3 B-VG sind nur vom Verfassungsgerichtshof von Amts wegen wahrzunehmen (zB VfSlg. 9260/1981, 10429/1985, 14498/1996).

Der Anwendung des O.ö. Spielapparategesetzes, LGBl. 55/1992 idF LGBl. 68/1993, steht auch das Landesgesetz vom 10. April 1997, LGBl. 63/1997, nicht entgegen. Daß dieses Gesetz rückwirkende Kraft haben soll, ist nicht ersichtlich. Gemäß Art32 Abs3 Oberösterreichische Landesverfassung beginnt die verbindende Kraft der Landesgesetze, wenn nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, nach Ablauf des Tages, an dem das Stück des Landesgesetzblattes, das die Kundmachung enthält, herausgegeben und versendet wird. Das Landesgesetz LGBl. 63/1997 trat sohin mit 12. Juni 1997 in Kraft.

Da auch die sonstigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, sind die Hauptanträge des UVS, soweit sie nicht zurückzuweisen waren, zulässig.

2. Der Verfassungsgerichtshof hat in der Sache erwogen:

2.1. Am 1. Juli 1992 hat der Oberösterreichische Landtag einen Beschluß betreffend ein Gesetz über das Aufstellen und den Betrieb von Spielapparaten (O.ö. Spielapparategesetz) gefaßt. Der genannte Gesetzesbeschluß wurde im 24. Stück des Jahrganges 1992 des Landesgesetzblattes für Oberösterreich Nr. 55 (ausgegeben und versendet am 31. August 1992) unter Weglassung des §12, der die Mitwirkung von Bundesorganen vorsah, kundgemacht. Dies deshalb, weil die Bundesregierung die nach dem B-VG hierfür notwendige Zustimmung verweigert hatte.

Mit LGBl. 68/1993 wurden die (hier nicht präjudiziellen) Bestimmungen des §1 Abs3 und des §3 Abs1 Z2 des O.ö. Spielapparategesetzes, LGBl. 55/1992, novelliert.

Mit dem am 11. Juni 1997 ausgegebenen und versendeten

39. Stück des Landesgesetzblattes 1997 wurde unter der Nummer 63 ein Gesetz kundgemacht, das den Titel "Landesgesetz vom 10. April 1997, mit dem die O.ö. Fischereigesetz-Novelle 1990, das O.ö. Abfallwirtschaftsgesetz 1990, das O.ö. Behindertengesetz 1991, das O.ö. Bodenschutzgesetz 1991 und das O.ö. Spielapparategesetz neuerlich beschlossen werden" trägt.

Dieses Landesgesetz hat folgenden Wortlaut:

"Der o.ö. Landtag hat beschlossen:

Folgende Landesgesetze stehen in der jeweils angeführten kundgemachten Fassung in Geltung:

1. - 4. ...

5. Landesgesetz vom 1. Juli 1992 über das Aufstellen und den Betrieb von Spielapparaten (O.ö. Spielapparategesetz), LGBl. Nr. 55/1992, in der Fassung des Landesgesetzes LGBl. Nr. 68/1993."

Dieser Gesetzesbeschluß war folgendermaßen motiviert (vgl. AB Blg. 989/1997 zum kurzschriftlichen Bericht des Oberösterreichischen Landtages, 24. GP; vgl. auch die RV zu diesem Gesetz, Blg. 966/1997):

"... Anlaß und Inhalt dieses Landesgesetzes:

... Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom

28. September 1996, G50/96-24, u.a. ausgesprochen, daß das (Tiroler) Gesetz vom 3. Juli 1996, mit dem das Grundverkehrsgesetz 1993 geändert wird, LGBl. für Tirol Nr. 74/1991, verfassungswidrig war. Damit erklärte er implizit die in fast allen Bundesländern für den Fall der Verweigerung der Zustimmung der Bundesregierung zur Mitwirkung von Bundesorganen bei der Vollziehung von Landesgesetzen durchgängig geübte und bislang unbeanstandet gebliebene Praxis für verfassungswidrig.

Ein Landesgesetz, welches eine solche Mitwirkung vorgesehen hätte, die in der Folge von der Bundesregierung verweigert wurde, wurde nämlich ohne neuerliche Befassung des Landtages in der Weise kundgemacht, daß die Verlautbarung jener Bestimmungen, welche die Mitwirkung beinhalteten, unterblieb, das Landesgesetz trat ohne die genannten Bestimmungen in Geltung. Im Sinn der Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes in diesem Erkenntnis wäre neuerlich der Landtag zu befassen gewesen, welcher sich damit auseinanderzusetzen hätte, ob das Gesetz auch ohne die Mitwirkungsbestimmungen unverändert belassen bleiben soll, oder ob diesfalls im Gesetz Änderungen vorgenommen werden müßten. Da der Verfassungsgerichtshof unter Berufung auf diesen Mangel annimmt, daß das gesamte Gesetz in verfassungswidriger Weise kundgemacht worden sei oder an einem gleichzuhaltenden Fehler leide, wären derart mangelhafte Gesetze zur Gänze als verfassungswidrig aufzuheben.

... Auch bei einigen Landesgesetzen wurde der nunmehr vom Verfassungsgerichtshof geforderte Weg nicht eingehalten, was dazu führen könnte, daß anläßlich eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof im Zusammenhang mit diesem Gesetz (etwa anläßlich einer Bescheidbeschwerde) dieses zur Gänze der Aufhebung verfallen wäre. Betroffen sind die/das

.

.

.

O.ö. Spielapparategesetz, LGBl. Nr. 55/1992.

Um dieser nicht zu unterschätzenden Gefahr einer gänzlichen Aufhebung der Gesetze zu begegnen, sollen die genannten Gesetze in ihrer jeweils geltenden Fassung, ohne inhaltliche Abänderung, ehestmöglich neu beschlossen werden. Es handelt sich dabei lediglich um eine auf Grund der oben dargelegten formaljuristischen Überlegungen des Verfassungsgerichtshofes notwendige Wiederholung des Landtagsbeschlusses, um die Zeitspanne, in welcher Beschwerden deshalb erfolgreich sein könnten, als sie die Totalaufhebung der genannten Gesetze nach sich ziehen (und diese jedenfalls für die Anlaßfälle sofort wirksam wäre), möglichst kurz zu halten. ...

Im Sinne der oben dargelegten Ausführungen sollen die gegenständlichen Gesetze in der jeweils angeführten Fassung - ohne jegliche inhaltliche Abänderung - neuerlich beschlossen werden. Dabei ist klargestellt, daß die jeweilige Fassung jene ist, welche vom Landeshauptmann tatsächlich kundgemacht wurde, d. h. der jeweilige Gesetzestext ohne die Mitwirkungsbestimmungen. In genau dieser Form stehen die genannten Gesetze auch zur Zeit in Geltung."

2.2. Der UVS begründet seine Bedenken damit, daß das O.ö. Spielapparategesetz, LGBl. 55/1992, ohne neuerliche Befassung des Oberösterreichischen Landtages unter Weglassung der Bestimmungen, die die Mitwirkung von Bundesorganen erfordert hätten, kundgemacht worden und daß dies verfassungswidrig sei. Diese Vorgangsweise habe der Verfassungsgerichtshof in mehreren Erkenntnissen für verfassungswidrig erklärt. Im Sinne der Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes wäre der Oberösterreichische Landtag neuerlich zu befassen gewesen, um sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob das

O.ö. Spielapparategesetz ohne die Mitwirkungsbestimmungen unverändert oder mit Änderungen beschlossen werden solle.

2.3. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 28. September 1996, G50/96 u.a., ausgesprochen, daß das Gesetz vom 3. Juli 1991, mit dem das Grundverkehrsgesetz 1983 geändert wird, LGBl. für Tirol 74/1991, deshalb verfassungswidrig war, weil es nach Verweigerung der Zustimmung der Bundesregierung zur Mitwirkung von Bundesorganen an der Vollziehung ohne neuerliche Beschlußfassung durch den Landtag vom Landeshauptmann kundgemacht worden war und so Art38 Abs7 TLO 1989 widersprach, der bestimmt, daß ein Gesetzesbeschluß nicht kundgemacht werden darf, wenn eine im Sinne des Art97 Abs2 erster Satz B-VG erforderliche Zustimmung der Bundesregierung nicht erteilt wurde. Der Verfassungsgerichtshof erkannte, "daß durch die Verlagerung der Entscheidung an den Landeshauptmann darüber, ob ein Gesetzesbeschluß auch ohne die geplante, aber durch die Verweigerung der Zustimmung nicht mögliche Mitwirkung von Bundesorganen Gesetz werden soll oder nicht, die ... Gesetzesprärogative des Landtages unterlaufen wird. Denn die Publikation eines mit dem beschlossenen Gesetzestext nicht übereinstimmenden Textes ohne entsprechende Ermächtigung durch den Landtag widerspricht dem ... Kerngehalt des Art97 Abs2

B-VG."

Auch das O.ö. Spielapparategesetz, LGBl. 55/1992, wurde nach Verweigerung der Zustimmung der Bundesregierung zur Mitwirkung von Bundesorganen an der Vollziehung ohne neuerliche Beschlußfassung durch den Landtag vom Landeshauptmann kundgemacht. Die Oberösterreichische Landesverfassung enthält zwar keine dem Art38 Abs7 TLO 1989 entsprechende Bestimmung für das Vorgehen in einem solchen Fall. Sie sieht aber andererseits auch kein anderes Verfahren vor, das die Prärogative des Landtages bei Verweigerung der Zustimmung der Bundesregierung zur Mitwirkung von Bundesorganen an der Vollziehung regelt. Das Zustandekommen und damit die Verfassungsmäßigkeit des O.ö. Spielapparategesetzes ist daher unmittelbar

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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