TE AsylGH Erkenntnis 2013/07/04 E12 435160-1/2013

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Veröffentlicht am 04.07.2013
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Spruch

E12 435.160-1/2013-4E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. ZOPF als Vorsitzende und den Richter Dr. STEININGER als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Pakistan, vertreten durch die Rechtsanwaltsgemeinschaft Mory & Schellhorn OEG, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 03.05.2013, Zl. 12 03.724-BAL, nach nicht öffentlicher Beratung zu Recht erkannt:

 

Der Bescheid des Bundesasylamtes vom 03.05.2013, Zl. 12 03.724-BAL, wird behoben und die Angelegenheit gem. § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

 

I.1.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden auch: BF), ein Staatsangehöriger von Pakistan, stellte am 28.03.2012 (AS 151) anlässlich der Überstellung im Rahmen der Dublin VO aus Deutschland einen Antrag auf internationalen Schutz. Dazu wurde er noch am selben Tag erstbefragt (AS 159 - 169) und zu den im Akt ersichtlichen Daten von einem Organwalter des BAA niederschriftlich einvernommen. Der Verlauf dieser Einvernahmen ist im angefochtenen Bescheid umfassend wieder gegeben, weshalb an dieser Stelle hierauf verwiesen wird.

 

I.1.2. Als Begründung für das Verlassen des Herkunftsstaates brachte der BF im Verfahren vor der belangten Behörde im Wesentlichen vor, dass er der Religionsgemeinschaft der Ahmadis angehöre und in Pakistan deswegen Probleme habe. Muslimische Geistliche hätten in sein Geschäft zweimal Einbrüche verüben lassen, auch sei zweimal - zuletzt am 31.03.2011 - auf sein Haus geschossen worden. Es gebe Personen, die das gesehen und ihm auch schriftlich bestätigt hätten.

 

Eine Anzeige wegen des Schussattentats vom 31.03.2011 sei erst nach wiederholten Beschwerden bei höheren Stellen entgegen genommen worden. Gebracht habe die Anzeige aber nichts. Die Polizei habe ihm gesagt, dass sie selbst vor den Mullahs nicht geschützt werde. Wenn die Polizei gegen die Mullahs vorgehen würde, würde sie selbst unter Beschuss kommen bzw. selbst Probleme bekommen.

 

Die Bewohner seien von den Mullahs aufgefordert worden, in seinem Geschäft nichts mehr zu kaufen und auch keine Leasinggeschäfte mehr mit ihm zu tätigen bzw. geleaste Motorräder nicht zurückzugeben bzw. die Raten nicht zu bezahlen.

 

Sie als Ahmadis dürften nicht zur Wahl gehen, niemanden begrüßen und nicht laut beten. Er sei als Ahmadi in Pakistan nicht sicher und habe dort keine religiöse Freiheit.

 

Die Moschee der Ahmadis sei zerstört worden, sie könnten nur mehr an diesem Platz beten, sie hätten aber keine Moschee. Sie möchten eine Moschee bauen, es sei ihnen aber nicht erlaubt. Er sei wiederholt bedroht und aufgefordert worden, das Land zu verlassen.

 

Er habe daher sein Heimatland verlassen; im Falle eine Rückkehr befürchte er umgebracht zu werden.

 

Der Beschwerdeführer legte zur Bescheinigung seines Vorbringens verschiedene Beweismittel (in der Niederschrift vom 11.04.2012 und im Akt als Beweismittel ./A bis ./X bezeichnet) vor.

 

I.1.3. Über die Staatendokumentation wurden im Wege der ÖB Islamabad Erhebungen im Heimatland des BF geführt. Per E-Mail vom 23.08.2012 wurde das Ergebnis umfangreicher Erhebungen durch einen Vertrauensanwalt der ÖB Islamabad im Heimatort des BF übermittelt.

 

Nach Übermittlung der Ergebnisse der Erhebungen vor Ort erfolgte nach Akteneinsicht mit Schriftsatz vom 13.12.2012 eine ausführliche Stellungnahme des BF im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung. Mit 10.01.2013 wurde durch die rechtsfreundliche Vertretung ein weiterer Schriftsatz vorgelegt. Nach Übermittlung der Länderfeststellungen erfolgte mit Schriftsatz vom 25.03.2013 eine weitere ausführliche Stellungnahme.

 

I.2. Der Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde folglich mit im Spruch genannten Bescheid des BAA gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Ziffer 13 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Ziffer 13 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs 1 Ziffer 2 AsylG wurde die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Pakistan verfügt (Spruchpunkt III.).

 

Es könne nicht festgestellt werden, dass sein Gemischtwarenladen 2 Mal, nämlich im Jahr 2005 oder 2006 bzw. Ende 2011 überfallen worden sei. Es könne auch nicht festgestellt werden, dass sein Geschäft am 31.03.2011 Ziel eines religiösen Anschlages gewesen sei. Es könne nicht festgestellt werden, dass Mullahs in seinem Heimatdorf ihn mit dem Umbringen bedroht hätten, wenn er sein Heimatdorf nicht verlassen würde.

 

Es habe nicht festgestellt werden können, dass er einer Verfolgung oder Bedrohung in Pakistan ausgesetzt gewesen sei oder wäre.

 

Es habe nicht festgestellt werden können, dass die Behörden und Gerichte in Pakistan nicht fähig oder willens wären von kriminellen Handlungen bedrohte Personen zu schützen.

 

Im Wesentlichen wurde die Entscheidung damit begründet, dass das Vorbringen des BF nicht glaubwürdig sei. Das BAA betrachte seine Fluchtgeschichte nicht nur aufgrund der Erhebungen vor Ort als unglaubwürdig, zudem werde hier erneut auf die Glaubwürdigkeitsprüfung bzgl. seines Sachvortrages in der Gesamtheit hingewiesen. Sein Vorbringen sei teilweise nicht übereinstimmend und nachvollziehbar und habe er sich auch mit einem gefälschten britischen Reisepass ausgewiesen.

 

I.3. Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 31.05.2012 innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Gerügt inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften.

 

Es sei jegliche Würdigung des konkreten Tatsachenvorbringens des BF zu seinen Ausreise-, Flucht- und Asylantragstellungsgründen vor dem Hintergrund der allgemeinen Gefährdungslage der Ahmadi in ganz Pakistan sowie im Heimatgebiet des BF unterblieben.

 

Die Erstbehörde habe zwar länderkundliche Feststellungen zur Lage der Ahmadis in Pakistan getroffen, lasse diese jedoch in der Entscheidung als selbständiger Feststellungsteil stehen, ohne daraus irgendwelche konkreten Rückschlüsse auf die Entscheidung, die Gefahrenlage des BF und die rechtliche Beurteilung zu treffen.

 

Wenn die Erstbehörde anführe, dass nicht festgestellt werden konnte, dass die Behörden und Gerichte in Pakistan nicht fähig oder willens wären, von kriminellen Handlungen bedrohte Personen zu schützen, so stünden dem die getroffenen Feststellungen (Seite 48, 49 und 51 des Bescheides) diametral gegenüber.

 

Die Beweismittel N, O, Q, R, S und T würden sich auf die konkreten Fluchtgründe des BF beziehen. Es stelle einen besonders gravierenden Verfahrensfehler dar, diese Beweismittel keiner Übersetzung zuzuführen.

 

Die vom BAA vorgebrachten Argumente gegen die Glaubwürdigkeit des BF seien unbegründet, ohne inhaltliche Substanz und würden geradezu krampfhaft konstruiert wirken.

 

Der BF habe bereits in seiner Stellungnahme vom 12.12.2012 auf die Fragwürdigkeit der durchgeführten Auslandserhebung, deren fehlende Nachvollziehbarkeit und Transparenz und ganz augenscheinliche Ermittlungsmängel hingewiesen; auf diese Gegenargumente sei im angefochtenen Bescheid nicht eingegangen worden.

 

Ein mit einem ausreichenden Sachwissen ausgestatteter, neutraler und unvoreingenommener Ermittler würde bei einer derartigen Auslandserhebung mit in Betracht ziehen, dass sich die Ahmadis im Heimatort des BF in einer extremen Minderheitsposition befänden, die Mullahs der Sunniten die örtliche gesellschaftliche Macht hätten und es daher schlichtweg nicht einfach möglich sei, irgendwelche (im Erhebungsbericht nicht benannten) Auskunftspersonen über Vorgänge zu befragen, wenn diese bei wahrheitsgemäßen Antworten Repressalien der örtlichen Mullahs, Sunniten und vor allem auch der extremistischen Gruppierung Kathm-e-Nabuwwat befürchten müssten.

 

Für den Wahrheitsgehalt der Angaben des BF sei von zentraler Bedeutung, ob es den Tatsachen entspreche, dass sich direkt vis a vis seiner Wohnung und seines Geschäfts eine Moschee der Sunniten befinde, welche "in ein Büro der Mullahs verwandelt" worden sei bzw. in welchem ein Büro von "Tahfz Khatme-Nabuwwat", nämlich deren "Office XXXX" eingerichtet worden sein solle.

 

Der Ermittler behaupte nun unter Punkt 6. seines Erhebungsberichts, dass es gegenüber dem Lebensmittelladen des BF kein Büro der Mullahs namens Khatm-e-Nabuwwat geben würde.

 

Um diese unwahre Feststellung zu widerlegen, habe der BF - nachdem ihm die Auslandserhebung zur Kenntnis gebracht worden sei - in seinem Heimatort Fotos des strittigen Gebäudes herstellen lassen. Diese Fotos seien in der Stellungnahme vom 25.03.2013, nämlich Beilage 3 der Urkundenvorlage, dem Bundesasylamt zur Kenntnis gebracht worden. Es handle sich um sieben Fotografien der in Rede stehenden sunnitischen Moschee vis a vis des Hauses der Familie des BF, aufgenommen vom Dach des Hauses des BF, wobei auf diesen sieben Fotos deutlich zu sehen sei, dass mit einer großen plakatwandähnlichen Aufschrift auf der straßenseitigen Front der Moschee für eine Konferenz der Khatm-e-Nabuwwat Werbung gemacht werde, es sich bei dieser Moschee sehr wohl um eine Art "Niederlassung" der vorgenannten Bewegung handle, welche "im Schutze der Moschee" agiere und von dort aus ihre Hetzkampagnen gegen die Ahmadis durchführe. Der BF habe daher den Erhebungsbericht des Auslandsermittlers in einem zentralen Punkt widerlegt.

 

Angesichts des Verhältnisses zwischen sunnitischen Moslems, islamistischen Gruppierungen dieser Religionsbewegung und den Ahmadis erscheine es absurd, wenn zum Zwecke der Wahrheitsüberprüfung des Tatsachenvorbingens eines der Religionsgruppe der Ahmadis angehörenden Asylsuchenden genau eine jener Personen befragt werden, die als Verfolger bzw. als Rädelsführer und Anstifter der Verfolger in Frage kommen, nämlich einen der Mullahs jener Moschee, welche sich direkt vis a vis des Geschäftslokals des BF befinde. Es widerspreche jeglicher Lebenserfahrung annehmen zu wollen, dass eine derartige Verfolgungsperson bereit sein würde, das Verfolgungsgeschehen zu bestätigen.

 

Auch der Ermittlungsauftrag sei mangelhaft gewesen. Es wäre Aufgabe der Behörde gewesen, die vom BF vorgelegten Beschwerden wegen des Unterbleibens einer Anzeigeerstattung bzw. die Urkunden Beilage N bis Beilage T übersetzen zu lassen bzw. diese Urkunden an den Ermittler zu übersenden, damit dieser sie in seine Erhebungen miteinbeziehen könne. Aus den Beweismitteln würden sich wichtige Hinweise darauf ergeben, dass das Vorbringen des BF zu seiner individuellen Verfolgungssituation im Heimatort den Tatsachen entspreche.

 

Der BF habe genau vorgebracht, wie es ihm bei seinen Bemühungen ergangen sei, nach dem Vorfall vom 31.03.2011 Anzeige zu erstatten, die Polizei kurz nach dem Schussanschlag vom 31.03.2011 eingeschritten sei und auch Projektile und Patronenhülsen eingesammelt und erklärt habe, dass es sich um Schüsse aus einer Kalaschnikow gehandelt habe. Der BF habe im Detail vorgebracht, dass die örtliche Polizei sich zunächst geweigert habe, eine Anzeige überhaupt aufzunehmen, man habe sich mit den örtlichen Mullahs nicht anlegen wollen. Anstatt selbst die Täter zu ermitteln, sei diese Verantwortung an den BF delegiert worden, der die Namen der Täter hätte bekanntgeben sollen. (All dies decke sich mit dem allgemeinen Wissen über die Gesetzlosigkeit bei strafbaren Handlungen gegen Ahmadis und dem fehlenden Willen der Behörden Ahmadis vor Übergriffen extremer Sunniten zu schützen).

 

Der Ermittler habe seine Ermittlungsaktivitäten offenbar in Unkenntnis dieses tatsächlichen Vorbringens des BF vorgenommen. An die Möglichkeit, dass die örtliche Polizei aus den vom BF dargelegten Gründen an einer wahrheitsgemäßen Auskunftserteilung an ihn nicht interessiert sei, sondern sich mit den örtlichen Mullahs nicht anlegen wolle, habe der Ermittler offenbar gar nicht gedacht.

 

Der Bericht unterlasse es auch, in nachvollziehbarer Weise offen zu legen, welche konkreten Ermittlungsschritte entfaltet worden seien, welche Auskunftspersonen befragt worden seien, was von den einzelnen Auskunftspersonen bei diesen Befragungen angegeben worden sei etc. Ohne Kenntnis dieser Ermittlungsschritte lasse sich eine in allen Punkten inhaltlich substantielle Stellungnahme zum Erhebungsbericht gar nicht abgeben.

 

Die Erstbehörde habe es auch unterlasen, in ihre beweiswürdigenden Überlegungen den Umstand miteinzubeziehen, dass jeder im Heimatdorf des BF, der dort eine Aussage gegen die einflussreichen Mullahs und gegen die Khatm-e-Nabuwwat tätige, seinerseits Repressalien zu befürchten habe. In einem wesentlichen Punkt liege daher eine Verletzung des Parteiengehörs und des Rechts auf gesetzmäßige Akteneinsicht vor.

 

Die wahre Lage der Ahmadis in XXXX sehe völlig anders aus, als sie im Erhebungsbericht dargestellt werde. Dies lasse sich allein schon am Zustand der örtlichen Gebetsstätte der Ahmadis belegen, die durch Vorlage einer Reihe von Fotografien bescheinigt worden sei. Es sei geradezu grotesk, wenn der Ermittler behaupte, diese Ahmadis hätten "nie irgendwelche Probleme" gehabt, um im gleichen Atemzug sodann zu äußern, dass es wohl eine zeitweise Meinungsmache von Seiten lokaler Mullahs (gegenüber Ahmadis) gebe, "wenn über kriminelle Vorfälle gegen Ahmadis aus anderen Landesteilen berichtet" werde. Was der Ermittler damit meine, bleibe im Dunkeln. Immerhin werde jedoch damit im Ansatz sehr wohl bestätigt, dass es seitens der lokalen Mullahs Hetzkampagnen gegen die örtlichen Ahmadi-Familien gebe.

 

Im Klartext heiße dies doch, dass immer, wenn wieder bekannt werde, dass Ahmadis irgendwo in Pakistan das Opfer eines kriminellen Übergriffs geworden seien, dies von Seiten der örtlichen Mullahs zum Anlass genommen werde, ein derartiges Vorgehen im Namen der Religion zu rechtfertigen und als heilige, vom Koran gleichsam gebotene Tat hinzustellen.

 

Genau dies sei der Inhalt der diversen Hetzschriften und Flugblätter, welche Khatm-e-Nabuwwat in Umlauf bringe, um Sunniten zu verbrecherischen Handlungen gegen Ahmadis aufzurufen. Tatsächlich bestätige daher der Ermittlungsbericht in einem zentralen Punkt die Richtigkeit des Vorbringens des BF.

 

Dies gelte aber auch bezüglich des Vorfalls vom 31.03.2011. Dieser Vorfall habe offensichtlich stattgefunden. Der BF habe im Detail ausgeführt, dass die Polizei gar kein Interesse gehabt habe, die Täter auszuforschen. Zuerst habe man überhaupt keine Anzeige aufnehmen wollen, man habe dies erst nach ausgedehnten Beschwerdeaktivitäten getan, in die auch Zeugen miteinbezogen worden seien. Dann sei man nur bereit gewesen, Anzeige gegen Unbekannt aufzunehmen, wobei es die Aufgabe des BF gewesen sei, die Täter zu benennen.

 

Dies decke sich im Wesentlichen mit den Antworten des Ermittlers auf die Frage Nr. 4.

 

Es sei daher festzuhalten, dass auch der essentiellste Teil des Vorbringens des BF durch den vorliegenden Ermittlungsbericht keinesfalls widerlegt sei.

 

Dem Ermittler sei eine eindeutige Überschreitung seiner Aufgaben vorzuwerfen. Die Beweiswürdigung obliege allein der Behörde. Demgemäß hätte sich der Ermittler darauf zu beschränken gehabt, der Behörde die für diese Beweiswürdigung maßgeblichen Fakten zu liefern. Stattdessen ergehe sich der Ermittler in seinen Schlussfolgerungen in beweiswürdigenden Werturteilen, die ihm gar nicht zustünden. Auch dies mindere den Beweiswert dieses Beweismittels entscheidend.

 

Die Erstbehörde habe es auch unterlassen, sich mit der Stellungnahme des BF zum Ermittlungsbericht aus Pakistan auseinanderzusetzen. Insbesondere sei moniert worden, dass es der Ermittler unterlassen habe, die Zeugen für den Schussvorfall und den Vorsitzenden der Ahmadi-Gemeinde von XXXX, Herrn XXXX, zu befragen. Auch seien die objektiven Beweise für den Schussvorfall vom 31.03.2011 (Patronenhülsen/Einschusslöcher) nicht beachtet worden.

 

Die Erstbehörde habe es auch unterlassen, sich mit der allgemeinen Repressions-, Diskriminierungs- und Verfolgungssituation der Ahmadis in ganz Pakistan sowie im Heimatgebiet des BF ausreichend auseinanderzusetzen, dies in einer Art und Weise, wie es nach dem Ahmadi-Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 05.09.2012 (C-71/11 und C-99/11) sowie aufgrund des im Verfahren erstatteten Vorbingens und der dazu vorgelegten und angebotenen Beweismittel geboten sei.

 

Die Erstbehörde habe sich nicht einmal andeutungsweise mit dem in den vorgelegten Schriftsätzen vorgebrachten Argumenten auseinandergesetzt.

 

I.4. Hinsichtlich des Verfahrensherganges im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Der AsylGH hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben.

 

III. Rechtliche Beurteilung

 

III.1 Gemäß § 61 (1) AsylG 2005 BGBl I Nr. 100/2005 idgF entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über

 

1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und

 

2. [.....]

 

(2) [.....]

 

(3) Der Asylgerichtshof entscheidet durch Einzelrichter über Beschwerden gegen

 

1. zurückweisende Bescheide

 

[......]

 

2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.

 

(4) Über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entscheidet der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende.

 

Gem. § 23 (1) des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof, BGBl. I Nr. 4/2008 (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG) idgF sind, soweit sich aus dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG idgF hat der Asylgerichtshof [Berufungsbehörde], sofern die Beschwerde [Berufung] nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Er [sie] ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) seine [ihre] Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

Gemäß § 66 Abs. 2 AVG kann der Asylgerichtshof [Berufungsbehörde], wenn der ihm vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen. Gemäß Abs. 3 leg. cit. kann der AsylGH [Berufungsbehörde] jedoch die mündliche Verhandlung und unmittelbare Beweisaufnahme auch selbst durchführen, wenn hiermit eine Ersparnis an Zeit und Kosten verbunden ist.

 

Auch der AsylGH ist zur Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG berechtigt (vgl. dazu VwGH v. 21.11.2002, Zl. 2002/20/0315 und Zl. 2000/20/0084 zur Anwendbarkeit von § 66 (2) AVG durch den Unabhängigen Bundesasylsenat). Eine kassatorische Entscheidung darf vom AsylGH nicht bei jeder Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes, sondern nur dann getroffen werden, wenn der ihm vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint. Das erkennende Gericht hat dabei zunächst in rechtlicher Gebundenheit zu beurteilen, ob angesichts der Ergänzungsbedürftigkeit des ihm vorliegenden Sachverhaltes die Durchführung einer mündlichen Verhandlung als "unvermeidlich erscheint". Für die Frage der Unvermeidlichkeit einer mündlichen Verhandlung i.S.d. § 66 Abs. 2 AVG ist es aber unerheblich, ob eine kontradiktorische Verhandlung oder nur eine Vernehmung erforderlich ist (vgl. etwa VwGH v. 14.03.2001, Zl. 2000/08/0200; zum Begriff "mündliche Verhandlung" i. S.d. § 66 Abs. 2 AVG siehe VwGH v. 21.11.2002, Zl. 2000/20/0084).

 

Im Erkenntnis vom 21.11.2002, Zl. 2002/20/0315, welches sich auf den Unabhängigen Bundesasylsenat bezog und aufgrund der identischen Interessenslage in Bezug auf den AsylGH ebenfalls seine Gültigkeit hat, führte der VwGH zur Frage der Gesetzmäßigkeit der Ermessungsübung im Sinne des § 66 Abs. 2 und 3 AVG folgendes aus:

 

"Der Gesetzgeber hat in Asylsachen ein zweiinstanzliches Verfahren (mit nachgeordneter Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts) eingerichtet, wobei der belangten Behörde die Rolle einer "obersten Berufungsbehörde" zukommt (Art. 129c Abs. 1 B-VG). In diesem Verfahren hat bereits das Bundesasylamt den gesamten für die Entscheidung über den Asylantrag relevanten Sachverhalt zu ermitteln und es ist gemäß § 27 Abs. 1 AsylG grundsätzlich verpflichtet, den Asylwerber dazu persönlich zu vernehmen. Diese Anordnungen des Gesetzgebers würden aber unterlaufen, wenn es wegen des Unterbleibens eines Ermittlungsverfahrens in erster Instanz zu einer Verlagerung nahezu des gesamten Verfahrens vor die Berufungsbehörde käme und die Einrichtung von zwei Entscheidungsinstanzen damit zur bloßen Formsache würde. Es ist nicht im Sinne des Gesetzes, wenn die Berufungsbehörde, statt ihre (umfassende) Kontrollbefugnis wahrnehmen zu können, jene Behörde ist, die erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ermittelt und einer Beurteilung unterzieht.

 

Dieser Gesichtspunkt ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes - freilich immer unter ausreichender Bedachtnahme auf das Interesse der Partei an einer raschen Erledigung des Asylverfahrens - bei der Ermessensausübung nach § 66 Abs. 2 und 3 AVG auch einzubeziehen. Unter dem Blickwinkel einer Kostenersparnis für die Partei ist dabei vor allem auch zu beachten, dass die Vernehmung vor dem Bundesasylamt dezentral durch die Außenstelle in den Bundesländern erfolgt, während der unabhängige Bundesasylsenat - anders als bei den unabhängigen Verwaltungssenaten in den Ländern, für die Vergleichbares auf Landesebene gilt - als zentrale Bundesbehörde in Wien eingerichtet ist (vgl. auch zu das bereits erwähnte Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl.2000/20/0084)."

 

Auch wenn der AsylGH eine Außenstelle in Linz einrichtete, ist auszuführen, dass aufgrund des organisatorischen Aufbaues des AsylGH und des Bundesasylamtes, sowie aufgrund des Aufenthaltsortes der BF und der Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes eine Weiterführung des Verfahrens durch den AsylGH im Sinne des § 66 (3) AVG nicht mit einer Ersparnis an Zeit und Kosten verbunden ist.

 

III.2. Die Ermittlung des relevanten Sachverhalts durch das Bundesasylamt ist im vorliegenden Fall wie nachfolgend angeführt mangelhaft:

 

III.2.1. Die im Wege der ÖB Islamabad durch einen dortigen Vertrauensanwalt geführten Erhebungen im Heimatort des Beschwerdeführers sind unzureichend.

 

III.2.1.1. Schon der Ermittlungsauftrag erweist sich als zu kurz greifend, wurde dort doch der entscheidungserhebliche Sachverhalt verkürzt dargestellt. Es hätten die vom BF vorgelegten Beschwerdeschreiben an verschiedene Polizeidienststellen und an den Prime Minister des XXXX, zwecks Verifizierung angeschlossen werden müssen. Desgleichen findet sich in diesem Auftrag nichts über die Angaben des BF, dass ihre Moschee zerstört worden sei und es ihnen nicht erlaubt sei, eine solche zu bauen (vgl. AS 315).

 

Der Vollständigkeit halber bleibt hier anzuführen, dass vorweg abzuklären sein wird, ob der BF nun beraubt, oder bei ihm eingebrochen wurde, was - abgesehen vom Unrechtsgehalt - einen wesentlichen Unterschied macht, weil bei einem Einbruch über den oder die Täter meist wenig (beispielsweise Spuren) bzw. nichts bekannt ist, bei einem Raub zumindest aber eine Personsbeschreibung der oder des Täter(s) bekannt sein müsste. Unklar ist auch, ob der BF diese Taten angezeigt hat und wenn ja, ob er dies bescheinigen kann.

 

III.2.1.2. Vom vor Ort erhebenden Organ wurden ein namentlich angeführter Ladenbesitzer (AS 403), zwei weitere namentlich angeführte Personen, die sich als Freunde des BF bezeichneten (AS 403), der Großvater eines der beiden und einige namentlich nicht angeführte Personen (AS 404), ein namentlich angeführter Mullah (AS 406), der Vater des BF und andere Verwandte (AS 408, 412), ein namentlich angeführter Nachbar (AS 413) und ein namentlich angeführter Bediensteter der örtlichen Polizeidienststelle (AS 422) befragt. Bei diesem namentlich angeführten Nachbarn (AS 413, 414) handelt es sich offensichtlich um jenen, dessen eidesstattliche Erklärung der BF - neben anderen solchen Erklärungen - im Verfahren vorgelegt hatte (vgl. AS 286, 949, 951). Wenn die Behörde in der Beweiswürdigung dazu ausführt, dass der Behörde die Namen der befragten Personen samt Fotos bekannt seien und auch diesbezügliche schriftliche Stellungnahmen vorliegen würden, so geht das insoweit aus dem Akteninhalt nicht hervor. Dieses Bekanntsein mag zwar auf den einen angeführten Nachbarn zutreffen, dass auch die übrigen Nachbarn, hinsichtlich denen der BF ebenfalls eidesstattliche Erklärungen vorgelegt hatte, befragt wurden, geht aus dem vorliegenden Akteninhalt jedenfalls nicht hervor.

 

III.2.1.3. Wenn die Beschwerde ausführt, der Ermittler habe seine Aufgaben überschritten, weil er sich in beweiswürdigenden Werturteilen, die ihm nicht zustehen, ergangen habe, so ist dem zuzustimmen. Gleiches gilt für die generelle Wertung des Ermittlers zu den vorgelegten eidesstattlichen Erklärungen, diese seien "personal statements" (vgl. AS 458). Die Wertung zwischen den erhobenen Fakten und den vorgelegten Beweismitteln hat nur die erkennende Behörde in der Beweiswürdigung vorzunehmen, nicht aber der Vertrauensanwalt der Botschaft.

 

III.2.1.4. Schließlich erweist sich die Nachfrage des ermittelnden Organs bei einem der Mullahs der dem Geschäft des BF gegenüberliegenden Moschee als ungeeignet zur Verifizierung des gegenständlichen Vorbringens, ist dies doch nichts anderes als die Nachfrage beim behaupteten Verfolger, ob die Verfolgungsbehauptungen richtig sind und disqualifiziert sich daher schon von selbst. Dass hier die Anonymität des BF gewahrt worden wäre, wurde nicht einmal behauptet.

 

Aus Objektivitätsgesichtspunkten wäre jedenfalls auch der örtliche Vorsitzende der Ahmadi-Glaubensgemeinschaft zu befragen gewesen.

 

III.2.2. Der BF hatte im Zuge der Einvernahme beim Bundesasylamt angegeben, er habe Fotos von seinem Geschäft, wo man die Einschüsse sehe (AS 315). Solche Fotos finden sich nicht im Verwaltungsakt, auch eine Aufforderung, diese Fotos vorzulegen erging an den BF nicht. Den Fotos aus dem Ermittlungsbericht sind solche Spuren ebenso nicht zu entnehmen.

 

Dagegen ist nach dem Akteninhalt auch nicht feststehend, dass nicht direkt auf das Geschäft geschossen wurde - wie in der Beweiswürdigung (AS 1066) behauptet wurde. Wenn in den diversen Beschwerdeschreiben und eidesstattlichen Erklärungen davon die Rede ist, dass die Polizei gekommen sei und Patronenhülsen und Kugelteile [also Teile der Geschoße] eingesammelt habe, so ist das ein Indiz dafür, dass tatsächlich auf das Haus geschossen wurde.

 

III.2.3. Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde - die Beweismittel N, O, Q, R, S und T seien nicht übersetzt worden - wurden die Beweismittel - außer Q und soweit leserlich - einer Übersetzung zugeführt (vgl. AS 893 - 971). Aufgrund der mangelhaften Qualität der Übersetzungen (zahllose Fehler, Passagen sind z.T. nicht sinngebend wiedergegeben) muss jedoch bezweifelt werden, dass der Übersetzer die deutsche Sprache ausreichend beherrscht. Die Übersetzungen sind daher unbrauchbar, weil deren Richtigkeit nicht mit der für ein Verwaltungsverfahren nötigen Bestimmtheit angenommen werden kann.

 

Beweismittel N (AS 265, 266, 267) fand sich im Akt in unleserlicher Form, konnte daher nicht übersetzt werden. Möglicherweise handelt es sich dabei aber um die Plakate auf der Wand der vis a vis des Geschäftes des BF befindlichen Moschee, die sich in Farbkopie im Akt befinden (AS 867, 869, 871) und einer Übersetzung - zumindest die vom BF zu benennenden relevanten Teile davon - zugänglich sein müssten.

 

III.2.4. Zwar weichen die Angaben des BF - wie das BAA in der Beweiswürdigung darlegte - im Verfahren voneinander ab und treten Ungereimtheiten auf, aufgrund der angeführten mangelhaften Ermittlungsschritte ist aber die Wertung des BAA - das Vorbringen des BF sei unglaubwürdig - nicht mehr haltbar, sondern offen, ob das Vorbringen des BF den Tatsachen entspricht.

 

III.2.5. Der BF hatte im Verfahren vorgebracht, sie [die Ahmadis] dürften nicht grüßen (AS 223), sie dürften nicht laut ihre Gebete führen (AS 223) und sie dürften nicht wählen (AS 223). Er hatte auch behauptet, ihre Moschee sei zerstört worden, sie hätten eine neue Moschee bauen wollen, es sei ihnen aber nicht erlaubt (AS 315). Vom BAA wurde aber nicht versucht, den Sachverhalt insoweit näher zu erhellen. Es wurden auch diesbezüglich keine geeigneten Ermittlungen geführt. Dieser Teil des Vorbringens blieb aus dem Erhebungsauftrag ausgespart. Antworten auf die sich daraus ergebenden Fragen (Wurde die Moschee zerstört? Wenn ja, von wem? Liegt eventuell ein desolater Zustand aufgrund von fehlenden Mitteln vor? Zeigen die vom BF vorgelegten Lichtbilder die Ruine der Moschee?) wären aber von erheblicher Bedeutung für die Glaubwürdigkeit der Behauptungen des BF.

 

III.2.6. Der Beschwerde ist auch dahingehend zuzustimmen, dass das Bundesasylamt zwar entsprechende Feststellungen zur Lage der Ahmadis in Pakistan getroffen hat, diese in ihre beweiswürdigenden Überlegungen aber nicht einbezogen hat. Vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen und den Angaben des BF - vor allem der Aussage des BF, die Polizei habe ihn gebeten, den Mund zu halten, die Polizei habe ihm gesagt, dass auch die Polizei vor den Mullahs nicht geschützt werde, wenn die Polizei gegen die Mullahs vorgehen würden, würden auch sie unter Beschuss kommen - hätte es einer näheren Auseinandersetzung und Begründung bedurft, um zum Ergebnis zu gelangen, es habe nicht festgestellt werden können, dass die Behörden und Gerichte in Pakistan nicht fähig oder willens wären von kriminellen Handlungen bedrohte Personen zu schützen. Wesentlich wäre hier die Frage, welche Maßnahmen der Staat trifft, um solche, wie die vom BF geschilderten Bedrohungen mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit hintanzuhalten.

 

III.2.7. Der BF hatte im Zuge der Einvernahme am 11.04.2012 die Übersetzung einer Anzeige aus dem Jahr 2006, die gegen die Moschee der Ahmadis gerichtet gewesen sei, vorgelegt (Beweismitel J - AS 258, 318). Einer näheren Aufklärung wurde der Sachverhalt aber nicht zugeführt, insbesondere wurde nicht erfragt, inwiefern der BF selbst davon betroffen gewesen sei und was sich daraus für Konsequenzen für ihn ergeben hätten.

 

III.2.8. Der BF hatte in seiner Einvernahme angegeben, die Mullahs hätten Flugblätter an die Mullahs verteilt, damit diese aus seinem Geschäft nichts kaufen sollten, dies sollte eine Sünde sein (vgl. AS 315). Vom BF wurden im Zuge des Verfahrens auch verschiedene Dokumente, die Flugblätter der Mullahs zeigen würden, vorgelegt. Wertende Überlegungen zu diesem Vorbringen bzw. zu den vorgelegten Flugblättern finden sich in der Beweiswürdigung betreffend der Feststellungen der Gründe für das Verlassen des Herkunftslandes aber nicht. Wenn das BAA dazu lediglich ausführt, sofern er mit den restlichen Beweismitteln eine unmittelbare Bedrohung gegen seine Person aufzeigen möchte, spreche eine Anfragebeantwortung des Vertrauensanwaltes der ÖB in Islamabad gegen die von ihm beschriebene Situation (AS 1064), so ist das jedenfalls nicht ausreichend, beschäftigt sich die benannte Anfragebeantwortung doch an keiner Stelle mit diesem Teil des Vorbringens des Beschwerdeführers.

 

III.3. Das Ermittlungsverfahren ist wie angeführt mangelhaft und die Beweiswürdigung - daraus folgend - unschlüssig.

 

Das Bundesasylamt wird daher das Ermittlungsverfahren unter Beachtung aller oben angeführten Punkte fortzusetzen haben. Insbesondere erscheint es notwendig, einen vollständigen, objektiven und wertungsfreien Bericht [incl. Befragung auch weiterer Nachbarn, die eine eidesstattliche Erklärung abgegeben haben und des Vorsitzenden der örtlichen Ahmadi-Glaubensgemeinschaft; Erhebungen bezüglich der desolaten Moschee; Erhebungen hinsichtlich der vorgelegten Flugblätter; Verifizierung der Beschwerdeschreiben; Beantwortung der Frage, ob in der bezeichneten Moschee Anhänger der Khatm-e-Nabuwwat verkehren bzw. diese von dort aus operieren;] einzuholen, den BF ein weiteres Mal einzuvernehmen und die notwendigen Übersetzungen (sofern die eidesstattlichen Erklärungen im Text gleichlautend sind, genügt die Übersetzung eines dieser Texte) in entsprechender Qualität vornehmen zu lassen.

 

Nach Durchführung des fortzusetzenden Ermittlungsverfahrens unter Beachtung aller unter den Punkten (III.2.1. - III.2.3. und III.2.5. - III.2.8.) dargelegten Erwägungen und Einräumung des Parteiengehörs wird das BAA im Sinne eines effizienten Verwaltungsverfahrens das Ermittlungsergebnis unter Berücksichtigung sämtlicher bekannter Bescheinigungsmittel einer schlüssigen, detaillierten und nachvollziehbaren Beweiswürdigung zu unterziehen und individuelle Feststellungen zu treffen haben, welche als Basis für die rechtliche Beurteilung dienen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Befragung, Begründungspflicht, Bescheinigungsmittel, Beweiswürdigung, Ermittlungspflicht, Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung, Religion, wesentlicher Verfahrensmangel
Zuletzt aktualisiert am
09.07.2013
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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