TE UVS Tirol 2013/06/06 2013/K6/1393-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.06.2013
beobachten
merken
Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch seine Kammer 6, bestehend aus dem Vorsitzenden Dr. Franz Triendl, dem Berichterstatter Mag. Gerold Dünser und dem weiteren Mitglied Ing. Mag. Herbert Peinstingl über die Berufung der I. Kies- und Splittwerke GmbH Co.KG, XY-Gasse 31, H. vd die p.-p. og, diese wiederum vertreten durch Dr. P. P., XY-Straße 9a, I., gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 16.4.2013, U-30.077/159 wegen Versagung der abfallwirtschaftsrechtlichen und naturschutzrechtlichen Bewilligung für eine Bodenaushubdeponie auf der ?XY-Wiese? in Innsbruck gemäß § 66 Abs 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit § 38 Abs 8 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) wie folgt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben, der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an den Landeshauptmann von Tirol zurückverwiesen.

Text

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der Berufungswerberin auf abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Bodenaushubdeponie auf der sog ?XY-Wiese? in I., Parz XY, XY, XY, XY, XY, XY, XY, XY, XY, XY, XY, XY, XY und XY alle KG W. sowie die in diesem Zusammenhang erforderliche naturschutzrechtliche Bewilligung versagt.

 

Zur abfallwirtschaftsrechtlichen Genehmigung (Spruchpunkt A) führte die belangte Behörde zusammenfassend aus (im Detail siehe im angefochtenen Bescheid S 51ff), dieser würden private Rechte, konkret das dingliche Sachenrecht der Dienstbarkeit (Dienstbarkeit der Nichtverbauung, Dienstbarkeiten der Duldung der Ausübung des Wintersports und Dienstbarkeit der Duldung der Aufstellung von Beleuchtungsanlagen) entgegenstehen und seien sohin die Genehmigungsvoraussetzungen gemäß § 43 Abs 1 Z 4 AWG 2002 nicht gegeben. Die belangte Behörde führte abschließend zu diesem Spruchpunkt aus, dass ?aus diesem Grund eine ausführliche Prüfung der weiteren Genehmigungsvoraussetzungen sowie die der Verfahrenskonzentration nach § 38 Abs 1a AWG 2002 unterliegenden mitzuvollziehenden Vorschriften unterbleiben konnte?.

 

Was die naturschutzrechtliche Bewilligung (Spruchpunkt B) betrifft, kommt die belangte Behörde zusammenfassend (im Detail siehe im angefochtene Bescheid S 58ff) zum Ergebnis, dass es hier am Überwiegen des öffentlichen Interesses mangle bzw andere rechtfertigende Gründe fehlen würden.

 

In der dagegen erhobenen Berufung (Eingabe vom 6.5.2013) wird zur Versagung der abfallwirtschaftsrechtlichen Genehmigung bestritten, dass ein Ablehnungsgrund nach § 43 Abs 1 Z 4 AWG 2002 vorliege. Zur negativen Entscheidung im Hinblick auf die naturschutzrechtliche Bewilligung wird die fehlerhafte Interessenabwägung sowie die nicht erfolgte Würdigung der Ausführungen des Privatsachverständigen gerügt. Überdies wurde das Projekt im Zuge des Berufungsverfahren dahingehend abgeändert, dass die berührten Heckenzüge vom Vorhaben ausgespart werden (siehe im Detail die Berufung S 25ff und die entsprechenden Projektunterlagen).

 

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Akt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat wie folgt erwogen:

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol zur Entscheidung über die gegenständliche Berufung ergibt sich aus § 38 Abs 8 AWG 2002, wonach über Berufungen gegen Bescheide des Landeshauptmannes oder der Bezirksverwaltungsbehörde als zuständige Anlagenbehörde nach diesem Bundesgesetz der unabhängige Verwaltungssenat des Bundeslandes entscheidet.

 

Die Behörde I. Instanz stützt ihre ablehnende Entscheidung in Bezug auf die abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigung allein auf die aus ihrer Sicht nicht vorliegende Genehmigungsvoraussetzung des § 43 Abs 1 Z 4 AWG 2002. Diese Bestimmung lautet wie folgt:

 

 

Genehmigungsvoraussetzungen:

§ 43. (1) Eine Genehmigung gemäß § 37 ist zu erteilen, wenn zu erwarten ist, dass die Behandlungsanlage neben den Voraussetzungen der gemäß § 38 anzuwendenden Vorschriften folgende Voraussetzungen erfüllt:

?

4. Das Eigentum und sonstige dingliche Rechte der Nachbarn werden nicht gefährdet; unter einer Gefährdung des Eigentums ist nicht die Möglichkeit einer bloßen Minderung des Verkehrswertes zu verstehen.

??

 

Eine inhaltsgleiche Bestimmung enthält § 74 Abs 2 Z 1 GewO 1994:

 

?8. Betriebsanlagen

§ 74. ?

(2) Gewerbliche Betriebsanlagen dürfen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGB. Nr 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen oder des nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl Nr 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen eingetragenen Partners, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs 1 Z 4 lit g angeführten Nutzungsrechte, ??

 

Die belangte Behörde vermeint nun, dass aufgrund der hier bestehenden dinglichen Rechte der Dienstbarkeit (Dienstbarkeit der Nichtverbauung, Dienstbarkeiten der Duldung der Ausübung des Wintersports und Dienstbarkeit der Duldung der Aufstellung von Beleuchtungsanlagen) zugunsten der Stadtgemeinde Innsbruck ein Versagungsgrund nach der oben zitierten Norm des AWG 2002 vorliege. Damit verkennt sie jedoch die Rechtslage, insbesondere was die Abgrenzung zum reinen Privatrecht anbelangt (§ 45 AWG 2002).

 

Selbst wenn man ungeachtet der in der Berufung dazu vorgebrachten Argumente davon ausgeht, dass die (grundsätzlich unbestrittenen) Dienstbarkeiten tatsächlich durch die Errichtung und den Betrieb der gegenständlichen Bodenaushubdeponie gefährdet werden, mithin die damit verbundenen Tätigkeiten nicht mehr ausgeübt werden können (zB die Ausübung des Wintersports), ist damit im Kern reines Zivilrecht betroffen. Wird allein durch die Existenz einer Anlage, ohne dass es auf den konkreten Betrieb und der damit einhergehen Auswirkungen dieses Betriebes, was etwa Erschütterungen oder sonstige Emissionen betrifft, die Ausübung einer Dienstbarkeit unmöglich gemacht, liegt kein Ablehnungsgrund vor, der auf § 43 Abs 1 Z 4 AWG 2002 gestützt werden könnte. Die Behörde hat sich nämlich auf die öffentlich-rechtliche Beurteilung eines Projektes anhand der jeweils materienspezifischen Schutzinteressen zu beschränken.

 

Jede andere Sichtweise würde in der Verwaltungspraxis dazu führen, dass gerade bei Dienstbarkeiten (hier ist va an Wegeservituten zu denken), die häufig durch die bloße Existenz eines Bauwerkes untergehen, stets die Verwaltungsbehörde komplexe Fragen des Bestandes, des Umfanges und der tatsächlichen Beeinträchtigung von Dienstbarkeiten zu lösen hätte, die primär jedoch von den mit den entsprechenden verfahrensrechtlichen Voraussetzungen ausgestatteten Zivilgerichten zu lösen wären.

 

In diesem Sinne ist § 43 Abs 1 Z 4 AWG 2002, und hier kann vollinhaltlich auf die reichhaltige Judikatur der Höchstgerichte zum gewerblichen Betriebsanlagenrecht verwiesen werden, nur dahingehend als ein Versagungsgrund anzusehen, wenn das Eigentum oder das sonstige dingliche Recht aufgrund jener Betriebsweise der Anlage gefährdet wird, die der öffentlich-rechtlichen Prüfung durch die Behörde im Sinne der Hintanhaltung von Gefährdungen und Belästigung durch den Betrieb und den damit verbundenen Emissionen der Anlage, mithin unter dem Gesichtspunkt öffentlicher Interessen, unterliegen.

 

Eine Eigentumsgefährdung liegt nur dann vor, wenn es durch den projektgemäßen Betrieb der Anlage zu eine substanziellen Beeinträchtigung des Eigentums kommt. Diese liegt schon dann vor, wenn eine bestimmungsgemäße ortsübliche Eigentumsnutzung durch eine unmittelbar auf den Eigentumsgegenstand bezogene nachteilige Auswirkung der Betriebsanlage vereitelt wird. Dingliche Rechte werden gefährdet, wenn deren sinnvolle Nutzung wesentlich beeinträchtigt oder überhaupt nicht mehr möglich ist (vgl Kerschner in Stolzlechner/Wendl/Bergthaler (Hrsg), Die gewerbliche Betriebsanlage3, 2008, RZ 216 und Grabler/Stolzlechner/Wendl, Kommentar zur Gewerbeordnung 1994 3 (2011) § 74 RZ 25, speziell zu den dinglichen Rechten, VwGH 6.11.1995, 95/04/0099; 30.6.2004, 2002/04/0019).

 

Davon sind, wie erwähnt, in die Zuständigkeit der Zivilgerichte fallende Fragen des privaten Rechts zu unterscheiden. So führt etwa der VwGH in seinem Erkenntnis vom 14.4.1999, 98/04/0140 aus wie folgt (Hervorhebungen durch den Gefertigten):

 

?Da den Gegenstand der der Behörde nach § 77 Abs 1 GewO 1994, unter dem Gesichtspunkt öffentlicher Interessen, obliegenden Prüfung nicht die mit der Errichtung der Betriebsanlage selbst verbundenen Veränderungen bilden, sondern die oben beschriebenen von ihr ausgehenden Einwirkungen im weitesten Sinn, kann es zu einer im Sinn des § 77 Abs 1 in Verbindung mit § 74 Abs 2 Z 1 GewO 1994 relevanten Gefährdung einer Dienstbarkeit nur durch den Betrieb der Betriebsanlage kommen, dh nur dann, wenn die zu genehmigende Betriebsanlage und die fragliche Dienstbarkeit grundsätzlich nebeneinander bestehen können. Bewirkt hingegen die Errichtung der Betriebsanlage zwingend die dauernde Unmöglichkeit der Ausübung der Dienstbarkeit, so ist nach der herrschenden Lehre und Rechtsprechung schon damit die Dienstbarkeit untergegangen (vgl das hg E v 27. 5. 1986, 85/04/0183, und die dort zitierte Literatur und Judikatur). Ob unter solchen Umständen, unter dem Gesichtspunkt der bestehenden privatrechtlichen Rechtsverhältnisse, die Errichtung der Betriebsanlage zulässig ist, ist eine ausschließlich in die Zuständigkeit der Zivilgerichte fallende Frage des privaten Rechtes.?

 

Im gegenständlichen Fall geht die Behörde I. Instanz davon aus, dass die hier vorliegenden Dienstbarkeiten infolge der Errichtung der gegenständlichen Bodenaushubdeponie nicht mehr ausgeübt werden können, die Dienstbarkeiten gehen (schließt man sich den diesbezüglichen Ausführungen der belangten Behörde an) unter. Damit liegt jedoch geradezu ein klassischer Fall vor, der im oben zitierten Judikat des VwGH angesprochen wurde, allein die Errichtung bewirkt die Unmöglich der Ausübungen von bestehenden Dienstbarkeiten. Damit einher geht jedoch, dass diesfalls die Zulässigkeit der Errichtung der Anlage als Frage des Privatrechts allein in die Zuständigkeit der Zivilgerichte fällt. Anderes wäre nur dann der Fall, wenn tatsächlich durch den Betrieb der Anlage als solches, etwa durch bestimmte Erschütterungen eines Walzwerkes, eine entsprechende Ausübung des Dienstbarkeitsrechtes nicht mehr gegeben wäre. Unter dem Aspekt der allein zur Anwendung gelangenden öffentlich-rechtlichen Perspektive hätte die Behörde derartige Erschütterungen einer Beurteilung zu unterziehen und so zu beschränken, dass eben keine Gefährdung des dinglichen Rechtes im oben skizzierten Sinne gegeben ist. Eine derartige Falllage ist hier jedoch, wie ausführlich dargelegt, nicht gegeben und konnte sohin die Abweisung des Antrages nicht auf § 43 Abs 1 Z 4 AWG 2002 gestützt werden.

 

Nach § 66 Abs 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) kann die Berufungsbehörde, wenn der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen.

 

Die belangte Behörde hat nach Durchführung der mündlichen Verhandlung am 5.7.2012 noch zahlreiche gutachterliche Stellungnahmen am Verfahren beteiligter Sachverständiger (siehe die Aufzählung im angefochtenen Bescheid S 8f) eingeholt bzw sind derartige Stellungnahmen bei ihr eingelangt. Eine weitere, über die Frage der Gefährdung der Dienstbarkeiten hinausgehende Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen erfolgte durch die Behörde I. Instanz nicht. Vor diesem Hintergrund erachtet es die Berufungsbehörde als erforderlich, unter Heranziehung jedenfalls jener Sachverständigen, die nach der mündlichen Verhandlung noch eine (ergänzende) Stellungnahme abgegeben haben, deren fachliche Ausführungen einer genauen Prüfung zu unterziehen. Hiebei ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung auch deshalb geboten, um einerseits die berechtigten Interessen des Antragsstellers angemessen berücksichtigen zu können und andererseits den Sachverständigen die Möglichkeit einzuräumen, an Ort und Stelle, mithin unter genauer Berücksichtigung der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse, eine Begutachtung vorzunehmen. Weiters besteht so überdies die Möglichkeit, mit den Nachbarn, mithin in einem kontradiktatorischen Prozess, die gutachterlichen Stellungnahmen zu erörtern und auf die Bedenken der Nachbarn unmittelbar einzugehen.

 

Die Behörde hat in einem Spruchpunkt B die naturschutzrechtliche Bewilligung für die dauernde Beseitigung von Gehölzgruppen und Heckenzügen außerhalb eingefriedeter Grundstücke sowie die erforderliche naturschutzrechtliche Ausnahmebewilligung für die vorübergehende bzw dauerhaft Beeinträchtigung von geschützten Pflanzen und Tieren der Anlage 2, 3, 5 und 6 versagt.

 

Anders als die in § 38 Abs 1a GewO 1994 unstrittig normierte Entscheidungskonzentration in Bezug auf namentlich genannte bundesrechtliche Materien erhellt sich der genaue Charakter des Abs 1 legcit nicht auf den ersten Blick. Anders als bei Abs 1a legcit wird hier nicht normiert, dass die Genehmigung oder Nicht-Untersagung die nach den genannten Vorschriften erforderlichen Bewilligungen ersetzt. Vielmehr ist hier im selben Bescheid in einem eigenen Spruchpunkt zu entscheiden. Auch die systemfremde Konstruktion, dass der Landeshauptmann in einer landesrechtlichen Materie entscheidet (siehe dazu auch den letzten Satz des Abs 1 legcit), zeigt die Eigenart dieser Bestimmung.

 

Die Einordnung als bloße Verfahrenskonzentration scheint den oben aufgezeigten Besonderheiten nicht Rechnung zu tragen. Hier stellte sich bereits die Frage, ob diesfalls der unabhängige Verwaltungssenat überhaupt Berufungsbehörde wäre und nicht die naturschutzrechtliche Bewilligung ein völlig eigenständiges rechtliches Schicksal erfahren würde.

 

Vielmehr dürfte es sich daher bei dieser Bestimmung, wie Gerold Dünser, Das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 am Beispiel einer Bodenaushubdeponie unter 100.000 m3, in Albin Larcher (Hrsg), Handbuch UVS, 2012, 221f, ausführt, um eine Konzentrationsbestimmung ?sui generis? handeln, die zwar über eine reine Verfahrenskonzentration hinausgeht, das Stadium der vollen Entscheidungskonzentration noch nicht erreicht hat. Damit einher geht, dass nach Ansicht des UVS-Tirol sohin der unabhängige Verwaltungssenat nach § 38 Abs 8 AWG 2002 auch im Hinblick auf die naturschutzrechtliche Genehmigung zuständige Berufungsbehörde ist. Dies erscheint nicht von vornherein klar, spricht doch § 38 Abs 8 AWG von ?Bescheiden des Landeshauptmannes als zuständige Anlagenbehörde?. Im Lichte der obigen Überlegungen dürfte der Gesetzgeber jedoch damit wohl auch jenen Bestandteil des anlagenrechtlichen Bescheides, der in einem eigenen Spruchpunkt eine landesrechtliche Bewilligung erteilt, im Auge gehabt haben. Auch die aus einer anderen Rechtsmeinung resultierende ?Zersplitterung? im Rechtsmittelwege (eine Berufung gegen die naturschutzrechtliche Bewilligung des Landeshauptmannes wäre ja dann nicht möglich) spricht für den seitens des UVS-Tirol gewählten Lösungsweg.

 

Eine weitere Auswirkung dieser Überlegungen ist jedoch, dass zwischen der abfallwirtschaftsrechtlichen Genehmigung und der ?in einem eigenen Spruchpunkt? zu erteilenden naturschutzrechtlichen Bewilligung ein enger Konnex gegeben ist. Der in § 38 Abs 1 AWG 2002 skizzierte Verfahrensabschluss des naturschutzrechtlichen Verfahrens in einem eigenen Spruchpunkt der ?anlagenrechtlichen? AWG-Genehmigung darf nur dann gewählt werden, wenn dem eine abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigung zugrunde liegt. Nur in diesem Fall ist der Landeshauptmann (und nicht etwa die Landesregierung) befugt, eine naturschutzrechtliche Bewilligung zu erteilen. Fällt die abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigung, aus welchem Grunde auch immer, weg, ist damit auch verbunden, dass eine Entscheidung durch den Landeshauptmann im Naturschutzverfahren nicht erfolgen darf. Diese strenge Akzessorietät zwischen den beiden Verfahren bedeutet im Ergebnis, dass die naturschutzrechtliche Bewilligung im Falle des Versagens der abfallwirtschaftsrechtlichen Genehmigung deren Schicksal teilt. Mit anderen Worten: Ohne die abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigung hat die naturschutzrechtliche Bewilligung keinen rechtlichen Bestand. Wird erstere versagt, kann zweitere nicht erteilt werden bzw zieht zwingend auch deren Versagung nach sich. Eine inhaltliche Auseinandersetzung im naturschurschutzrechtlichen Verfahren, wie dies etwa die Erstbehörde im gegenständlichen Fall unternommen hat, erübrigt sich daher. Kommt die Berufungsbehörde, wie im gegenständlichen Fall, zum Ergebnis, in Bezug auf die abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigung eine Entscheidung nach § 66 Abs 2 AVG zu treffen, teilt die naturschutzrechtliche Entscheidung dieses rechtliche Schicksal.

 

Schon aus diesem Grunde war auch in Bezug auf die naturschutzrechtliche Bewilligung wie im Spruch zu entscheiden. Überdies gilt jedoch zu bedenken, dass auch hier die inhaltlichen Voraussetzungen für eine Entscheidung nach § 66 Abs 2 AVG vorliegen. Nach der mündlichen Verhandlung langte noch eine Stellungnahme des naturkundlichen Sachverständigen ein (eine letzte Kontaktaufnahme mit diesem Sachverständigen erfolgte noch am 16.4.2013). Überdies wurde das Projekt im Rahmen des Berufungsverfahrens noch (wenngleich ?im Sinne des Naturschutzes?) abgeändert. Für die Behörde I. Instanz besteht sohin auch die Möglichkeit, auf die zutreffenden Argumente der Berufungswerberin näher einzugehen und eine umfassende, transparente und nachvollziehbare sowie der diesbezüglichen Judikatur des VwGH (vgl zB VwGH 28.1.2010, 2008/07/0033 mwH) entsprechende Interessensabwägung durchzuführen. Auch auf die Rüge in der Berufung in Bezug auf die Nichtbeachtung eines Privatgutachtens (Berufung Seite 21f) kann so angemessen repliziert werden.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Errichtung und Betrieb einer Bodenaushubdeponie; Ausübung einer Dienstbarkeit unmöglich; öffentlich-rechtliche Beurteilung eines Projektes anhand der jeweils materienspezifischen Schutzinteressen; Eigentumsgefährdung; Konzentrationsbestimmung ?sui generis?.
Zuletzt aktualisiert am
25.06.2013
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten