TE UVS Wien 2013/04/16 04/G/21/279/2013

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.04.2013
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Dr. Hollinger über die Berufung des Herrn Goran M., vertreten durch Frau Drazana M., gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 12. Bezirk, vom 10.12.2012, Zl. MBA 12 - S 39137/11, wegen Verwaltungsübertretung gemäß § 14 Abs. 4 iVm § 13c Abs. 1 Z. 3 und Abs. 2 Z. 4 Tabakgesetz, BGBl. Nr. 431/1995 idgF entschieden:

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt. Der Berufungswerber hat daher gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Text

Das angefochtene Straferkenntnis enthält folgenden Spruch:

?Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 Abs 1 VStG 1991 zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Espresso C. Gesellschaft m.b.H. mit Sitz in Wien, F.-straße, zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Inhaberin eines Gastgewerbebetriebes in der Betriebsart einer Bar am 30.08.2011, in dieser Betriebsstätte, insofern gegen Obliegenheiten betreffend den Nichtraucherschutz gemäß § 13c des Tabakgesetzes verstoßen hat, als sie nicht dafür Sorge getragen hat, dass in ihrem - aus mehr als einem Raum bestehenden - Gastgewerbebetrieb im Hauptraum nicht geraucht wird, da zum genannten Zeitpunkt zumindest 5 Gäste im Hauptraum, der der Verabreichung von Speisen und Getränken dient, geraucht haben, obwohl sich der Schwerpunkt der gastronomischen Tätigkeit dort befindet (die Bar und der Haupteingang zum Gastgewerbebetrieb ist dort vorhanden; darüber hinaus waren zum Tatzeitpunkt mehr als 50% des Lokals als Raucherzone ausgewiesen; die Gäste des Nichtraucherraumes müssen zum Betreten und zum Verlassen desselben durch den Raucherraum gehen).

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 14 Abs 4 in Verbindung mit § 13c Abs 1 Z 3 und Abs 2 Z 4 Tabakgesetz, BGBl. Nr. 431/1995 in der geltenden Fassung

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von EUR 750,00, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen und 5 Stunden,

gemäß § 14 Abs 4 erster Strafsatz Tabakgesetz, BGBl. Nr. 431/1995 in der geltenden Fassung.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen: EUR 75,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe. Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher EUR 825,00. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen.

Die Espresso C. GmbH haftet für die mit diesem Bescheid über den zur Vertretung nach außen Berufenen, Herrn Goran M., verhängte Geldstrafe von EUR 750,00 und die Verfahrenskosten in der Höhe von EUR 75,00 sowie für sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen gemäß § 9 Abs 7 VStG zur ungeteilten Hand.?

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerechte Berufung des Beschuldigten, in welcher als Berufungsgründe mangelhafte Tatsachenfeststellungen und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht werden. Unter anderem bringt der Berufungswerber vor, dass er mit beträchtlichem Aufwand eine Trennwand im Betrieb errichtet habe, um Raucher- und Nichtraucherbereich ordnungsgemäß zu trennen. Ihm sei es jedenfalls nicht bewusst gewesen, dass bei der Festlegung des Raucherbereiches ein Fehler gemacht worden sein könnte. Die Behörde vermeine nunmehr allerdings, dass der Raucherbereich Hauptraum im Sinne des Tabakgesetzes sei und daher der Raucherbereich dort nicht sein dürfte. Die Behörde sei bei ihrer Beurteilung sehr einseitig vorgegangen. Sie habe die Meinung des Amtssachverständigen ungeprüft übernommen, obwohl die örtlichen Gegebenheiten nur unvollständig erhoben worden sind. So sei beispielsweise nicht berücksichtigt worden, dass im Lokal mehr Verabreichungsplätze für Nichtraucher als für Raucher zur Verfügung stehen. Wie die Behörde den Schwerpunkt der gastronomischen Tätigkeit habe feststellen können, sei nicht nachvollziehbar dargelegt. Nicht berücksichtigt worden sei, dass der Raucherbereich zu einem beträchtlichen Teil von einem Billardtisch und der Bar ausgefüllt sei. Der Nichtraucherbereich sei für die Gäste gemütlicher und weise den besseren Komfort auf. Bei Würdigung aller Umstände hätte die Behörde zu dem Schluss kommen müssen, dass der Raucherbereich in seinem Lokal nicht gegen das Tabakgesetz verstoße und daher der Ermessensspielraum des Unternehmers nicht unzulässig überschritten worden sei. Selbst wenn doch ein Verstoß gegen das Tabakgesetz vorliegen sollte, sei eine Strafe in der Höhe von EUR 750,-- unangemessen hoch. Man müsste von der Behörde auch eine gewisse Beratung im Hinblick auf das Tabakgesetz erwarten können, da ja eine unrichtige Bezeichnung des Raucherbereiches relativ leicht sanierbar sein müsste. In seinem Fall werde jedoch speziell darauf hingewiesen, dass die MA 36?A im Rahmen des Betriebsanlagenverfahrens 2010 keine Beurteilung nach dem Tabakgesetz vorgenommen habe, aber am 30.8.2011 dieselbe MA 36-A als Amtssachverständiger eine Verletzung des Tabakgesetzes feststellen konnte. Seit 2010 sei der Raucherbereich unverändert eingerichtet, ein Zweifel der Behörde an seiner Vorgangsweise wäre hilfreich gewesen. Er fühle sich daher an einer Verletzung des Tabakgesetzes schuldlos. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien führte am 16.4.2013 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher ein Vertreter für den Berufungswerber teilnahm und in welcher Frau Dipl.-Ing. G., Erhebungsorgan der MA 36, zeugenschaftlich einvernommen wurde. Folgendes wurde zu Protokoll gegeben:

Vertreter des Berufungswerbers:

?Anhand des Planes der BA wird die räumliche Situation erörtert. Nach unserer Auffassung stellt der als Nichtraucherraum ausgewiesene Raum, obwohl an Quadratmetern kleiner als der Raucherraum, eindeutig den Hauptraum dar. Nach Angabe von Frau M. wird der überwiegende Umsatz in diesem Raum erwirtschaftet, es stehen mehr Verabreichungsplätze für die Gäste zur Verfügung. Die Nettogrundfläche für die Gäste ist zumindest gleich wie im Raum 1, da durch die Schank und vor allem dem Billardtisch Grundfläche nicht für Gäste nutzbar ist. Der Billardtisch erfordert nicht nur durch seine eigentliche Größe, sondern auch durch das Spielen auf dem Tisch rundherum Platz. Die Attraktivität der beiden Räume im Vergleich ist zumindest gleichzuhalten. Beide Räume sind in gleichem Stil getäfelt und eingerichtet. Im Nichtraucherraum befindet sich der Gast in einer ungestörteren Situation als im Raucherraum, da Unruhe vom Billardbetrieb ausgeht und auch von dem Betrieb auf der Schank (Kaffeemaschine), und dem Küchenbereich. Zudem sind die Nassräume direkt vom Nichtraucherraum zu erreichen.

Familie M. hat sich 2010 bemüht einen rechtskonformen Zustand nach dem Tabakgesetz herzustellen. Es wurde ein behördliches Genehmigungsverfahren durchgeführt und wurden die Pläne wie vorgelegt genehmigt. Seit der Genehmigung im Dezember 2010 gab es keine Beanstandung. Die Familie M. war in der Annahme, dass das Lokal dem Tabakgesetz entsprechend geführt wird.

Im Übrigen wird auf das Vorbringen in der Berufung verwiesen.?

Frau Dipl.-Ing. Maria G. :

?Ich kann mich noch insofern erinnern, als es sich um ein Lokal handelte, in dem ein Raucher- und Nichtraucherbereich vorhanden war, getrennt durch eine Trennwand. Die Beschaffenheit der Wand weiß ich jetzt nicht mehr im Detail, vermutlich Holz/Glas-Trennwand mit einer eingebauten Türe. Die Anzahl der Verabreichungsplätze hat dem Genehmigungsbescheid entsprochen. Meiner Erinnerung nach haben Gäste im Raucherbereich geraucht. Beide Räume haben ein einheitliches Erscheinungsbild. In dem Raucherraum waren Aschenbecher aufgestellt.

Über Befragen des BwV gebe ich an:

Ich habe den Betrieb entweder zu Mittagszeit oder am frühen Nachmittag kontrolliert.

Ich kann jetzt nicht mehr sagen, ob die Türe zwischen Raucher- und Nichtraucherraum

offen oder zu war.?

Der BwV gab zur Zeugenaussage an:

?Die Zeugenaussage bestätigt das Vorbringen der Familie M.. Das Lokal ist zwar als Betriebsart ?Bar? genehmigt, wird aber als Espresso geführt, so auch der Name des Lokales Espresso beinhaltet. Früher Nachmittag stellt eher nicht die Zeit mit der meisten Kundenfrequenz dar. Zu Mittag und abends wird sicher der Nichtraucherbereich besser besucht sein.?

Der Berufung ist aus folgenden Gründen Erfolg beschieden:

Die den Nichtraucherschutz in Räumen öffentlicher Orte und in Räumen der Gastronomie regelnden Bestimmungen der §§ 13 und 13a Tabakgesetz, BGBl. Nr. 431/1995 idF BGBl. I Nr. 120/2008, lauten wie folgt:

?§ 13.

(1) Unbeschadet arbeitsrechtlicher Bestimmungen und der Regelung des § 12 gilt, soweit Abs 2 und § 13a nicht anderes bestimmen, Rauchverbot in Räumen öffentlicher Orte.

(2) Als Ausnahme vom Verbot des Abs 1 können in jenen von Abs 1 umfassten Einrichtungen, die über eine ausreichende Anzahl von Räumlichkeiten verfügen, Räume bezeichnet werden, in denen das Rauchen gestattet ist, wenn gewährleistet ist, dass der Tabakrauch nicht in den mit Rauchverbot belegten Bereich dringt und das Rauchverbot dadurch nicht umgangen wird.

(3) Die Ausnahme des Abs 2 gilt nicht für schulische oder andere Einrichtungen, in denen Kinder oder Jugendliche beaufsichtigt, aufgenommen oder beherbergt werden.

(4) Abs 1 gilt nicht für Tabaktrafiken.

§ 13a.

(1) Unbeschadet arbeitsrechtlicher Bestimmungen und der §§ 12 und 13 gilt Rauchverbot in den der Verabreichung von Speisen oder Getränken an Gäste dienenden Räumen

1. der Betriebe des Gastgewerbes gemäß § 111 Abs 1 Z 2 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194/1994, in der geltenden Fassung,

2. der Betriebe des Gastgewerbes mit einer Berechtigung zur Beherbergung von Gästen gemäß § 111 Abs 1 Z 1 oder Abs 2 Z 2 oder 4 der GewO,

3. der Betriebe gemäß § 2 Abs 9 oder § 111 Abs 2 Z 3 oder 5 der GewO.

(2) Als Ausnahme vom Verbot des Abs 1 können in Betrieben, die über mehr als eine für die Verabreichung von Speisen oder Getränken an Gäste geeignete Räumlichkeit verfügen, Räume bezeichnet werden, in denen das Rauchen gestattet ist, wenn gewährleistet ist, dass der Tabakrauch nicht in die mit Rauchverbot belegten Räumlichkeiten dringt und das Rauchverbot dadurch nicht umgangen wird. Es muss jedoch der für die Verabreichung von Speisen oder Getränken vorgesehene Hauptraum vom Rauchverbot umfasst sein, und es darf nicht mehr als die Hälfte der für die Verabreichung von Speisen oder Getränken vorgesehenen Verabreichungsplätze in Räumen gelegen sein, in denen das Rauchen gestattet wird.

(3) Das Rauchverbot gemäß Abs 1 gilt ferner nicht, wenn nur ein für die Verabreichung von Speisen oder Getränken an Gäste geeigneter Raum zur Verfügung steht, und

1.

der Raum eine Grundfläche von weniger als 50 m2 aufweist, oder,

2.

sofern der Raum eine Grundfläche zwischen 50 m2 und 80 m2 aufweist, die für eine Teilung des Raumes zur Schaffung eines gesonderten Raumes für den im Abs 2 genannten Zweck erforderlichen baulichen Maßnahmen aufgrund einer rechtskräftigen Entscheidung der nach den bau-, feuer- oder denkmalschutzrechtlichen Vorschriften zuständigen Behörde nicht zulässig sind.

(4) Das Rauchen darf jedoch auch in Räumen, in denen das Rauchverbot gemäß Abs 1 nicht gilt, nur gestattet werden, wenn für den Betrieb ein Kollektivvertrag gilt, wonach

1. ein nicht dem Betrieblichen Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz (BMSVG), BGBl. I Nr. 100/2002, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegender Arbeitnehmer Anspruch auf Abfertigung im gesetzlichen Ausmaß hat, wenn er sein Arbeitsverhältnis wegen der Belastung durch die Einwirkung des Passivrauchens kündigt, und

2. die notwendige Zeit zum Besuch von diagnostischen Maßnahmen sowie Untersuchungen im Zusammenhang mit Passivrauchen am Arbeitsplatz zu gewähren ist, und

3. gesundheitsfördernde Maßnahmen im Zusammenhang mit Passivrauchen am Arbeitsplatz im Einvernehmen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber festzulegen sind, und,

4. im Falle, dass der Betrieb über Räume verfügt, in denen Rauchverbot gilt oder das Rauchen vom Inhaber nicht gestattet wird, die Ausbildung oder Beschäftigung Jugendlicher überwiegend in jenen Räumen zu erfolgen hat, in denen nicht geraucht werden darf.

(5) Werdende Mütter dürfen in Räumen, in denen sie der Einwirkung von Tabakrauch ausgesetzt sind, nicht arbeiten.?

Die die Pflichten der Inhaber von Orten im Sinne des § 13 und 13a Abs 1 Tabakgesetz regelnden Bestimmungen lauten wie folgt:

?§ 13c.

(1) Die Inhaber von

1. Räumen für Unterrichts- oder Fortbildungszwecke oder für schulsportliche Betätigung gemäß § 12,

2.

Räumen eines öffentlichen Ortes gemäß § 13,

3.

Betrieben gemäß § 13a Abs 1,

haben für die Einhaltung der Bestimmungen der §§ 12 bis 13b einschließlich einer gemäß § 13b Abs 4 erlassenen Verordnung Sorge zu tragen.

(2) Jeder Inhaber gemäß Abs 1 hat insbesondere dafür Sorge zu tragen, dass

1.

in einem Raum gemäß § 12 Abs 1 nicht geraucht wird;

2.

in einem Raum gemäß § 12 Abs 2, soweit Rauchverbot gilt, nicht geraucht wird;

3.

in den Räumen eines öffentlichen Ortes, soweit nicht die Ausnahme gemäß § 13 Abs 2 zum Tragen kommt, nicht geraucht wird;

              4.              in den Räumen der Betriebe gemäß § 13a Abs 1, soweit Rauchverbot besteht oder das Rauchen gemäß § 13a Abs 4 nicht gestattet werden darf, weil für den Betrieb ein Kollektivvertrag gemäß § 13a Abs 4 Z 1 bis 4 nicht gilt, nicht geraucht wird;

              5.              in jenen Räumen der Betriebe gemäß § 13a Abs 1, in denen das Rauchverbot wegen Vorliegens einer der Voraussetzungen gemäß § 13a Abs 2 oder 3 nicht gilt, das Rauchen nur gestattet wird, wenn für den Betrieb ein Kollektivvertrag gemäß § 13a Abs 4 Z 1 bis 4 gilt;

              6.              die Bestimmungen des § 13a Abs 4 Z 4 oder Abs 5 hinsichtlich Jugendlicher oder werdender Mütter eingehalten werden,

              7.              der Kennzeichnungspflicht gemäß § 13b oder einer gemäß § 13 Abs 5 erlassenen Verordnung entsprochen wird.?

Gemäß § 14 Abs 4 des Tabakgesetzes hat, wer als Inhaber gemäß § 13c Abs 1 Tabakgesetz gegen eine der im § 13c Abs 2 leg cit festgelegten Obliegenheiten verstößt, eine mit Geldstrafe bis zu 2.000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 10.000 Euro zu ahndende Verwaltungsübertretung zu verantworten. Mit § 13a Abs 2 wird die Einrichtung eines Raucherraums ermöglicht. Analog § 13 Abs 2 kann den Gästen unter der Voraussetzung, dass mindestens zwei für die Bewirtung von Gästen geeignete Räumlichkeiten vorhanden sind, ein Raum zur Verfügung gestellt werden, in dem geraucht werden darf. Jedoch muss im Falle der zur Verfügung Stellung von Räumen, in denen geraucht werden darf, der für die Gäste vorgesehene Nichtraucherbereich mindestens 50 % des insgesamt für die Gäste vorgesehenen Verabreichungsbereiches (zum Genuss von Speisen oder Getränken bestimmte Plätze) einnehmen und muss es sich dabei überdies um den Hauptraum handeln. Bei der Bestimmung des Hauptraumes sind immer die konkreten Verhältnisse vor Ort in die Gesamtbetrachtung mit einzubeziehen, wobei wichtige Kriterien die Flächengröße, die Lage und die Ausstattung der Räume bzw deren Zugänglichkeit sind. Der Hauptraum muss in seiner Gesamtbetrachtung den anderen Räumlichkeiten als ?übergeordnet? eingestuft werden können. Zu berücksichtigen ist dabei auch der Schwerpunkt der gastronomischen Tätigkeit des Gastwirts. Somit darf in Betrieben mit einer für die Gästebewirtung vorgesehenen Grundfläche ab 80m² nur dann das Rauchen gestattet werden, wenn dafür ein eigener (Neben)Raum mit maximal 50% der insgesamt zur Verfügung stehenden Verabreichungsplätzen zur Verfügung gestellt wird, und wenn gewährleistet ist, dass aus diesem Raum der Rauch, außer beim kurzen Durchschreiten der Eingangstür, nicht in den übrigen, mit Raucherverbot belegten Verabreichungsbereich dringt. Allenfalls kann durch bauliche Maßnahmen ein solcher ?Raucherraum? geschaffen werden. Sofern allerdings nur ein Raum für die Gästebewirtung zur Verfügung steht, gilt darin Rauchverbot. Gegenständliches Straferkenntnis gründet sich auf dem Erhebungsbericht der MA 36 vom 2.9.2011, in welcher unter anderem Folgendes festgehalten wird:

?Zum Erhebungszeitpunkt wurde das gegenständliche Espresso augenscheinlich, wie mit Bescheid vom 27.12.2010 genehmigt, betrieben.

In der Betriebsanlage ist ein Raucher- und ein Nichtraucherraum errichtet, wobei beide Bereiche voreinander räumlich getrennt sind. Beide Räume werden über eine genehmigte Lüftungsanlage be- und entlüftet.

Die Trennung vom Raucher- und Nichtraucherbereich erfolgt über eine Holzglastrennwand mit einer eingebauten doppelflügeligen Glaspendeltüre. Zum Erhebungszeitpunkt wurde im Raucher- sowie im Nichtraucherraum die genehmigte Anzahl der Verabreichungsplätze vorgefunden.

Bemerkt wird, dass sich zum Erhebungszeitpunkt im Raucherraum fünf Kunden aufgehalten haben, welche auch geraucht haben. Im Nichtraucherraum haben sich vier Kunden aufgehalten, welche nicht geraucht haben.?

Festzuhalten ist, dass gegenständliches Gastgewerbelokal mit der Betriebsart ?Bar? genehmigt wurde. Vom Beschuldigtenvertreter wird in der mündlichen Verhandlung vorgebracht, dass ungeachtet dieses Umstandes das Lokal als ?Espresso? - wie schon der Name ?Espresso C.? sagt - geführt wird. Unter einem Espresso sind Gastgewerbebetriebe zu verstehen, die gerne von Personen aufgesucht werden, die in verhältnismäßig kurzer Zeit Erfrischungen, insbesondere Kaffee oder Imbisse zu sich nehmen wollen. Im Vordergrund der Tätigkeiten steht der Ausschank von Kaffee, Tee, anderen warmen Getränken und Erfrischungen, während die Verabreichung von Speisen eher in den Hintergrund tritt. Schwerpunkt der gastronomischen Tätigkeit des Gastwirtes eines Espressos wird daher in den Raum gelegen sein, in welchem sich die Schank- und die Kaffeemaschine befindet, dies ist im gegenständlichen Fall aber der Raum, der als Raucherraum ausgewiesen ist. Vor allem aber ist neben der Schank und der Kaffeemaschine im Raucherraum ein Billardtisch aufgestellt, wodurch aber dieser Raum als ?übergeordnet? gegenüber dem Nichtraucherraum eingestuft werden muss, wobei man sich immer vor Augen halten muss, dass das Lokal als Espresso geführt wird und nicht als Restaurant oder Gasthaus. Da das Hauptaugenmerk des Berufungswerbers nicht darauf liegt, dass seine Gäste in erster Linie Mahlzeiten einnehmen, liefert der Umstand, dass der Nichtraucherraum ruhiger ist und der Gast dort vom Lärm, der vom Billardbetrieb und vom Betrieb der Kaffeemaschine ausgeht, nicht belästigt wird, kein Argument dafür, dass der zur Zeit als Nichtraucherraum ausgewiesene Raum der Hauptraum ist. In der Zusammenschau aller Umstände nämlich: Billardtisch, Schank, Kaffeemaschine, Betriebsart: Bar, wenn auch in der Betriebsart: Espresso geführt, muss festgehalten werden, dass der zur Zeit als Raucherraum geführte Raum tatsächlich der Hauptraum ist, zumal dieser wesentlich größer als der zur Zeit als Nichtraucherraum geführte Raum ist (65 m² zu 40 m²) und ist dieser Raum auch der Raum, der von der Straße durch den Eingang betreten wird. Im gegenständlichen Gastgewerbebetrieb ist somit der Schankraum der Hauptraum, weshalb dort der Nichtraucherbereich einzurichten wäre.

Dennoch kommt der Berufung im konkreten Fall Erfolg zu:

Bei gegenständlicher Verwaltungsübertretung handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt, weil zum Tatbestand weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört und die Verwaltungsvorschrift über das zur Strafbarkeit erforderliche Verschulden nichts bestimmt (vgl. VwGH 27.3.1990, 89/04/0226). In einem solchen Fall ist gemäß § 5 Abs. 1 VStG Fahrlässigkeit anzunehmen, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Das bedeutet, dass der Beschuldigte initiativ alles darzulegen hat, was für seine Entlastung spricht, was in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismittel bzw. die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen hat. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. VwGH 6.11.1974, 1779/73), sind allgemein gehaltene Behauptungen nicht geeignet, die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens an einer angelasteten Verwaltungsübertretung als erbracht anzusehen.

Ein diesbezügliches Vorbringen, welches mangelndes Verschulden glaubhaft macht, wird vom Berufungswerber erfolgreich erstattet:

Mit Bescheid vom 27.12.2010, MBA 12 - 128534/2010 wurden die Änderungen, die der Berufungswerber durchgeführt hat, damit der Betrieb den Erfordernissen des Tabakgesetzes entspricht, zur Kenntnis genommen. In diesem Bescheid werden die Änderungen wie folgt beschrieben:

?In der Betriebsanlage wird durch die Aufstellung einer doppelflügeligen assymmetrischen Glasschwingtüre (VSG) und analoger Verglasung der Trennwand im Gastraum ein Nichtraucherbereich (ca 40,00 m², 26 Verabreichungsplätze) und ein Raucherbereich (ca 65,00 m², 24 Verabreichungsplätze) geschaffen. Die Luftleistung wird auf die zwei Gasträume entsprechend (Raucher 1.200 m³/h, Nichtraucher 1.300m³/h) aufgeteilt.?

Dem Erhebungsbericht vom 2.9.2011 zur Folge wurde das gegenständliche Espresso wie mit dem Bescheid vom 27.12.2010 genehmigt, betrieben. Nach Dafürhalten des Unabhängige Verwaltungssenates Wien trifft den Berufungswerber kein Verschulden daran, wenn er zur Tatzeit seinen Betrieb so geführt hat, wie im rechtskräftig genehmigten Bescheid, musste er doch - zur Tatzeit - der Auffassung sein, dass die Aufteilung des Lokales in Raucher- und Nichtraucherräume den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Dies gilt auch ungeachtet des Umstandes, dass der Bescheid vom 27.12.2010 einen ?Hinweis zum Tabakgesetz? enthält, welcher auf die Einhaltung der Bestimmungen des Tabakgesetzes hinweist, da darunter auch verstanden werden kann, dass der Berufungswerber darauf zu trachten hätte, dass zB im Nichtraucherraum nicht geraucht wird oder dass die Türe zwischen Raucher- und Nichtraucherraum stets geschlossen zu halten ist.

Die subjektive Tatseite der dem Berufungswerber zur Last gelegten Tat erweist sich somit - zur Tatzeit - als nicht gegeben, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Zuletzt aktualisiert am
02.07.2013
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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